Generalfeldmarschall
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;»in til). (Oktober 181)0. beut 91). Geburtstage Moltkes.
Für Schule, Haus und Heer
zur Erweckung und Pflege der Vaterlandsliebe herausgegeben
L. ®. StM.
mit dem Mldnitze ttloltfcs unb einer 2ln sicht des Gutes Areisau
Langensalza,
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von F. G.. €. Greßler.
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Georg-Eckert-Institut
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Ansicht des Gutes Äreifau.
Generalfeldmarschnll Graf Moltke.
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(Ein Uebensbild.
Festschrift
rnm 26. Oktober 1890, öcm 90. Gcburlstagc Molt«cs.
Iüv Schute, Kcrus und gbeev
zur Erweckung und Pflege der Vaterlandsliebe herausgegeben
L. S. Seidel.
Mott«: „Mit meinem Blick will ich die Schlacht regieren.“
OTit dem Bildnisse JTtoItfes und einer Ansicht des Gutes Kretfau.
Langensalza,
Schulbuchhandlung
von F. ®. L. ©realer.
1890.
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Wie Blücher, so ist auch Moltke von Geburt ein Mecklenburger. Der Zweig der Familie Moltke war seit alter Zeit hier in Mecklenburg ansässig. So erbte auch das alte Stammgut Samrow bei Ribnitz, in der Nähe von Rostock, durch Jahrhunderte vom Vater auf den Sohn. Erst der Großvater Moltkes hatte das Familiengut an der Ostsee veräußert. Die beiden Söhne desselben, Helmut und Fritz, wurden Offiziere; ersterer in mecklenburgischen, letzterer in preußischen Diensten. Beide brachten es fast gleichzeitig bis zum Hauptmann, nur darin verschieden, daß Helmut dem erwählten Berufe treu blieb, während Fritz seinen Abschied nahm. Dieser hatte sich nämlich mit Henriette Sophie Paschen, der einzigen Tochter des reichen preußischen Geheimen Finanzrates Paschen in Hamburg vermählt. Auf Wunsch seines reichen Schwiegervaters nahm Fritz von Moltke seinen Abschied und kaufte sich für die Mitgift seiner jungen Frau in der Priegnitz, dem nordwestlichen Teile der Mark Brandenburg, ein Rittergut, das er nach zweijähriger Bewirtschaftung wieder vorteilhaft verkaufte.
Im Sommer des Jahres 1799 zog Fritz v. Moltke mit seiner jungen Frau und zwei kleinen Knaben nach Parchim
*) Bei Bearbeitung des vorl. Buches wurden teilweise als Quellen benutzt: Moltkes eigene Schriften („Briefe aus der Türkei", aus „Rußland" und „Wanderbuch"), Petsch, Graf Moltke, Müller, GrafMoltke, „Am Hofe WilhelmsII." (Berlin, R. Eckstein), Fischer. Gejch. des preuß. Staates, Sonntagsbl. der „Pr. L.-Ztg.", „B. N. N.", „S.-Ztg." u. a.
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und bewohnte daselbst den Oberstock in dem geräumigen Hause seines Bruders. Da es dem Bruder Fritz und seiner Frau in Parchim gefiel, so dauerte ihr Aufenthalt in dieser Stadt bis zum Jahre 1801. In dieser Zeit, am 26. Oktober 1800, wurde ihnen ein dritter Sohn geschenkt, der die Namen Helmnt Karl Bernhard erhielt. Dieser 26. Oktober 1800 zu Parchim ist der erste Tag in dem Leben unseres Generalfeldmarschalls, der also ein Sonntagskind ist. In der Marienkirche wurde der kleine Moltke vom Pastor Seidel getauft. Das Haus aber, in dem er das Sicht der Welt erblickte, schmückt seit 1867 eine Gedenktafel, die jedem Fremden zuruft, daß hier der große Stratege Deutschlands geboren wurde.
Im Jahre 1801 verließ Fritz v. Moltke mit seiner Familie das kleine Parchim wieder und bezog das käuflich erworbene Landgut Gnevitz bei Tessin in Mecklenburg. Aber schon nach zwei Jahren verkaufte er das Gut wieder und zog mit den ©einigen nach der alten Hansestadt Lübeck. Hier lernte der kleine Helmut die Franzosen zum ersten Male kennen. Am 6. November 1806 wurde die Stadt von den Franzosen erstürmt und schändlich beraubt. Auch die Wohnung des Freiherrn v. Moltke plünderten sie aus. Wenige Monate darauf kaufte der Vater das Gut August enh of bei Kiel-Mit diesem Umzuge wurde aus dem kleinen Mecklenburger ein Holsteiner. Von hier aus kamen die beiden Brüder, Fritz und Helmut, in das Haus des Pastors Knickbein zu Hohenfelde, wo sie eine ausgezeichnete Erziehung und trefflichen Unterricht genossen. Das Pfarrhaus wurde ihnen zum zweiten Vaterhaus, und die beiden Moltke entwickelten sich körperlich und geistig aufs günstigste. Diese schönen Tage in Hohenfelde hat Helmut von Moltke auch nicht vergessen können. Denn nach dreißig Jahren (1841) sandte er als preußischer Hauptmann dem Pfarrer Knickbein das von ihm herausgegebene Buch: „Briefe über Zustände und Be-
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gebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839" mit der Widmung: „Meinem lieben Lehrer und väterlichen Freunde, dem ich so vieles verdanke, sende ich dies mein Erstlingswerk, als ein schwaches Zeichen meiner Verehrung. H. v. Moltke."
„Während ich hier still in Hohenfelde saß", so erzählt der alte würdige Pastor, „und mir ein Jahr wie das andere verging, hat mein Helmut die Welt gesehen. Und wie hat er sie gesehen! Ich bin stolz auf solchen Schüler. Nach seinen Lehrjahren sind seine Wanderjahre gekommen. Schade, daß ich nicht mehr Zeuge seiner Meisterjahre werden kann!"
Moltke ist zum Soldaten geboren. Schon als Knabe leuchtete ihm der helle Mut aus den Augen. In dem Pfarrgarten zu Hohenfelde befindet sich ein Teich. In demselben baute Helmut v. Moltke eine kleine Insel. Wochenlang hat er mühsam mit seinem Taschentuche, dann mit einer kleinen Kinderkarre den Sand herbeigeschleppt, bis das Werk fertig war.*) Sodann wurde ein Brett gelegt, welches vom Ufer bis zur Insel reichte. Nun spielten die beiden Moltke mit den Dorfknaben zuweilen Krieg. Fritz und Helmut waren die Anführer. Der Vater der beiden Knaben und der Pfarrer Knickbein belauschten einmal ein solches Kriegsspiel. Helmut hatte sich mit einem bunten Helm von Papier geschmückt, und seine Rechte schwang ein selbstgeschnitztes, hölzernes Schwert. Seine Augen leuchteten, und seine sonst etwas blassen Wangen waren lieblich gerötet. Er hatte für seine Schar Waffenruhe gefordert und erhalten. Jetzt ließ er die Seinen zum Kriegsrat zusammentreten. „Wir sind schwächer als die da drüben, da wir an der Hecke so viele Gefangene verloren haben. Der Sieg ist nicht mehr zu erzwingen. Aber verloren haben wir nicht; wir ziehen uns auf unsere sturmfreie Schanze zurück, und da mögen sie nur kommen! Um diesen Rückzug aus-
*) Nach Petsch erzählt.
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führen zu sönnen und zu verdecken, machen wir jetzt zum (Schein einen Vorstoß, währenddessen die Schwächsten von uns nach der Schanze eilen. Ich bin der letzte, der die Brücke betritt. Dann aber schnell hoch mit ihr, daß jede Verbindung abgeschnitten wird und sie nicht mit uns zugleich die Schanze gewinnen!" Die Knaben nickten ihm Beifall; die verschiedenen Rollen wurden verteilt und alles genau besprochen. Die Waffenruhe war vorüber, das Gefecht be-begann von neuem; Helmut stürmte kühn mit seinen stärksten Kriegern vor, wurde aber von seinem Bruder Fritz und dessen Kämpfern geworfen. Am Ufer standen sich die beiden Brüder gegenüber. „Streckt die Waffen — ihr seid verloren! ries yritz. „Nehmt sie uns, wenn ihr Sieger sein wollt!" antwortete Helmut und sprang aus das Brett und die Insel hinüber, und als Fritz mit den Seinen folgen wollte, da wurde blitzschnell die Brücke angezogen. „Wir haben nicht verloren!" jubelte Helmut herüber, während Fritz mit seiner Schar verblüfft am User stand. „Belagert uns, stürmt — wir werden euern Angriff abzuschlagen wissen!"
Leider hatte der Vater Moltkes als Gutsbesitzer wenig Glück. Durch die Plünderung in Lübeck und durch eine Feuersbrunst auf Augustenburg hatte er herbe Verluste gehabt, so daß er sich endlich genötigt sah, sein Gut wieder zu verkaufen und die Landwirtschaft aufzugeben. So griff er 1809 wieder Zum Degen und trat in die dänische Armee ein, wo er bis zum Generallieutenant emporstieg. —
Von Hohenfelde ans kamen die beiden Brüder Helmut und Fritz Moltke im Jahre 1811 nach Kopenhagen, um dort für den Militärdienst vorbereitet zu werden. „Was unmittelbar aus den Hohenfelder Aufenthalt folgte, war nicht geeignet, das zartfühlende Herz des jungen Helmut zn befriedigen. Zuerst waren sie in dem Hanse des alten Generals Lorenz untergebracht, welcher sich nicht um sie kümmerte, während eine zänkische Haushälterin bei jeder Gelegenheit
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ihren üblen Humor über sie ausgoß; später, als zwei Plätze in der Kadettenanstalt frei geworden waren, traten sie als Alumnen in dieselben ein, erhielten dort Wohnung und Kost und ein Gehalt von je 50 Thalern. Das Lorenzsche Haus mit seinen permanenten Gewitterwolken vertauschten sie nun mit einem einförmigen Kasernenleben." (Müller.) Über den Aufenthalt daselbst sagte in späteren Jahren Herr von Moltke: „Ohne Verwandte und Bekannte in einer fremden Stadt, brachten wir dort eine recht freudlose Kindheit zu. Die Behandlung war streng, selbst hart, und heute, wo mein Urteil doch unparteiisch darüber geworden ist, muß ich sagen, sie war zu streng, zu hart. Das einzige Gute, was diese Behandlung mit sich brachte, war, daß wir uns früh an Entbehrungen aller Art gewöhnen mußten. Sonst habe ich jenem Aufenthalte keine angenehme Erinnerung bewahren können, es fei denn, daß er die Wirkung hatte, mich mit unvergänglicher Dankbarkeit für eine Kopenhagens Familie zu erfüllen, die uns liebreich und freundlich aufnahm. Der General Hegermann-Lindenkrone besaß einen sehr hübschen Landsitz nahe der Stadt, welcher der Tummelplatz unserer Knabenspiele am Sonntage wurde mit den drei Söhnen des Hauses, welche sich später alle drei in der dänischen Armee hervorgethan haben. Der Verkehr mit den edlen, feingebildeten Mitgliedern dieser Familie hat höchst wohlthätig auf meine ganze Entwicklung gewirkt." —
„So lernte Helmut von Moltke schon als Knabe unter fremden, lieblosen Menschen die Schwere des Lebens kennen; er hatte in der That kein Vaterhaus mehr, von einem Taschengelde war bei der Lage des Vaters ebenfalls keine Rede, das andern Genossen so reichlich zufloß, und so wuchs er bei harten Entbehrungen aller Art empor. Außerdem trafen feine Familie außer den gemeldeten noch andere harte Schicksalsschläge. Napoleon hatte 1812 seinen Feldzug gegen Rußland unternommen, bei dem er aus allen deutschen Ländern
gezwungene Heeresteile mitschleppte. Der Feldzug endete durch den Brand von Moskau sehr unglücklich, und der größte Teil des Heeres wurde vernichtet. Auch das mecklenburgische Bataillon mußte mit in diesen Krieg, und mit diesem Bataillon also auch der Onkel Helmut aus Parchim, dem zu Ehren unser Helmut seinen Namen trug. Der Vater meldete den Söhnen in einem Briefe, daß bei dem schrecklichen Rückzüge über die Beresina auch ihr lieber Onkel ums Leben gekommen sei. Diese Nachricht erschütterte unsern Helmut tief. In solcher Umgebung und bei solchen Verhältnissen wurden die Bücher seine Welt. und hier als Kadett legte er den Grund zu seiner Eigenart, seinem Charakter: hier wurde er der Schweiger." (Petsch.)
Die beiden Brüder hatten in der Kadettenanstalt einen sechsjährigen Kursus durchzumachen. Neujahr 1818 standen sie am Ziele, am Ende ihrer schweren Lehrzeit. Bei der Offiziersprüfung erhielt Helmut von Moltke die erste Zensur und am 22. Januar 1818 sein Patent als Lieutenant. Jedoch durfte er noch nicht als Offizier in den Dienst treten. Weil er als Kadett eine staatliche Unterstützung genossen hatte, mußte er noch ein Jahr als Hofpage dienen. „Um bei feier-lichert Gelegenheiten an heutigen Höfen eine entsprechende Bedienung zu haben, werden die Hofpagen vorübergehend den Kadettenhäusern entnommen, deren Zöglinge ja meist altadlige Namen tragen. Auch in Berlin ist es so; dort werden die kaiserlichen Hofpagen der ersten Klasse des Berliner Kadettenhauses entnommen, und gilt dies als eine große Ehre und Auszeichnung, die in den Träumen ber jungen Leute als bas Morgenrot einer glänzenben Zukunft erscheint. So würbe also auch Helmut von Moltke in Kopenhagen Hospage." Nachbem er sieben Jahre in bieser Stabt zugebracht hatte, trat er im Jahre 1819 als Lieutenant in ein Infanterie-Regiment in Renbsburg ein. Ein Jugenbgenosse von ihm schreibt: „Er war ein schlanker, junger Mensch mit vollem, blonbem
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Haar und gutmütigen, blauen Augen, von stillem, aber freundlich entgegenkommendem Wesen und treuherzigen, offenen Antlitzes, über dessen ernste Mienen in unbewachten Augenblicken zuweilen ein Zug von verhaltener Wehmut flog. Sein eiserner Fleiß und energischer Wille schreckten vor keiner Aufgabe zurück und wußten sie mit sicherer Hand zu erreichen. Bei seinen Kameraden stand er in einem gewissen Respekte; er wußte dies auch, niemals aber machte er von seinem Übergewichte und Ansehen den geringsten Gebrauch. Gesprächig und mitteilsam im Verkehr, ernst zurückhaltend im Dienst und bei der Arbeit, beseelten ihn vorzugsweise ein unermüdlicher Pflichteifer und eine fast beispiellose Gewissenhaftigkeit."
Drei Jahre (1819—21) lebte der junge Lieutenant v. Moltke in Rendsburg. Sodann nahm er wie viele seiner Kameraden infolge der ungünstigen Avancementsverhältnisse nach dem Kriege seinen Abschied, den er am 5. Januar 1822 erhielt. Sein Bruder Fritz blieb in der dänischen Armee. „Helmut von Moltke aber mit seinem Talente, seinem Eifer und Streben, wollte vorwärts; auch er sah es ein, daß in diesem kleinen Heere seine Zukunft keine glänzende sein könne. Mochte auch sein Vater, der durch die Kriegsjahre schnell gestiegen, in dieser Armee ein gutes Ziel erreicht haben, mochte auch sein Bruder Fritz bleiben — ihn zog sein Herz nach Süden, nach Berlin. Da war ein aufblühender Staat mit einer großen, tüchtigen Armee, dort winkte ihm eine Zukunft, wie er sie sich erträumte und erstrebte, und er war ja kein Däne, sondern ein Deutscher — sein Herz hing nicht an dem kleinen, unglücklichen Lande, und nichts zwang ihn, sein Schicksal mit dem dieses Landes auf immer zu verflechten." (Petsch.)
So war das Leben Moltkes bis jetzt ein Wanderleben. Er selbst schreibt später über diesen Abschnitt seines Jugendlebens folgendes: „Ich bin der dritte von sieben Söhnen meines Vaters, des Königlich Dänischen Generallieutenants von Moltke. Meine Mutter war Henriette Paschen, Tochter
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des Geheimen Finanzrates Paschen zu Hamburg. Nachdem mein Vater sich nach seiner Vermählung erst in der Priegnitz, dann in Mecklenburg angekauft, wurde ich dort iu der Stadt Parchim am 26. Oktober 1800 geboren, wo meine Eltern zum Besuche bei meinem Onkel Helmut von Moltke sich befanden, der mit dem mecklenburgischen Bataillon 1812 nach Rußland marschierte und dort umkam. Ich erhielt die Namen Helmut Karl Bernhard. Ich folgte meinen Eltern nach Lübeck, wo 1806 unser Haus durch die Franzosen geplündert wurde. An Lübeck, seine alten Thore und Türme, knüpfen sich meine frühesten Erinnerungen, und ich habe unser Haus am ,Schrangen< trotz der veränderten Umgebung nach langen Jahren sogleich wieder erkannt. Inzwischen hatte mein Vater das Gut Augustenhof in Holstein gekauft. Ein Jahr später brannte es nieder mit der gesamten Ernte. Bald darauf starb mein Großvater, welcher über ein sehr großes Vermögen verfügte. Sein Testament enthielt zahlreiche und große Legate. Die sehr zahlreichen Verluste, welche der Krieg ihm verursachte, die er nicht übersah, fielen der Universalerbin, meiner Mutter, zur Last, welche so fast leer ausging. Das Gut mußte verkauft werden. Inzwischen war ich mit meinem ältern Bruder nach Kopenhagen in die Land-Kadetten-Akademie geschickt worden. Als Alumnen verlebten wir dort eine freudlose Jugend. Mit achtzehn Jahren wurde ich Offizier. Die geringen Aussichten, die der dänische Militärdienst eröffnete, ließen mich wünschen, in die preußische Armee einzutreten, wo mein Vater und mehrere seiner Brüder ebenfalls gedient haben. Mit guten Empfehlungen meines Regimentschefs, des Herzogs von Holstein-Beck, Vaters des jetzigen Königs von Dänemark, ging ich nach Berlin, machte dort das Offiziers-Examen und wurde sogleich im Leib-Infanterie-Regiment Nr. 8. angestellt. Von da beginnt meine genügend bekannte Militärlaufbahn."
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In dem genannten Regiment in Frankfurt a. d. O. wurde Moltke am 12. März 1822 jüngster Sekonde-Lieutenant. Schon nach einem Jahre kam er nach Berlin auf die Kriegs-Akademie, wo er seine militärischen Kenntnisse erweiterte und in feinen Mußestunden ganz besonders dem Studium der neuern Sprachen oblag. „Der Ausenthalt in der teuern und verlockenden Stadt Berlin ließ ihn empfinden, was es heißt, mit einem Lieutenantsgehalt, ohne irgend welchen Zuschuß von zu Hause, auskommen zu müssen. Aber, von den hauptstädtischen Vergnügungen sich fern haltend, verstand er es so trefflich, mit feinem Diensteinkommen hauszuhalten, daß er nicht nur damit immer auskam, sondern auch noch so viele Ersparnisse machte, um davon seine litterarischen Bedürfnisse und feinen Eifer für Erlernung der neueren Sprachen befriedigen zu können. Sein gediegener Charakter, seine scharfsinnige Auffassung und feine klare präcise Darstellung erregten die Aufmerksamkeit feiner Vorgesetzten. Im Jahre 1827 kehrte er wieder zu feinem Regiment nach Frankfurt zurück. Hier wurde ihm die Leitung der etwas verwilderten Divifionsfchule übertragen, und als er feine Aufgabe zur Zufriedenheit feiner Vorgesetzten gelöst hatte, wurde er im folgenden Jahre der topographischen Abteilung des großen Generalstabs, welcher in Schlesien und Posen Landesvermessungen vorzunehmen hatte, zugeteilt. Diese praktischen Studien leitete General von Müffling, einer der Offiziere, deren man sich, wie Moltke sagte, sein Leben lang mit aufrichtigster Hochachtung erinnert, wenn man das Glück gehabt hat, mit ihnen in nähere Berührung zu kommen. Im Jahre 1832 wurde Moltke zum großen Generalstabe kommandiert; am 30. März 1833 wurde er Premierlieutenant und zugleich durch den General von Kranfeneck völlig in den Generalstab einrangiert; am 30. März 1835 erhielt er das Hauptmanns-patent." (Müller.)
