Prof. Dr. Ernst Horst Schallenberger Mentor der Schulbuchforschung 14.8.1925 -31.3.1987
BS78$10842063
Heimatgeschichte
der
RHEINPROVINZ.
Eine Ergänzung des Geschichtsunterrichts
von
Peter Josef Kreuzberg
Zweite, neu bearbeitete Auflage.
Bonn 1915,
Verlag von Peter FI anstein.
Prof. Dr. Sdhallenberger
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Dem verdienstvollen Förderer des rheinischen Heimatschutzes, Herrn Professor Dr. iur. Fr. W. Bredl, Amtsrichter a, D., in Barmen
zugeeignet.
Vorwort zur 2. Auflage.
Die deutsche Heimatbewegung, die mit dem Beginne des neuen Jahrhunderts kräftiger einsetzte, hat allgemein tiefe Wurzeln geschlagen. Sie erwuchs aus der Erkenntnis, daß die Heimat der Nährboden und Jungbrunnen des Menschengeistes ist, und sie verfolgt nicht das Ziel, die heimatlichen Gebiete von unserm Vaterlande loszulösen, sondern sie will diese immer fester mit demselben verknüpfen, sie will das Heimatgefühl stärken und festigen und so der Vaterlandsliebe Wurzeln und Kraft sichern. Deshalb wird auch der Weltkrieg sie nicht unnötig machen, sondern sie neu beleben und vertiefen.
Einer der vornehmsten und ältesten Zweige der Heimatbewegung ist die Erforschung der heimischen Geschichte. Ihre Pflege ist nach Arnold eine nationale Aufgabe, und von diesem Gesichtspunkte aus fordern die Bestimmungen der Unterrichtsbehörden und die Geschichtsmethodiker ihre Verwertung im Unterrichte.
Die Heimatgeschichte ist das Spiegelbild der Landesgeschichte; sie ist aber auch ein wesentlicher Teil derselben. Aus diesem Verhältnis von Heimat- und Landesgeschichte zueinander ergibt sich die Stellung der ersteren im Geschichtsunterricht: Sie dient diesem, insofern er als Selbstzweck das Verständnis der Entwicklung des deutschen Volkes erstrebt, zur Anknüpfung, Anschauung und Vertiefung. Auswahl, Anordnung und Verwertung des gebotenen Stoffes, die der Verfasser in den ,,Pädagogischen Blättern für Lehrerbildung" (Jahrg. 1905, S. 335—340) und im „Schulfreund" (Hamm, 60. Jahrg., Heft 5) näher beleuchtete, glaubt er dem pädagogischen Takt der Amtsgenossen überlassen zu dürfen.
Der Verfasser bietet hier den Geschichtslehrern den Stoff der rheinischen Heimatgeschichte zur Ergänzung ihres Unterrichts in Volks- und Höheren Schulen. Die benutzte Literatur ist in der Hauptsache im Anhänge angeführt. Die Literaturangaben wollen den Geschichtslehrer auf wertvolle Ergänzungen zu der vorliegenden zusammenfassenden Darstellung hinweisen, besonders inbezug auf die Ortsgeschichte, die im Unterrichte selbstredend verwertet werden muß.
Diese 2. Auflage zeigt unter Verwendung der neueren Literatur in allen Abschnitten eine Überarbeitung, in mehreren (I, IX und X) ein«? gänzliche Neubearbeitung.
Möge das Buch wie das erstemal so auch auf dieser zweiten Wanderung wohlwollende Aufnahme finden. Möge es dazu beitragen, die Kenntnis unserer schönen Heimat zu vertiefen, für deren Schutz so viele unserer braven Krieger ihr Blut verspritzten. Möge es die Heimatliebe in den Herzen der rheinischen Jugend wecken und befestigen helfen, damit ihre Vaterlandsliebe fest verankere und sie der Erbschaft unserer Vergangenheit und der großen Gegenwart würdig werden.
B o p p a r d, am hundertsten Geburtstage Bismarcks.
Kr.
Einleitung.
Die ältesten Bewohner in den Rheinlanden.
Die Vor- und Urzeit.
Die ältesten zuverlässigen Nachrichten über die Rheinlande entstammen der Feder des römischen Feldherrn Cäsar, dessen Aufzeichnungen (Gallischer Krieg) später durch Tacitus nicht unwesentlich ergänzt wurden.
Unwillkürlich aber fragen wir uns: Sind die von Cäsar betroffenen Kelten und Germanen die ältesten Bewohner am Rhein, oder haben diese noch Vorfahren am bedeutendsten deutschen Strome? Hier versagen die schriftlichen Nachrichten; da tritt die Prähistorie, die Vorgeschichte, in ihr Recht. Sie forscht nach den ältesten Spuren der Anwesenheit des Menschen und dessen Kultur und ist so ein nach rückwärts sich erweiternder wichtiger Teil der Kulturgeschichte.
Die vorgeschichtlichen Zeiträume lassen sich nicht mit Jahreszahlen begrenzen. Ebensowenig läßt sich angeben, ob die von der Wissenschaft angenommenen Zeiträume von gleicher oder verschiedener Dauer sind. Soweit die vorgeschichtliche Wissenschaft bis jetzt mit ziemlicher Sicherheit begründet ist, stellt sie in der von ihr behandelten Zeit der älteren oder vormetallischen die jüngere oder Metallzeit gegenüber. Erstere nennt man nach den meist aus Steinen hergerichteten Werkzeugen und Waffen die Steinzeit. Jede dieser Perioden scheidet man wieder in zwei Unterabteilungen: die Steinzeit in die ältere (paläolithische Periode der gehauenen) und die jüngere (neolithische Periode der geschliffenen Steine), und die Metallzeit in die Bronze- und Eisenzeit. Letztere scheidet sich nach den wichtigsten Fundorten in die Hallstatt- und La-Tene-
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. 1
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Zeit. Manche Forscher, z. B. Much, nehmen vor der Bronzeeine Kupferzeit an, die heute in verschiedenen Ländern erwiesen ist.
Es würde unrichtig sein, wenn wir die einzelnen Zeiträume der Prähistorie als genau begrenzt auffassen wollten. Wie die geschichtlichen Zeiträume sich nicht einmal m'it Jahreszahlen genau begrenzen lassen, so ist dies bei den vorgeschichtlichen Perioden erst recht nicht der Fall. ,,Diese Perioden verschmelzen ineinander wie die Farben des Sonnenspektrums.“ Die Steinzeit dauerte noch Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte fort, als die ersten Metallgegenstände bekannt wurden, und noch zur Römerzeit mögen viele Germanen Steinwaifen besessen haben.
Fragen wir uns nun: In welchen Spuren zeigen sich diese vorgeschichtlichen Zeiträume im Rheinlande?
Im Jahre 1856 fand man bei der Erweiterung eines Kalksteinbruchbetriebes im Neandertale bei Düsseldorf Reste eines vorgeschichtlichen Menschen, die heute einen Hauptanziehungspunkt des Bonner Provinzialmuseum's bilden x). Dieser homo Neandertalensis hat viel von sich reden gemacht. Am eingehendsten beschäftigte sich mit ihm Professor Schaaffhausen aus Bonn. Aus rassenanatomischen Gründen kommt er zu dem Ergebnis: der Neandertalmensch ist der Vertreter einer niedrigeren Kulturstufe der Menschheit.
Gegen diese Annahme eklärte sich Professor Virchow in Berlin. Er glaubte in den Unterschieden der Neandertaler Knochenreste von den heutigen Knochenbildungen nur pathologische Eigentümlichkeiten zu erkennen; er führt diese also auf krankhafte Verbildungen zurück.
Nachdem durch weitere Funde bei Spy in Belgien, bei Krapina in Kroatien, bei La Naulette (Belgien), Le Mou-stier (Vezeretal, Dordogne) u. a. 0. der Neandertalmensch zum Typus einer niedrigen Kulturstufe der Menschheit ge-
1) In einem mit Samt ausgeschlagenen Kasten finden wir dort: die Schädeldecke, einen Teil vom rechten Schulterblatt, das rechte Schlüsselbein, fünf Rippenteile, eine linke Beckenhüfte, den linken Oberarmknochen (der Kopf desselben fehlt), den rechten Armknochen mit der dazu gehörigen Speiche, ein linkes Ellenbogenbein und beide Oberschenkelknochen.
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worden ist, betrachtet die Wissenschaft ihn auch als solchen. Seine Schädelbildung zeigt Ähnlichkeit mit der des Australnegers, auf dessen Kulturstufe er gestanden haben mag.
