i. Bis zum Huftreten des ersten Grafen von Oldenburg. 1. Die Marschen und ihre Bewohner um 50 it. Chr. (Der römische Schriftsteller Plimus der ältere schildert uns die Marschen und ihre Bewohner im 1. Kapitel des 16. Buches seiner Natnrgeschichte folgendermaßen:) Es schwillt zweimal hier in einer Tages- unb Nachtlänge uner¬ meßlich sich ergießenb her Ozean unb sinkt wieder. Zweifeln möchte man, ob es Lanb sei ober Meer, was man sieht. Da wohnt bas armselige Volk in feinen Hütten aus Hügeln von Menschenhanb ausgerichtet, so hoch wie bie Flut reicht; Schiffenden gleich, wenn bie Gewässer bie Gegend bedecken, Schiffbrüchigen aber, wenn bie fliehenden Fluten See¬ fische unb Muscheln zur Nahrung lassen, wenn sie sich verlausen haben. Nicht wie bie Nachbarn können sie Vieh halten, noch von Milch sich nähren, nicht einmal mit roilbcn Tieren können sie kämpfen, weil ihr Lanb von allem Gebüsch entblößt ist. Aus Schilf unb Binsen flechten sie Stricke nnb Netze zum Fischfang, unb indem sie beit mit ihren Hauben hervorgeholten Schlamm mehr im Winbe als in bcr Sonne trocknen, erwärmen sie mit bieser Erde ihre Speisen unb ihre vom Nordwind erstarrten Glieder. Getränk haben sie nur vom Regen, beti sic in Gruben im Vorplatze ihres Hauses aufbewahren. Unb biese Leute meinen, wenn sie jetzt von beit Römern besiegt würben, in Knechtschaft zu geraten! 2. Tacitns über die Friesen und Chauken. 98 n. Chr. — Taeitus, Germania. Übersetzt von Dr. Oberbreyer. Leipzig o. I. S. 40. — (Der römische Geschichtsschreiber Cornelius Tacitns gab im Jahre 98 n. Chr. seine Germania heraus, eine anziehende und geistvolle Schilderung von dem Leben unserer Vorfahren. Im 34. Kapitel spricht er über die Friesen, im 35. über die Chanken Er ist der erste Schriftsteller, der einen Unterschied zwischen Friesen und Chauken machte. Wo die Friesen anfingen und die Chauken aufhörten, das wird sich schwerlich jemals entscheiden lassen) Friesen. Die Friesen werden nach Maßgabe ihrer Macht als Groß- unb Kleinfriesen unterschieden. Beide Stämme ziehen sich längs beut Rhein bis an beit Ozeau, unb überbies erstrecken sich ihre Wohnsitze noch um umgeheure Seen, die auch von römischen Flotten schon befahren würben. Chauke it. Soweit reicht unsere Kenntnis von betn Westen Germaniens. Gegen Norden zieht es sich nun in weitem Bogen hinauf. Hier tritt uns zu¬ nächst das Volk der Chauken entgegen. Obgleich es an die Friesen sich anschließt und noch einen Teil der Meeresküste in Besitz hat, so zieht es doch an den Grenzen aller vorhergenannten Stämme sich hin, bis es sogar einen ins Chattenlanb einbringenden Winkel bildet. Nnb diesen ungeheuren Landstrich hat der Chauke nicht nur in ne, sondern er füllt