- Auch mit historisch-politischen Arbeiten beschäftigte sich Moltke. Im Jahre 1831 erschien von ihm eine Schrift
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mit folgendem Titel: „Holland und Belgien in gegenseitiger Beziehung seit ihrer Trennung unter Philipp II. bis zu ihrer Wiedervereinigung unter Wilhelm I." „Seine Schreibweise ist ganz wie sein Charakter: wahr, fest, schmucklos, schön und imposant durch die in ihr wohnende Stärke. Bei gleicher Knappheit teilt er mit Lessing die gleiche Art zu sprechen und zu schreiben, dieselbe Einfachheit und gleiche Tiefe." (Wiermann.)
Ein Jahr darauf veröffentlichte Moltke eine Schrift „Über Polen". Der Verfasser beginnt mit folgenden Worten: „In keinem Lande ging wohl der Charakter des Adels so unmittelbar aus dem Staate hervor, und nirgends hing das Schicksal des Staates so vom Charakter, von den Gesinnungen und Sitten des Adels ab als in Polen, weil nirgends wie dort Staat und Adel identisch waren. Der Adel war im ausschließlichen Besitz aller politischen Rechte; er allein bildete den Staat." —
ll. Manderjahre.
Um jene Zeit hatte Moltke einen mächtigen Drang, eine Sehnsucht nach der Ferne, um fremde Völker, Einrichtungen, Sitten und Gebräuche kennen zu lernen. Darum erbat er sich in seinem Wissensdrange 1835 einen sogenannten Königsurlaub zu einer Studienreise nach dem Orient. Er wollte zunächst drei Wochen in Konstantinopel zubringen und dann über Athen, Neapel und Rom nach Berlin zurückkehren. Doch es kam anders. „Es wurde eine große, länge orientalische Studienreise daraus, ungeahnt durch die Macht der Verhältnisse, und diese schöne Wanderung umfaßt damit zugleich die romantische Zeit seines Lebens, das in diesem Abschnitt durchaus kein Stillleben ist. Mit in die Ferne nahm er das Bild seiner geliebten Schwester, und wurde ihm in der orientalischen Fremde eine Stunde süßer Rast, da nahm er
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Feder und Papier und schrieb an Mistreß Burt in Holstein lange, fesselnde Briefe, in denen er ausführlich seine Erlebnisse und die Wunder der unbekannten Türkenwelt schildert." (Petsch.)
Diese herrlichen Briefe an die Schwester sind im Jahre 1841 unter dem Titel erschienen: „Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835—1839." Karl Ritter sagt in der Vorrede: „Diese Briefe waren zwar keineswegs für eine öffentliche Mitteilung, sondern im Drange des Herzens und infolge einer seltenen Reihe überraschender Lagen und merkwürdiger Begebenheiten geschrieben, in welche der unternehmende Verfasser nach und nach verwickelt wurde; um so größeren Wert haben sie bei einer so lebendigen als treuen und geistreichen Auffassung und Abspiegelung nach innen und außen, und desto größeren Dank ist man der wohlwollenden Mitteilung derselben schuldig."
Im Oktober 1835 traf Moltke mit seinem Reisegefährten, einem Baron von B., in der türkischen Stadt Neu-Orsowa ein. Von da ging es nach Bukarest, der Hauptstadt von Rumänien. Lassen wir Moltke selbst erzählen: „Wir hatten uns in Orsowa einen Leiterwagen gekauft. Man spannte uns acht Pferde vor und an schwierigen Stellen noch einige Büffel. Der Regen goß unaufhörlich vom Himmel, und mein Hut war so durchweicht, daß ich ihn aus den Wagen warf. In den Dörfern fand man nichts, weder Essen noch Trinken, noch Nachtquartier. Selbst die Postämter sind elende Hütten oder eigentlich Höhten in der Erde, mit einem Dach aus Zweigen überdeckt. Von einer solchen Armut habe ich mir bisher keine Vorstellung zu machen gewußt. Nicht wenig erfreut waren wir, in Bukarest ein Gasthaus zu finden. Seit Orsowa hatten wir keins gesehen. Durch unsern Konsul wurden wir dem Fürsten Alexander Ghika vorgestellt und in mehrere Bojaren-Familien eingeführt. Obwohl wir uns fast unter dem nämlichen Breitengrade mit Genua befinden, wo ich mich vorigen Jahres um diese Zeit des
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schönsten Sommers erfreute, so ist hier doch schon alles in tiefem Winter erstarrt. Wir durchstreifen indes die Stadt, die Kasernen und die Salons und rüsten uns zur Reife nach Konstantinopel."
..Nach achttägigem Aufenthalte in Bukarest fetzten mir unsere Reife zu Schlitten fort, wenn man diese schmeichelhafte Benennung für ein Fuhrwerk brauchen will, das eigentlich nichts war als eine mit vier Pferden bespannte Schleife, und diese dazu so eng und kurz, daß die Beine über den Rand hervorragten, und man bei der schnellen Bewegung sich nur mit der äußersten Anstrengung im Sitz erhielt. Auch hatten wir die erste Post noch nicht erreicht, als unser Postillon gestürzt und ich zweimal aus dem Schlitten gefallen war. Der Führer des Miniatur-Fahrzeugs nahm davon nicht die mindeste Kenntnis; er jagte mit seinen kleinen Pferden weiter, und man hatte die äußerste Mühe, ihn durch Rufen darauf aufmerksam zu machen, daß er ein wesentliches Stück seiner Fracht verloren habe."
„Das Schlimmste für den europäischen Reisenden in diesen Ländern ist der Mangel an Gasthöfen. Wenn man hungrig, durchnäßt und halb erstarrt abends in eine Stadt kommt, so findet man für Geld weder eine warme Stube, noch ein Bett, noch ein Abendessen. Es bedurfte eines Schreibens des Fürsten, um uns zu Gjurgew Aufnahme in eine Privatwohnung zu verschaffen."
„Am folgenden Morgen setzten wir über den hier sehr breiten Strom. Der Wind half uns gegen die starke Strömung hinauf, denn Gjurgew liegt etwas unterhalb Rustschuf. Nach langem Umherwandern in dieser Stadt erreichten wir endlich das Hann oder den türkischen Gasthof. Dieser gewährt den Reifenden ein Obdach, aber auch durchaus weiter nichts. Wir hatten aus Bukarest eine Empfehlung an einen griechischen Kaufmann, der sich in dem Hann förmlich eingerichtet hatte, und seine Strohmatte, seine Kiffen und seine Mahlzeit mit
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uns teilte. Er schloß auch den Handel mit einem Tartaren ab, welcher es für nicht ganz 100 Thaler übernahm, uns mit unserm Gepäck nach Konstantinopel zu schaffen, wobei er zugleich für die Zehrung zu sorgen hatte."
„Mit Tagesanbruch trabten wir über das holperige Steinpflaster zum Thor hinaus. Unsere kleine Karawane bestand aus fünf Reitern und sieben Pferden. Vorauf ritt mit einem Handpferd der Wegweiser, ein Araber. Der Sohn der Landwüste versank oft bis zu den Bügeln im Schnee. Ihm folgte der Surndfchi mit dem Packpferde an der Hand, und dann wir mit dem Tartaren. Alle waren bewaffnet und führten in der Rechten den Kamtfchik, eine lange Peitsche mit kurzem Stiel."
„Ant Abend des zweiten Tages erreichten wir Schutnla, Diese Stadt ist weit freundlicher und besser gebaut als Rust-schuk. Da alle Bäche und Flüsse ausgetreten waren, so mußten wir uns von Schumla zu einem weiten Umweg über Eski-Schumna und Osman-Basary entschließen."
„Ehe wir das Nachtquartier erreichten, war es Abend geworden, und wir bemerkten, daß unser Tartar, mit dem
wir keine Silbe reden konnten, sich verirrt hatte. Wir be-
fanden uns auf einer weiten Wiese, und von den Überschwemmungen der Tundscha nach allen Richtungen umgeben. Dabei war es so finster, daß man nicht drei Schritte vor sich sah und wir alle Mühe hatten, nicht von unserm Führer abzukommen. Wir stießen auf große Herden von Kühen und Ziegen, aber alles Rufen nach den Hirten war vergebens;
sie mochten wohl wissen, daß der Besuch eines Tartaren
ihnen Dienstleistungen ohne Lohn verhieße. Dieser erwischte indes, Gott weiß wie, einen kleinen Ziegenhirten, knebelte ihn sogleich, band ihn mit dem Kamtschik an sein Pferd und zwang ihn, durch dick und dünn vor uns herzutraben. Der kleine Bulgare wehrte sich herzhaft, schrie als ob er gespießt würde, und ich erwartete jeden Augenblick ein paar Flinten-
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schüsse von seinen Angehörigen. Es tont ein widriges Gefühl, dies Unrecht dulden zu müssen, aber wir konnten uns weder verständigen, noch der Hilfe des Knaben entbehren. Als ob der Himmel die Unbilde rächen wollte, strömte der Regen auf uns herab, und nur einzelne Blitze erhellten die Gegend vor uns. So zogen wir wohl eine halbe Stunde fort, bis unser kleiner Führer vor einer elenden Hütte Halt machte, von der wir sogleich Besitz nahmen. Nur mit Mühe gelang es, aus grünen Tannenzweigen ein Feuer mitten auf dem Fußboden anzufachen. Zu essen gab es nichts, und wir mußten uns. bis auf die Haut durchnäßt, schlafen legen. Als wir unsern kleinen Führer reichlich beschenkt, setzten wir am folgenden Morgen bei fortwährendem Regen die Reise weiter fort. Aber schon mittags mußten wir in einem elenden Dorfe liegen bleiben, weil es keine Möglichkeit war, einen der Zuflußbäche zur Tundscha zu passieren. Als am folgenden Morgen das Wasser etwas gefallen war, furteten wir durch. Die Wege waren bodenlos aufgeweicht, und unsere Karawane gewährte den traurigsten Anblick, als wir endlich in Adrianopel einzogen. Wie alle türkischen Städte ist auch Adrianopel von außen gesehen sehr schön. Unser Tartar trieb indes zur Eile, und am zehnten Morgen, seit wir aus Rustschuk ausgeritten, sahen wir die Sonne hinter einem fernen Gebirge emporsteigen, an dessen Fuß ein Silberstreif hinzog; — es war Asien, die Wiege der Völker, es war der schneebedeckte Olymp und der klare Propontis, auf dessen tiefem Blau einzelne Segel wie Schwäne schimmerten. Bald leuchtete aus dem Meer ein Wald von Minarets, von Masten und Cypressen empor — es war Konstantinopel."
Die Fahrt auf dem Bosporus nach Bujukdere schildert Moltke in folgender Weise: „Nachdem wir eine Nacht in Pera geruht, setzten wir uns in einen der äußerst zierlichen leichten Nachen (Kaik), welche zu Hunderten im Hafen, dem goldnen Horn, herumfuhren. Wir fuhren ins Freie hinaus.
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Aber, wie soll ich Dir den Zauber schildern, welcher uns jetzt umfing. Aus dem rauhen Winter waren wir in den mildesten Sommer, aus einer Einöde in das regste Leben versetzt. Die Sonne snnkelte hell und warm am Himmel, und nur ein dünner Nebel umhüllte durchsichtig den feenhaften Anblick. Zur Rechten hatten wir Konstantinopel mit seiner bunten Häusermasse, über welche zahllose Kuppeln, die kühnen Bogen einer Wasserleitung, große steinerne Hanns mit Bleidächern, vor allen aber die himmelhohen Minarets emporsteigen, welche die sieben riesengroßen Moscheen umstehen. Das alte Seraj streckt sich weit hinaus ins Meer mit seinen phantastischen Kiosken und Kuppeln, mit schwarzen Cypressen und mächtigen Platanen. Der Bosporus wälzt gerade auf diese Spitze zu seine Fluten, welche sich schäumend am Fuß der alten Mauer brechen. Dahinter breitet sich der Propontis mit seinen Inselgruppen und felsigen Küsten aus. Der Blick kehret aus dieser duftigen Ferne zurück und heftet sich auf die schönen Moscheen von Skutari, der asiatischen Vorstadt; auf den Mädchenturm, welcher zwischen Europa und Asien aus der tiefen Flut auftaucht; auf die Höhen, welche noch mit frischem Grün prangen, und ans die weiten Begräbnisplätze im Dunkel der Cypressenwälder."
„Wir eilten zwischen großen Kauffahrern mit den Wimpeln aller Nationen und riesenhaften Linienschiffen hindurch aus dem goldnen Horn in den Bosporus. Auf beiden Ufern des Bosporus reiht sich eine Wohnung an die andere, eine Ortschaft folgt der andern, und die ganze, drei Meilen weite Strecke von Konstantinopel bis Bujukdere bildet eine fortgesetzte Stadt aus zierlichen Landhäusern und großherrlichen Palästen, aus Fischerhütten, Moscheen, Kaffees, alten Schlössern und reizenden Kiosken. Links um eine weite Bucht reihen sich die Häuser von Bujukdere mit den Hotels der österreichischen, russischen, preußischen und anderer Gesandtschaften. Wir
Seidel, Generalfeldmarschall Graf Moltke. 2
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stiegen in Buju kdere ans Land und stellten uns unserm Gesandten vor."
„Vor einigen Tagen begleiteten wir unfern Gesandten zu einer Audienz bei Mehmet Chosref Pascha, dem allgewaltigen Seraskier (Kriegsminister). Er richtete auch einige Fragen an mich über das preußische Landwehrsystem, welche zeigten, daß' er sich wohl mit diesem Gegenstände beschäftigt hatte und rühmte sehr die Vortrefflichkeit unserer Militär-Einrichtungen."
„Meine Absicht war, nur etwa drei Wochen in Konstantinopel zu verweilen und dann über Athen und Neapel zurückzukehren. Nun hat aber der Seraskier mich durch die Gesandtschaft förmlich auffordern lassen, die Abreise zu verschieben, was meinen ganzen Reifeplan ändert. Ich muß meinen Gefährten, den Baron B., allein ziehen lassen, was mir in jeder Beziehung äußerst leid ist."
„Was die Lebensweise hier anbetrifft, so ist sie außerordentlich einförmig. Nach dem Frühstück machte ich bei gutem, wie bei schlechtem Wetter eine Promenade, gewöhnlich durch die Hauptstraße von Pera nach dem großen Begräbnisplatz. Die hohen hundertjährigen Cypreffen beugen unter der Last des Schnees ihre grünen Zweige zur Erde, und die zahllosen aufrecht stehenden Leichensteine sind mit einer Eisrinde wunderbar inkrustiert. Da, wo der Weg aus dem Cypressenwalde tritt, öffnet sich eine herrliche Aussicht auf den Bosporus. Jenseits erheben sich die schneebedeckten Berge Asiens, Skutari, die Vorstadt mit lOOOOO Einwohnern, und mitten im Wasser der Leanderturm."
„Begleite mich nun auf meiner Wanderung, die steile Höhe, welche der Begräbnisplatz krönt, hinab an das Ufer des Bosporus. Wir bleiben ein Weilchen stehen und sehen den Wellen zu, die sich mit Macht an den steinernen Quais brechen und schäumend weit über die vergoldeten Gitter bis an den Kiosk des Großherrn spritzen. Griechen sammeln die Austern, welche die bewegte See ans Ufer wirft, und ganze
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Herden von Hunden verzehren die Reste eines gefallenen Pferdes. Wir wenden uns nun rechts an einem prachtvollen Marmorbrunnen vorüber, und treten in eine lange Reihe von Kaufläden, deren Dächer oben fast zusammenstoßen. Dort sind es vor allem die Eßwaren und Früchte, die meine Aufmerksamkeit erregen. Da giebt es Datteln, Feigen, Pistazien, Kokosnüsse, Manna, Orangen, Rosinen, Nüsse, Granatäpfel, Simonien und viele andere gute Sachen, von denen ich die Namen nicht einmal weiß. Da giebt es Honigbrei, Reisspeisen, Ziegenrahm und Traubengelee, alles aufs reinlichste und beste bereitet; dann kommt der Gemüsemarkt mit Blumen, Kohl, Artischocken, ungeheuren Melonen, Kürbis, Karden und Pasteten. Gleich daneben liegen die Erzeugnisse des Meeres: ungeheure Fische, wie der riesenhafte Thon, die silbernen Palamiden, der Goldfisch, die Steinbutte und alle die Meerungeheuer, die doch so gut schmecken, die Austern, Hummern, Krebse, Krabben und Familie." —
„Mehmet Ch osres Pascha ist nächst dem Großherrn der mächtigste Mann im Reiche. Er redet säst nur in scherzhaftem Ton, aber die Mächtigen zittern bei seinem Lächeln. Er weiß alles, was in der Hauptstadt vorgeht, hat seine Kundschafter überall und kennt keine Schonung gegen solche, die sich der neuen Ordnung der Dinge widersetzen. Chosres Pascha war der erste, welcher dem Großherrn eine europäische ausexerzierte Truppe vorstellte; er gilt daher für einen Hauptbeförderer der Reform." —
Moltke wurde bald der militärische Vertrauensmann und Berater Chosress, welcher ihn häufig zu sich rufen ließ. Er forderte ihn schließlich zu einem längeren Aufenthalt in Kon-ftantinopel auf. Dem Hauptmann Moltke wurde darum auch von der preußischen Regierung ein längerer Urlaub gewährt. Der Seraskier trug ihm verschiedene Arbeiten auf, besonders sollte et eine Denkschrift über die Reorganisation des türkischen Heeres und über die Einführung des preußischen Landwehrsystems
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ausarbeiten. Ein Armenier, bei welchem Moltke wohnte, hatte die Übersetzung dieser Schrift ins Türkische zu übertragen.
„Auf den Wunsch des Seraskiers befinde ich mich jetzt hier (Arnaut-Kjöi bei Konstantinopel) im Hause seines ersten Dragomans. Mein Wirt heißt Mardiraki oder der kleine Martin, er ist ein Armenier und ein reicher angesehener Mann. Wenn ich dem kleinen Mann vorschlage eine Pfeife zu rauchen ober Tricktrack zu spielen, so ist er allezeit zu haben; spreche ich aber von ber Übersetzung, so hat er bringenbe Abhaltung. Übrigens geht mir hier nichts ab, unb es ist sehr interessant einen Blick in bie Häuslichkeit einer armenischen Familie zu thun. Die Religion erlaubt ihnen als Christen natürlich nur eine Frau; aber biefe ist fast ebenso unsichtbar wie bie Türkinnen. Wenn bie Armenierinnen auf ber Straße erscheinen, sieht man ebenfalls nur bie Augen unb ben oberen Teil ber Nafe nnverfchleiert. Ich war schon mehrere Tage hier im Haufe, ohne baß sich ein weibliches Wesen blicken ließ."
„Das Haus, in welchem ich hier wohne, ist sehr groß und ausgedehnt, sein Fuß wirb von ben Wellen bes Bosporus bespült, bie Rückseite aber steigt an ber hohen Bergwanb empor, so baß man ans bem britten Stock auf bie Terrasse bes Gartens hinausschreitet."
„Des Tages werden regelmäßig zwei Mahlzeiten genommen ; die erste um 9 ober 10 Uhr morgens, wo es im Sommer noch kühl ist, bie zweite bei Sonnenuntergang, wo es wieber kühl wirb. So oft ein neuer Gast eintritt, wirb Kaffee getrunken, unb bas geschieht wohl zwanzigmal an einem Tage. Zwischenburch wird Eingemachtes herumgereicht."
„Im allgemeinen ist der Winter doch sehr streng in Konstantinopel. Aber Winter und Sommer sehen sich in diesem Lande ähnlicher, als bei uns; die Pinien, die Cypreffen, der Lorbeer und Oleander wechseln ihr Laub nicht. Epheu umrankt die Felswände, Rosen blühen das ganze Jahr hindurch
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und frisches Grün bedeckt schon jetzt (12. Februar) die Berge. Die plätschernden Wellen des Bosporus erfreuen das Auge mit ihrem tiefen Blau und die warme Sonne funkelt am wolkenlosen Himmel."