Die Schichten, in denen der Neandertalmensch gefunden wurde, waren „mit kieseligen und hornsteinartigen Rollsteinen gemengt“, und gehören wahrscheinlich der Tertiärzeit 2) an. Außer den Menschenknochen fand man im Neandertale zahlreiche Tierknochen vom Mammut, Rhinozeros, Höhlenbären, Riesenhirsch und Pferd und viele Feuersteinspäne. Die Tierknochen rührten meist von jüngeren Tieren her und waren nur Teile von Knochengerüsten. Jedenfalls war hier eine menschliche Siedelung. Der Neandertalmensch ist wahrscheinlich der Vertreter des U r-menschen der Rheinlande. Vielleicht gehört er dem Tertiär, sicher aber der Diluvialzeit an.
Bei Andernach fand man zahlreiche zerschlagene Tierknochen und ganze Haufen gehauener Steinwerkzeuge in vulkanische Asche eingebettet. Unter letzteren waren Lanzen-, Pfeilspitzen und Steinschaber; ferner fand man Lanzen und Harpunen aus Renntierknochen. Jagd- und Fischereigeräte ließen die Beschäftigung der Menschen, die dort hausten, erkennen.
Im Jahre 1879 untersuchte der Maler Eugen Bracht die sogenannte Buchenlochhöhle bei Gerolstein. Knochenreste vom Mammut, Nashorn, Renntier, Höhlenbär, Pferd, Rind, Wolf, Eisfuchs, Hermelin, Halsbandlemming, von der Zwiebelmaus, dem Moor- und Gebirgsschneehuhn und einem rabenartigen Vogel wurden hier mit Feuersteinen und ganzen und zerschlagenen Rollkieseln gefunden. Auch diese Höhle weist auf das Vorhandensein des Menschen hin, wie die 1911 von Carl Rademacher im Aufträge der Kölner Anthropologischen Gesellschaft untersuchten zwei Höhlen des Kartsteins bei Eserfey in der Eifel.
Zwischen Heerdt und Hamm bei Düsseldorf fand man 1895 im Rhein einen Stoßzahn des Mammuts, der anschei-
1) Die Geologen unterscheiden in der Erdgeschichte folgende
Schichten: Archaikum, Algonkium, Palaeozci’kum, Mesozoikum, Tertiär und Quartär. Letzteres scheiden sie wieder in Diluvium (Eiszeit) und Alluvium (Jetztzeit).
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nend durch Menschenhand abgeschnitten wurde, und in Eich bei Andernach wurden im Lavalehm Mammut-, Menschenknochen und Feuersteinspäne gefunden.
Alle diese Funde weisen auf die ältere Steinzeit hin. Waffen und Werkzeuge fertigte man aus roh behauenen Steinen und Knochen, anfangs ohne, später mit bewußter Formengebung. Die Menschen dieser Zeit lebten meist in Höhlen; es sind die Troglodyten, die ältesten Menschen, die man überhaupt bis jetzt gefunden hat.
Vergegenwärtigen wir uns nach den Funden das Leben dieser Höhlenbewohner. Ferdinand Leeke hat in einer Zeichnung, freilich mit viel Phantasie, das Leben der Höhlenbewohner zu veranschaulichen gewußt. Am Herde in der Höhle schürt ein Weib das Feuer, das man mit Hilfe des Feuersteins und des Zunders hervorrief. Vor dem Herde verzehrt ein Mann ein flaches Stück Fleisch, das auf einem glühenden Stein oder in der Asche geröstet wurde. Ein anderer Mann ist eben mit einem Hirsch als Jagdbeute heimgekehrt. Mit einem Knochenbeil, das aus einem Bärenkiefer mit Eckzahn besteht, sucht er die Beute zu zerteilen. Gehirn und Mark des zerlegten Tieres sind gesuchte Leckerbissen. Ein dritter Mann ist daniit beschäftigt, aus Feuersteinsplittern Pfeile für den neben ihm liegenden Bogen, der zur Jagd und auch wohl zum Kriege bestimmt ist, herzurichten, — Alle Bewohner der Höhle sind mit Fellen bekleidet. Die jungen und weiblichen Familienglieder tragen Schmuck aus Tierzähnen. Ob diese Höhlenbewohner, wie das Bild zeigt, Gefäße besaßen, ist freilich recht zweifelhaft; bisher fand man solche aus der älteren Steinzeit nicht. In den Höhlen wohnten die Menschen wahrscheinlich nur im Winter; im Sommer werden sie die dumpfe Höhlenluft gemieden haben. Fanden die Bewohner einer Höhle in deren Umgebung keine Nahrung mehr, so zogen sie ab, Knochen von Jagdtieren und Werkzeugreste ließen sie auf Haufen in der Höhle liegen. Gegen derartigen Unrat war der Urmensch wenig empfindlich. Jahre, vielleicht Jahrhunderte vergingen, bevor eine neue Menschenhorde die Höhle besiedelte. Eine Verwitterungsschicht des überhängenden Gesteins hatte inzwischen die Reste der vorhergehenden Siedelung überdeckt. Es kam nicht selten vor,
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daß eine Höhle in größeren oder geringeren Abständen öfters benutzt wurde, wie dies bei den Höhlen des Kartsteins nachgewiesen ist.
Ackerbau und Viehzucht trieb der Höhlenbewohner nicht. Er lebte nur von der Jagd und dem Fischfang und ist den heutigen Eskimos zu vergleichen. Man vermutet, daß der Mensch der älteren Steinzeit dem nach Norden zurückweichenden Eise gefolgt sei, und daß seine Wohnsitze von einer neuen Rasse eingenommen wurden. Waffen und Werkzeuge bereitete er aus roh zugehauenen Steinen undKnochen.
Die ältere ging allmählich in die jüngere Steinzeit über, ebenso wie das Diluvium allmählich durch die Änderung der klimatischen Verhältnisse ins Alluvium überging. Sie dauerte in Deutschland bis etwa 2000 v. Chr. Waffen und Werkzeuge wurden in der voll ausgebildeten jüngeren Steinzeit aus Feuerstein, Kieselschiefer, Quarzit, Jadeit, Diabas, Chloromelanit u. a. Gesteinen geschliffen. Die Beile und Hämmer waren teils noch ohne Ösen, teils wurden sie durchbohrt. Steinbeile dieser Zeit fand man bei Saarbrücken, Saarburg, Thalfang, im Hardtwald, bei Schwemmlingen (Kreis Merzig), Wadgassen, auf der Hochmark bei Cordei, bei Uexheim (Kreis Daun), bei Pfalzkyll, Birresborn, Meckenheim, Bedburg, Euskirchen, Bacharach, Bonn, Altenrath (im Siegkreis), Köln, bei Neuß, bei Grimm-linghausen (das Guntrumsche Jadeitbeil im Bonner Provinzialmuseum), bei Oberhausen, Rees, Emmerich und Cleve. Die reichsten Funde aus dieser Zeit machte man bei Urmitz am Rhein. Dort fand man auch ein Vorratsgefäß der jüngeren Steinzeit, das im Bonner Provinzialmuseum steht. Es zeigt 14 Schnurösen (kleine Henkel, durch die man Schnüre zum Tragen und Aufhängen zog).
In den Ausgang der jüngeren Steinzeit setzt Koenen auch ein bei Weißenturm oberhalb Andernach gefundenes Tongefäß, einen vielbesprochenen geschweiften Becher, der vom Lavastrom überschüttet war.
Über das Leben jener Menschen der jüngeren Steinzeit steht folgendes fest: Sie wohnten in Flecken und Dörfern, trieben Ackerbau (man kannte Gerste und Weizen) und hielten Haustiere (Rind, Ziege, Schaf, Hund und später das Schwein sind heimisch). Steine schliffen sie zu Werkzeugen
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und Waffen, Die Gefäße fertigte dieses Volk aus Ton, aber ohne Töpferscheibe. Aus zerquetschten Getreidekörnern backte man Brot, aus Gespinstpflanzen fertigte man Schnüre. Das Feuer machte man in Erdgruben. Die größte bis jetzt gefundene Kesselbrandgrube deckte man bei Meckenheim auf. Der Mensch der jüngeren Steinzeit war auch noch ein rüstiger Jägersmann: Edelhirsch und Reh, Bär und Wildschwein, Fuchs, Wolf und Biber waren seine Jagdbeute. Die Leichen bestattete man in dieser Zeit unverbrannt.
Die jüngere Steinzeit bildet auch im allgemeinen die Blüteperiode der Pfahlbauten, die zahlreich in den Schweizer Seen nachgewiesen wurden. In die Zeit der Pfahlbaukultur gehören aus dem Rheinlande Funde bei Urmitz, bei Mayen und aus dem Scheuerbusch bei Wahn (Siegkreis). Aus den befestigten Anlagen bei Urmitz und Mayen glaubt Lehner auf eine staatliche oder wenigstens städtische Organisation schließen zu müssen. Etwa um das Jahr 2000 v. Chr., vielleicht auch später, fand die Steinzeit ihr Ende.
