218 stauben noch bis ins achtzehnte Jahrhundert bie Trümmer ber alten Lanbwehr ber Wybranzen, und Friedrich I. unternahm, eine Land- miliz für ben ganzen Staat zu bilden. Vor bem Solbatenange feines Sohnes fanben solche Versuche ungeregelter Volksbewaffnung feine ©nabe. König Friebrich Wilhelm kannte bie Überlegenheit wohlgeschulter stehender Heere; er sah, baß sein Staat nur burch bie Anspannung aller Kräfte bestehen unb boch bie Kosten ber Werbungen auf bie Tauer nicht erschwingen konnte. Wie ihm überall hinter bem Gebote ber politischen Pflicht jebe anbere Rück¬ sicht zurücktrat, so gelangte er zu betn kühnen Schlüsse, baß alle Preußen burch bie Schule bes stehenben Heeres gehen müßten. Von ben politischen Denkern der jüngsten Jahrhunderte hatten allein Macchiavelli unb Spinoza ben einfach großen Gebanken ber allgemeinen Wehrpflicht zu verteidigen gewagt; beibe schöpften ihn aus ber Geschichte bes Altertums, beibe blieben unberftanben von ben Zeitgenossen. Die Not bes Staatshaushalts unb eine instink¬ tive Erkenntnis ber Natur seines Staates führten dann ben berbert Praktiker aus Preußens Throne zu berfelben Ansicht, obgleich er von ber sittlichen Kraft eines nationalen Heeres nur wenig ahnte. Er zuerst unter ben Staatsmännern bes neuen Europas sprach ben Grundsatz ans: „Jeber Unterthan wirb für bie Waffe geboren," unb arbeitete fein Leben lang, sich biesem Jbeale anzunähern, ein Heer von Lanbeskinbern zu bilben. Unheimlich wie bie Heeresorganisation erschien ben Deutschen ber preußische Schulzwang; bie Unwissenheit bes großen Hausens galt ben herrfchenben Stäuben noch für bie sichere Bürgschaft staat¬ licher Ordnung. König Friebrich Wilhelm aber bewnnberte wie sein Großvater bie protestantischen Nieberlanbe als bas gelobte Laub bürgerlicher Wohlfahrt; er hatte bort ben sittlichen und wirt¬ schaftlichen Segen einer weit verbreiteten Schnlbilbung kennen ge¬ lernt unb fühlte buiifel, baß bie Lebenskraft ber protestantischen Kultur in ber Volksschule liegt. Da er einsah, baß bie gebrückten und versumpften Volksrnassen des Nordostens nur durch die Zwangs- gewalt des Staates ihrer Roheit entrissen werden konnten, so schritt er auch hier der Gesetzgebung aller andern Großmächte entschlossen