„Den 2. April (1836) verließ ich mit einem österreichischen Dampfschiff Konstantinopel. Gegen Mittag tauchte das Fort Nagara mit seinen weißen Mauern aus der hellblauen Flut des Hellespont empor. Diese Meerenge ist bei weitem nicht so schön wie der Bosporus, die User sind kahl und beträchtlich weiter entfernt als dort, aber die geschichtlichen Erinnerungen machen sie anziehend. — Die gewaltige Strömung führte uns schnell bis an die engste Stelle der Meerenge, ,wo die altergrauen Schlösser sich entgegenschauen'. Hinter dem europäischen Schlosse erhebt sich steil eine weiße Felswand, in welcher eine kleine Grotte für das Grab der Heknba gilt. Die asiatische Küste hingegen ist flach und zeigt hinter dem Kastell, welches einst die Genueser hier auftürmten, im Schatten mächtiger Platanen und umgeben von Gärten und Weinbergen, ein Städtchen, welches die Türken Tfchanak'Kalessi, das Scherbenschloß nennen, wegen der vielen Töpfer, die dort arbeiten. Dort residiert in einer bescheidenen Wohnung der Boghar Pascha, zu welchem ich mich verfügte, um die Briefe des Seraskiers zu übergeben und einige mündliche Aufträge auszurichten. Er ließ mir ein kleines hübsches Häuschen am Ufer einräumen, und nachdem ich die Forts und Batterien besichtigt, nahm ich den Plan der Dardanellenstraße und ihrer Ufer auf."
»Vor acht Tagen schrieb ich, daß ich den 10. d. Mts. zurückreisen würde, heute aber muß ich Dir melden, daß dies alles sich wieder geändert hat. Der Großherr befahl dem Seraskier, mich zu veranlassen, einstweilen noch zu bleiben. Ich werde mit Halil Pascha (Schwiegersohn des Sultans und Großmeister der Artillerie) nach Varna gehen, welcher Ort gegenwärtig befestigt wird. Wir reisen übermorgen ab, und später werde ich dann die Dardanellen wieder besuchen." —
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«Als ich mein letztes Schreiben auf die Post gegeben, traf ich in Konstantinopel das Dampfschiff der Regierung, eben im Begriff, die Anker zu lichten, um nach Smyrna abzugehen. Da ich den Kapitän gut kannte, so stieg ich an Bord, wie ich war, um diesen interessanten Punkt des Orients kennen zu lernen. Wind, Strömung und Dampfkraft vereinigten sich, uns schnell durchs Marmormeer und den Helles-pont dem Archipel zuzuführen, den die Türken das weiße Meer nennen. Wir eilten an den alten Dardanellenschlössern vorüber, die ich erst vor acht Tagen verlassen hatte, und nachdem wir auch die neuen Schlösser mit ihren Riesenkanonen passiert, breitete sich das ägäische Meer mit seinen schönen Felsinseln, Jmbro, Lemnos und dem hohen Gipfel von Samothraki vor uns aus. Das Wasser ist von himmelblauer Farbe und so klar, daß man die mächtigen Delphine, welche weite Strecken neben dem Schiffe pfeilschnell dahinschießen, deutlich sieht. Von Zeit zu Zeit sprangen sie schnaubend aus ihrem Elemente heraus hoch in die Luft. Am frühen Morgen liefen wir in das von hohen Gebirgsgruppen umgebene weite Becken von Smyrna ein. Der Vollmond leuchtete noch, als schon der östliche Himmel sich dunkelrot färbte, wie wenn der asiatische Boden von der gestrigen Hitze noch glühte. Die Berge sind ganz kahl, von der Sonne verbrannt, aber von äußerst schönen Formen. Am Fuß derselben, längs des Meeres zieht sich ein grüner Streif von bebautem Land mit Weinbergen, Oliven, Maulbeerbäumen und dunklen Cypressen hin. Die Dörfer und Häuser sind von Stein mit flachem Dach erbaut. Am Ende der Bucht zeigt sich nun Smyrna, welches amphitheatralisch an den hinterliegenden Bergen emporsteigt. Unten am Meere hinter den Schiffen erkennt man zuerst eine große Kaserne, eine Batterie, ein schönes Karavanseraj mit vielen Kuppeln, mehreren Moscheen und links die Frankenstadt mit steinernen Gebäuden. In zweiter Region zeigt sich die eigentlich türkische
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Stadt. Wenn eine Hand voll kleiner roter Häuser, einige Moscheen und Fontainen vom Himmel auf die Erde herabfielen, so könnte der Bauplan nicht bunter ausfallen, als der dieser Stadt. Man erstaunt, daß man noch Wege und Fußsteige durch die Häusermasse findet. Hoch über das Ganze ragt das alte Schloß oder die Festung von Smyrna, welche in der fernsten Vorzeit erbaut, von den Genuesern mit Türmen versehen ist, und welche die Türken jetzt verfallen lassen. Einige Trümmer aus demselben Hügel werden die Schule des Homer genannt. Dahinter erheben sich die blauen Berge Kleinasiens." —
Von seiner Rückkehr von Smyrna schreibt Moltke von Bujukdere aus: „Ich bin diesen Augenblick sehr beschäftigt mit einer Arbeit, die mir zugleich viel Verguügeu macht, nämlich mit der Aufnahme des Terrains zu beiden Seiten des Bosporus; es giebt dabei viele Berge zu erklettern, aber die Mühe wird durch die wunderschönen Aussichten belohnt, auch ist es wohl das erste Mal, daß ein Franke seinen Meßtisch in den Höfen des Serajs aufstellt. Früh morgens stehe ich auf und lasse mich gleich ins Meer hinabgleiten; nach dem köstlichen Bade trinke ich meinen Kaffee und trete mein Tagewerk an, entweder in einer Schaluppe mit Segeln, oder im schnellen Ruderfahrzeug, oder landwärts zu Pferde. Die tägliche Arbeit dauert 9 bis 10 Stunden, und abends finde ich mein Diner vortrefflich. Ich habe eine offene Ordre in türkischer Sprache, welche mich ermächtigt, in allen Festungen und Batterien einzutreten und so viel Soldaten, wie ich will, zur Begleitung mitzunehmen."
„Heute habe ich zum erstenmal an der Pforte des Seraskiers die Bastonnade austeilen sehen. Es waren fünf Griechen, die jeder mit 500, in Summa 2500 Streichen, auf die Fußsohle bedacht werden sollten. Ein Kawas oder Polizei-Offiziant kniete dem Jnkulpateu auf die Brust und hielt ihm die Hände, zwei trugen eine Stange auf den Schultern, an
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welche die Füße gebunden werden, und zwei andere führten die Stöcke. Aus besonderer Aufmerksamkeit für mich erbot der Pascha sich, 200 Stück pro Kopf, oder vielmehr pro Fußsohle, herabzulassen. Ich fand den Rest noch recht beträchtlich und schlug ihm 25 Hiebe vor, worauf er sich denn auf 50 herabhandeln ließ, diese Huld wurde den Patienten mit der besondern Bemerkung insinuiert, daß es dem preußischen Beysadeh (wörtlich Fürstensohn) zu Gefallen geschähe."
„Am 19. Januar 1837 erhielt ich den Befehl, zu einer Privat-Audienz beim Großherrn zu erscheinen. Um 10 Uhr morgens begab ich mich mit dem Dragoman der Gesandtschaft, der mich auf allen meinen Zügen begleitet hat, ins Mabem oder den Versammlungsort der Großwürdenträger des Reichs. Darauf wurden wir zum Großherrn geführt, welcher in einem Lehnsessel saß. Nach üblicher Weise machte ich ihm drei tiefe Verbeugungen und trat dann bis an die Thür zurück. Se. Kaiserl. Majestät trug die rote Mütze (Feß) und einen weiten violetten Tuchmantel. Der Sultan rauchte eine lange Pfeife von Jasminrohr, die Bernsteinspitze mit schönen Juwelen besetzt. Der Großherr äußerte sich zunächst anerkennend und dankbar über die vielen Beweise von Freundschaft, welche er von unserm König empfangen, nnd sprach sich sehr günstig über preußisches Militär im allgemeinen aus. Sobald Se. Majestät geredet, blickten alle Anwesenden sich mit dem Ausdruck der Bewunderung und Beistimmung an, und der Inhalt wurde mir von meinem Dragoman wiedergegeben. Da ich hierauf nichts zu sagen hatte, so begnügte ich mich mit einer Verbeugung. Se. Hoheit geruhte hierauf, mit mir von meinen Arbeiten zu sprechen, ging in mehrere Details ein und setzte hinzu, daß ich ihm, so Gott will, noch fernere Dienste leisten solle. Indem er seine Zufriedenheit äußerte, ließ er mir seinen Orden überreichen. Nachdem ich diesen auf übliche Weise, ohne das Etui zu öffnen, an Brust und Stirn erhoben, rief der Großherr: ,Zeigt ihn ihm, und fragt
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ihn, ob er ihm gefällt!< worauf denn der Nischan mir feierlichst um den Hals gebunden wurde. Sodann erhielt mein Dragoman ebenfalls eine Dekoration geringerer Art, mit dem Vermerk: ,weil er mir bei meinen Arbeiten beigestanden'; und wir waren entlassen. Der lebhafteste Eindruck, welcher mir von dieser ganzen Scene geblieben, ist der Ausdruck von Wohlwollen und Güte, welcher alle Worte des Großherrn bezeichnete."
Neben der Schrift über Militär-Reform hatte Moltke für den Sultan noch manche andere wichtige Arbeit auszufertigen. Er entwarf ihm einen Plan der Dardanellenstraße und ihrer User, der beiden Seiten des Bosporus, der Hauptstadt Konstantinopel, inspizierte die Festungswerke der Dardanellenstraße, machte Schießverfuche mit den dortigen Kanonen, hatte mit Halit Pascha, dem Schwiegersohn des Sultans, die Festungswerke von Varna, welche eben neu gebaut wurden, zu besichtigen, und sollte bei der Aufführung von Brücken-und Palastbauten, bei der Herstellung von Wasserbehältern und Wasserleitungen seinen Rat erteilen und Pläne entwerfen. (Müller.)
„Ich habe soeben meine Aufnahme von Konstantinopel beendet; gewiß in keiner andern Hauptstadt hätte ich so un-belästigt, wie hier, in den Straßen arbeiten können. —
,Härtn', meinten die Türken, ,eine Karte' — und gingen ruhig weiter, als ob sie sagen wollten: ,wir verstehen doch einmal nichts davon/ Zuweilen passierte ich auch mit meiner Meßtischplatte für einen Mann, der Süßigkeiten auf einer weißen Scheibe in den Straßen zum Verkauf herumträgt, und als solchen suchten die Kinder Freundschaft mit mir zu machen." —
Im Jahre 1837 begleitete Moltke den Großherrn auf einer Reise durch Bulgarien und Rumelien. Die Festungen sollten inspiziert, Karten und Pläne entworfen werden. Am 6. Juni kehrt er wieder nach Budjukdere zurück, wo es ihm
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außerordentlich gut gefällt. Er schreibt: „Da bin ich denn wieder in den ruhigen Haftn von Bujukdere eingelaufen. Ich bewohne für ein paar Wochen ein Kiosk am Bosporus; die Kaiks gleiten geräuschlos unter meinem Fenster vorüber, und die Berge rings umher sind mit Grün bedeckt, während in Konstantinopel schon alles von der Sonne versengt ist. Aus welchem meiner zahlreichen Fenster ich auch hinausschaue, überall sehe ich in die Pracht eines weiten Seegemäldes, einer Gebirgslandschaft, oder in ein enges ummauertes Gärtchen voll blühender Rosen und Oleander. Die kleinen Rasenparterres sind mit Blumentöpfchen eingefaßt und die Gänge in künstlichen Dessins mit Seemuscheln ausgeschüttet. Der duftende Jasmin drängt sich durch die Gitter der Fenster, und Geisblatt und wilder Wein überranken die Mauern. Auf dem Meere aber fängt der Tag sich zu regen an; die Sonne ist schon über die asiatischen Berge emporgestiegen, der Nordwind, der den ganzen Sommer hindurch weht und den Aufenthalt hier so kühl und angenehm macht, streift über die blanke Spiegelfläche des Wassers und weckt die Wellen, welche während der Nacht mit der übrigen Natur geschlafen haben; die großen, ganz dicht am Ufer liegenden Schiffe lichten die Anker, und das Klappern der Spille und der einförmige Gesang der Matrosen verhallt, wie ein Segel um das andere sich entfaltet und das Fahrzeug langsam den breiten Strom des Bosporus hinabgleitet. Wenn ich das Plätschern der Wellen höre, von denen ich mit dem gemächlichen Divan nur durch die Fensterscheiben in der hölzernen Wand getrennt bin, so ist mir. als ob ich mich in der Kajüte eines großen Schiffes befände, und wenn ich mich umdrehe, so glaube ich in ein Klostergärtchen zu schauen, nur daß statt eines Franziskaners ein breiter Türke am Thorwege sitzt und sein Nargileh oder die Wasserpfeife raucht."
Am 26. Juni hatte Moltfe feine zweite Audienz beim Sultan. „Zum Abschied ließ der Großherr mir eine sehr
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schöne Tabatiere (eine sehr wertvolle, diamantenbesetzte Tabaksdose) überreichen, mit dem Bedeuten, ich möge sie als Andenken in meiner Familie aufbewahren."
Moltke besuchte auch das alte vielbesungene Troja und darauf Brussa in Bithinien am Fuße des Olymp. Auf Moltkes Rat ließ der Kriegsminister noch mehrere Offiziere aus Preußen kommen, um feine Pläne znr Reorganisation des Heeres praktisch durchzuführen. „Zu meiner großen Freude trafen am 28. August drei meiner Kameraden, die Kapitäns Baron v. V. und F. vom Generalstabe, und v. M. vom Ingenieur-Corps, in Konstantinopel ein." Nun begann für Moltke eine neue Aufgabe, er soll die Rolle eines türkischen Generalslabschefs übernehmen.
Eine Reise zu strategischen Zwecken — die Pforte führt nämlich Krieg gegen die aufständischen Kurten am Tigris und gegen Mehmet Ali von Ägypten — wird unternommen, nach Kleinasien bis zum Euphrat hin. In Mehre bei Kargut. wohin Moltke im März 1838 kommt, trifft er das Hauptquartier Hafiz Paschas. In seinem Aufträge muß Moltke gefahrvolle Rekognoszierungen unternehmen. Im April 1839 schreitet dann Hafiz Pascha zum Kriege. Moltke ließ bei Biredschick ein festes Lager aufschlagen. Aber nun sollte er auch türkische Kriegsführung, türkische Sorglosigkeit und türkischen Aberglauben kennen lernen. Als trauriges Omen des bekannten unglücklichen Ausgangs dieses Feldzuges und der Katastrophe bei Nisib konnte es gelten, daß das Pulvermagazin in die Luft sprang, infolgedessen der abergläubische Hafiz trotz aller Vorstellungen Moltkes sein Lager verläßt. Nun beginnen trübe Tage und Stunden für den weitblickenden Strategen. Umsonst bietet er alle Mittel, seine ganze Beredtsamkeit auf, Hafiz Pascha, der durchaus in der Gewalt fanatischer Mullahs ist, zu vernünftigen Operationen zu bewegen. Er stellt ihm die geringe Zuverlässigkeit des Heeres und die Stärke des Gegners vor; er ermahnt ihn, Verstärkungen zu
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erwarten und lieber einen freiwilligen Rückzug anzutreten; zuletzt lehnt Moltke alle Verantwortlichkeit von sich ab. Als dann die erste Nachricht von Abrahims Anmarsch kommt, ist Moltke krank, ans Bett gefesselt. Schon während der Rekognoszierungen der letzten Tage hatte er sich nur noch mit Anstrengung zu Pferde halten können. Im Vorbeireiten fordert er zwei Herren von der geographischen Gesellschaft zu London, welche seit einigen Tagen im Hauptquartier weilten, auf, ihr Gepäck bereit zu halten, da er morgen für den Ausgang nicht stehen könne. Moltke wiederholt dann in Gegenwart vieler Offiziere und der Engländer, daß bis zur Stunde noch nichts verloren, daß aber der Rückmarsch auf Biredschick unerläßlich sei. Der Pascha war in
großer Aufregung und wollte sich zu dieser Maßregel nicht
verstehen, hauptsächlich wohl, weil er feinen schlechten Truppen so wenig traute, daß er fürchtete, jeder Rückzug werde sie demoralisieren. Moltke fordert ihn noch zum letzten Male bestimmt auf, Befehl zum Abmarsch zu geben, und da es verweigert ward, nahm er seine Entlassung. „Es versteht sich von
selbst", sagt er zu dem Pascha, „daß ich das Gefecht wie jeder andere Soldat mitmachen werde, daß aber meine Stellung als Ratgeber von Stunde an aufhört!" Am 24. Juni kam bie Entscheidung, die Moltke vorausgesagt hatte: die Türken wurden vollständig geschlagen und auseinander gesprengt. Ein Glück war es noch, daß der Sieger gar nicht an Verfolgung dachte, so daß Moltke mit zwei Begleitern glücklich davon kam. Seine ganze Dienerschaft mit acht Pferden war schon vor ihm, natürlich ohne Befehl, davongeritten; die eigene türkische Reiterei war die erste gewesen, welche die Zelte des Lagers plünderte, wobei sie indes von der feindlichen Kavallerie gestört wurde. Moltke hatte den Verlust eines großen Teils seiner Karten und anderer Gegenstände zu beklagen. Krank kam er in Malatia an. Bald daraus wurde er von Mehmet Ali Bey, dem Kaiserlichen Abgesandten, ein-
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geladen, mit ihm nach Konstantinopel zurückzureisen. Bei seiner Rückkunft fand er das Gesicht der Dinge ganz verändert: Sultan Muhamed II. war gestorben und Abdul Medschid zur Regierung gekommen. (Wiermann.)
„Der ausgezeichnete Empfang," schreibt Moltke, „der uns von allen türkischen Großwürdenträgern zuteil ward, machte einen sehr angenehmen Eindruck auf uns. Mein alter Gönner Mehmet Chosref Pascha empfing mich mit demselben Wohlwollen wie früher, und da ich ihn jetzt ohne Dragoman sprechen konnte, mußte ich ihm in Gegenwart des Ministers des Innern und des Großschatzmeisters wohl eine Stunde lang erzählen. Man war sehr geneigt, alle Schuld auf Hafiz Pascha zu werfen und den Stab über ihn zu brechen; der Vesier gab mir auf, ihm einen schriftlichen Bericht über alle Vorgänge seit Aufbruch der Armee einzureichen. Ohne im mindesten die Fehler zu bemänteln, welche, wie ich glaube, Hafiz Pascha begangen, und worüber ich mich ja auch gegen ihn selbst bestimmt genug ausgesprochen hatte, war es mir doch sehr angenehm, ihn bei Chosref Pascha, der etwas auf dies Urteil gab, gegen die Beschuldigungen rechtfertigen zu können, welche ihn nicht trafen; nicht feine Schuld war es, daß man statt 80000 Mann, über die man disponierte, nur 40000 ins Gefecht brachte; nicht feine Schuld, daß man nicht alle Corps unter denselben Befehl gestellt hatte, worauf wir in allen unseren Schreiben so wiederholt gedrungen; ebensowenig konnte man ihm die fehlerhafte Zusammensetzung des Heeres aus zwei Drittel Kurden zur Last legen, die entschieden gegen ihren Willen dienten, und davon liefen, als die Entscheidung kam. Hafiz Pascha ist ein rechtlicher Mann und unter den osmanischen Generalen immer noch der beste. Er hatte für die Ausbildung seines Corps gethan, was irgend möglich. Ich bat einige der einflußreichsten Diplomaten, sich für Hafiz Pascha zu verwenden, welcher auch bald darauf
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begnadigt und mit dem Paschalik von Erzerum belohnt wurde."
Am 9. September 1839 verließ Moltke Konstantinopel. um nach einer Abwesenheit von vier Jahren in die Heimat zurückzukehren.
Durch alle die Anstrengungen und Entbehrungen, welche Moltke in Kleinasien ertragen mußte, hatten seine Nerven nicht unbedeutend gelitten. Um seine Gesundheit wieder völlig herbeizuführen, suchte er im Sommer 1841 das Seebad Helgoland aus. Ein Deutscher, welcher dort mit ihm verkehrte, entwirft folgende Schilderung: „Er war eine hohe hagere Gestalt von fchars gezeichneten Gesichtszügen des mageren, wettergebräunten Antlitzes, dessen schmallippiger festgefchloffener Mund und dessen schweigsamer Ernst in keiner Weise der frischen Heiterkeit, dem nicht seltenen schalkischen Hutnor und der beredten Aufgeschlossenheit der Mitteilung in feinem Buche entsprechend erschienen. Wohl aber sah man ihm an, daß er wirklich die oft unglaublichen Strapazen durchgemacht haben mußte, von denen er in feinen Briefen spricht, und die nur ein stählerner Wille und eine von Jugend auf gesparte Gesundheit zu ertragen ihn befähigt haben konnten. Er war damals erst vierzig Jahre alt, aber fein Aussehen ließ ihn um nahezu zehn Jahre jünger erscheinen. Was an ihm besonders auffiel, war die Einfachheit und schlichte Natürlichkeit feines ganzen Wesens, dessen Zurückhaltung eben nur als eine gewisse angeborene Schweigsamkeit erschien."