Der Übergang zur älteren Metallzeit, zur Bronzezeit, geschah jedenfalls erst nach und nach. Waffen und Geräte wurden aus Bronze hergestellt. Unzweifelhaft wurden die Bronze bzw. die Bronzewaren anfangs aus dem Auslande eingeführt. Der Orient ist die Heimat der Bronze ; denn die ältesten Typen dieses Zeitraumes sind nach Form und Zusammensetzung von Kupfer und Zinn den orientalischen fast gleich. (Diese Bronze besteht aus 90—95% Zinn.) Erst allmählich stellte man die Bronzegeräte auch in der Heimat in Anlehnung an die überkommenen Formen her.
In der Mosel bei Trier fand man eine sogenannte Randaxt, die der ältesten Bronzezeit angehört. Bei Trassem (Kreis Saarburg) hob man 1902 unter einem Steine mehrere Randäxte, ein der ältesten Bronzezeit eigenes Kurzschwert, einen Goldreif, vier goldene Lockenhalter und eine goldene Nadel. Auch an anderen Orten der Mosel- und Saargegend machte man mehrere Funde der älteren und jüngeren Bronzezeit, deren Urtypen anscheinend in der Rhonegegend zu suchen sind. Besonders reich war ein Fund von Wallerfangen. Ein Bronzeschwert, vier Äxte, eine Gußform zur Herstellung von Schaftlappenkelten, vierzehn Armbänder, ein größeres und mehrere kleine Schallbleche, Trensen, große Scheiben,
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Knöpfe, Röhrchen und Bronzeplatten wurden hier im Jahre 1880 gehoben. Der Fund befindet sich im Musee St. Germain bei Paris. Im Trierer Provinzialmuseum sind gute kolorierte Gipsabgüsse davon.
Auch die Rheingegend lieferte Überreste der Bronzezeit. Bacharach, Urmitz und Neuwied sind hier die Hauptfundstellen. Bei Urmitz wurde ein Lager von Küchenabfällen, Knochen von Haustieren, Werkzeugen und Waffen aus Bronze und Flechtwerk mit Lehmbewurf aufgedeckt.
In den Rheinlanden hat sich die Bronzezeit zu ziemlich hoher Blüte entwickelt, wie dies neben den genannten auch Funde bei Roisdorf (Kreis Bonn), Opladen, Köln, Killburg, Trier, Bingen, Worms u. a. 0. bewiesen.
Die Form der Waffen wird gegen die Steinzeit mannigfaltiger: das Schwert tritt zu der Streitaxt, die sich als Flach-, Rand-, Absatz-, Schaftlappen- und Hohlaxt findet. Reichlich zeigen sich Schmuckgegenstände, Ringe, Spiralen, Armbänder und Nadeln, vielfach aus Gold. Die Gefäße erscheinen in edleren Formen mit Buckeln und Henkeln versehen. Während man in der Steinzeit die Toten bestattete, finden wir in der jüngeren Bronzezeit Brandgräber, die sich in der Folgezeit erhalten. Doch zeigen sich auch in der Eisenzeit noch Skelettgräber,
Die Bronze wurde durch das Eisen allmählich verdrängt. In den Rheinlanden scheint es um das Jahr 1000 v. Chr. zuerst bekannt worden zu sein. Mehrere Grabhügel aus Wintersdorf an der Sauer (ausgegraben 1898) zeigen den Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit, Urnen und Näpfe aus feinem Ton, drei Hülsen aus Goldblech, Spirale aus dünnem Bronzeblech, zwei Armringe in Form von Hufeisen u. a. wurden hier gefunden.
Die eigentliche Eisenzeit bekundet sich auch am Rhein als Hallstatt- und La Tene-Zeit. Erstere, die auch als Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit aufgefaßt wird, reicht vermutlich von etwa 800 bis 400 v. Chr., letztere von da bis ins 1. nachchristliche Jahrhundert.
Die Hallstattzeit ist im allgemeinen am Rhein wenig ausgeprägt. Der späteren Hallstattzeit gehören Grabfunde von Mehren (Kreis Daun), Hermeskeil (Kreis Trier) und Wallerfangen an. Auf der Steinebergerlei bei Mehren
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(ausgegraben 1887—88) fanden sich schwach gebrannte und geschwärzte, einfache Tongefäße (Urnen, Näpfe und Becher-chen), Stücke von Eisenlanzen, Bronzeeimerchen, Ringe und Armbänder in Skelettgräbern; in Hermeskeil (ausgegraben 1892—93) ein eiserner Hohlkelt und ein eiserner Pfriemen, und in Wallerfangen (ausgegraben 1854) fand man Arm-und Halsringe aus reinem Goldblech, Ringe aus Bronze und Bernstein und durchbohrte grünliche Glasperlen. Auf die Hallstattzeit weisen bei den letzteren Funden besonders die Armringe hin. Es sind sogenannte Stöpselringe, deren Enden ineinandergesteckt wurden.
In die Hallstattzeit versetzt man auch die in den Rhein-landen, besonders auf der linken Rheinseite, vielfach aufgefundenen Ringwälle. Die in Dorfsiedelungen ansässigen Bewohner haben sich wohl in diese Schutzwälle zur Zeit des Überfalles durch fremde Völker zurückgezogen und gegen Angriffe gesichert *). Bei Otzenhausen im Hochwald (Hunsrück) finden wir gut erhaltene Ringwälle, welche die Bauweise derartiger Bergestätten deutlich zeigen. Ähnliche Wälle finden sich auf dem Ringkopf bei Allenbach, auf Vorkastell bei Börfink im Hochwalde, auf der Steinerbergerlei bei Mehren, östlich von den Dauner Maaren, auf dem Berl bei Zell, auf der Dietzenlei, südlich von Gerolstein, und nördlich von diesem Orte auf der Munterlei, am Aremberg, in Berndorf bei Hillesheim, auf dem Ferschweiler Plateau an der Sauer, auf dem Güldenberg am Ostrande der Wah-nerheide u. a. O. Einzelne von diesen Wällen scheinen später von den Römern benutzt worden zu sein.
Besonders ausgeprägt ist im Rheinlande die La-Tene-Z e i t. In unseren rheinischen Provinzial-Museen ist sie besonders durch Funde aus der Nahe-, Saar- und Moselgegend vertreten.
Den Übergang von der Hallstatt- zur La-Tene-Zeit kündigen Funde bei Hermeskeil (ausgegraben 1892 und 93) an: eine eiserne Lanze und mehrere Urnen, ein langes Eisenschwert, eiserne Lanzenspitzen, ein eiserner Dolch und eine Anzahl anderer Eisen- und Bronzegegenstände wurden hier gehoben.
1) Nach F u h s e , Die deutschen Altertümer (Sammlung Göschen) kommen solche Ringwalle schon in der Bronzezeit vor.
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In einem Hügel bei Remmesweiler (Kreis St. Wendel) fand man 1837 eine schöne Schnabelkanne, ein breites Eisenschwert, einen Kuppelring und zwei dünne Goldplättchen.
Im Jahre 1892 hob man bei Tholey (Kreis Ottweiler) eine Schnabelkanne. Bei Wollscheid (Kreis Wittlich) fand man ein großes Bronzebecken mit Eisenwand, und bei Morbach (Hochwald) hob man schöne griechische Schnabelkannen. Reiche Funde machte man 1830, 1851 und 1866 besonders bei Weiskirchen (Kreis Merzig): eine doppelhenklige Bronzeurne, zwei unteritalische Schnabelkannen, einen eisernen Dolch in einer eisernen, mit Bronzeblech überzogenen Scheide, eine aus reinem Goldblech getriebene Brosche und eine Fibel mit drei rohen Menschenköpfen geziert, waren das Ergebnis der drei Ausgrabungen. Die hier gefundene Fibel ist insofern besonders charakteristisch, als man Fibeln dieser Art jenseits der Alpen und in Frankreich bisher nicht fand; zahlreich traf man sie jedoch am Rhein an, ein Beweis, daß sie hier hergestellt wurden. — Bei Besseringen (Kreis Merzig) fand man 1863 eine Schnabelkanne, Nachbildungen eines goldenen Diadems und mehrere Bronzebeschläge. Goldschmuck, Fibeln, Eisenschwerter, eiserne Schildbuckel, Bronzearmfeifen, Gefäße aus braunem Ton, Tonflaschen, Urnen u. a. fand man außerdem in der Saargegend, auf dem Hochwald (Osburg) und bei Biewer (Landkreis Trier).
