482 Des Königs Tod. hastiger Treue ergeben war, machte seine unverkennbare Liebe den oft schweren Dienst leichter. Das Verhältniß des Königs zur Königin, welches von jeher die allge¬ meinste Verehrung eingeflößt hatte, zeigte sich während der Leidenszeit vollends in seiner tiefen Innigkeit. Wenn der König traurig war in seiner Krankheit, die Königin wußte ihn am gewissesten aufzuheitern. Wenn die Königin noch ferne war und Niemand ihre Nähe erkannte, hatte das Ohr des Königs sie schon erkannt und vernahm schon im dritten Zimmer das Rauschen ihres Kleides und horchte, bis sie kam. Wenn Einer ein Wort aus seinem Munde hervorlocken konnte, so war sie es. In der letzten Zeit, als die Zunge des Königs schon wie gebunden war, vor einer seiner letzten Aus¬ fahrten hatte er mehrere Stunden theilnahmlos dagesessen, und die Königin war im Begriff, vorauszufahren. Noch einmal ging sie zum Könige, um von ihm Abschied zu nehmen. „Hast Du denn kein Wort, kein Zeichen für mich? " fragte sie ihn bewegt. Er antwortete nicht, wiewohl er eben so bewegt schien. Auf wiederholte Fragen keine Antwort. Schon will die Königin betrübt sich wegwenden. Da war es, als ob er alle seine Kräfte noch einmal zusammen¬ nähme, die Muskeln seines Gesichtes bewegten sich, er erhob sich vom Stuhle und laut und voll und deutlich rief er: „Meine theure, heißgeliebte Frau!" Es war fast sein letztes deutlich und voll ausgesprochenes Wort. Des Königs Tod (2. Januar 1861). Drei Jahre hatte der König den Eindrücken des mit wiederholten kleinen Schlaganfällen verbundenen Ge¬ hirnleidens widerstanden: in bald kürzeren, bald längeren Zwischenräumen waren Gehirnreizungen eingetreten, welche das unaufhaltsame Fortschreiten der zerstörenden Krankheit anzeigten und jedesmal eine neue bleibende Stö¬ rung der Empfindung, Bewegung und des Gedächtnisses zurückließen. Im Dezember 1860 trat eine noch größere Abspannung und Schwäche hervor und der König nahm auffallend weniger Antheil an der Umgebung. Am heiligen Abende des Weihnachtsfestes stellte sich Erbrechen ein, das sich in der Nacht und am folgenden Tage wiederholte; dann folgte ein schlummer¬ süchtiger Zustand, aus welchem der König nicht wieder erwachen sollte. Am Shloesterabende gesellten sich die Zeichen beginnender Lungenlähmung hinzu. Am 2. Januar 1861 früh um 12 Uhr 40 Minuten entschlief Friedrich Wilhelm IV. sanft und still in völliger Bewußtlosigkeit und ohne Todes¬ kampf, umgeben von der Königin, die seit drei Tagen von seinem Sterbebette nicht gewichen war und unter heißen Thränen den Schweiß von seinem An¬ gesichte wischte, von den Gliedern der Königlichen Familie, die den Sterbenden in Schmerz und Liebe umstanden, und von seinen weinenden Dienern. Als der Augenblick des Todes herannahte, fielen Alle auf die Kniee und beteten das Sterbelied: „Wenn ich denn nun soll scheiden rc." Als der König den letzten Athemzug that, war es, als wenn sein Angesicht sich verklärte. König Friedrich Wilhelm IV. hatte schon mehrere Jahre zuvor folgende Anordnungen im Hinblicke auf seinen Tod eigenhändig niedergeschrieben: „Wie ich bestattet sein will." t t t „Wenn Gott der Herr es gibt, daß ich meine irdische Laufbahn ruhig in der Heimath endige und wenn, um was ich Ihn auf Knieen und mit Inbrunst