Seine freie Zeit benutzte Moltke zur Bearbeitung feiner ,'Briefe aus dem Orient', welche er im Jahre 1841 veröffentlichte. „Unmöglich kann man die Briefe," schreibt Emil Brachvogel, „in denen Moltke feine gewonnenen reichen Erfahrungen verzeichnete, ohne die Überzeugung aus der Hand legen, daß feine Anwesenheit in der Türkei die große Lelbstschnlung gewesen fei, in welcher sich an dieser, jedem andern Europäer gänzlich fremden und unzugänglichen Ver-
hältnissen seine Kenntnisse erweitern, besonders sein strategisches Genie in Scene setzen konnte. Wenn man die Mannigfaltigkeit und Anzahl der Geschäfte sieht, welche Moltke im Orient zur höchsten Befriedigung aller erledigte, dann bekommt man einen Begriff von der unerhörten Arbeitskraft dieses Mannes, der wir nachmals unsere Erfolge im Kriege und die Ausbildung des großen Generalstabes zu verdanken haben. Muße zu haben, unbeschäftigt zu sein, versteht Moltke gar nicht. Im Orient hatte er nun eine große, schwerwiegende Probe mit sich nach jeder Richtung hin machen dürfen; letzt lag die praktische Vorbereitungszeit für seine nachmaligen großen Handlungen hinter ihm."
Moltke übergab noch mehrere seiner Arbeiten der Öffentlichkeit, wie: Karte von Konstantinopel, den Vorstädten, der Umgegend, dem Bosporus, Plan der Stellung bei Biredfchick und der Schlacht von Nisib, Karte von Kleinasien und Armenien. Im Jahre 1845 erschien „Der russisch - türkische Feldzug in der europäischen Türkei 1828 und 1829". In demselben Jahre starb zu Wandsbeck bei Hamburg sein Vater, der General Friedrich von Moltke in einem Alter von 77 Jahren. 1840 wurde Moltke zum Generalstab des IV. Armeecorps in Magdeburg versetzt, welches Prinz Karl von Preußen kommandierte, und zwei Jahre später erfolgte seine Ernennung zum Major. „Nun beschloß ich, mir eine Häuslichkeit zu gründen, und verheiratete mich mit Fräulein von Burt aus Holstein." Moltkes Schwester hatte den Engländer John Heytinger Burt, einen Witwer mit zwei Töchtern und einem Sohne, geheiratet. Derselbe hatte sich in Holstein niedergelassen. Die jüngere Tochter, Miß Mary, befand sich zur Zeit, als Moltke nach seiner Heimkehr aus dem Orient seinen Schwager besuchte, noch zu Hause. „Sie war ein frisches, hübsches Mädchen in blühender Schönheit, und die Mutter hatte sie sorgsam erzogen. So fand der Onkel
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seine Stiefnichte, und als er von feinem Urlaub heimkehrte, da war Miß Marie Burt Freifrau Marie von Moltke."
Im Jahre 1845 wurde Moltke zum persönlichen Adjutanten des Prinzen Heinrich von Preußen ernannt, welcher krank in Rom weilte. „Für den Mojor Moltke brachte dieser Dienst eine schöne, ja großartige Hochzeitsreise. Diese Reise führte ihn nach und durch Italien, und wie er Jahre hindurch in Konstantinopel, der alten Hauptstadt des oströmischen Reiches wohnte, so war es ihm nun vergönnt, auf dem klassischen Boden des alten Roms, dieser wunderbaren Weltstadt zu weilen." (Petsch.)
Ein Jahr darauf starb der Prinz, und Moltke ging mit seiner Gemahlin wieder nach Berlin zurück. Jetzt wurde er zum Generalkommando des 8. Armeecorps nach Koblenz versetzt, wo er bis Mai 1848 blieb. Dann fand seine Berufung nach Magdeburg als Chef des Generalstabes des 4. Armeecorps statt. Diese Stellung bekleidete er sieben Jahre. 1850 wurde er Oberstlieutenant, 1851 Oberst, 1856 Generalmajor und 1859 Generallieutenant.
Als persönlicher Adjutant des Kronprinzen hatte er denselben auf seinen Reisen nach Rußland, England und Frankreich zu begleiten. In Moskau fand im Jahre 1856 die Krönung des Kaisers Alexander II. von Rußland statt. Dieser Feierlichkeit wohnte der Kronprinz als Vertreter des preußischen Königshauses bei. Über die Person des Kaisers Alexander II. urteilt Moltke: „Er machte auf mich einen sehr angenehmen Eindruck. Er hat nicht die Statuenschönheit, noch die marmorne Strenge seines Vaters, aber er ist ein ausfallend gebildeter Mann von majestätischer Haltung. Er sieht etwas angegriffen aus, und man möchte glauben, daß die Begebenheiten seinen edlen Gesichtszugen einen Ernst aufgeprägt haben, der gegen den wohlwollenden Ausdruck feiner großen Augen kontrastiert. Bei keiner Ration ist die Persönlichkeit des Monarchen von größerem Gewicht, als in
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Rußland, weil nirgends eine uneingeschränktere Macht in seine Hände gelegt ist, als hier. Alexander hat bei seiner Thronbesteigung Europa gegen sich in Waffen gefunden, und er hat im Innern seines eigenen unermeßlichen Reiches Verbesserungen durchzuführen, die wohl einer festen Hand bedürfen; wie sollte er nicht seiner großen Ausgabe mit Ernst entgegensehen?"
Die Reise von Petersburg bis Moskau schildert Moltke also: „Der Betrieb der Bahn ist gut geregelt, auf der ganzen Strecke liegt doppeltes Geleise. Die Bahnhöfe sind solide und selbst mit Pracht ausgeführt. Mehrere derselben enthalten Absteigequartiere für den Kaiser, die dann mit großen Spiegelscheiben versehen sind. Die Wagen sind bequem, aber sehr schwer gebaut. Die Steigungen der Bahn sind gering, aber sehr anhaltend; denn die Höhe des Waldairückens, welchen die Bahn durchschneidet, beträgt doch 705 Fuß. Man hat die Bahn in möglichst gerader Richtung geführt, ohne sich darum zu bekümmern, daß außer den Endpunkten keine Stadt unmittelbar berührt wird. — Die Bahnwärterhäuser und Meilenpfähle sind die einzigen Verzierungen der unglaublich öden, unangebauten, flachen und einförmigen Gegend, die man durchzieht, sobald man die letzten, schon sehr ländlichen Häuser von Petersburg hinter sich hat. Sumpf und Erlengesträuch, so weit das Auge reicht, verkrüppelte Fichten, selten ein Ackerfeld, noch seltener ein Dorf. Die Kirche mit der hellgrünen Kuppel und den weißgetünchten Mauern giebt dem Wohnorte von ferne immer ein gutes Aussehen. Die Häuser sind aber durchweg elende Holzschuppen ohne Gärten und ohne Bäume. Die Dörfer haben keine geschlossene Einfriedigung; von Alleen. Vorwerken, Wirtschaftshöfen oder Schlössern sieht man nichts. — Das Auge hungert nach etwas Terrainbewegung, und so erscheint der Wolchowfluß überraschend hübsch. Man überschreitet ihn auf einer Gitterbrücke von beträchtlicher Länge in bedeutender Höhe. Große,
Seidel, Generalfeldmarschall Graf Moltke. Z
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ungeschlachte Kähne ziehen, vom Peipussee und aus Nowgorod kommend, auf diesem Fluß, der beinahe die Breite der Elbe hat, nach dem Onegasee und so nach Petersburg, um dieser vielbedürftigen Hauptstadt einen Teil des Brennholzes zuzuführen."
Die Stadt Moskau beschreibt Moltke folgendermaßen: „Noch immer gehe ich mit stillem Staunen umher. Ich suche meine Gedanken zu ordnen und das Fremdartige durch Vergleichung mit allem, was ich früher irgendwo gesehen, zu bewältigen. Wenn ich von der hohen Terrasse des Kreml (Kaiserpalast) über diese ungeheure Stadt blicke, die weißen Häuser mit hellgrünen Dächern, von dunkeln Bäumen umgeben, die hohen Türme und zahllosen Kirchen mit goldenen Kuppeln, so fällt mir bald der Blick vom Hradfchin auf Prag, bald der von Buda auf Pesth oder vom Montereale auf Palermo ein. Dennoch ist hier alles anders, und der Mittelpunkt dieser ganzen Welt, der Kreml, ist mit gar nichts zu vergleichen. Diese 50 bis 60 Fuß hohen Mauern mit ihren gezackten Zinnen, die riesenhaften Thortürme, das gewaltige Schloß des alten Zaren, die Residenz des Patriarchen, der Glockenturm des Iwan Waliki, die vielen seltsamen Kirchen, bilden ein Ganzes, welches in der Welt nicht zweimal vorkommen kann." —
Kurze Zeit nach der Petersburger Reise begleitete Moltke den Kronprinzen nach England. Außerdem kam er noch zweimal mit dem Kronprinzen dahin: bei dessen Vermählung am 25. Januar 1858 und bei der Beisetzung des Prinzen Albert. Die Rückreise führte über Paris, wo der Kronprinz dem Kaiser einen Besuch abstattete. Über Napoleon III. urteilt Moltke: „Ich hatte mir Napoleon größer gedacht; er sieht zu Pferde sehr gut aus, zu Fuß weniger. Eine gewisse Unbeweglichkeit seiner Züge und der, ich möchte fast sagen, erloschene Blick seiner Augen fiel mir auf. Ein freundliches, ja gutmütiges Lächeln herrscht in seiner Physiognomie vor.
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die wenig Napoleonisches hat. Er sitzt meist, das Haupt nach einer Seite geneigt, ruhig da, und gerade diese Ruhe, die ihn bekanntlich auch in gefährlichen Krisen nicht verläßt, mag es wohl sein, welche den beweglichen Franzosen imponiert. Daß seine Ruhe nicht Apathie, sondern das Ergebnis eines überlegenen Geistes und eines festen Willens ist, haben die Begebenheiten gezeigt. Im Salon trägt er eine imponierende Haltung nicht zur Schau, und im Gespräch wohnt ihm sogar eine gewisse Befangenheit bei. Er ist ein empereur, aber kein König." Über die damals dreißigjährige Kaiserin schreibt er: „Die Kaiserin Eugenie ist eine überraschende Erscheinung. Sie ist schön und elegant. Hals und Arme sind von unübertrefflicher Schönheit, die Figur schlank, ihre Toilette ausgesucht, geschmackvoll und reich, ohne überladen zu sein. Sie spricht viel und lebhaft, und zeigt dabei mehr Lebendigkeit, als man an so hoher Stelle gewohnt ist."
m. Mkistkrjahrk.
Infolge der Erkrankung des Königs Friedrich Wilhelm IV. übernahm sein Bruder, der Prinz von Preußen, am 23. Oktober 1857 die Stellvertretung und am 8. Oktober 1858 die Regentschaft. Auf Vorschlag des Generals von Manteuffel wurde Moltke von seinem Dienst beim Kronprinzen entbunden und zum Chef des großen Generalstabs ernannt. Moltke sagte später: „Manteuffel allein war es, der mich in mein jetziges Amt und somit in die Lage brachte, das thun zu können, was Gott mir vergönnt hat. Er schlug mich ganz ordnungsmäßig Sr. Majestät als den Geeignetsten vor, und der König stimmte bei."
»In den langen Friedensjahren hatte die preußische Armee nicht Schritt mit der Entwicklung des Landes und den Heeren der Nachbarstaaten gehalten; Preußen war durch die blutigen
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Kriege gegen Napoleon I. erschöpft und durch eine schöne Friedensentwicklung von militärischen Dingen mehr abgelenkt als gut war. Jetzt galt es, wollte Preußen seinen deutschen Beruf und seine Aufgabe erfüllen, ein neues, schlagfertiges Heer zu schaffen. Diese Aufgabe fiel dem Prinzregenten zu, der die sogenannte Militär-Reorganisation entwarf und zu ihrer Durchführung und der Lösung seiner Ziele die rechten Männer suchte und fand. Zu seinem Generalstabs-Chef Moltke kam der Kriegsminister vonRoon, kam dann der Ministerpräsident von Bismarck. So standen diese drei, welche die Geschichte des Vaterlandes stets dankbar nennen wird, vereint zum späteren König Wilhelm und halfen ihm in der Ausführung seines schweren Werkes. Dasselbe hier genau zu erörtern, ist nicht am Orte, auch nicht ein Eingehen auf das, was unserm Moltke dabei zufiel; aber leicht war es nicht. Freuen wir uns, daß das Geplante und Ausgeführte seine
Proben so glänzend bestanden hat!" (Petsch.)
1864.
Schleswig und Holstein bildeten früher zwei Herzogtümer im Süden der Halbinsel Jütland. Im Jahre 1459 wählten die Stände der Herzogtümer den König von Dänemark unter der Bedingung zu ihrem Herzog, daß beide Länder „up
ewig ungebeelt" bleiben und niemals mit Dänemark vereinigt werden sollten. Holstein wurde 1815 deutsches Bundesland. Trotz der alten Bedingung aber gab der dänische
König Friedrich VII. 1848 eine Verfassung, welche die Vereinigung Schleswigs mit Dänemark für immer bezweckte. Dagegen erhoben sich die Schleswig-Holsteiner, und so kam es zum ersten dänischen Kriege (1848—49).
Im Jahre 1863 starb der kinderlose König Friedrich VII. und ihm folgte Christian IX., welcher nach früherer Bestimmung gar kein Recht auf bie Herzogtümer hatte, weshalb auch sogleich ber Prinz Friebrich von Augustenburg mit seinen
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Erbansprüchen auf Holstein auftrat. Ohne sich aber hieran zu kehren, unterzeichnete Christian IX. die Verfassung für den dänischen Gefamtstaat und trat somit die Rechte der Herzogtümer förmlich mit Füßen. Ganz Deutschland war über dies Verfahren empört, und so kam es 1864 zum zweiten dänischen Krieg. Preußen und Österreich stellten die Reserven zum deutschen Exekutionsheere und verlangten, daß die Sachsen und Hannoveraner weiter vorrücken sollten. Da diese es aber verweigerten, so unternahmen dies Preußen und Österreich. Den Oberbefehl über die verbündete Macht erhielt der Feldmarfchall von Wrangel, während Prinz Friedrich Karl von Preußen das Kommando über die preußischen und der österreichische Feldmarfchall - Lieutenant v. G ablenz das über die österreichischen Truppen erhielt.
Auf diesen Krieg und auch auf die folgenden Feldzüge näher einzugehen, ist hier nicht der Ort, auch nicht der Zweck unseres Buches. Wir fetzen darum voraus, daß unfern Lesern die Kriegszüge von 1864, 1866 und 1870 und 71 bekannt sind.
Über den dänischen Krieg (1864) berichtet Moltke folgendes? „Als nach der Erstürmung von Düppel verschiedene Personal-Veränderungen bei der Operationsarmee in Schleswig und Jütland eintraten, wurde ich zum Chef des Generalstabs bestimmt. Ich fand den Feldmarfchall Wrangel ganz bereit zu einer Landung auf Fühnen, welche damals sehr wohl ausführbar war, aber nur mit Hilfe der Österreicher bewerkstelligt werden konnte, da gerade die preußischen Streitkräfte im Sundewitt und in Jütland, die österreichischen aber um Kolding standen. Dem Feldmarfchall-Lieutenant Gab-lenz wurde der Oberbefehl über ein aus beiden gemischtes Corps angeboten; aber wie sehr dies und überhaupt das Wagnis der Expedition auch dem unternehmenden Sinn jenes Generals zusagte, so lag diese Landung doch zu wenig im speciellen Interesse des Wiener Kabinetts, als daß sie
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zur Ausführung gelangt wäre. Es blieben daher nur der Angriff auf Alfen und die vollständige Besetzung Jütlands als letzte Zwangsmittel gegen die in Kopenhagen uns unerreichbare dänische Regierung. Beide Aufgaben wurden, nachdem Prinz Friedrich Karl das Oberkommando der Armeen übernommen, gleich nach Ablauf des Waffenstillstandes ausgeführt, und sie beendeten in kurzer Frist diesen Krieg, bei welchem eben das Beenden die Hauptschwierigkeit war."
1866.
Nachdem die deutschen Nordmarken Schleswig-Holstein vom dänischen Joche befreit worden waren, nahmen sie Österreich und Preußen gemeinschaftlich bis auf Weiteres in Besitz. Da es Preußen daran liegen mußte, nicht nur in seinem, sondern auch im Interesse Deutschlands den Teil der Marken für sich zu erhalten, der es ihm möglich machte, seine Seemacht zu erweitern und zu kräftigen, so machte es Ansprüche hierauf. Davon wollte jedoch Österreich, welches von jeher mit neidischen Augen auf Preußens Emporblühen geblickt hatte und namentlich seinen wachsenden Einfluß auf Deutschland zu verhindern strebte, nichts wissen, und so entstanden hieraus zwischen beiden Mächten Mißhelligkeiten. Sie wurden 1865 durch den Vertrag zu Gastein wenigstens vorläufig dadurch beseitigt, daß Preußen bis zur weiteren Entscheidung die Verwaltung von Schleswig und Österreich die von Holstein übernehmen sollte. Kaum aber war dies geschehen, so bereitete Österreich Preußen neue Schwierigkeiten und ließ es sogar zu, daß eine Partei in den Herzogtümern dafür wirkte, den Prinzen von Augustenburg in dieselben einzusetzen, obgleich es früher selbst ausgesprochen hatte, daß derselbe keine Erbansprüche hierauf habe. Dies bewog Preußen zu der Erklärung, daß es sich unter solchen Umständen aller bisherigen Rücksichten gegen Österreich enthoben sähe. Österreich nahm sofort Kriegsrüstungen vor, und Preußen sah sich
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genötigt, zum Schutz seiner Grenzen dasselbe zu thun. Und so kam es schließlich 1866 zum Kriege Preußens gegen Österreich und dessen Verbündete.
F. von Zobelitz schreibt über diesen Krieg: „Den Aufmarsch des preußischen Heeres an der Landesgrenze, sowie die ersten Bewegungen leitete Moltke von Berlin aus, wo das große Hauptquartier zunächst verblieb. Erft am 30. Juni 1866 verließ König Wilhelm mit demselben die Residenz und traf zwei Tage später in Gitschin ein. General von Moltke hielt Vortrag über die augenblickliche Lage im Kriegsrat und zog sich dann zurück. Doch schon die Nacht sollte wichtige Veränderungen bringen. Generallieutenant von Voigt-Rhetz brachte die Meldung, daß beträchtliche feindliche Truppenmassen sich an der Bistritz und südlich derselben angesammelt hätten und im Begriffe ständen, die Offensive zu ergreifen. Prinz Friedrich Karl hatte darauf hin beschlossen, den Feind am nächsten Morgen anzugreifen und bat um Unterstützung durch die zweite Armee zur Sicherung des linken Flügels der ersten gegen Josephstadt hin. König Wilhelm wies den Generallieutenant von Voigt-Rhetz mit folgenden, fein Vertrauen zu dem Generalstabs - Chef so recht kennzeichnenden Worten an Moltke: ,Hält es der General Moltke für nötig, darauf hin Beschlüsse zu fassen, so möge derselbe noch in der Nacht zu jeder Zeit kommen, um die nötigen Befehle zu empfangen. Sie werden mich bereit finden/ Moltke begab sich, nachdem Voigt - Rhetz ihm Vortrag abgestattet, sofort zum König und erbat die augenblickliche Zusammenberufung eines Kriegsrates. Es wurde bestimmt, dem Feinde zuvorzukommen und ihm am 3. Juli bereits eine Schlacht zu liefern, und wurde der Kronprinz aufgefordert, unverzüglich zur Unterstützung der ersten Armee heranzurücken. Der Sieg konnte nicht ausbleiben, wenn die Meldungen den Kronprinzen rechtzeitig erreichten; die vortreffliche Organisation der Stäbe und Truppen bot aber nach dieser Richtung hin volle Sicherheit.