Unter den vorgeschichtlichen Funden des Rheinlandes beanspruchen vor allem die niederrheinischen ein besonderes Interesse. Zwischen Sieg und Wupper (bei Siegburg, Niederpleis, Schreck bei Birk, Lohmar, Altenrath, Troisdorf, Wahn, Heumar, Leidenhausen, Thum, Dellbrück, Schlebusch), bei Düsseldorf und Duisburg (auf der Wedau), bei Rees und Haltern, bei Emmerich und Elten, bei Rheindaeien, * Calbeck (Kreis Geldern), Uedem und Pfalzdorf (Kreis Cleve) u. a. 0. wurden seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Gräber aufgedeckt. Alle Gräber zeigen Leichenbrand. Urnen dienten zur Aufnahme der Knochenreste. Die übrigen Brandreste wurden mantelartig darüber aufgeschüttet. Den Urnen sind vielfach kleinere Gefäße beigegeben. Einfache Verzierungen und Bemalungen mit Ton und Graphit kommen häufiger vor. Als Grabbeigaben
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finden sich außer den kleinen Gefäßen einzelne Waffen und Schmuckgegenstände (Nadeln, Finger- und Armringe mit Ton- und Glasperlen) aus Eisen oder Bronze. Das Eisen ist bei diesen Funden im allgemeinen noch recht selten.
Das Prähistorische Museum der Stadt Köln vereinigt die Funde einer Anzahl niederrheinischer Gräberfelder in seltener Vollständigkeit. Die ältesten der Hügelgräber einiger Felder gehören der frühesten Bronzezeit an. Auf allen Feldern ist die jüngere Bronzezeit vertreten. Auch die Hallstattzeit und die ersten Einflüsse der La Tene-Zeit bis etwa zum Anfang des 4. vorchristlichen Jahrhunderts treten uns hier entgegen. Mit der eigentlichen La Tene-Zeit brechen die Funde ab. Die einheimische alte Bevölkerung scheint von einem neuen Volke, den Germanen, verdrängt worden zu sein.
Gegen die früheren vorgeschichtlichen Perioden zeigen die Funde der an die geschichtliche Zeit heranreichenden La Tene-Zeit bedeutende Fortschritte. Die Tongefäße fertigte man nicht mehr mit der Hand, sondern auf der Drehscheibe, und brannte sie in besonderen Öfen. Das Eisen hatte als Waffen- und Werkzeugmaterial fast allenthalben Eingang gefunden; die künstlerisch hergestellten Bronzekannen scheinen jedoch meist aus Unteritalien eingeführt worden zu sein.
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Das älteste Kulturvolk, das wir in den Rheinlanden durch die Berichte der Römer bestimmt kennen, waren die Kelt e n, ein Zweig der indogermanischen Völkerfamilie, zu der auch Germanen und Slaven, Römer und Griechen, Perser und Inder gehören. Die Kelten haben die früheren Steinzeitbewohner 1) der Rheinlande etwa von 2000 v. Chr. ab verdrängt. Um 1200 erhielten die keltischen Bewohner ligurische Zuzüge vom Süden her, um 600 werden bedeutende Einflüsse aus Gallien wirksam. Der heilige Hieronymus erzählt, daß die Galater in Kleinasien dieselbe Sprache
1) Über die Steinzeitbewohner des Rheinlandes wissen wir nur, daß sich hier nord- und südeuropäische Völkerzüge kreuzten. Sonst ist hier noch alles dunkel.
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redeten, wie die Treverer an der Mosel- Die Fluß- und Gebirgsnamen und etwa zweieinhalbhundert Ortsnamen in den Rheinlanden (Rhein = der Fließende, Mosel, Ahr, Lahn, Sieg, Ruhr, Lippe — Eifel, Ardennen, Westerwald — Bacha-rach, Caub, Oberwesel, Boppard, Trier, Bernkastel, Bitburg, Daun, Andernach, Linz, Remagen, Bonn, Neuss, Wesel, Emmerich, Cleve u. v. a,) sind keltischen Ursprungs. Nach dem Gebiete, das die keltischen Namen umspannen, kann man die Ausdehnung keltischer Siedelungen am Rhein leicht erkennen. Die bekanntesten Keltenstämme im Gebiete der heutigen Rheinprovinz sind die bereits genannten Treverer an der Mosel und die Menapier, die ursprünglich rechts vom Niederrhein, später aber in der Gegend von Cleve wohnten. In den Kelten begegnen uns die Haupträger der Bronze-und Eisenzeit, vornehmlich der La Tene-Kultur, die fast plötzlich in ganz Europa mit Ausnahme der altklassischen Gebiete zur Herrschaft gelangt.
Die Kelten waren seßhaft und trieben Ackerbau, Sie wohnten weniger in zusammenhängenden Dörfern als in Einzelgehöften, Städtische Ansiedelungen scheinen ihnen an Rhein und Mosel noch unbekannt gewesen zu sein. Ihre Wohnungen waren meist viereckige oder runde Holzbauten über künstlich hergerichteten Erdgruben. Die hochentwickelte Reitkunst und die große Zahl der Reiter im keltischen Heere läßt auf eine ausgedehnte Pferdezucht schließen. Die Viehzucht stand bei ihnen überhaupt in verhältnismäßig hoher Blüte. Auf dem Acker bauten sie Hafer, Gerste und Hirse, War der Boden erschöpft, so ließ man ihn brach liegen und bearbeitete neues Land, Von der Kleidung der Kelten kennen wir die Hose und den Kriegsmantel. Bei Malmedy fanden sie schon Gold, bei Keldenich an der Urft Blei. Schwerter, Lanzenspitzen und Streitäxte fertigten sie aus Bronze oder aus Eisen, — Das Verkehrsmittel der Kelten waren Wagen der verschiedensten Form, und wir dürfen annehmen, daß ihnen auch schon zahlreiche Wege zur Verfügung standen. Sie trieben Flußschiffahrt auf ausgehöhlten Baumstämmen oder auf Holzgestellen, die mit Häuten überspannt waren, —Die Kelten glaubten an ein Fortleben der Seele nach dem Tode, Sie verehrten als ihren obersten Gott Esus, den die Römer Merkur nannten; als
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Wettergott gilt Taranis, die Göttin der Heilquellen war Sirona, die Schutzgöttin der Pferde Epona. Träger der gesamten geistigen Kultur waren die Priester. — Die keltische Kunst zeigt im Rheinlande eine Verschmelzung mit der griechischen, die wahrscheinlich über Massilia Eingang fand. Der im Bonner Provinzialmuseum aufbewahrte Goldschmuck von Waldalgesheim bei Bingen und der Obelisk von St. Goar (das älteste Steindenkmal des Rheinlandes) sind in ih ren Ornamenten stark griechisch beeinflußt.
Trotz ihrer vorgeschrittenen Kultur mußten die Kelten seit etwa 500 den von Nordosten vordringenden Germanen weichen. In den Rheinlanden scheint die Keltenherrschaft schon bald ihr Ende erreicht zu haben. Seit dieser Zeit bewohnten sie noch Gallien, Oberitalien und einzelne Striche südlich von der Donau, bis sie den Römern unterlagen. Die Germanen drangen im 2. vorchristlichen Jahrhundert westwärts bis in die Moselgegend und südwärts bis zum Main vor.
Die Germanen, wenigstens die Westgermanen, wurden von dieser vorwiegend keltischen Kultur nicht unwesentlich beeinflußt. Nach Tacitus standen die Germanen seiner Zeit noch auf der Stufe der Feldgraswirtschaft. Ihre Wohnungen, die in Dörfern vereinigt, aber auch als Einzelgehöfte verstreut lagen, waren Holzbauten, denen die mit Dünger belegten Wohngruben charakteristisch sind. Jede Wohnstätte war mit einem freien Raume umgeben, „sei es zi:r Sicherung gegen Feuersgefahr, oder weil sie des Bauens noch nicht recht kundig sind“. Zur Zeit des Krieges verließen die Germanen ihre Wohnstätte und suchten teils in Wäldern, teils in Fluchtburgen (Ringwällen?) Schutz vor dem Feinde. Schutz des eigenen Herdes und der Sippe war die Pflicht des freien Germanen, und dieser Schutz forderte Krieg. Mit Stein-, Bronze- und Eisenwaffen führten die freien Männer Kampf gegen die Tiere des Urwaldes, Kampf aber auch gegen feindselige Menschen. Die Bestellung des Ackers und die Hausarbeiten besorgten Frauen undKnechte. An den Volksversammlungen, die über des Stammes Wohl und Wehe berieten, beteiligten sich nur die Freien. Auf den Höhen der Berge oder in den heiligen Hainen loderten Götteropfer und trugen zum Asgard, dem Sitze Wotans
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und seiner Sippe, die Bitte und den Dank des freien Germanen. Die großen Gräberfelder am Niederrhein (s. o.) hielt man bis vor nicht langer Zeit für ausschließlich germanisch. Das hat sich als Irrtum erwiesen. Unzweifelhaft germanische Flachgräber aber wurden bei Niederpleis, am Fliegenberge bei Altenrath und im Scheuerbusch bei Wahn nachgewiesen.
