— 60 — Juni desselben Jahres zur Regierung gelangt, mußte er durch sein leutseliges Wesen und sein Verständniß für die Wünsche des Volkes, seine Unterthanen zu beruhigen und den Staat wieder in die geordneten Bahnen einer ruhigen, steten Entwickelung zu führen. Durch Einführung der öffentlichen und mündlichen Geschworenen¬ gerichte wurde der Rechtssinn des Volkes geschärft; eine Verfassung gab der evangelischen Kirche die langersehnte Selbstständigkeit; frei¬ sinnige Gesetze gewährten den Gemeinden, Kreisen und Provinzen ein weitgehendes Mitwirkungsrecht bei der Verwaltung ihrer An¬ gelegenheiten; ein Volksschulgesetz legte deu Gruud zu einer freu¬ digen Entwickelung des Volksfcbulwefens; durch die Umgestaltung der Gewerbeschule in Darmstadt zu einer „technischen Hochschule" wurde den Bedürfnissen der Zeit Rechnung getragen. Die Main-Weserbahn die verschiedenen Linien der Hessischen Ludwigsbahn uud der oberhessischen Bahnen, sowie die Gründung zweier Bankinstitute, der „Bank für Handel und Industrie" und der „Bank für Süddeutschland", trugen nicht wenig zur wirt¬ schaftlichen Hebung des Landes bei. Vermählt war Ludwig III. seit 1833 mit Mathilde, der Tochter des Königs Ludwigs I. von Baiern, die znm Schmerz des Landes schon 1862 kinderlos starb. b) Die Ereignisse des Jahres 1866 erfordern eine etwas weitläufigere Erzählung: Die deutschen Staaten, nachdem sie das französische Joch ab¬ geschüttelt hatten, einigten sich (1815) zu dem „deutschen Bund" dessen gemeinsames Organ die in Frankfurt a/M. tagende Bundes¬ versammlung war. Dieselbe war schon von Anfang an eine ver¬ unglückte Schöpfung und nicht im Stande dem deutschen Volke das zu bringen, was es zur Zeit der Freiheitskriege gehofft, — die nationale Einheit. Es wurden zwar viele Versuche gemacht^ den deutscheu Bund zeitgemäß umzugestalten, aber umsonst, da seine der beiden Großmächte, Oesterreich und Preußen, sich der andern unterordnen wollte. Im Lause der Zeit wurde der Riß zwischen diesen beiden Staaten immer größer. Zwar vereinigte der deutsch¬ dänische Krieg (1864) dieselben vorübergehend, aber schon nach kurzer Zeit traten die Gegensätze um so schärfer hervor. Der Krieg wurde unvermeidlich. Oesterreich, das sich im Bundestag die Mehrheit zu verschaffen gewußt hatte, setzte am 14. Juni 1866 den Beschluß durch, daß alle Buudeseontingente, mit Ausnahme der preußischen mobil gemacht werden sollten und gab dadurch die Veranlassung zum Bruch. Preußen, das vorher ein Schutz- und