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Moltke wurde in feinen Voraussetzungen nicht getäuscht; die österreichische Armee erlitt bei Königsgrätz eine so vollständige Niederlage, daß sie für lange Zeit ihre (Schlagfertigfeit einbüßte. Obwohl man am Tage des Sieges noch nicht die ganze Tragweite desselben erkennen sonnte, unterließ Moltke doch nicht, sogleich Anordnungen für die Verfolgung zu treffen. Getreu dem alten Feldherrngrnndfatz: ,Getrennt marschieren — vereint schlagen/ breiteten sich die preußischen Armeen aus dem weiteren Vormarsch fächerartig aus, nahmen aber alle drei die Richtung auf Wien, um den Angriff auf die österreichische Hauptstadt zu beginnen, falls der am 21. Juli eingetretene Waffenstillstand, ohne den Krieg zu beendigen, ablausen sollte. Am 26. Juli beendete jedoch ein den Frieden einleitender Vertrag die Operationen auf dem östlichen Kriegstheater ; am 23. August folgte der Frieden zu Prag und bald darauf die Friedensschlüsse mit den Verbündeten Österreichs. Die Erfolge des 1866er Feldzuges sind besannt: sie legten den Grundstein zur Wiederaufrichtung des Reichs. Dem König Wilhelm und feinem Dreigestirn Bismarck - Moltke-Roon hat Deutschland diese glückverheißende Änderung seines Geschickes zu verdanken. Dem bedächtigen und doch kühnen Chef des Generalstabes des Heeres brachte der ruhmvoll beendete Feldzug außer der Verleihung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler (bei Königsgrätz) die Ernennung zum Chef des 2. Pommerfchen Grenadier-Regiments, sowie ein Ehrengeschenk von 600000 Mark ein."
Hören wir ferner, was Moltke selbst berichtet: „Ein Sieg über die österreichische Armee mußte lähmend auf alle übrigen Feinde wirken; aber um die dafür nötige Streitmacht zu versammeln, reichten die sieben Armeecorps im Osten der Monarchie nicht aus. Zog man auch die beiden westlichen noch zur Hauptentscheidung heran, so blieb die Rheinprovinz anscheinend schutzlos, und man konnte den Süddeutschen nur sehr untergeordnete Kräfte entgegenstellen. Nichtsdestoweniger
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faßte der König diesen schweren, aber folgenreichen Entschluß, durch welchen allein es möglich wurde, nachmals in den Gefechten der Hauptarmee, bei der Entscheidungsschlacht und endlich noch vor der feindlichen Hauptstadt in genügender Macht zn erscheinen. Die starken, durch Landwehren ausreichend besetzten Rheinfestungen konnten zwar nicht eine Invasion des Landes verhindern, wohl aber, daß der Gegner sich dort festsetzte. Gelang es, im Osten die Oberhand zu gewinnen, so war es leicht, zurückzufordern, was im Westen etwa verloren gegangen. Um indes auch hier den Nachteil eines feindlichen Einbruchs überhaupt vom eigenen Lande fern zu halten, wurde noch eine besondere Armee formiert aus einem Teil der Truppen in Schleswig-Holstein und aus anderen für Festungsbefatzung bestimmten Regimentern, der die 13. Infanteriedivision als fester Kern diente. Letztere konnte aus den Kantonnements um Minden binnen kürzester Frist und in unmittelbarer Nähe der hannoverschen Hauptstadt versammelt werden. Man durfte darauf rechnen, Hannover und Kurheffen entwaffnen, dann sich gegen Bayern wenden zu können. Allerdings hatte dieses gleichsam improvisierte Heer eine dreifache Überlegenheit gegen sich und mußte durch Energie und Schnelligkeit ersetzen, was ihm an Stärke fehlte."
„Nichts wäre erwünschter gewesen, als für die gesamte Streitmacht eine Ausstellung zu finden, welche gleichzeitig Berlin und Breslau gedeckt hätte, wenn sie auch vorerst das Land links der Elbe und an der oberen Oder nicht schützen konnte. Der geeignetste Punkt hierfür wäre Görlitz gewesen. Die Schwierigkeiten, welche bei Anhäufung einer Viertelmillion Menschen für die Verpflegung entstehen, hätten besiegt werden können, wenn ein baldiges Vorgehen in Aussicht stand: sie wurden aber unübersteiglich, wenn man auf ganz unbestimmbare Zeit in solcher Versammlung abwarten sollte, ob es überhaupt zum Handeln kam. Die Konzentrierung der ganzen Armee an einem Punkte, sei es bei Görlitz oder vollends in Ober-
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schlesien, erforderte einen bedeutenderen Aufwand an Zeit. Denn mußte aus wenigen und schließlich auf einer Eisenbahn transportiert werden, so verzögerte sich der Aufmarsch des Ganzen um mehrere Wochen. Die Marken und Schlesien bedurften aber eines sofortigen Schutzes, und so blieb nur die Aufstellung von zwei getrennten Armeen übrig. Daß dabei ein konzentriertes österreichisches Heer sich mit ganzer Kraft auf die eine Hälfte des preußischen werfen konnte, lag klar zu Tage; aber welche Anordnung man auch traf, keine vermochte die geographische Gestaltung des Kriegsschauplatzes zu ändern oder den Umstand zu beseitigen, daß ein Feind in Böhmen zwischen der Lausitz und Schlesien steht. Es gab nur ein Mittel, dem Übelstande zuvorzukommen, nämlich selbst in Böhmen einzurücken. Auf alle Fälle mußten aber doch erst die Armeecorps auf den Eisenbahnen so nahe herangezogen werden, wie dies überhaupt angänglich war."
In Moltkes Selbstbekenntnissen lesen wir: „Erst in meinem 66. Lebensjahre ist mir das Glück geboten worden, thätigen Anteil an einem Feldzuge zu nehmen, welcher für die Zukunft Preußens, wie Deutschlands von entscheidendem Erfolge geworden ist. Nächst Gottes Willen und der Tapferkeit der Truppen und ihrer Führer sind für den Ausgang der Sache zwei Rücksichten entscheidend geworden: die ursprüngliche Verteilung der diesseitigen Streitkräfte auf den verschiedenen Kriegstheatern und ihre Versammlung auf dem Schlachtfelds.
Offenbar war Österreich der mächtigste und der bereiteste Gegner; mit seiner Niederwerfung mußte das Bündnis aller übrigen Feinde auseinanderfallen, die zwar gegen Preußen einig, unter sich aber uneinig, und ohnehin noch nicht versammelt waren.
Es war eine kühne aber entscheidende Maßregel, daß anfangs alle neun Armeecorps nach dem Centrum der Monarchie in Bewegung gesetzt wurden, den Schutz der
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Rheinprovinz dagegen nur einem- gleichsam improvisierten Heere, aus der 13. Division und den in den Bundesfestungen und den Elbherzogtümern abkömmlich gewordenen Truppen bestehend, anvertraut blieb.
Der Transport der 285000 Mann war in der gegebenen kurzen Frist nur durch gleichzeitige Benutzung aller Eisenbahnlinien zu ermöglichen, diese endeten aber bei Zeitz, Halle, Herzberg, Görlitz und Freiburg an der Landesgrenze. Dort mußten die zunächst anlangenden Abteilungen notwendig das Eintreffen der letzten abwarten, um die Corps in sich zu formieren. Mancher richtig urteilende Militär mag erschrocken gewesen sein über die Zersplitterung der Streitkräfte auf einer Linie von 50 Meilen, welche er für den strategischen Aufmarsch ansah, was nur die unvermeidliche Vorbereitung für denselben war. Durch Fußmärsche wurden indes sofort die einzelnen Corps in drei große Heerkörper versammelt.
Eine andere geographisch gebotene Notwendigkeit, welche durch keinerlei Anordnungen zu umgehen war, daß die Orter in Böhmen auf der inneren Operationslinie zwischen der Mark Brandenburg und Schlesien standen, daß Berlin wie Breslau durch selbständige Armeen geschützt werden mußten. Die Bereinigung beider konnte nur nach vorwärts zweckmäßig bewirkt werden.
Die Richtung führte aber auf feindliches Gebiet, sie führte unmittelbar zum Kriege.
Sehr achtungswerte Stimmen waren laut geworden, welche ausfprachen, daß bei einem Kampf von Deutschen gegen Deutsche Preußen nicht den ersten Schuß thun dürfte. Allein der König und feine Räte erkannten, daß jedes weitere Zuwarten den Staat in Gefahr brachte, Österreich hatte die Initiative der Rüstungen ergriffen.
Preußen erfaßte die des Handelns und schrieb dadurch für die ganze Folge dem Gegner das Gesetz vor. Hätte man das Überschreiten der sächsischen Grenze um 14 Tage
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verschoben, so würde man heute, aller Wahrscheinlichkeit nach, die Schlachtfelder des Krieges auf der Landkarte von Schlesien zu suchen haben.
Wenige Märsche genügten, um die beiden Hauptheere auf der Linie Bautzen-Glatz an der böhmischen Grenze zu versammeln, aber die schließliche Vereinigung konnte nur durch Verdrängung des Feindes, durch Gefechte erreicht werden. Mit welcher Tapferkeit und welch' gutem Erfolge diese geschlagen wurden, ist bekannt. Zehn Tage genügten, um die Österreicher zur Entscheidungsschlacht zu nötigen. Am Morgen dieses Tages standen die diesseitigen Streitkräfte in einer Front von 4 Meilen — sie durften sich in dieser Ausdehnung nicht angreifen lassen. Das offensive Vorgehen hingegen vereinigte alle Corps auf dem Schlachtfelde selbst, und verwandelte so den strategischen Nachteil der Trennung in den faktischen Vorteil einer völligen Umfassung des Feindes."
Nach dem Feldzug äußerte Moltke in einem Gespräch: „Ja es ist schön, wenn Gott der Herr einem Manne den Lebensabend so erhellt, wie er es dem Könige Wilhelm und vielen seiner Generale gethan! Auch ich bin jetzt 66 Jahre alt, und für mein Wirken in diesem Leben habe ich einen so herrlichen Lohn erhalten, wie wohl wenige Menschen! Wir haben einen Feldzug geführt, der für Preußen, für Deutschland, für die Welt eine unermeßliche Bedeutung hat. Gottes Gnade hat unser redliches und thatkräftiges Streben mit glorreichen Siegen belohnt. Wir alten Leute aus dem böhmischen Feldzuge, wir können uns rühmen, welche harten Kämpfe wir auch in unserem früheren Leben durchgekämpft haben, dennoch des Glückes Schoßkinder zu sein."
Bei einer anderen Gelegenheit sagte der bescheidene Mann: „Ich habe eine Abneigung gegen Lobhudeleien wie . . . nun, wie gewisse Leute vor gewissen Tieren haben. Es macht mich für einen ganzen Tag verstimmt, so etwas zu hören. Ja, der böhmische Feldzug ist ein erhabenes, ein unsterbliches
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Blatt in der Weltgeschichte, ein Ereignis, dessen Tragweite niemand — niemand heut zu Tage zu berechnen fähig ist. Ich habe dabei ehrlich meine Pflicht, meiner Stellung gemäß, gethan, wie alle meine Kameraden die ihrige gethan haben — weiter nichts. Gottes Allmacht hat den preußischen Adler in seinem Siegesfluge geleitet. Die Tapferkeit unserer Armee, die Umsicht ihrer Führer, sowie meine Pläne waren nur das Werkzeug seines Willens. Und wenn ich jetzt jene grenzenlosen Lobhudeleien, die das Publikum mir spendet, mit anhöre, so verläßt mich keinen Augenblick der Gedanke: wie würde es sein, wenn der Erfolg, dieser beispiellose Erfolg nicht unser Unternehmen gekrönt hätte ? Wären dann diese unverdienten Lobeserhebungen nicht ebenso viele unverständige Kritiken, unverdiente Tadel geworden?" Als die Rede auf Benedeck kam, ging ein wehmütiger Zug über sein Antlitz. Er sagte: „Ein besiegter Feldherr! O, wenn der Laie auch nur eine entfernte Idee davon besäße, was das zu bedeuten hat! Der Abend von Konigsgrätz im österreichischen Hauptquartier ... o, wenn ich mir den vorstelle! Solch ein verdienstvoller, tapferer, umsichtiger General wie Benedeck!"
Eine vortreffliche Schilderung des großen Denkers und Strategen giebt Emil Brachvogel. Er schreibt:
Moltkes persönliche Erscheinung täuscht leicht. Zu Pferde sieht er brillant aus, er sitzt wie eine Kerze im Sattel. Zu Fuß — in der Entfernung nur gesehen — erscheint er uns sehr gebeugt. Würde man ihn in Civil stecken, so könnte man glauben, einen alten Prof eff or der Mathematik oder einen kantifchen Philosophen vor sich zu haben. Man dürfte, trotz seiner hohen Jahre, sich aber sehr irren! Die leicht gebeugte Haltung seines Nackens und Hauptes erzeugten weder fein Alter noch Lässigkeit. Jeder, der innerlich arbeitet, dessen Leben ein meist isoliertes ist, wird nicht viel umher-, sondern vor sich niederblicken, — er sieht aber nicht oft aus sich heraus, sondern weit mehr in sich hinein. Wer überdem
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keinen Familienkreis hat. dessen Anblick ihn erheitert, wird nur betrachten, was er muß, und ernst sein. Bei einem Denker, wie unser Schlachtenmeister es ist, findet das ganz besonders seine Anwendung. So lange wir ihm nicht dicht gegenüberstehen, ihn weder reden hören, noch mit seiner Umgebung vergleichen, werden wir nie einen vollen Eindruck von ihm erhalten. Es ist, als ob die Natur sich bei ihm Mühe gegeben hätte, durch äußeren Schein seine Seeleneigenschaften zu verdecken, unter unscheinbarer Hülle den Geist zu bergen, welcher unsere Hoffnung und der Schrecken unserer Feinde geworden ist. — Blickt dieser Mann mit seinem stillen, tiefen Auge Dich indes an, dann pocht Dir gewiß das Herz; Du fühlst, daß ein überlegener Geist Dich beobachtet und Dich jede Unnatur vor ihm zum Dutzendmenschen erniedrigt. Da Moltke andererseits, nächst Bismarck, vielleicht der wunderbarlichste Kenner der Menschenseele ist, dazu aber ein wahrer Menschenfreund, so genügt, daß man sich bescheiden so vor ihm gebe, wie man eben immer ist, um sicher zu sein, ihm am wenigsten zu mißfallen. Der weit jüngere Eindruck, den er ganz in der Nähe auf uns macht, wird dadurch verstärkt, daß Moltke völlig bartlos ist. Seine Haltung hat nichts militärisch Steifes, vielmehr eine Freiheit, die mehr an den Denker als den Soldaten erinnert. Gänzlich ohne Affekte und ohne Effekt, benimmt er sich doch wie jemand, der immer auf dem „Wer da" steht. Gewiß spricht er wenig, aber vorzüglich. Man sieht, das Wort eilt nie dem Gedanken voraus. Trockenheit oder Pedanterie ist seinem Wesen weit entfernt, und der warme Herzenston, welcher bei bestimmten Anlässen durch seine Rede leuchtet, leiht ihr in solchen Augenblicken etwas eigentümlich Durchgeistigtes. In seinen Mienen, die, von fern gesehen, etwas Asketisches zu haben scheinen, schlummert — blickt man länger in sie hinein — eine ruhige Melancholie. Sie ist der Schlüssel seines Herzens. Je länger
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man bei ihm weilt, je magnetischer wirkt dieser Mann auf uns. —
Aber auch das Unglück wurde Moltke nicht erspart. Am Weihnachtsabend des Jahres 1868, wo in den Palästen und Hütten der Christbaum brannte und bei so vielen Menschen Freude und Jubel herrscht, starb ihm seine treue Gattin. „Moltke begriff in Marys Besitz erst," sagt Brachvogel, „was höchstes Erdenglück sei, und darum machte ihn ihr Tod so grenzenlos elend. Schaut nur recht lange in diese stillen Züge, von leiser Wehmut umspielt, und Ihr werdet begreifen, daß seit dem Christfest 1868 eine sanfte aber stetige Trauer der Grundton seiner Stimmung ist, er des Irdischen seitdem entbehren gelernt hat, es wenigstens ohne höheren Reiz genießt, da er es allein genießen muß. Sein Herz, so scheints, ist ganz in der Vergangenheit." —
König Wilhelm fühlte den Schmerz seines Generals mit und suchte ihn zu trösten. Er ernannte auch sofort den Lieutenant von Burt zum Adjutanten des Onkels. Und Moltkes Schwester, welche ihren Mann ebenfalls durch den Tod verloren hatte, zog als waltende Hausfrau zum Bruder, wo sie auch ihren Sohn fand.
1870/71.
Der Ruhm und die Erfolge, welche Preußen in dem Kriege 1866 errungen, erregten in höchstem Maße den Neid des sich mit List und Gewalt auf den französischen Thron emporgeschwungenen Kaisers Napoleon III. und den seines überaus eitlen, ehrgeizigen und prahlerischen Volkes. Sehr bald ließen sie daher den Ruf hören: „Rache für Sadowa!"
In Spanien war durch eine Revolution der Königsthron erledigt, und die Regierung, welche sich nachdem dort gebildet, trug nach langer vergeblicher Umschau dem Prinzen Leopold von Hohenzollern die Krone an. Sogleich wurde der fran-
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zösische Gesandte Benedetti am preußischen Hofe beauftragt, an den König Wilhelm, welcher sich zur Kräftigung seiner Gesundheit gerade im Bade Ems aufhielt, die Forderung zu richten, daß er dem Prinzen die Annahme der spanischen Krone verbiete. Inzwischen hatte aber der Prinz, als er von der Aufregung hörte, die in Paris entstanden war, seine Kandidatur aus edler Friedensliebe schon aufgegeben, und die Angelegenheit war damit erledigt, welches auch der König dem Gesandten erklärte. Nichtsdestoweniger erhielt dieser von Paris aus die unverschämte Weisung, den König auf jegliche Weise zu reizen und von ihm die Bürgschaft zu fordern, daß auch späterhin kein Hohenzoller die spanische Königskrone erhalten solle. Ja, der französische Minister ging in seiner Keckheit sogar so weit, vom Könige ein förmliches Entschuldigungsschreiben über diesen Handel an Napoleon zu begehren. Das war zu viel, und der König wies den Gesandten mit einer Würde und Hoheit ab, welche ganz Deutschland entzückte. Hiermit nun hatte Napoleon erreicht, was er wollte, und die Würfel des Krieges waren — trotz der ernstlichsten Vorstellungen der übrigen Mächte, daß kein Grund zum Kriege vorhanden sei — gefallen.
Preußen war auf einen Krieg mit Frankreich nicht unvorbereitet. Schon längere Zeit vorher hatte Moltke bis ins kleinste sorgsam den Plan ausgearbeitet, wie Preußen zu verfahren habe, wenn es von Frankreich zum Krige gezwungen würde.
Den Oberbefehl über die 1. Armee, welche ihre Aufstellung besonders im Regierungsbezirk Trier nehmen sollte, führte General v. S e i n m e tz ; den Oberbefehl über die 2. Armee, welche ihre Aufstellung in der bayerischen Pfalz nehmen sollte, führte der Prinz Friedrich Karl, und den Oberbefehl über die 3., besonders aus den Kämpfern Süddeutschlands bestehende Armee, welche ihre Aufstellung in der südlichen Pfalz und in Baden nehmen sollte, führte der
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Kronprinz von Preußen. Den Oberbefehl über sämtliche Armeen übernahm König Wilhelm.
F. von Zobelitz schreibt: „Moltke gedachte so bald als möglich eine Hauptschlacht zu liefern, indessen änderten schon die Kämpfe in der ersten Hälfte des August die Kriegslage bedeutend. Bis jetzt war Metz das gemeinsame Ziel der
1. und 2. Armee gewesen, während die dritte an der Saar aufmarschiert war und gegen die Linie Nancy-Luueville vorrückte; das große Hauptquartier war am 11. August von Mainz nach St. Avold verlegt worden. Am 14. liefen Nachrichten ein, denen zufolge die französische Armee ihren Abzug nach dem linken Mofelnfer begonnen hatte. Durch die Schlacht von Colombey-Nouilly wurde dieser Abzug zwar verzögert, doch mußte diesem Gefecht durch die kräftigen Vorstöße der
2. Armee gegen die Straßen von Metz nach Verdun, die am 16. zu dem blutigen Kampfe von Vionville-Mars la Tour führten, erst jener energische Nachdruck gegeben werden, der den Abmarsch der Franzosen von Metz verhinderte. Der Vorteil der Deutschen lag vor allem darin, daß Moltke bereits am folgenden Tage beträchtlich stärkere Streitkräfte zur Verfügung hatte und den Kampf ungeschwächt fortsetzen konnte. Das französische Heer wurde am 18. unter dem Befehle König Wilhelms durch die 1. und 2. Armee, die am Abend durch das von Moltke persönlich zum Angriff vorgeführte 2. Armeecorps verstärkt wurde, nach langem, hartnäckigem und verlustreichem Kampfe nach Metz hineingeworfen. Die von Moltke bearbeitete Disposition zum Vormarsch der deutschen Corps an diesem Tage hat wesentlich zum siegreichen Ausgang der Schlacht von Gravelotte-St.Privat beigetragen.