Aus den zahlreichen Funden der vorgeschichtlichen und älteren geschichtlichen Zeit ergibt sich, daß ursprünglich die fruchtbaren Niederungen: der Trierer Talkessel, die Umgebung von Coblenz, das Maifeld, das Neuwieder- und Linzerbecken und das Land am Niederrhein, soweit es von Überschwemmungen frei blieb, bewohnt, die unwirtlichen Höhen des Hunsrücks, der Eifel und des Westerwaldes aber der Kultur noch nicht erschlossen waren. Die Bodenerträge der kultivierten Gebiete waren jedenfalls fähig, ihre Bewohner zu ernähren. Erst später, als bei zunehmender Bevölkerung der bisher bewirtschaftete Boden nicht mehr imstande war, seine Bewohner mit Lebensmitteln genügend zu versorgen, drang man in die bis dahin unkultivierten Teile des Landes allmählich vor.
Schon lange bevor die Römer Gallien eroberten, standen die Kelten und Germanen am Rhein mit den Kulturvölkern des Altertums in Handelsbeziehungen. Griechische Kaufleute kamen von Massilia die Rhone hinauf an den Rhein, und etruskische Händler überstiegen die Alpen und gelangten rheinabwärts an den Mittelrhein und die Mosel. Durch das Tal der Dora Baltea führte aus Norditalien eine Straße über den Kleinen St. Bernard in das Tal der Isere, durch dieses die Rhone aufwärts zum Genfersee, von dort zum Neuenburger- und Bielersee die Aar abwärts an den Rhein zum heutigen Basel. Von hier zog sich eine westliche Straße nach Straßburg, von dort durch Lothringen nach Metz, durch das Saargebiet über den Hochwald nach Trier und dann durch die Eifel nach dem heutigen Cöln; von Cöln aus begleitete sie den Strom bis zur Nordsee *). Von Straßburg aus führte eine östliche Straße rheinabwärts bis Kastei;
1) Nach dem griechischen Geschichtsschreiber Polybius (210 bis 127).
von dort über Wiesbaden, Limburg, Aitenkirchen nach Siegburg. Unter dem Namen „Muspad“ (Mautspfad?) läßt sie sich von hier aus an Troisdorf, Immigrath, Opladen vorbei bis zur Wupper verfolgen. Sie führt dann über Hilden, den Grafenberg, Ratingen an Lintorf vorbei nach dem alten Asciburgium (Essenberg). Hier war eine griechische Schiffstation. So stellten diese Rheinstraßen eine Verbindung zwischen Massilia bzw. Italien und der Nordsee her. Die bedeutendste scheint die östliche Straße gewesen zu sein. Daß an ihr viele Siedelungen lagen, beweisen die zahlreichen Gräberfelder (s. o.), die in ihrer Nähe aufgedeckt wurden. Diese Straßen bildeten die Hauptverbindung zwischen den Rheinbewohnern und den Kulturvölkern des Altertums. Besonders waren es die Ubier, die den römischen Handel am Rhein vermittelten und dadurch mit den Römern in nähere Beziehung traten. Die Ubier befuhren schon früh mit Flößen, Kähnen aus ausgehöhlten Baumstämmen und Fahrzeugen aus Weiden geflochten und mit Tierfellen überspannt, den Rhein. Sie kannten schon Wasserfahrzeuge, in denen dreißig Mann Platz fanden. Ihre Schiffe benutzte Cäsar später mehrfach zum Truppentransport. Haus-, Feld-und Jagdgeräte, Waffen, Schmuck, Öl und Wein bildeten die Gegenstände der Einfuhr, Getreide, Vieh, Häute, Pelze, Frauenhaare und Sklaven wurden ausgeführt. Zahlreiche Gräberfunde an Rhein, Mosel und Saar zeigen uns Geräte aus Gold, Erz und Eisen (Schmuck, Kämme, Amphoren, Kessel, Eimer, Messer, Sichel u. a.), die vielfach etruskischer Abstammung sind. Ursprünglich war der Handel jedenfalls reiner Tauschhandel; doch schon früh kam auch am Rhein das Geld als Tauschmittel in Gebrauch. Eiserne Würfel als Geld waren schon den Kelten bekannt, und lange vor der Römerzeit prägte man am Rhein Gold-, Silber-, Kupfer- und Bronzemünzen. Neben dem Handel, bei dem das Geld in Gebrauch war, erhielt sich freilich auch noch lange der Tauschhandel. Die Verkehrswege waren jedenfalls vor der Ankunft der Römer nicht besonders gut; doch haben die Römer zweifellos vielfach keltische und germanische Straßen als Unterlage ihres Straßenbaues benutzt.
Den Römern sollte es Vorbehalten bleiben, die Rhein-lande auf eine höhere Stufe der Kultur zu erheben.
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I.
Die Römer am Rhein.
Die Veredelung der germanisch-keltischen Kultur.
Zur Zeit, als C ä s a r Gallien bis an den Rhein eroberte und die römische Republik allmählich dem Kaisertum entgegenreifte, bewohnten die heutigen Rheinlande Kelten und Germanen und Mischstämme dieser sprachverwandten Völker. Auf der rechten Seite des Mittel- und Niederrheins saßen die Ubier, Sugambrer, Usipeter und Tenchterer, Bruk-terer und Bataver. Im Nordosten Belgiens bis nach Cleve wohnten die Menapier, ein keltischer Volksstamm, der zum Teil noch gegen die anstürmenden Germanen seine früheren Wohnsitze auf der rechten Seite des Rheines behauptet hatte, und in der Gegend des heutigen Triers finden wir die Treverer, die anfangs rein keltisch, später aber stark germanisch durchsetzt waren. Die Tungern, Nervier und Ebu-ronen, teils keltischen und teils germanischen Ursprungs, behaupteten sich auf der linken Rheinseite. Ebenso fanden sich dort, eingekeilt zwischen die genannten Stämme, die Aduatuker, wahrscheinlich Reste der ehemaligen Kimbern, die um das Jahr 115 v. Chr. nach Süden drangen und von den Römern größtenteils aufgerieben wurden. Den Adua-tukern wurde von den Kelten zuerst der Name Germanen beigelegt; sie bildeten den führenden Bestandteil der Deutschbeigen. Von ihren weiter östlich wohnenden Nachbarn, den Chatten, den Cheruskern, Amsivariern und Chau-ken hatten die auf der rechten Rheinseite wohnenden Stämme manchen Druck zu erleiden. Zuerst suchten sich die Usipeter undTenchterer am Niederrhein Luft zu machen. Sie nahmen die den Menapiern auf dem rechten Rheinufer
gehörigen Länder weg J). Das geschah schon (59) vor dem Erscheinen Cäsars am Rhein.
Nachdem Cäsar bereits im Jahre 56 den größten Teil von Gallien erobert hatte, zogen die Usipeter und Tench-terer in einer Stärke von angeblich 430 000 Mann mit Weibern und Kindern in der Nähe von Cleve über den Rhein. Als Cäsar im Frühjahr 55 herbeieilte, schickten sie an ihn Gesandte und ließen um Landanweisung bitten, da sie gegen die nachstürmenden Sueven sich nicht hatten behaupten können. Schon in der Nacht hatte ein Zusammenstoß zwischen Römern und Germanen stattgefunden. Die Führer wollten sich anderen Tages im Römerlager entschuldigen, wurden aber dort zurückgehalten, und die ganzen nachfolgenden Völkerstämme wurden auf der Gocher Heide (?) erbarmungslos niedergemetzelt oder in den Rhein getrieben. Nur ein kleiner Teil der Reiterei, der einen Streif-ZUÜ gegen das Gebiet der Treverer unternommen hatte, entkam über den Rhein und fand Schutz bei den Sugambrern.
Die Ubier hatten sich inzwischen, bedrängt von den Chatten, den Römern ergeben. Cäsar suchte sie zur Unterjochung der Germanen zu benutzen. Als er im Jahre 55 v. Chr. auf einer Pfahlbrücke über den Rhein zog, um den Germanen die Macht der römischen Waffen zu zeigen, gab er vor, die Sugambrer züchtigen zu wollen, weil diese den fliehenden Usipetern und Tenchterern Schutz gewährten. Die Sugambrer aber zogen sich in das Innere des Landes zurück, Cäsar verwüstete ihr Gebiet teilweise und zog nach 18 Tagen ohne einen merkbaren Erfolg auf die linke Seite des Stromes zurück. Auch auf dem zweiten Zuge ins Germanenland (53 v, Chr.) erzielte er keine anderen Er-folge, als daß er die Germanen in ihre Wälder zurücktrieb, die Eburonen isolierte und dann unterwarf. Im Jahre 53 war die Rheinlinie gewonnen. Die Römer vermochten in der Folge aber nicht einm'al, den Ubiern den versprochenen Schutz gegen ihre nachdrängenden Nachbarn zu gewähren. Deshalb holte sie M. A g r i p p a , der damals Statthalter von Gallien war, 38 v. Chr. auf die linke Seite des Rheines
1) Das Gebiet, das den Menapiern auf der rechten Rheinseite noch gehörte, lag zwischen Emmerich und Düsseldorf.
