78 Zweite Hälfte des siebzehnten Jahrhundert?. das Sprichwort aufkam: „Cumqueneslen gehören in die Höllen." Nur sehr langsam konnten die Grundbesitzverhältnisse sich wieder günstiger gestalten, dank dem Fleiße des im sozialen Leben an un¬ terster Stelle stehenden und doch so bedeutsamen Bauernstandes. Bauern. Am schwersten vom Kriege waren offenbar die Bauern heim¬ gesucht. Jahrelang konnten sie die mit Gestrüpp und Unkraut über¬ wucherten Äcker nicht bestellen: es fehlte ihnen vor allem an Saat¬ korn! Weite Flächen waren durch die gar nicht regulierten Flu߬ läufe zu Sümpfen geworden. Kurz: der Landmann konnte sobald aus seinem sehr bedauernswerten Zustande nicht emporkommen. Er selbst und die Zeitgenossen aber sahen die Lage nicht für so schlimm an, wie wir als gleichberechtigte und an die Segnungen des Frie¬ dens gewöhnte Staatsbürger heute anzunehmen geneigt sind. — Zwischen den Bauern und den beiden höheren Ständen — Adel und Bürgern — bestanden unübersteigbare Schranken. Als beson¬ dere Menschenklasse wurden die abhängigen Bauern wohl angesehen, die nichts, auch nicht den Friedhof und den Himmel, mit den höhe¬ ren Gesellschaftsschichten gemein haben. Spuren von Selbstgefühl finden sich bei den Bauern begreiflicherweise am wenigsten. Na¬ mentlich in den nördlichen Gegenden schmolz die Zahl der Freien immer mehr zusammen: Leibeigenschaft in milderer Form ward hier bald die Regel, und in Holstein z. B. kam es wohl vor, daß der übermütige Junker beim Kartenspiel statt des Geldes Leibeigene einsetzte. Fronden und Abgaben wurden aber deshalb weniger em¬ pfunden, weil sie genau bestimmt waren und weil die adligen Grundherren oft an den Höfen lebten. Allerdings vernachlässigten sie dann zuweilen die Landwirtschaft. — Von den unermeßlichen Schäden des dreißigjährigen Krieges hatten sich die Bauern kaum wieder erholt, als im Südwesten die Franzosen unter Ludwig XIV. das Land teuflisch verheerten. Hier frönte auch bald der Adel seiner Jagdlust in viel ausgedehnterem Maße als im Nordwesten, wo sich