Das nächste Ziel Moltkes war nunmehr Paris, der Weg dorthin führte über Chalons. Die 1. und ein Teil der 2. Armee blieb unter dem Prinzen Friedrich Karl vor Metz, um die eingeschlossene französische Rheinarmee zur Ergebung zu zwingen; aus den drei Corps des Kronprinzen Albert
Seidel, Generalfeldmarschall Graf Moltke. 4
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von Sachsen wurde eine 4. (Maas-) Armee gebildet, die im Verein mit der 3. Armee des preußischen Kronprinzen un-verweilt gen Chalons und die dort sich versammelnde neue Armee des Marschall Mac Mahon vorrückte. Moltke hatte die Vorwärtsbewegung dieser Heereskörper derart geregelt, daß die 3. Armee der 4. stets um einen Tagemarsch voraus sein mußte und erstere den linken, letztere den rechten Flügel bildete. Im Fall eines Zusammentreffens mit dem Feinde sollte dieser durch die 4. Armee in der Front beschäftigt und durch die 3. in der rechten Flanke angegriffen werden, um ihn möglichst fern von Paris zu halten. Indessen sollte der Vormarsch nach Paris nicht ohne Unterbrechungen vor sich gehen. Mac Mahon war mit seiner Armee nach Rheims marschiert und ließ in unzweideutiger Weise erkennen, daß er den Versuch machen wolle, zwischen den deutschen Heeren und der belgischen Grenze hindurch in nördlicher Richtung zum Ersätze der in Metz noch eingeschlossenen französischen Armee vorzugehen. Moltke hatte die Möglichkeit dieser Idee sich bereits in Bar le Duc vorgehalten und demgemäß seine Anordnungen getroffen. Er hatte sich klar gemacht, daß die so vorrückenden Marschkolonnen spätestens am rechten Maasufer zum Stillstand gebracht und dort von der 4. Armee in der Front, von der 3. in der rechten Flanke angegriffen werden könnten. Die Meldungen der rekognoszierenden Kavallerie ließen endlich feinen Zweifel mehr, daß Moltke sich nicht getäuscht, daß das französische Heer von Rheims abgerückt sei und in der Richtung nach Metz weiter marschiere. Moltke begab sich in Begleitung des General - Quartiermeisters von Podbielski un-verweilt zum Könige und bat um die Genehmigung, den Marsch vorläufig aufzugeben und die 3. und 4. Armee zunächst rechts schwenken und dann nach Norden dem französischen Heere entgegen rücken lassen zu dürfen. Diese sofort ausgeführten Maßregeln hatten die Schlachten von Beaumont und Sedan im Gefolge und nötigten diese Armee zur Kapitulation.
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Nunmehr konnte der Weitermarsch gegen Paris ungesäumt fortgesetzt werden. Frankreich besaß keine Armee mehr im freien Felde; nur dadurch, daß der Widerstand der Landeshauptstadt, die zugleich die stärkste Festung, gebrochen wurde, konnte der Krieg zur Beendigung kommen. Am 3. September wurde der Vormarsch wieder aufgenommen, und am 19. war Paris bereits von allen Seiten eingeschlossen. Der Chef des Generalstabes sah sehr wohl ein, daß den reichen Mitteln der Verteidigung gegenüber an einen raschen Erfolg hier nicht zu denken war; auch war es vorläufig nicht möglich, den größten Teil der deutschen Armee vor Paris zu vereinigen, ehe nicht Straßburg und die anderen, von Osten her die nach Paris führenden Eisenbahnlinien sperrenden Festungen gefallen waren. Man mußte sich vorläufig alfo darauf beschränken, die Verbindungen zwischen Paris und dem inneren Lande abzuschneiden und durch geeignete Gefechtsstellungen etwaigen Durchbruchsversuchen der in der Hauptstadt befindlichen, an Zahl der Belagerungsarmee bedeutend überlegenen französischen Truppen entgegenzutreten. Moltke fühlte die Notwendigkeit heraus, diese Gefechtsstellungen auf das Stärkste zu befestigen, da einmal die anfangs wenig geschulten und unbrauchbaren französischen Besatzungstruppen mit der Zeit Brauchbarkeit gewinnen mußten, anderseits im Norden, Westen und Süden Frankreichs sich neue Heere bildeten, die nach erlangter Operationsfähigkeit jedenfalls den Entsatz der Hauptstadt versuchen würden. Die Lage der deutschen Armee wie die ganze augenblickliche Situation war also keineswegs so übermäßig günstig, wie es den Anschein hatte.
Das große Hauptquartier befand sich seit dem 5. Oktober in Versailles, wo Freiherr von Moltke am 26. sein siebzigjähriges Geburtsfest feierte und zwei Tage darauf — in Veranlassung des Falles von Metz — in den Grasenstand erhoben wurde. Von Versailles aus leitete Moltke die Belagerung von Paris, sowie die Bewegungen der nach der
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Kapitulation von Metz und Straßburg von der Nordküste bis herab zur Loire und französischen Grenze operierenden deutschen Armeen so umsichtig, daß trotz der weiten Entfernungen alle Anordnungen pünktlich zur Ausführung gelangten. Noch niemals vorher sind so gewaltige Truppenmassen auf einem so weit ausgedehnten Operationsfelde einheitlich mit derartig schnellen und großen Erfolgen geführt worden, und lassen namentlich die rechtzeitigen Eingriffe der neuformierten Südarmee und die an den vor Belfort stehenden General von Werder ergangenen Befehle die durchdringende Verstandesschärfe und die sicher zutreffende Voraussicht des Grafen Moltke erkennen.
Bei den Kämpfen um den Mont Valerien am 21. Oktober 1870 und am 19. Januar 1871 war der Generalstabschef persönlich zugegen und ermöglichte durch rechtzeitige Verstärkung der angegriffenen Stellung in den Tagen vom 30. November bis zum 2. Dezember die Verhinderung des auf dem linken Marneufer versuchten großen Durchbruchsversuchs der Pariser Besatzungstruppen.
Inzwischen hatten auch die neuaufgestellten französischen Feldarmeen an der Hallue, bei Bapaume, St. Quentin, Orleans, Le Mans und an der Lisaine erhebliche Verluste erlitten. Die Ostarmee war von dem General von Werder in die rauhen Voralpen der französischen Schweiz gedrängt worden, und vor Paris war ein Fort nach dem andern in die Hände der Deutschen gefallen. Das alles ließ auch dem Feinde einen baldigen Friedensschluß notwendig erscheinen und die Nutzlosigkeit weiteren Widerstandes einsehen. Nachdem am 24. Februar 1871 ein Präliminarfrieden in Versailles zustande gekommen war, erfolgte der definitive Abschluß am 10. Mai desselben Jahres zu Frankfurt a. M. Schon vorher war durch die am 18. Januar erfolgte Proklamation König Wilhelms von Preußen zum deutschen Kaiser dem großen Siegeslaufe der Stempel seiner Bedeutung aufgedrückt
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worden. Das Große und Herrliche, das erreicht worden, war nicht zum kleinsten Teil dem gewaltigen Geiste des Grafen Moltke zuzuschreiben, und wohl Verdiente der ernste, rastlos denkende Mann den Dank, der ihm am Einzugstage in Berlin von allen Seiten entgegengejubelt wurde." —
Moltke, dieser große Mann — sagt Hiltl in seinem
vorzüglichen Buche „Der französische Krieg" — hat nicht nur die Bewegungen der Armee auf dem Schlachtfelde mit der Genauigkeit vorher bestimmt, welche zum Gelingen der gewaltigen Kämpfe führen mußte, es war jenem mächtigen Geiste auch das Ordnen der Transporte all jener Mafien von Streitern für die große Sache vollkommen gelungen, und er wußte mit sicherem Blicke diejenigen Persönlichkeiten
zu finden, in deren Händen die Ausführung eines schnellen
und ununterbrochenen Erfolges gewiß sein konnte. Der Ehef des großen Generalstabes hatte für jede Eisenbahnlinie zur französischen Grenze eine Kommission ernannt. Diese Linienkommissionen hatten für Strecken und Richtungen ihre bestimmten Zahlen und Buchstaben, nicht nur für den Aufmarsch, sondern für die ganze Dauer des Krieges. Sie waren aus einem Offizier feines Generalstabes und einem höheren Beamten der Eisenbahnverwaltung zusammengesetzt. Ihnen war der von Moltke bis in die kleinsten Einzelheiten ausgearbeitete Beförderungsplan überwiesen. Plan, Anleitung zur Ausführung desselben, Bestimmungen über die zu beobachtenden Bewegungen, Bildung der einfachen Truppenkörper, Ineinandergreifen derselben zu gemeinschaftlichem Handeln, das alles war, wie 1866, auch jetzt unserm Moltke übertragen und anheimgegeben, als Napoleon III. die Kriegsfackel entzündete. Der König konnte dies mit allein Vertrauen thun, denn schon 1864 und mehr noch 1866 hatten hinlänglich alle Vaterlandsfreunde die Überzeugung von der Gewalt dieses Geistes gewonnen, der die ungeheuren Erfolge im voraus bestimmen konnte, der jede Möglichkeit erwog,
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und dessen Wirken das Wort des Dichters zur Wahrheit machte:
'Mit meinem Blick will ich die Schlacht regieren."
Bei dem Beginne dieses großen Krieges von 1870 und 1871 hatte Moltke nur eine Erweiterung seiner Pläne nötig, nämlich das Hineinziehen der süddeutschen Truppenkörper in das militärische Vorgehen. Aber dieses Heranziehen und dieses Verbinden der süddeutschen Regimenter zu und mit den Massen der norddeutschen Armee war für ihn nur ein neues, großes Rechenexempel, das er, wie stets, mit bewunderungswerter Leichtigkeit zu lösen verstand. Bei der ganzen Einteilung der nunmehr in die Waffen gerufenen
deutschen Heere machte sich nicht die geringste Stockung be-
merkbar, und wie König Wilhelm trefflich und weise die tführer gewählt hatte, so wußte auch sein Obergeneral und Ehef der Ausführung all diese Erwählten an die rechte
Stelle zu setzen und die Streiter nach Zahl, Stellung und Fähigkeit mit sicherem Blicke für die kommenden Ereignisse zu verteilen.
Und Gustav Freitag schreibt: „Moltkes Stärke ist, daß er die Leistungsfähigkeit der einzelnen Führer und Truppen im Marsche und Gefecht, die Straße, die Verpflegung, die möglichen Hemmnisse durch Terrain, Wetter rc., dazu die Beschaffenheit des Feindes mit einer Gründlichkeit erwägt, welche seinen Berechnungen einen sehr hohen Grad von Wahrscheinlichkeit giebt, und sein Genie ist, daß alle diese be-
stimmenden Verhälniffe ihm schnell zu einem sehr deutlichen und richtigen Bilde der ganzen Sachlage werden, welches ihm gestattet, feine Entschlüsse rasch und sicher zu faffen." —
Am Tage des Siegeseinzuges in Berlin (16. März 1871) ernannte Kaiser Wilhelm feinen Chef des großen Generalstabs zum Generalfeldmarfchall. Mehrere größere Städte Deutschlands, darunter Berlin, Hamburg, Magdeburg, Leipzig, ernannten ihn zu ihrem Ehrenbürger. Der Wahlbezirk
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Memel wählte ihn als Abgeordneten in den Reichstag. In seiner Geburtsstadt Parchim wurde 1876 die Kolossalstatue des Generalfeldmarschalls enthüllt und 1881 auch die Enthüllung seines Standbildes in Köln feierlich begangen. Kaiser Wilhelm ernannte Moltke 1872 zum Mitglied des Herrenhauses, verordnete 1873, daß eines der neuerbauten Straßburger Forts deu Namen „Moltke" führen solle, und 1877 wurde die auf der kaiserlichen Werste in Danzig erbaute Korvette im Namen des Kaisers mit dem Namen „Moltke" getauft. Am 8. März 1879 feierte Moltke sein 60jähriges Dienstjubiläum und wurde vom Kaiser durch viele Auszeichnungen geehrt. Im Jahre 1881 wurde ihm auf seinen Wunsch der Generalmajor Graf von Waldersee, Chef des Generalstabs des 4. Armeecorps, als Beistand zur Seite gestellt. —
Den Sommer widmet Gras Moltke auf seinem Gute Kr ei sau der Erholung. In fruchtbarer Gegend zwischen Schweidnitz und Reichenbach, inmitten mächtiger Ulmen und Linden, ist das schiefergedecEte Dach des stattlichen Schlosses, in welchem der Feldherr sein wohlverdientes otium cum dignitate genießt, weithin sichtbar. Am Eingänge des Schloßhofes prangen zwei griechische Fechter, unweit derselben stehen auf riesigen Steinplatten zwei eroberte französische Geschütze, Ehrengeschenke des Kaisers Wilhelm an seinen siegreichen Generalstabs-Chef. Während seines Landaufenthalts erhebt sich Graf Moltke ebenfalls früh am Tage und durchwandert von 6 Uhr, nachdem er den Morgenkaffee eingenommen, die Wirtschaftsräume und den wohlgepflegten Garten, worauf er das zweite Frühstück, meist Bouillon oder ein Glas Wein nebst Butterbrot, verzehrt und die eingegangenen Zeitungen durchsieht. Dann wird bis gegen Mittag schriftlich gearbeitet, am Sonntag dagegen fast immer die naheliegende Dorfkirche von Gräditz besucht. Von 12 bis gegen 2 Uhr ruht der Generalfeldmarschall in seinem Schlafzimmer und speist um
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2 Uhr im Kreise der Familie zu Mittag, erledigt sodann eingegangene Briese und ergeht sich danach im Park. Sein Lieblingsplatz, den er häufig aufsucht, ist eine Ruhebank inmitten einer Rasenfläche, überwölbt von dem schattigen Blätterdache einer herrlichen Eiche, welche Aussicht auf das Eulengebirge gewährt. Am späteren Nachmittag wird in der Regel eine Spazierfahrt unternommen. Um 8 Uhr abends versammelt sich die Familie, welche in Kreisau häufig durch auswärtige Verwandte des Generalfeldmarschalls verstärkt ist, am Theetisch, und bald nach 10 Uhr sucht Graf Moltke sein Lager auf, nachdem er an milden Abenden vorher noch einen Gang der Trauer und Erinnerung nach dem im Park gelegenen Mausoleum unternommen, welches die sterbliche Hülle seiner vorangegangenen Gemahlin birgt. —
Im Sommer des Jahres 1884 weilte Moltke in Ragaz, einem Badeorte im schweizerischen Kanton St. Gallen. Ein dortiger Kurgast entwirft folgende Schilderung: „Ich bin dem berühmten Strategen oft und viel begegnet, und jedesmal imponierte er mir mehr durch seine merkwürdige Ruhe und Einfachheit. Man möchte meinen, noch nie wäre ein Lächeln über diese Züge geglitten oder ein Scherzwort von diesen Lippen gekommen, und doch ist der Marschall sehr leutselig, d. h. er verkehrt gern mit Leuten aus dem Mittel- und dem Arbeiterstande. Seine Passion ist der prachtvolle Obst- und Gemüsegarten in den Quellenhofanlagen; dort unterhielt er sich mit Vorliebe mit dem Gärtner, dem kundigen Meister des kleinen Paradieses. Auch über die Rheinkorrektion und die Wildbachverbauungen sprach er mit einem meiner schweizerischen Landsleute voll Interesse, wogegen er der hohen und höchsten Aristokratie sorgfältig ausweicht. Wer ihn im Kurorte so schlicht auf einer Bank sitzen und den Klängen der Musik lauschen sieht, der möchte ihn eher für einen würdigen Landpfarrer halten, der gemütlich seiner Ruhe lebt. Schwarz gekleidet, trägt er einen weichen, schwarzen,
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breitrandigen Hut ä la Calabreser und ein Meerrohr mit elfenbeinernem Griffe. So trifft man ihn oft allein, gemütlich seine Cigarre rauchend in der Taminaschlucht und namentlich auf der Ruine Freudenberg, wo er stundenlang einsam weilt, in dem Anblick des schönen Panoramas vertieft, das sich vor ihm ausbreitet. Für das Kleinste sich interessierend, immer noch merkwürdig geistesfrisch, scheut er auch die Mühe nicht, über unwegsame Pfade zu klimmen, kaum etwas gebückt von der Last der Jahre."
Moltke bewohnt in Berlin*) seit der Rückkehr aus dem französischen Feldzuge die Dienstwohnung, die ihm in dem in den Jahren 1867 — 1871 nach den Plänen des Geh. Oberbaurats Fleischinger erbauten Dienstgebäude des Generalstabes am Königsplatz zustand. Es ist eine geräumige Dienstwohnung, würdig der hohen Stellung, die der Chef des Generalstabes im preußischen Staate und Heere einnimmt. Sie zählt 30 Fenster Front nach dem Königsplatz und der Moltkestraße, und die Kaiserin Friedrich, zur Zeit, als sie noch Kronprinzessin war, hat für eine geschmackvolle, kunstsinnige Ausstattung der Wohnräume gesorgt; ihr Walten spricht sich vor allem in dem schönen, ganz in Weiß gehaltenen Musikzimmer aus, sowie in dem daran stoßenden schmalen Rauchzimmer, in dessen im maurischen Geschmack ausgestatteten Nische der Feldmarschall so oft, schweigend und zuhörend, ausruhte. Aber so groß und schön auch seine Wohnung ist, thatsächlich benutzt er nur zwei Räume, und diese spiegeln auch in ihrer Einrichtung die hehre Einfachheit und Gediegenheit seines Charakters wider. Vom Hauptportal des Königsplatzes aus führt eine schöne, stattliche Doppelhalle zu dem Vorplatz des ersten Geschosses, von dem zwei Flure sich rechts und links, dort zur Wohnung, hier zu den Diensträumen abzweigen, während geradeaus ein mit dem früheren freiherrlichen
*) Einiges nach „Am Hofe Kaiser Wilhelm II." (Berlin).