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in das Gebiet zwischen den Treverern und Batavern. Im früheren Gebiete der Ubier, sowie in den von den Sugam-brern verlassenen Landesteilen finden wir später die Tench-terer. Agrippa wurde von Augustus (Oktavianus) bald zur Hilfe gegen Sextus Pompejus in Sizilien und Antonius abberufen. Hauptort der Ubier wurde die Ara Ubiorium1), das heutige Cöln, das seinen seit 50 n, Chr. bestehenden Namen Colonia Claudia Agrippinensis von Agrippina, der Gemahlin des Kaisers Claudius, erhielt, die dort geboren wurde. Von Agrippa stammen auch wahrscheinlich die ersten Befestigungen in Cöln und Mainz.
Durch den Schutz, den die Sugambrer den dem Blutbade entronnenen Usipetern und Tenchterern gewährt hatten, waren sie dauernd Feinde der Römer geworden. Sie machten wiederholt Raubzüge in das linksrheinische Gebiet; denn da die Römer seit den Zeiten Cäsars keine Eroberungszüge mehr nach Germanien unternahmen, sondern ihre ganze Kraft dazu benutzten, Gallien völlig unter ihre Herrschaft zu bringen, mögen die Germanen dies vielfach als Schwäche gedeutet haben. Germanische Volksstämme verbanden sich sogar mit keltische Nachbarstämmen (mit den Treverern 29 v. Chr., mit den am Niederrhein wohnenden Morinern 27 v. Chr.) zu gemeinsamen Raubzügen in die gallischen Grenzgebiete. Erst nachdem Agrippa (19 v. Chr.) wieder nach Gallien und an den Rhein gekommen war, scheint zeitweise Ruhe eingetreten zu sein. Als aber der römische Unterfeldherr Lollius (17 v. Chr.) mit der fünften Legion gegen sie gesandt wurde, schlugen sie diese in die Flucht und führten den erbeuteten Adler der Legion triumphierend durch die gallischen Lande. Augustus kam nun selbst an den Rhein und blieb hier drei Jahre, um die Germanen abzuwehren. Er begann die Befestigung der Rheingrenze durch Kastelle und ließ eine ständige Rheinflotte erbauen, die seine Nachfolger erhielten und vermehrten, er begründete auch wahrscheinlich Trier. Nachdem' D r u s u s und Tiberius die Rätier bezwungen hatten, erschien ersterer am Rhein (13 v. Chr.). Er unternahm in den nächsten Jahren
1) Der Name Ara deutet darauf hin, daß mit der Niederlassung ein Heiligtum verbunden war. Mommsen hält das Heiligtum für einen Altar der Roma und des Augustus. Andere, z. B. Wolff, vermuten hier ein Nationalheiligtum der Ubier.
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. 2
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mehrere Kriegszüge in das Innere Germaniens, um das Reich über den Rhein hin auszudehnen und die weit über 200 Meilen lange Donau- und Rheingrenze zu verkürzen. Ausgangspunkte seiner Unternehmungen waren die Heerlager bei Mogontiacum (Mainz) und bei dem von Augustus begründeten Castra Vetera (Xanten).
Die mehrfach über den Rhein vordringenden Sugam-brer, die auch im Jahre 12 v. Chr. eine Anzahl Römer, u. a. 12 römische Centurionen, gefangen nahmen und kreuzigten, griff Drusus nach dem Übergang über den Mittelrhein an und verheerte ihr Land. Nachdem Drusus einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, von der Seeseite mit Unterstützung der Bataver und Friesen die Germanen zu bezwingen, gelang ihm dies mit den Innenstämmen nach einem zweiten Zug über den Rhein (11. v. Chr.) leicht, da die Sugambrer damals mit den Chatten im Streite lagen, weil diese dem von ihnen mit mehreren benachbarten Germanenstämmen gegen die Römer geschlossenen Bündnisse nicht beitreten wollten. Die Römer benutzten stets klug die Uneinigkeit der Germanen zu ihrem Vorteil. Auf diesem Zuge kam Drusus bis zur Weser. An der Lippe legte er das Kastell Aliso an1). Gleichzeitig begründete er ein Kastell im Taunus. Der anbrechende Winter aber und die Erscheinung eines Bienenschwarms im Lager (der Bienenschwarm bedeutete Unglück) veranlaßten seine Rückkehr. Die Chatten unterwarfen sich den Römern und wurden in das Gebiet der vertriebenen Sugambrer gewiesen. Damit unzufrieden, empörten sie sich, wurden aber von Drusus niedergeworfen. Auch die Chauken unterwarfen sich den Römern. Im Jahre 9 v. Chr. drang Drusus bis zur Elbe vor, starb aber auf seinem Rückzuge an den Folgen eines Sturzes vom Pferd®. Seine Leiche wurde ins Winterlager, wahrscheinlich nach Mainz, gebracht, verbrannt und im Mausoleum des Augustus auf dem Marsfelde in Rom feierlich beigesetzt. In Mainz wurde dem geliebten Führer ein Monument errichtet und sein Gedächtnis alljährlich durch eine Parade und Totenopfer gefeiert. Drusus legte den Grund zu den römischen Befestigungswerken am linken Rheinufer. Er verstärkte die bereits vorher bestehenden Heerlager Mainz und Cöln durch
1) C. Schuchhardt sicht Haltern als Ort dieses Kastells an. C. Koenen vermutet es auf dem Eltenberge.
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Außenwerke auf der rechten Rheinseite. In Castra Vetera schuf er einen starken Waffenplatz gegenüber der Lippe-mündung. Auch Coblenz, Neuß und Nymwegen wurden von ihm befestigt. Der ehrende Beiname ,,Germanicus“, den der römische Senat dem Toten beilegte und der auf seinen Sohn überging, war wohl verdient.
Im Jahre 8-—7 finden wir Tiberius, den Bruder des Drusus, in Deutschland. Bei seinem Zuge durch das rechtsrheinische Gebiet unterwarfen sich alle Stämme bis zur Weser. Nur die Sugambrer beharrten in ihrem alten Römerhasse. Im Aufträge des Augustus aber erstrebte Tiberius die Unterwerfung aller Stämme. Diese gelang ihm, nachdem er 40 000 Sugambrer in das linksrheinische Gebiet verpflanzt hatte; dort findet man sie später zwischen den Ubiern und und Batavern als Gugerner zum Schutze der Rheingrenze angesiedelt. Da Tiberius mit dem Kaiser zerfiel, wurde er verbannt. Nach 10 Jahren aber kehrte er nach Germanien zurück, und auf seinem Feldzuge im Jahre 4 n. Chr. schlug er sein Winterlager im rechtsrheinischen Germanien auf. Bis zur Elbe führte Tiberius die römischen Legionen. An der Elbe hat er auch wahrscheinlich Kastelle errichtet. Ein Aufstand in Pannonien und Dalmatien rief den Feldherrn ab. ,,Germanien war fast zur römischen Provinz geworden“ 1).
Nachdem die germanischen Stämme gegen die gemeinsame Gefahr sich geeinigt und verschworen hatten, wurde durch die Varusschlacht 9 n. Chr. die römische Herrschaft in Deutschland gebrochen. Als einzige Erinnerung an die Varusschlacht wurde bei Xanten der Grabstein des Marcus Cälius gefunden, der sich heute im Bonner Provinzialmuseum befindet. Die Römer mußten das rechtsrheinische Gebiet räumen. Im Jahre 10 n. Chr. beunruhigte Tiberius wieder einige Zeit das rechtsrheinische Germanien und zwang seine Bewohner teilweise zur Unterwerfung. Als Kaiser Augustus starb (14 n. Chr.), entstand am Rhein wie in Pannonien ein Aufstand unter den Legionen. Germani-cus, der nun (14/16) an den Rhein zog, stellte sich die doppelte Aufgabe, die römischen Legionen wieder zum Gehorsam zu zwingen und die Niederlage des Varus an den
1) So sagte Velleius im Jahre 6 v. Chr. Um das Jahr 6 n. Chr. stand Roms Macht in Germanien auf demselben Stande.
