342 Sorge für Volksbildung; Schulwesen. Soldaten für leichte Vergehen geohrfeigt oder mit dem Stocke geprügelt, Gefreite und Unteroffiziere mit der blanken Klinge gefuchtelt wurden. Ein¬ gefangene Deserteure mußten halbnackt zwischen den Spießrutheu ihrer in zwei Reihen aufgestellten Kameraden hindurchgehen, oft mehrere Tage hinter¬ einander; auch auf minder Schuldige wurde diese entehrende Bestrafung aus¬ gedehnt. Der General von Möllendorf, welcher unter Friedrich dem Großen Gouverneur von Berlin geworden war, hatte als solcher noch bei Friedrich's Lebzeiten ein Rundschreiben an das Offiziercorps erlassen, um dasselbe zu größerer Menschlichkeit in der Behandlung der Soldaten anzuhalten. „Der König," sagte er, „hat keine Schlingel, Canaillen, Hunde und Kropzeug in seinen Diensten, sondern rechtschaffene Soldaten, was auch wir sind, nur daß uns das zufällige Glück höhere Chargen gegeben. Unter den gemeinen Sol¬ daten sind viele so gut, als wir, und vielleicht würden es manche noch besser als wir verstehen." Er verlangte, daß man die Soldaten mehr durch Er¬ weckung des Ehrgeizes, als durch Tyrannei zur Erfüllung ihrer Pflichten an¬ halte. Derselbe Möllendorf wurde nun durch Friedrich Wilhelm zum Chef des neu gegründeten Ober-Kriegs-Collegiums (des späteren Kriegsministe¬ riums) gemacht, und es erschien bald eine geschärfte Verordnung, wonach in der ganzen Armee die harte Behandlung der Soldaten, sowie viele Miß- bräuche und Uebervortheilungen bei der Anwerbung beseitigt werden sollten. Leider wurde jedoch den gerügten Uebelständen noch nicht entschieden abge¬ holfen ; erst Friedrich Wilhelm III. war es vorbehalten, die Menschlichkeit in ihre Rechte wieder vollständig einzusetzen. Fürsorge für die Volksbildung. Am wichtigsten ist Friedrich Wil- helm's Fürsorge für die öffentlichen Bildungs- und Unterrichts-Anstalten geworden. Vor allem wandte er der Akademie der Wissenschaften in Berlin seine Aufmerksamkeit zu, welche von Friedrich dem Großen zwar sorglich ge¬ pflegt und unterstützt, aber vorzüglich mit französischen Gelehrten besetzt wor¬ den war. Jetzt wurden auf Veranlassung des Ministers von Hertzberg, welchen der König zum Curator der Akademie ernannte, besonders deutsche Dichter und Schriftsteller berücksichtigt, wie auch in jeder anderen Beziehung das Verdienst deutscher Gelehrten mehr, als früher, Anerkennung und Be¬ lohnung fand. Zur wirksamen Leitung und Beaufsichtigung aller Lehr- und Erziehungs- Anstalten des Landes errichtete Friedrich Wilhelm eine höchste Unterrichts¬ behörde, das Ober-Schnl-Colleginm, zu dessen Haupt verschon unter Friedrich mit dem Schulwesen beauftragte Minister Zedlitz ernannt wurde. Das neue Collegium sollte über alle Schulanstalten die Aufsicht führen, die¬ selben an Ort und Stelle öfter revidiren, alle Schulplane sich vorlegen lassen, zweckmäßige Verbesserungen anordnen und vor Allem auf die Prüfung der Lehrer bedacht nehmen. „Es könne ja," so schrieb Zedlitz, „nirgends ein Pfarrer oder Arzt angenommen werden, wenn solcher nicht von der Behörde geprüft fei, solle man nur allein das Wohl der künftigen Geschlechter jedem Pfuscher preisgeben dürfen? Was die Einrichtung der Schulen anbetreffe, so habe der Schulunterricht den Zweck, die Menschen besser und für ihr bürger¬ liches Leben brauchbar zu machen. Demnach sei es Unrecht, den Bauer wie das Thier aufwachsen zu lassen; es sei Thorheit, den künftigen Schneider, Tischler,