4. Die Befreiung des Bauernstandes
in Sachsen.
Mancherlei Gründe waren es, die dazu führten, den
Bauernstand aus seiner üblen Lage zu befreien.
Zunächst haben die Pflichtigen selbst dieses Ziel erstrebt.
Soviel als sie konnten, suchten sie sich der drückenden Fesseln
zu entledigen. Ihre Naturalleistungen waren mangelhaft und
nur bei schärfster Kontrolle vollständig. Für den Gutsherrn
war geringwertiges oder gar verdorbenes Getreide und das
dürftigste Vieh („Mager wie ein Zinshuhn") immer noch
gut genug. Die Fronarbeiten wurden unwillig und langsam
verrichtet, und das Zugvieh schonte man auf alle Weise. Oft¬
mals wandten sich die Bauern beschwerdeführend an die Ge¬
richte; die Zahl der laufenden Prozesse war zu manchen
Zeiten sehr hoch. Auch die Eingaben an den Landesherrn
waren gar nicht selten. Das Zwangsgesinde zeigte sich träge
und aufsässig, und die Klagen über Widerspenstigkeit und Un¬
willigkeit der Knechte und Mägde wollten nie verstummen.
Die Ausführung solcher Arbeiten^), die im Erbregister nicht
besonders erwähnt waren, wurde verweigert, wenn die Herr¬
schaft dafür nicht besondere Löhne zusagte.
x) Arbeiten auf Klee- u. Rübenfeldern oder bei der Kartoffelernte. Diese Früchte
wurden vorher nicht angebaut, weshalb nichts davon im Erbregister stehen konnte.
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