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Germanen zu rächen. Durch einen kurzen aber unrühmlichen Feldzug gegen die Marser brachte er die Truppen wieder zur Ruhe; dann zog er mit vier Legionen des Oberrheins gegen die Chatten, die er bezwang. Auf diesem Zuge erneuerte er das von seinemVater begründete Taunuskastell. Sein Hauptziel erreichte Germanicus jedoch auch durch seine Züge zur friesischen Küste und von dort ins Innere des Landes nur insofern, als er mehrere Landesteile des rechtsrheinischen Germaniens verheerte. Seit den Zügen des Germanicus gaben die Römer den Plan der Eroberung des eigentlichen Germaniens auf; sie begnügten sich mit der Befestigung der Grenze zum Schutze gegen die Barbaren. Das Possenspiel der Germanenzüge des Kaisers Caligula war ohne Bedeutung, und auch die Züge des Domitius Cor-bulo hatten wenig Erfolg. Kaiser Claudius zog die römische Besatzung vom rechten Rheinufer zurück, doch werden die Germanen damals nicht das von den Römern verlassene Gebiet bis an den Strom gleich besetzt haben. Die Römer hielten sie nach Möglichkeit fern und sicherten sich mindestens einen Streifen Land rechts vom Rheine. Dieser Landstreifen erstreckte sich vom Niederrhein bis zum Siebengebirge. Die Römer benutzten dieses Gebiet anfangs hauptsächlich zu Weideplätzen für die Pferde der linksrheinischen Besatzung; auch legten sie hier Ziegeleien an. Bei Dünnwald und Berg-Gladbach besaßen sie Steinbrüche und auf dem Vimeberg bei Rheinbreitbach Kupfergruben. Jeden Versuch der Germanen, dieses Glacis der römischen Rheinlande zurückzuerobern, wiesen die Römer hartnäckig zurück. Zur Sicherheit des römischen Schiffsverkehrs auf dem Rhein war der Besitz für die Römer auch durchaus nötig. Zahlreiche römische Funde auf der rechten Rheinseite machen es wahrscheinlich, daß dieses Gebiet später von Römern besiedelt wurde oder im Besitze solcher Germanen war, die mit den linksrheinischen Römern einen lebhaften Verkehr unterhielten.
Als nach dem Tode des Kaisers Nero die römischen Legionen ihre Macht zu fühlen begannen und der Kaiser G a 1 b a den Vitellius zum Statthalter in Germanien (Cöln) ernannt hatte, wählten im Jahre 70 die Legionen diesen zum Kaiser. Nachdem Vitellius seinen Gegenkaiser Otho besiegt hatte, war er nach Galbas Untergang alleiniger
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Herrscher- Da er aber eine unwürdige Regierung führte und die Legionen des Morgenlandes Vespasian zum Kaiser ausriefen, drohte ein großer Bürgerkrieg auszubrechen. Diesen Augenblick benutzte der Bataverherzog Civilis, der früher von den Römern ungerecht des Hochverrats bezichtigt und gefangen gehalten worden war, dem Abhängigkeitsverhältnis seines Volkes ein Ende zu machen. Aufgemuntert zum Freiheitskampfe wurde das Volk der Bataver besonders durch die Priesterin Veleda im Bruktererlande. Civilis vertrieb in Verbindung mit den Gugernen die Römer aus dem Bataverlande, besiegte die römischen Legionen und ihre Flotte und zerstörte, unterstützt von rechtsrheinischen Germanen und gallischen Stämmen, das Lager der zwei römischen Legionen in Castra Vetera. Er eroberte ebenfalls das Lager zu Neuß. Die Tre-verer und Ubier vereinigten sich mit den Aufständischen und überschwemmten alles Land bis zur Mosel. Da aber wandte sich das Glück. Der römische Feldherr P e t i 1 i u s C e r e a 1 i s kam aus Italien heran und besiegte die germanisch-gallischen Truppen bei Trier. Er gewann durch diesen Sieg sein Lager auf der rechten Seite der Mosel wieder und warf die tapferen Scharen des Civilis über die in der Mitte der Stadt gelegene Brücke zurück. Die Ubier aus Cöln, die nur gezwungen mit Civilis das Bündnis geschlossen hatten, verließen ihn nach dieser Niederlage. Ein germanischer Stamm nach dem ändern sagte sich von dem unglücklichen Feldherrn los. Noch einmal schlug er die Römer (bei Cöln?), dann aber sah er sich nach mehreren Niederlagen zu einem Vertrage mit Cerealis gezwungen, der die Bataver verpflichtete, vor wie nach den Römern Hilfstruppen zu stellen. Die Priesterin Veleda kam als Gefangene nach Rom.
Seit der Zeit des Kaisers Domitian werden die römischen Besitzungen am Rhein als eigentliche römische Provinz betrachtet. Die Provinz Germanien zerfiel in Obergermanien mit der Hauptstadt Mainz und Niedergermanien mit der Hauptstadt Cöln. Diese Teilung hatte bereits Augustus vorgenommen. Die Grenze zwischen den beiden Teilen bildete der Vinxtbach, der unterhalb Brohl in den Rhein mündet. In Mainz und Cöln befand sich je ein Legat; zur Steuererhebung wohnte in Trier ein Prokurator.
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Gegen Ende des ersten Jahrhunderts sicherte in Germanien Trajan von neuem die Grenze. Er erhielt im Jahre 98 in Cöln seine Berufung als Nachfolger Nervas auf den Kaiserthron. Unter ihm und seinen Nachfolgern wurde der von Domitian begonnene Limes oder Pfahlgraben ausgebaut. Dieser schied als Grenzwall die germanische Welt von der römischen. Seine Geschichte ist fast zwei Jahrhunderte hindurch die Geschichte des Rheinlandes. EinErd-wall, noch heute bis zu 1,50 m Höhe, mit einem Graben bis zu 1,10m Tiefe diente der Bef estigung. Zur Zeit Hadrians traten Palisaden zu Wall und Graben. Dahinter lagen in einem Abstande von 600 bis 800 m kleine Türme, in denen sich Posten befanden; in größeren Entfernungen lagen Feldwachen in kleinen Kastellen; weiter zurück lagen auch größere Kastelle. Das bedeutendste der Limeskastelle ist die Saalburg bei Homburg v. d. Höhe, die heute in ihrer ursprünglichen (?) Form wieder aufgebaut ist. Kaiser Commodus ließ nach den Markomannenkriegen den Limes weiter befestigen. In seine Zeit gehört auch wahrscheinlich die Errichtung des Kastells von Niederbieber, ungefähr am Westende des germanischen Limes. Eine Straße auf römischer Seite vermittelte die Verbindung der Kastelle. Der Limes begann bei Rheinbrohl, führte über den Westerwald bis Ems, von da über den Taunus bis Großkrotzenburg am Main; von dort bis Miltenburg bildete der Main, durch sieben Kastelle geschützt, die Grenze; weiter zog sich die Grenzbefestigung nach Lorch im Remstal und von dort als Mauer nach Kehlheim bei Regensburg. Der Limes war nicht nur eine militärische Anlage, sondern er diente auch der Überwachung des Grenzverkehrs und der Zollerhebung. Die Zahl der zur Besetzung des Limes dienenden Truppen betrug etwa 15—25 000 Mann. Verschiedene Schutzwälle, die vermutlich aus der Zeit des Kaisers Claudius stammen, befanden sich auch tiefer im rechtsrheinischen Gebiet zwischen Lahn, Sieg, Ruhr und Lippe; vermutlich dienten sie dem Schutze des rechtsrheinischen römischen Landstreifens. Eine zusammenhängende rechtsrheinische Grenzwehr hat nördlich vom Limes nie bestanden. Als die Anstürme der Franken und Alemannen zwischen 260 und 270 immer stärker wurden, gaben die Römer den Limes auf und zogen sich auf die linke Rheinseite zurück.
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Die linksrheinischen Befestigungen, deren Anfänge meist in der Zeit des Drusus liegen, wurden auch vornehmlich gegen Ende des ersten und zu Anfang des zweiten Jahrhunderts ausgebaut. Das ganze linke Rheinufer entlang zog sich eine Militärstraße, die durch etwa 50 Kastelle, ähnlich der Saalburg, gedeckt war. Straßburg, Speyer, Worms, Mainz, Bingen, Oberwesel, Boppard, Coblenz, Andernach, Remagen, Bonn, Cöln, Neuß und Castra Vetera (Xanten) waren die bedeutendsten. Xanten, Cöln und Mainz hatten eine Besatzung von je zwei Legionen. Zur Zeit des Drusus lagen am Rhein wahrscheinlich schon acht Legionen, ungefähr ein Drittel der gesamten römischen Heeresmacht. Vorübergehend wurde die Zahl der Truppen am Rhein vermindert, im allgemeinen aber blieb die Stärke des Rheinheeres die gleiche bis ins zweite Jahrhundert. Das große Lager in Cöln wurde schon in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. geteilt. Eine Legion kam nach Neuß, die andere nach Bonn. Zu den Zeiten, da acht Legionen am Rhein lagen, schätzt man die Gesamtzahl der Truppen auf etwa 100 000. In Mainz und Cöln waren wahrscheinlich dauernd Brücken. Zeitweilig befand sich auch eine solche in Xanten. Wo diese fehlten, vermittelte die römische Rheinflotte die Übergänge. Nach Tacitus x) zählte die Flotte des Drusus schon 1000 Schiffe2). Der römischen Rheinflotte konnten die Germanen eine ansehnliche Kriegsflotte entgegenstellen. Die Zahl ihrer Schiffe soll die der römischen Flotte sogar zeitweise überstiegen haben.
