388 Hardenberg. Behörden begünstigt wurde; er ging zunächst nach Oesterreich, später nach Rußland, und hörte nicht auf, so weit es ihm vergönnt war, auch aus der Ferne an dem begonnenen Werke der Wiedererhebung Preußens mitzu¬ wirken, bis die Stunde der Befreiung ihn wieder unter den Vorkämpfern zurückführte. Hardenberg. Nachdem nun ein Jahr hindurch Männer von geringerer Energie die Geschäfte geleitet hatten, wurde der Freiherr von Hardenberg Stein's Nachfolger. Einem alten hannöverschen Hause entsprossen und durch Studium und Reisen gebildet, hatte er zuerst im hannöverschen Dienste für die innere Landesregierung gewirkt, dann im preußischen durch die Verwal¬ tung der fränkischen Fürstentümer das Lob eines unterrichteten, klar sehen¬ den, wohlwollenden und gewandten Geschäftsmannes erworben. Als Cabi- netsminister in den Jahren 1805 bis 1807 endlich hatte er sich Haugwitz und Lombard gegenüber als ein Staatsmann von edlem, festem Charakter bewährt. Durch angenehme, gewinnende Formen des Umganges schien er jetzt besonders geeignet, das schwierige Verhältniß zu den Franzosen günstiger zu gestalten, und der König übertrug ihm daher am 7. Juni 1810 die Lei¬ tung der Geschäfte als erster Minister mit dem Titel eines Staatskanz- lers; als solcher hatte er in allen Dingen, wo er es für nöthig hielt, selbst den Vortrag im Cabinete des Königs, die Oberaufsicht über jede Verwaltung ohne Ausnahme und den Vorsitz im Staatsrathe, außerdem das Ministerium des Inneren und der Finanzen. Die Hardenberg'sche Verwaltung beruhete zuerst auf denselben Grundlagen, wie die seines ausgezeichneten Vorgängers, mit welchem er sich in einer geheimen Zusammenkunft an der böhmischen Grenze über mehrere wichtige Punkte noch besonders verständigte. Um die Verbesserung der Lage des Bauernstandes weiter fortzuführen, wurde am 14. September 1811 ein Edict über die Regulirung der guts¬ herrlichen und bäuerlichen Verhältnisse erlassen, welches die Verwandlung der bäuerlichen Besitzungen in freies Eigenthum, wo solche noch nicht statt¬ gefunden, und die Ablösung vieler von den Bauern zu leistenden Natural¬ dienste und Pflichten gegen eine billige Entschädigung zum Zwecke hatte. Die Verordnung fand freilich bei dem Adel der verschiedenen Provinzen den leb¬ haftesten Widerstand, worüber die Ausführung vielseitig ins Stocken gerieth und erst der neuesten Zeit vorbehalten blieb. Der Ordnung und Verbesserung der Finanzen des Staates mußte auch Hardenberg seine besondere Aufmerksamkeit zuwenden; durch eine Reihe von Edicten aus den Jahren 1810 und 1811 wurden sehr wesentliche neue Ein¬ richtungen in der Besteuerung eingeführt, besonders die Verbrauchs- und Luxussteuern erhöht und viele alt hergebrachte Befreiungen von den allge¬ meinen Steuern aufgehoben. Auch diese Verordnungen veranlaßten heftige Angriffe gegen den Staatskanzler Seitens derer, welche sich durch die Heran¬ ziehung zu den Steuern ungerecht belastet wähnten, doch wurden die Finanz¬ maßregeln, als durch die Nothwendigkeit geboten, kräftig durchgeführt. — Der Betrieb aller Gewerbe, welcher bis dahin durch die in den einzelnen Zünften gültigen Regeln und Privilegien mannichfach beschränkt war, wurde gegen Einführung einer niedrigen Gewerbesteuer Allen freigegeben (2. No« vember 1810). Hierdurch wurde zunächst der Wetteifer und die Vervoll«