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Wappen des Feldmarschalls und dem Wappenspruch: „Candide et caute" gekrönte Doppelthür in das dreifenstrige, geräumige Arbeitszimmer des Feldmarschalls führt; rechts davon liegt das einfenstrige Schlafzimmer, das letzte Zimmer der Wohnung, und von hier ans führt eine Thür jenseits des Flures direkt zum Zimmer des dienstthuenden ersten Adjutanten. Diese beiden Zimmer sind, so oft der Feldmarschall in Berlin weilt, fast die einzigen, in denen er sich aufhält. Eine größere Einfachheit, wie sie in diesen Zimmern herrscht, ist kaum denkbar; sie sind außerordentlich hoch und luftig. Das Schlafzimmer enthält in der Ecke nach dem Fenster zu ein breites einfaches Bett mit leichten Decken, an der Wand nach der Flurthür zu den Waschtisch, wie er in jeder bürgerlichen Haushaltung sich findet, an der ungeteilten Wand gerade gegenüber einige einfache Kleiderschränke von dunklem Eichenholz, einige Stühle unb in der Mitte der Wand den einzigen Schmuck des Zimmers, eine große Photographie der Gattin des Feldmarschalls und darunter ein kleines Bild ihres Grabdenkmals zu Kreisau, beide Bilder mit verdorrtem Kranze und Palmen geschmückt, die der Feldmarschall alljährlich am Todestage seiner Gattin eigenhändig erneuert. In aller Morgenfrühe verläßt der Marschall dieses Schlafzimmer und begiebt sich in das anstoßende Arbeitszimmer, in dem er für den größten Teil des Tages verweilt. Auch in diesem Zimmer ist die ganze Einrichtung sehr einfach. In der Mitte des Zimmers, vor der Thür, die zum Balkon hinausführt, steht ein langer, schmaler Arbeitstisch, auf dem eine Anzahl Karten und Wappen und einige einfache, an die letzten Kriege erinnernde Briefbeschwerer ruhen; in der linken Fensternische wieder ein kleiner schmaler Arbeitstisch, an der Wand neben der Eintrittsthür zwei schwere, mächtige, geschlossene Bücher- und Kartenschränke, an den beiden Ecken zwei breite Öfen mit offenen Kaminen und breiten, schwerfälligen Spiegeln, an den Wänden nicht einmal ein
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Dutzend einfacher Polsterstühle, in den Nischen zwischen den Fenstern zwei Siegesgöttinnen von Gips; das ist die ganze Einrichtung des Zimmers. Der kleine Schreibtisch am Fenster hat ihn hier bis in die tiefe Nacht, während eine einfache Gaslampe das Pult beleuchtete, festgehalten; aus diesem sind einige Erinnerungszeichen des Kaisers Wilhelm I. ausgestellt, vor allem steht hier, auf einem Karton befestigt, ein Lorbeerzweig mit dem trauervollen Datum 9. März 1888 ausgezeichnet, ein Zweig, den ihm Kaiserin Augusta von dem Lorbeerkranz gebrochen hatte, welcher zuerst auf der sterblichen Hülle des eben entschlafenen Kaisers geruht hatte. Hier steht auch ein kleines Aquarell des Mausoleums im Park zu Kreisau, das nach dem eigenen Entwürfe Moltkes einfach und prunklos aus Ziegeln mit Sandsteineinfassungen errichtet ist. Den Arbeitsraum verläßt der Feldmarschall erst, wenn am späten Nachmittag der Ruf zu Tische ergeht; dann erst, bei nicht allzu schlechtem Wetter nach einem kurzen Spaziergang durch den Tiergarten durchmißt er die übrigen Zimmer seiner Wohnung, durchschreitet ein schmales Vorzimmer, welches das Wartezimmer für die Besucher ist, die er empfängt, weiter den vierfenstrigen Konferenzsaal, in dem er früher regelmäßig die Offiziere des Generalstabes zu versammeln und durch feine berühmten Musterverträge zu belehren pflegte, und tritt dann in die beiden reich mit Kunstgegenständen und Andenken an den Kaiser und die Kaiserin ausgestatteten Zimmer, in denen die meist kleine Gesellschaft sich zu versammeln pflegt, die mit ihm das Mittagsmahl teilt. Hier, im anstoßenden Zimmer, wird am Abend meist gute Musik gemacht, und hier wird meist eine kurze Zeit dem Whistspiel gehuldigt, das der Feldmarschall mit großer Aufmerksamkeit pflegt. Als Hausfrau schaltet jetzt in diesen Räumen die Gattin seines persönlichen Adjutanten und Neffen, Hauptmanns v. Moltke. In der Regel widmet der Feldmarschall sich seinen Gästen bis gegen 10 Uhr abends,
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dann verabschiedet er sich, um in sein Arbeitszimmer zurückzukehren.
Alljährlich am Kaiser-Geburtstage lud er stets die Offiziere des großen Generalstabes zu einem Festmahle. —
Aus der hohen und verantwortungsvollen Stellung als Chef des Generalstabs der preußischen Armee, die er dreißig Jahre hindurch inne hatte, und in der er „erst wägend, dann wagend" dem Vaterlande, dem Heer und sich selbst die reichsten Lorbeeren gewann, ist der greise Stratege allerdings unlängst geschieden, und zwar aus seinen eigenen Wunsch, weil er das besondere Maß körperlicher Rüstigkeit, welches dieser Posten von seinem Inhaber erfordert, nicht mehr zu besitzen glaubte. Aber mit unserm Kaiser gab, als Graf Moltke die Last der Geschäfte jungen Schultern überließ, unser deutsches Volk allerwärts der Zuversicht Ausdruck, daß dem Heere der allezeit bewährte Recke als Schlachtendenker auch in Zukunft nicht fehlen werde.
Die auf die Verabschiedung des General-Feld-marschalls Grafen Moltke bezüglichen Schriften sind das Abschiedsgesuch des Grafen Moltke, das in Erwiderung desselben ergangene kaiserliche Handschreiben, sowie die Kabinettsordre und zwei Dankschreiben des Grafen Moltke, die in ihrer schlichten Größe den Stempel historischer Bedeutsamkeit an sich tragen und folgenden Wortlaut haben:
Kreisau, den 3. August 1888.
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König, Allergnädigster Kaiser, König und Herr!
Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät bin ich anzuzeigen verpflichtet, daß ich bei meinem hohen Alter nicht mehr ein Pferd zu besteigen vermag.
Ew. Majestät brauchen jüngere Kräfte und ist mit einem nicht mehr felddienstfähigen Chef des Generalstabs nicht gedient.
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Ich werde es als eine Gnade erkennen, wenn Ew. Majestät mich dieser Stellung entheben und mir huldreich gestatten wollen, den kurzen Rest meiner Tage in ländlicher Zurückgezogenheit zu verleben.
Nur mit meinen innigsten Wünschen kann ich die Erfolge begleiten, welche Ew. Majestät glorreichen Zukunft vorbehalten sind.
In treuester Ergebenheit und aufrichtigster Dankbarkeit für so viele mir zuteil gewordenen Auszeichnungen und Wohlthaten verharre ich
Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät allerunterthänigster Diener
Gr. Moltke,
Feldmarschall.
Potsdam, den 9. August 1888. Mein lieber Feldmarschall!
Obwohl Ich Mich den in Ihrem Briefe an Mich ausgeführten Gründen nicht zu verschließen vermag, so hat Mich doch derselbe mit Schmerz bewegt. Es ist ein Gedanke, an welchen Ich Mich so wenig wie die Armee, deren Sein so unendlich viel Ihrer Person verdankt, gewöhnen können, Sie nicht mehr an dem Posten sehen zu sollen, auf welchem Sie das Heer zu den wunderbarsten Siegen führten, die je die Kämpfe eines Heeres krönten.
Doch will Ich unter keinen Umständen, daß Sie Ihre uns teure Gesundheit überanstrengen; darum werde Ich, wenn auch schweren Herzens, Ihrem Wunsche willfahren.
Dennoch weiß Ich Mich mit meinem Heere eins in dem Wunsch, Sie um das Wohl und Wehe des Vaterlandes und feiner Verteidigung beschäftigt zu wissen. Seit dem Heimgang Meines teuren Vaters ist das Amt des Präses der Landesverteidigung unbesetzt geblieben. Ich kann gewissen-
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haft dasselbe in keine besseren und berufeneren Hände legen als in die Ihrigen.
Darum bitte Ich Sie, dasselbe Mir und dem Vaterlande, sowie Meiner Armee zuliebe anzunehmen.
Möge der Herr uns Ihre unschätzbare Kraft und Ratschläge auch in dieser Stelle noch lange zum Heile unserer Nation erhalten.
Eine diesbezügliche Ordre werde Ich Ihnen noch zugehen lassen.
In treuester Dankbarkeit und Anhänglichkeit verbleibe Ich
Ihr
wohlaffektionierter König Wilhelm.
Marmor-Palais, den 10. August 1888.
Sie legen Mir in Ihrem Schreiben vom 3. d. M. mit der Klarheit und Selbstlosigkeit, die leuchtend durch Ihr ganzes Leben geht, die Notwendigkeit eines Entschlusses dar, dessen Begründung Ich ja leider nicht verkennen darf, dessen Bedeutung aber eine so schwer wiegende ist, daß Ich Ihrem Antrage doch nur teilweise entsprechen kann. In dem Alter, welches Gottes gnädige Fügung Sie zur höchsten Freude Meines teuren Großvaters, zum Segen für die Armee und zum Heil des Vaterlandes bisher hat erreichen lassen, darf Ich die unvermeidlichen Anstrengungen des Dienstes in Ihrer Stellung nicht mehr länger von Ihnen beanspruchen — aber Ich kann Ihren Rat nicht entbehren, so lange Sie leben, und Ich muß Sie der Armee erhalten, die mit dem unbegrenztesten Vertrauen auf Sie blicken wird, so lange Gottes Wille dies gestattet. Wenn Ich Sie daher, Ihrem Antrage entsprechend, von der Stellung als Chef des Generalstabs der Armee hierdurch entbinde, so geschieht es unter dem Ausdruck des warmen Wunsches und in der Erwartung, daß
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Sie sich auch ferner mit den wichtigeren Angelegenheiten des Generalstabes in Verbindung halten, und daß Sie Ihrem Nachfolger — den ich hiernach angewiesen habe — gestatten werden, Ihren Rat in allen Fragen von Bedeutung zu erbitten. Bei Ihrer in so hohem Maße erhaltenen geistigen Frische wird es Ihnen auch möglich fein, hiermit die Stellung als Präses der Landesverteidigungs-Komiffion zu vereinigen, welche Ich Ihnen hierdurch übertrage. Seit der Erkrankung Meines in Gott ruhenden Vaters fehlt den Geschäften der Landesverteidigungs-Kommission die Leitung ganz, und eine solche wird immer mehr so sehr wichtig, daß es Mir ganz besondere Beruhigung gewährt, sie in Ihre Hände legen zu können. In betreff Ihrer künftigen Gehaltsverhältnisse habe Ich den Kriegsminister zur ferneren Zahlung Ihres bisherigen Gehaltes und ebenso auch dahin angewiesen, daß Ihnen Ihre bisherige Dienstwohnung verbleibt. Über Ihre Wünsche bezüglich Zuweisung eines persönlichen Adjutanten sehe Ich Ihrer Äußerung entgegen. So denke Ich ein Dienstverhältnis für Sie festgestellt zu haben, in dem Sie hoffentlich noch längere Zeit segensreich zu wirken imstande sein werden. Bestehen bleibt ja immer der tiefe Kummer, Sie von der Stelle scheiden zu sehen, auf welcher Sie Ihren Namen obenan auf die Ruhmestafeln der preußischen Armee geschrieben und ihn zu einem hochgefeierten in der ganzen Welt gemacht haben. Aber die Macht der Zeit ist stärker wie die der Menschen, und ihr müssen auch Sie sich beugen, der Sie sonst überall den Sieg in Ihrer Hand gehabt haben. Einen besonderen Dank für alles, was sie als Chef des Generalstabs der Armee gethan, in dieser Stunde in Worten auszudrücken — davon trete Ich zurück. Ich kann nur auf die Geschichtsbücher der letzten 25 Jahre weisen und kann mit vollster Überzeugung aussprechen, daß Sie als Chef des Generalstabs der Armee in hochgeehrtestem Andenken stehen werden, so lange es einen deutschen Soldaten — ein
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deutsch-schlagendes Herz — und Soldatenempfindung in der Welt giebt.
In hoher Wertschätzung und Dankbarkeit Ihr König
An den General-Feldmarschall Wilhelm R.
Grafen von Moltke,
Chef des Generalstabs der Armee.
Kreisau, den 10. August 1888.
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König, Allergnädigster Kaiser, König und Herr!
Ew. Majestät huldvolles Handschreiben vom 9. d. M. hat mich mit innigster Dankbarkeit erfüllt. Es macht mich glücklich, auch ferner noch der Armee angehören und derselben in der ehrenvollen Stellung dienen zu dürfen, welche Ew. Majestät die Gnade haben wollen, mir zu übertragen.
In den anerkennenden Worten Ew. Majestät gnädigen Schreibens sehe ich den höchsten Lohn für alles, was ich je habe leisten können, und verharre, der weiteren Befehle gewärtig, in ehrfurchtsvoller Ergebenheit und Dankbarkeit Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät allerunterthänigster Diener
Gr. Moltke, Feldmarschall.
Kreisau, den 12. August 1888.
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König, Allergnädigster Kaiser, König und Herr!
Ew. Majestät haben mein allerunterthänigstes Gesuch in so huldvoller Weife genehmigt, daß mir die Worte fehlen, um meinen innigsten Dank auszusprechen. Es macht mich gücklich, Ew. Majestät in einer neuen ehrenvollen Stellung noch ferner dienen zu dürfen, und bitte ich, mir in derselben meinen bisherigen Adjutanten, den Hauptmann v. Moltke, vom Generalstab, belassen zu wollen.
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Die gnädige Ordre vom 10. d. M. wird in meiner Familie als ein unschätzbares Andenken aufbewahrt werden, und in unwandelbarer Treue und tiefster Ehrfurcht verharre ich Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät allerunterthänigsier Diener
Gr. Moltke, Feldmarschall.
Ein Berichterstatter der „B. N. N." teilt im Jahre 1888 folgende Erinnerungen aus dem Leben Moltkes mit:
Fürst Bismarck hielt am 6. Februar 1888 seine große Rede für die neueste Militärvorlage. Nach der ersten Stunde war es unverkennbar, wie außerordentlich die ängstliche Sorgfalt, mit der jedes Wort abgewogen wurde, bevor es über die Lippen kam, den Reichskanzler anstrengte und abspannte. In immer kürzeren Zwischenpausen leerte er das mit einer Mischung von Selters- und Biliner Wasser und Wein gefüllte Glas, das ihm der hinter ihm stehende Sohn Herbert immer wieder erneuerte; wiederholt machte er darauf aufmerksam, daß nicht genug Kohlensäure im Glase sei; je größer die Anstrengung und die Müdigkeit wurde, desto schwieriger schien es, das Getränk zu mischen. Ein unverkennbarer Beweis der körperlichen Abgespanntheit. Für einen Augenblick schweifte mein Auge vom sprechenden Kanzler hinweg übers Haus, und fast starr blieb es sofort auf einer Gestalt auf der ersten Bank unmittelbar vor dem Bundesrat haften. In sich zurückgekehrt, die Augen nach innen gewandt, regungslos wie ein Marmorbild, saß da, von allen aufmerksamen Zuhörern des Kanzlers der aufmerksamste, Feldmarschall Moltke. Uni) von dem still in sich versunkenen greisen Marschall schweifte der Blick nach oben und traf das jugendfrische Gesicht des mit lebhafter Teilnahme den Worten des Kanzlers lauschenden Prinzen Wilhelm. Ja, das war ein Bild, welches dem, der es geschaut hat, unverloren sein wird fürs ganze Leben — Deutschlands Geschichte, Deutschlands Zukunft!
Seidel, Generalfeldmarschall Graf Moltke. 5
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In veränderter Situation sah ich in einem andern Raume, im Weißen Saale des königlichen Schlosses, die drei am 25. Juni wieder, den Redner vom 6. Februar und seine beiden aufmerksamen Zuhörer, Moltke und Kaiser Wilhelm II. Fürst Bismarck in strahlender Kürassierunform überreichte mit tiefer Verbeugung dem jugendlichen Monarchen die Thronrede. Stramm und aufrecht, den schweren Samtmantel der Ritter vom hohen Orden des Schwarzen Adlers umgelegt und den Helm in der Hand, stand Moltke wahrend der Vorlesung der Thronrede neben dem Throne. So hatte ich die beiden Paladine im Februar 1867, als der erste Reichstag des Norddeutschen Bundes eröffnet wurde, unterhalb des Thrones gesehen, den König Wilhelm I. als Oberhaupt des Bundes einnahm, so im März 1871, als der erste deutsche Reichstag eröffnet wurde und König Wilhelm zum erstenmal als Kaiser im Weißen Saale erschien. Jetzt umgaben sie den Enkel — Deutschlands Geschichte, Deutschlands Zukunft!
Im März 1871 stand rechts vom Kaiser, der die höchste Stufe des Thrones einnahm, auf der mittleren Stufe der Kronprinz Friedrich Wilhelm! Auf derselben Stufe, rechts hinter dem Thron, stand der alte Wrangel mit dem Reichsbanner, links hinter dem Thron Moltke mit dem Schwerte! Die Stelle des Kronprinzen war am 25. Juni d. I. leer, an Wrangels Platz stand Graf v. Blumenthal mit dem Reichspanier, an Moltkes Stelle General v. Meerscheidt-Hüllessem mit dem Reichsschwert.
Schwerlich war es wohl allein der Unterschied der Jahre von 1871 bis 1888, der dem greisen Strategen die Bürde des Reichsschwerts abgenommen. Er könnte sie trotz seiner 88 Jahre noch rüstig tragen. Moltke hat alle Anstrengungen, welche bei dem Tode und dem Leichenbegängnisse Kaiser Friedrichs, sowie bei der Reichstags- und Landtags-Eröffnung an ihn herantraten, mit bewundernswerter Kraft
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ertragen. Den Weg von Schloß Friedrichskron bis zur Friedenskirche, welcher eine halbe Meile lang ist, hat der Feldmarschall ohne jede Mühe zurückgelegt in voller Uniform mit dem Stabe seiner Würde in der Hand.
Was ihn so rüstig erhält, ist seine einfache Lebensweise. Er ist sein lebenlang überaus mäßig in Speise und Trank gewesen. Von früh morgens zwischen 6 und 7 Uhr ist er auf den Beinen, mag es Winter oder Sommer sein, mag er in der Stadt oder auf dem Lande wohnen. Die Mahlzeiten sind bürgerlich einfach. Er geht viel und gern spazieren, ohne jede Begleitung eines Adjutanten, und wird den Berlinern häufiger sichtbar, als andere hohe Personen. Dann steckt die lange, hagere Gestalt in einem bis zum Knie reichenden, ganz schlichten Waffenrock aus dunkelm Tuche. Ein kleiner, roter Stehkragen säumt den schmalen Hals ein, auf dem ein auffallend zierlicher Kopf mit sehr schmalem vergilbten Gesicht ruht. In seinem Äußern erinnert der große Feldherr unwillkürlich an die Wüstenrosse edelster Zucht. Kein Lot überflüssigen Fleisches am Leibe, aber ein Körper, der nicht aus Muskeln, Nerven und Sehnen, sondern aus feinen Stahlfäden zusammengeflochten scheint. Er ist einer jener eisenfesten Hagern, an denen das Alter vorübergeht, weil es an ihrem Leibe keinen Platz findet, die Zahl der Jahre einzuschreiben. Wer wollte erkennen, wie alt Moltke ist, wenn es nicht überall gedruckt zu lesen stände? Er geht laut Taufschein ins 90ste Jahr, aber er könnte ebensogut sagen, daß er erst ein Sechziger sei.
Eine drollige Charakteristik hat einmal Fürst Bismarck in vertrautem Freundeskreise von dem alten Feldherrn zum besten gegeben. Wenn eine Kriegserklärung in der Luft schwebe, — sagte der Kanzler, — werde selbst Moltke gesprächig, und als es im Jahre 1870 losging, sei derselbe mit einem Schlage um zehn Jahre jünger geworden. Vorher sauertöpfisch und mürrisch, hätte er nun aufgeräumt geplaudert,
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sogar wieder Appetit auf Champagner und schwere Cigarren bekommen und den letzten Rest vom Zipperlein verloren, das er sich beim Ausruhen auf kalt gewordenen Lorbeeren geholt. — Übrigens ist der berühmte Greis ein trostreiches Beispiel für leidenschaftliche Raucher. An ihm sieht man, wie gesund das Tabakrauchen ist, wenn man dabei alt wird. Seine Vorliebe für eine gute Cigarre hat selbst in der Schlacht von Königsgrätz eine kleine Rolle gespielt. Als an jenem furchtbaren Julitage des Jahres 1866 die siegreiche Entscheidung stundenlang wankte und schwankte, ritt Bismarck, von innerer Unruhe peinlich getrieben, an Moltke heran, der mit starrer Ruhe im Sattel hielt und schweigsam die Schlacht beobachtete. An ein Gespräch mit ihm war nicht zu denken; aber Bismarck hatte in der Cigarrentasche noch zwei Cigarren, eine gute und eine schlechte. Ohne ein Wort zu verlieren, reichte der Kanzler dem Marschall das Etui. Ebenfalls ohne ein Wort nahm es der letztere, besah sich beide Cigarren ganz genau und griff — die gute! Für Bismarck war diese lautlose Unterhaltung genügend. Er wandte sein Pferd und ritt vergnügt zurück. Denn, sagte er sich, wenn Moltke noch mit solcher Seelenruhe die beste Cigarre heraussucht, dann steht es auch nicht schlecht mit der Schlacht.
