176 Neue Geschichte. 4. Der schmalknldischc Krieg. § 70. Auf dem Reichstag zu Worms war Luther und feine Sache geächtet worden. Allein der Kaiser, viel zu sehr anderweitig beschäftigt, konnte dem Beschlusse kei- ueu Nachdruck geben; und fein Bruder Ferdinand mußte sogar ans dem Reichstage zu Speier 1526 beschließen, daß in Beziehung auf das Wormser Edict sich jeder Reichsstand verhalten solle, wie er es vor Gott und dem Kaiser verantworten sönne. Als aber dennoch 1529 zu Speyer auf die Vollstreckung des Edicts gedrungen wurde, sandten die evangelischen Fürsten eine feierliche Protesta¬ tion dem Kaiser nach Italien zu, woher sie den Namen Protestanten erhielten. Der Kaiser war sehr unwil¬ lig ; aber die Türleu mußten jetzt der guten Sache helfen. Diese drangen eben damals sogar bis nach Wien vor; und die Gefahr vor ihnen nöthigte den Kaiser, einen milderen Ton gegen die Protestanten anzunehmen. Er kam 1530 selbst auf den berühmten Reichstag zu Augs¬ burg, um Hilfe gegen die Türken zu begehren, uud wo¬ möglich die Streitigkeiten auszugleichen. Die Protestanten durften hier ihr G l a n b e u s b e ken u t u i ß (Consession) öffentlich vorlesen, wobei zwar der Kaiser mitunter schlief, aber um so mehr eine zahlreiche Menschenmenge lauter Ohr war. Die versuchten Ausgleichungen hatten nicht den erwünschten Fortgang; und der Kaiser ließ seine feind¬ lichen Absichten mannigfaltig durchblicken, namentlich indem er ans ziemlich gewaltthätige Weise seinen Bruder zum römischen König ernannte. Hiedurch geschreckt, schloßen die Protestanten zu Schmalkalden 1531 ein Vertheidi- gnngsbündniß mit einander. Der Krieg war dem Aus¬ bruche nahe; aber Ferdinand hatte viel zu viel mit den Türken zu schassen, und mußte sich in Nürnberg (1532) zu einem Religionsfrieden bequemen. Gott fügte es, daß fortwährend des Kaisers Hände gebunden waren; und die Reformation nahm so rasch zu, daß sie ganz Deutsch¬ land zu gewinnen schien.