Nicht minder sprichwörtlich als Moltkes oft stundenlang anhaltende Schweigsamkeit ist seine Kaltblütigkeit und seine sonst nicht zu erschütternde Ruhe geworden. Es war am Vorabend der Schlacht von Königsgrätz, als eine Offizier-Ordonnanz in das Quartier des gerade mit eine Whistpartie beschäftigten Generalstabschefs amtemlos eintrat mit der Meldung, der Feind hätte eine Bewegung über die Elbe gemacht. Moltke, von feinen Karten aufblickend, antwortete nur: „Besser können wir's uns ja gar nicht wünschen" und — spielt weiter. Endlich mit seinem Robber zu Ende, steht er schweigend auf und geht, in später nächtlicher Stunde, in das Hauptquartier König Wilhelms, welcher bereits der Nachtruhe
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pflegte. Auf Moltkes Wunsch wird der König geweckt, und Moltke macht Meldung von der veränderten Stellung des Feindes mit dem Ersuchen, morgen die Entscheidungsschlacht schlagen zu dürfen.
Der große Feldherr ist ein bewundernswerter Redner, ebenso, wie er ein wahrhaft glanzender Schriftsteller ist. Er hat sich von seinem Platz erhoben, und ist langsam bis zur Mitte des Hauses geschritten, wo der Tisch der amtlichen Stenographen des Reichstags dicht unter der Rednerbühne steht. Mit dem Rücken lehnt er sich stützend an die große Tischplatte, schlägt die Beine bequem übereinander und verschränkt leicht über den Leib die schmalen Hände, welche dabei das Lorgnon und ein Blatt Papier halten. . . . Ja, an der Stimme hören wir doch, daß ein Greis spricht, der Hauch des Alters umzittert sie, und nur, wer sich dicht hinzudrängt, vermag jede Silbe des Redners zu erhaschen. Eine schwarze Wolke von Abgeordneten umlagert ihn. Man sitzt auf den Stufen der Rednertribüne, man hockt auf dem großen Stenographentisch neben ihm, man klettert auf jeden Vorsprung, der besseres Gehör verspricht. Moltkes Stimme zittert, aber sie ist lebendig; ihr Klang ist schwach und fein, aber doch voller Abstufungen. Dabei verrät jeder Satz den Meister des Stils. Es sind meist kurze, knappe Wendungen, von einer Form, wie ein Stein gemeißelt. Ihm ist die Muttersprache ein vollendetes Werkzeug, das er mit ebensoviel Geschmack wie Nachdruck handhabt. Von seinen Lippen fallen schwere Sätze, doppelt schwer, wenn man bedenkt, wer sie spricht.
Sein sein geschnittener Mund kräuselt sich ein wenig, als er „Patronenhülsen die sichersten Wertpapiere" in der Finanzwirtschaft eines Staates nennt. Aus jedem andern Munde hätte es wie spöttische Aufgeblasenheit geklungen, bei ihm tönt es voll grimmigen Ernstes, und die leise, greisenhafte Stimme macht die Wendung noch eindrucksvoller. Von Zeit zu Zeit hebt der Redner das altmodische Lorgnon an
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die Augen und schaut kurz auf das Papierblättchen, welches er in der Hand hält, um sich zu vergewissern, ob er in seiner Rede den vorgenommenen Faden auch richtig abspinnt. Manchmal sieht es aus, als ob er sich unmittelbar nur mit Windthorst unterhalte, der kaum drei Schritt von Moltke entfernt, tief zusammengekauert im Sessel sitzt.
Nun, wir hoffen, den würdigen Herrn, der als oberster Chef des Generalstabs jetzt sein hohes Amt quittiert hat, noch eine geraume Zeit das parlamentarische Schlachtfeld zieren zu sehen.
Die Sitzung des Reichstages von 14. Mai 1890 war eine der bedeutendsten, welche der Reichstag seit langer Zeit gesehen. Die Militärvorlage stand zur Beratung, und kein geringerer als der alte Feldmarschall Moltke war es, der die deutsche Nation anrief, eingedenk zu sein ihrer hohen Pflichten, eingedenk zu bleiben der stets bedrohlichen politischen Lage und das Schwert zum Schutz des heimischen Herdes scharf zu halten. Die Verhandlung wurde durch den Kriegsminister eröffnet. Als nach den kurzen Worten desselben Graf Moltke sich erhob, trat eine Totenstille im Hause ein. Hoch aufgerichtet, die eine Hand in dem Waffenrock verborgen, stand der greise Stratege vor den Vertretern des deutschen Volkes und zeichnete mit volltönender Stimme in durchsichtig klarer Form ein anschauliches Bild der gegenwärtigen Lage, zugleich mit Ausblicken aus eine nicht allzuferne Zukunft. Die Rede des greifen Feld marsch alls hat folgenden Wortlaut:
„Meine Herren! Es kann Befremden erregt haben, daß neue und erhebliche Opfer für militärische Zwecke gefordert werden eben jetzt, wo anscheinend der politische Horizont freier ist von drohenden Wolken, als noch kurz zuvor, und wo wir von allen auswärtigen Mächten die bestimmte Versicherung ihrer friedlichen Absichten haben. Dennoch wollen Sie mir gestatten, mit wenigen Worten auf den Grad von Sicherheit hinzuweisen, welche für uns aus diesen Umständen
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hervorgehen kann. Noch unlängst, meine Herren, ist von
jener Seite des Hauses, allerdings von der äußersten Linken, wiederholt die Behauptung aufgestellt worden, daß alle unsere militärischen Vorkehrungen nur im Interesse der besitzenden Klasse erfolgen und daß es die Fürsten sind, welche die Kriege
hervorrufen; ohne sie würden die Völker in Frieden und
Freundschaft nebeneinander wohnen. Was nun vorweg die
besitzende Klasse anbetrifft, und das ist eine sehr große, sie umfaßt in gewissem Sinne nahezu die ganze Nation, denn wer hätte nicht etwas zu verlieren (Sehr richtig!) — die besitzende Klasse hat ja allerdings ein Interesse an allen Einrichtungen, welche jedem seinen Besitz gewährleisten. Aber, meine Herren, die Fürsten und überhaupt die Regierungen sind es wirklich nicht, welche in unsern Tagen die Kriege herbeiführen. (Sehr gut! rechts.) Die Zeit der Kabinettskrise liegt hinter uns, wir haben jetzt nur noch den Volkskrieg, und einen solchen mit allen seinen unabsehbaren Folgen heraufzubeschwören, dazu wird eine irgend besonnene Regierung sich sehr schwer entschließen. (Sehr gut!) Nein, meine Herren, die Elemente, welche den Frieden bedrohen, liegen bei den Völkern; das sind im Innern die Begehrlichkeit der vom Schicksal minder begünstigten Klassen und ihre zeitweisen Versuche, durch gewaltsame Maßregeln schnell eine Besserung ihrer Lage zu erreichen, eine Besserung, die durch organische Gesetze und auf dem allerdings langsamen und mühevollen Wege der Arbeit herbeigeführt werden kann. (Sehr gut! rechts. Bravo!) Von außerhalb sind es gewisse Natio-nalitäts- und Rassenbestrebungen, überall die Unzufriedenheit mit dem Bestehenden. Das kann jederzeit den Ausbruch eines Krieges herbeiführen, ohne den Willen der Regierungen und auch gegen ihren Willen; denn, meine Herren, eine Regierung, welche nicht stark genug ist, um den Volksleidenschaften und den Parteibestrebungen entgegenzutreten, eine schwache Regierung ist eine dauernde Kriegsgefahr. (Sehr gut! rechts.)
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Meine Herren, wenn der Krieg, der jetzt schon mehr als zehn Jahre lang wie ein Damoklesschwert über unsern Häuptern schwebt, wenn dieser Krieg zum Ausbruch kommt, so ist seine Dauer und sein Ende nicht abzusehen. Es sind die größten Mächte Europas, welche, gerüstet wie nie zuvor, gegeneinander in den Kamps treten; keine derselben kann in einem oder in zwei Feldzügen so vollständig niedergeworfen werden, daß sie sich für überwunden erklärte, daß sie auf harte Bedingungen hin Frieden schließen müßte, daß sie sich nicht wieder aufrichten sollte, wenn auch erst nach Jahresfrist, um den Kampf zu erneuern. Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden — und wehe dem, der Europa in Brand steckt, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert! (Bravo!) Nun, meine Herren, wo es sich um so große Dinge handelt, da kann allerdings die Geldfrage erst in zweiter Linie in Betracht kommen. Hätten wir die sehr großen Ausgaben nicht gemacht für militärische Zwecke, für welche der Patriotismus dieses Hauses und der Nation die Mittel gewährt haben, so würden allerdings unsere Finanzen heute sehr viel günstiger liegen, als es gegenwärtig der Fall ist. Aber, meine Herren, die glänzendste Finanzlage hätte nicht verhindert, daß wir bei mangelnden Widerstandsmitteln heute am Tage den Feind im Lande hätten; denn lange schon und auch jetzt noch ist es nur das Schwert, welches die Schwerter in der Scheide zurückhält. (Bravo!) Der Feind im Lande würde schnell mit unsern Finanzen ausräumen. Meine Herren, je besser unsere Streitmacht zu Wasser und zu Lande organisiert ist, je vollständiger ausgerüstet, je bereiter für den Krieg, um so eher dürfen wir hoffen, vielleicht den Frieden noch länger zu bewahren oder aber den unvermeidlichen Kampf mit Ehren und Erfolg zu bestehen. (Bravo!) Ich glaube, daß alle Regierungen aufrichtig bemüht sind, den Frieden zu halten — es fragt sich nur, ob sie stark genug sein
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werden, um es zu können. Ich glaube, daß in allen Ländern die bei weitem überwiegende Masse der Bevölkerung den Frieden will, nur daß nicht sie, sondern die Parteien die Entscheidung haben, welche sich an ihre Spitze gestellt haben.
Meine Herren, die friedlichen Versicherungen unserer beiden Nachbarn in Ost und West — während übrigens ihre kriegerischen Vorbereitungen unausgesetzt fortschreiten — (sehr wahr!), diese friedlichen und alle übrigen Kundgebungen sind gewiß sehr wertvoll; aber Sicherheit finden wir nur bei uns selbst." (Wiederholtes lebhaftes Bravo.) —
Am 8. März 1889 beging Feldmarschall Graf Helmut von Moltke sein 70jährigesDienstjubiläum. Gott hat den Präses der Landesverteidigungskommission, als welcher der berühmte Schlachtendenker und geniale Leiter unserer deutschen Feldzüge der neuen großen Zeit noch immer „im Dienst" steht, mit schier unverwüstlicher Gesundheit bis in sein hohes Alter gesegnet, der Kaiser Wilhelm II. hat dem verdienten Helden gestattet, sich gewissermaßen auf sein Altenteil, auf das Gebiet der Verteidigung des deutschen Landes, zurückzuziehen, während bereits Graf Waldersee, ein genialer Zögling aus der Moltkeschen Schule, die Schöpfung des „Marschalls", den großen Generalstab, leitet. „Moltke", wie der Deutsche einfach den großen Landsmann nennt, hat jene ehrwürdige Popularität erreicht, wie sie Kaiser Wilhelm, dem „deutschen Kronprinzen", späteren Kaiser Friedrich, und denjenigen Helden zu teil ward, welche der Volksmund als die Paladine des größten Hohenzollern bezeichnet, die den Hof und die Armeeleitung des „siegreichen Heldengreises" zierten. Moltke und Bismarck, die beiden Säulen für die Zeit der Einigung des deutschen Vaterlandes und der Errichtung des neuen Kaiserreiches, stehen noch fest, furchtlos und treu dem dritten Kaiser der weltgeschichtlichen Epoche zur Seite, und jedes neue Lebensjahr, das sie vollenden, jedes Jubiläum, das sie unter der Teilnahme ihres Kaisers ig
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und unter dem Jubel des ganzen einigen Volkes feiern, giebt gerechten Anlaß, dankbar dem Allmächtigen, treu dem Kaiser und in Liebe zum großen Vaterlande des Aufschwungs zu gedenken, den das deutsche Reich genommen hat.
Ein neuer Jubeltag Moltkes ist nicht nur ein neues Blatt in feinem strahlenden Ruhmeskranze, nicht nur eine Zeit weihevoller Erinnerung, durch welche im Gebet zum Herrn der Heerscharen die Bitte durchklingt, daß uns der Jubilar noch lange geistig frisch und körperlich gesund erhalten bleiben möge, nein, ein solcher Tag wird auch zu einer neuen (Stärkung des patriotischen Geistes und des nationalen Gedankens im deutschen Volke. Kaiser Wilhelm II. wußte recht wohl, welchen Schatz er sich wahrte, als er dem greifen Jubilar anbot, die Landesverteidigung auch fernerhin in feine getreue Obhut zu nehmen, denn das Ansehen Moltkes, das unbedingte Vertrauen zu dem alten Führer des Volkes in Waffen, das sind reelle Faktoren, mit denen ein treues, einiges, starkes Volk und eine schneidige Armee mit ihrem jugendlichen obersten Kriegsherrn besser rechnen, als unsere kriegerischen Nachbarvölker mit dem Glück der Waffen oder gar mit dem Mute, der auch dem Abenteurer nicht fehlt.
Das Leben des Feldmarfchalls Moltke ist Mühe und Arbeit gewesen. Seiner Erziehung in der mecklenburgischen Heimat folgte die strenge Schule im dänischen Kadettencorps zu Kopenhagen, in welchem er den Grund legte zu feiner späteren glänzenden militärischen Laufbahn. Seit 1822 gehörte er der preußischen Armee an und feit 1832 dem Generalstabe. Große Reifen führten ihn den Machthabern der Türkei, Rußlands und Italiens näher, aber überall standen neben der Teilnahme an Feldzügen feine strategischen Studien im Vordergründe, überall war er ein strebsamer Soldat, ein arbeitsamer Stratege und dabei als ein Militärfchriftsteller ersten Ranges thätig. Vor 40 Jahren
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wirkte er schon beim Generalkommando, vor 30 Jahren zeigte er als Generallieutenant schon bei Entwerfung des Operationsplanes für einen italienischen Krieg seine Befähigung zum Chef eines großen Generalstabes. Der Operationsplan im deutschdänischen Kriege, wo Moltke den Stab des Prinzen Friedrich Karl leitete, ist sein Werk, und über die höchsten Erwartungen hinaus zeigte er seine strategische Befähigung im deutschösterreichischen Kriege von 1866. Als Lehrer des Großen Generalstabes und als Erzieher unserer großen militärischen Talente hat Moltke in Mühe und Arbeit segensreich und unermüdlich gewirkt, so daß man nicht nur im Kreise seiner dankbaren Schüler, sondern auch in unserer deutschen militärischen Litteratur von einer „Moltkeschen Schule" sprechen kann, wie sie neben Pflichttreue im Dienst, neben souveräner Beherrschung der Fachkenntnisse und der Wissenschaft nur durch stetige geistvolle Anregung und klassischen Lerneifer zu hoher Blüte gedeihen konnte. Dieser Schule und Moltkes Genie haben wir 1870/71 neben der kraftvollen Initiative des Kaisers Wilhelm I. und der Politik Bismarcks den glänzenden Erfolg des deutschfranzösischen Krieges zu verdanken.
Unerreicht steht des Jubilars Einfachheit und Bescheidenheit da, die nur in altklassischen, weltgeschichtlichen Vorbildern ihresgleichen haben. Mit Recht gilt „unser Moltke" überall als ein leuchtender Zeuge in der neuen großen Zeit des Vaterlandes, als ein Muster soldatischer Tugenden, als ein wahrhaft großer und berühmter Mann, der treu bei seinem Kaiser in patriotischer Kraft und Sorge aushält „im Dienst", sicher des Dankes der Hohenzollern und des deutschen Volkes. Seine Liebe zur Armee, zu allem Edlen und Guten hat er wiederholt bekundet in ernsten und mahnenden Worten im Reichstage, denen Volksvertreter und Volk begeistert lauschten. Heil dem Lande, dem ein solcher Führer in Kampf der Waffen entstanden ist; Dank der mächtigen Vorsehung, die uns diesen Mann erhält. Möge sein Lebensabend
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ungetrübt und sonnig verlaufen, das ist der Wunsch der heute in Millionen Herzen widerklingt, und an seinem Jubiläum tönt dieser Wunsch einem Gebete gleich gen Himmel, denn wer da sein Leben lang treu gesorgt, gewaltet und Liebe gesäet hat, erntet in reichem Maße des Volkes Dank.
Das „Militär-Wochenbl." feiert das Jubiläum des großen Feldmarschalls u. a. mit folgenden Worten: . Welch
Gefühl wahren, echten Stolzes muß den Mann erfüllen, der an diesem Erinnerungs- und Weihetage auf ein solch reiches und gesegnetes Leben zurückschaut! Welch anderer Sterblicher hat auf eine derartige Dienstzeit zurückzublicken, und welche Dienste hat der Gefeierte seinem Vaterlande geleistet! Im Angesicht einer solchen Heldenlaufbahn kann es nicht am Platze sein, die Daten der Patente in der militärischen Rangordnung einzeln aufzuführen, wie es sonst bei ähnlichen Gelegenheiten Brauch zu sein pflegt. Das Leben ,unsers Feldmarschalls' liegt offen und klar wie ein Spiegel vor den Augen der Welt, eine ganze Reihe von Lebensbeschreibungen weist die Einzelheiten aus; erst im vergangenen Jahre hat ein französischer General den ,marechal de Moltke‘ als ein Ideal und Muster für jeden Soldaten der französischen Armee ohne Groll hingestellt.
Auch in den Zeiten nach dem großen Kriege hat er noch hohe und bleibende Verdienste um das deutsche Heer sich erworben. Seine glänzenden Leistungen als Schriftsteller, sowie seine unermüdliche Thätigkeit als Reichstagsabgeordneter im besondern für die Fortentwickelung und Ausgestaltung des deutschen Heerwesens seien nur angedeutet. Dagegen kann nicht laut genug Zeugnis abgelegt werden für die unscheinbarste und doch vielleicht wichtigste und zukunftsreichste Seite der Wirksamkeit des Feldmarschalls, die Heranbildung der zukünftigen Heerführer. Man vergegenwärtige sich den Gegensatz zu andern großen Feldherren der neuern Zeit. König Friedrich starb in einsamer Größe, er hinterließ niemand,
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der seine Ideen fortzuentwickeln, das Heer in seinem Geiste weiter zu führen vermochte. Napoleon sah zu seinem Schrecken und eigenen Schaden in seinen spätern Feldzügen, daß kein einziger seiner berühmten Marschälle als selbständiger Führer sich bewährte, sondern daß alle nur als Unterführer unter seinem persönlichen Oberbefehl etwas zu leisten vermochten. An beiden Stellen bestätigte ein großer Zusammenbruch die Einseitigkeit des befolgten Systems. Feldmarschall Graf Moltke hat in unablässiger dreißigjähriger Arbeit die besten Kräfte aus der Armee an sich herangezogen, hat sie eine scharfe taktische Schule durch Übungen mit der Feder und im Gelände durchmachen lassen und im Aufsteigen zu hohem Graden sie immer strengern Prüfungen unterzogen. Eine begabte aufstrebende Generation steht hinter ihm, lechzend nach dem Augenblick, sich ihres großen Meisters würdig zu zeigen. Kann er ihnen auch nicht sein Genie vererben, so darf doch jeder seiner Schüler ihm offen in das Auge schauen und sagen: „Deines Geistes hab' ich einen Hauch verspürt." Der Feldmarschall aber darf im Hinblick auf diesen von ihm selbst geschulten Nachwuchs getrost mit dem Dichter sprechen:
„Ein Denkmal hab' ich in meinem Volk gegründet.
Nicht Menschenhand erschufs, kein Gras bewachst den Pfad —
Doch stolzer ragt es auf als jenes, das verkündet
Napoleonsche Rnhineslhat."
Die Armee hat mit Wehmut den hochverehrten Führer zu Sieg und Ruhm aus feiner bisherigen Stellung als Chef des Generalstabs scheiden sehen, sie muß aber dem greisen Helden die Entlastung von der schweren Bürde lausender Geschäfte gönnen und sich der frohen Hoffnung getrosten, noch lange, lange Jahre des Glanzes seines Namens an ihrer Spitze sich erfreuen zu können. Die Segenswünsche von Tausenden und aber Tausenden vereinigen sich heute, und aus den Herzen eines treuen und feine Helden innig verehrenden
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Volkes ringt sich die Bitte empor: Möge es unserem großen Heerführer noch lange vergönnt sein, sich der allgemeinen Verehrung zu erfreuen, und möge er noch lange die Freude genießen, ein Geschlecht in Deutschland heranwachsen zu sehen, das seiner großen Gedanken und Thaten nicht unwürdig und bestrebt ist, das zu erhalten, was der große Kaiser, der große Kanzler und der große Feldmarschall geschaffen haben. Das walte Gott!
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