Im Jahre 234 zog Kaiser Severus Alexander an den Rhein. Er wurde samt seiner Mutter, die ihn begleitete, im Lager zu Mainz erschlagen. Auf einer Schiffbrücke, die er erbaut hatte, überschritt sein Nachfolger M a x i m i n den Strom; vor ihm flohen die Germanen wieder in ihre W'älder. Als aber die Festungslinie des Limes um 260 n. Chr. für die Römer verloren ging, beschränkten sie sich auf die Verteidigung der Rheinlinie, die nun von neuem und stärker befestigt wurde. Postumus, der zehn Jahre lang Kaiser des Westreiches war, wies nach Kräften die immer ungestümeren Einfälle der rechtsrheinischen Germanenstämme
1) Annalen II, 6,
2) Seit Konnstantin bestand die Rheinflotte nur noch aus 100 Fahrzeugen.
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zurück. Er wird auch wahrscheinlich als erster römischer Kaiser in Trier residiert haben. Kaiser P r o b u s mußte ebenfalls die in Gallien einfallenden Germanen zurückdrängen. Zum Schutze der Rheinfestungen legte er auf der rechten Rheinseite diesen gegenüber Kastelle an. Er war es auch, der den Weinbau an Rhein und Mosel kräftig förderte. Kaiser Diokletian machte seinen Freund und Waffengefährten Maximianus zum Mitregenten für den Westen. Diesem fiel vor allem der Schutz der Rheingrenze zu. Er residierte in Trier, und seit dieser Zeit bildet die Moselstadt die dauernde Residenz der Kaiser der westlichen Reichshälfte. Die Anwesenheit der Kaiser am Rhein wurde durch die Not geboten; denn die steten Einfälle der Germanen forderten einen kräftigen Schutz. Im Jahre 305 verlor Maximianus seine Herrschaft. In der Augustuswürde folgte ihm am Rhein Constantius, der aber schon im folgenden Jahre starb. Aus den nun folgenden Thronkämpfen ging schließlich des Constantius ältester Sohn Constantinus als alleiniger Sieger hervor. Auch Constantin residierte in Trier. Hier fand seine Vermählung mit der Tochter Maximians statt, und hier wurden unter ihm zwei Frankenkönige, Ascarius und Ragaisus, von den Bestien des Amphitheaters zerrissen. Den Königen folgten zahlreiche andere Opfer. In Cöln erbaute Constantin eine feste Rheinbrücke. Die germanischen Nachbarn scheint man also damals nicht mehr so sehr gefürchtet zu haben. Das geht auch daraus hervor, daß man Germanen als Beamte in den Reichsdienst aufnahm. Doch die rechtsrheinischen Germanen waren keineswegs dauernd, eingedämmt. Ein Strom nach dem ändern ergoß sich bald nach Gallien hinein. Nicht weniger als 45 Städte hatten sie nach der Aussage Kaiser Julians des Apostaten schon zu Beginn des Jahres 356 zerstört. Julian, der anfangs im Aufträge des Kaisers Constantius, Constantins Sohn, in Germanien den Oberbefehl hatte, führte das römische Heer aus Gallien an den Rhein. Nach einem Streifzug ins Elsaß zog er stromabwärts bis Cöln, dann wieder zurück zum Oberrhein. Er schlug bei Straßburg (?) sieben Alemannenfürsten und vernichtete ihr Heer. Dadurch rettete er noch einmal die Rheingrenze für ein halbes Jahrhundert. Mit einer Flotte von 400 Schiffen, die Julian in zehn Monaten bauen ließ, fuhr er in den Rhein
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und zwang u. a. die salischen Franken zur Unterwerfung. Die Truppen riefen Julian am Rhein zum Cäsar aus- Als er sich aber die Anerkennung des Constantius erbat, erhielt er diese nicht. Der Kampf, der nun auszubrechen drohte, unterblieb jedoch, da Constantius starb. Jetzt war Julian Kaiser. Er starb aber schon im Jahre 363. Der letzte römische Herrscher, der Vorkehrungen zum Schutze der Rheingrenze traf, war Valentinian I. (364/375), der mit seinem Bruder Valens das Römerreich regierte. Im Jahre 365 weilte er in Gallien. Dreimal überschritt er den Oberrhein und befestigte die gesamte Ostgrenze Galliens gegen die Germanen. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Gra-tian (375/383). Er setzte die Kämpfe gegen die Barbaren noch einige Zeit fort, dann aber mußte er die Rheingrenze den Germanen preisgeben. Dauernde Freiheit erlangten die germanischen Stämme (Franken) erst, als S t i-1 i c h o im Jahre 406 die Legionen vom Rhein zum Schutze gegen die nach Italien vordringenden Westgoten und andere germanische Scharen gänzlich zurückzog.
Die Rheinlande kamen nun in den Besitz der Franken. Diese zerstörten die befestigten Römerlager am Rhein. Ein Chronist erzählt, daß schon gegen Ende des 4. Jahrhunderts am Mittel- und Niederrhein keine Stadt mehr unversehrt war mit Ausnahme von Remagen und einem Turme bei Cöln. Nur Trier blieb noch in römischem Besitz. Erst nach dem Tode Valentinians III. (465) machte sich Trier von der römischen Herrschaft frei. Valentinians Sohn Syagrius zog sich nach Soissons zurück. Er verlor im Jahre 486 den letzten Rest der gallischen Römerherrschaft an Chlodewech, den Frankenkönig.
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Durch die Berührung mit den Römern wurde die Kulturin den Rheinlanden bedeutend beeinflußt. Wie überall, wohin die Römer erobernd vordrangen, so berücksichtigten sie auch hier schonend die Eigenart der Urbewohner. Von den germanischen Stämmen nahmen zuerst die Ubier die Kultur der Römer an. Träger der neuen Kultur waren die römischen Soldaten. Sie waren nicht nur ein Werkzeug des Krieges, sie arbeiteten im Frieden, wenigstens seit Anfang des 3. Jahrhunderts, auf dem Felde
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und in Bergwerken, legten Straßen, Mauern und Wasserleitungen an, um dem Südländer den Aufenthalt am Rhein angenehmer zu gestalten. Die Legionen hatten ihre Waffenplätze in den beiden ersten Jahrhunderten meist nicht i n den Städten, sondern in deren Nähe. So lag die Römerstadt Colonia Trajana da, wo heute Xanten liegt; der Waffenplatz aber, das alte Kastell (Castra vetera), lag am nördlichen Abhange des Fürstenberges. Auch das Neußer Kastell lag bei Grimlinghausen, 3 km von Neuß. Die Städte selbst waren bürgerliche Niederlassungen, meist in der Form eines Rechtecks angelegt und durch eine Mauer mit Eck- und Mauertürmen geschützt. Der Name Colonia (Pfl anzstadt, Tochterstadt) ist im Gebiete der Rheinprovinz nur bei Trier, Cöln und Xanten nachgewiesen. Die über 7 m hohe Stadtmauer von C ö 1 n ist in ihrem fast 4 km langen Verlauf festgestellt, und der nordwestliche Eckturm ist noch wohl erhalten, während das Nordtor, die Porta Pa-phia, die bis 1826 stand, dem Verkehr weichen mußte. Besser erhalten sind die Reste des römischen Triers. In keinem Teile der Rheinlande sind die Römer so heimisch geworden, wie in dem von allen Seiten geschützten Trierer Talkessel. Außer in Südfrankreich finden wir nirgends diesseits der Alpen so viele gut erhaltene Römerbauten, wie im „gallischen Rom“. Wahrscheinlich war die Stadt schon von Kaiser Augustus zum Schutze der Rheingrenze befestigt worden. Ihre Blüte als Römerstadt beginnt mit der Mitte des ersten christlichen Jahrhunderts. Das Amphitheater, das etwa 30 000 Personen faßte, wurde im ersten nachchristlichen Jahrhundert erbaut. Die übrigen Bauten: Porta nigra, die Stadtmauer, die Thermen, die Basilika und der Kaiserpalast Constantins, sowie die Römerbauten bei Igel und Nennig stammen aus dem 3. und 4, Jahrhundert, aus der Blütezeit Triers als Residenz der römischen Kaiser. Durch sorgfältige und sachkundige Überwachung der Kanalisationsarbeiten (1904) ist es gelungen, einen vollständigen Stadtplan des „gallischen Roms“ zu gewinnen.
In den Städten erhoben sich meist Steinhäuser, die den Germanen und Kelten bisher unbekannt waren. Neben militärischen Befehlshabern und Armeelieferanten in prächtigen Häusern wohnten hier Soldatenweiber, Handwerker und Marketender vielfach in armseligen Hütten. Die Ziegel zum
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Hausbau verstanden die Römer vorzüglich zu brennen. Auf den Dörfern begnügten die Ureinwohner sich noch mit Lehmhütten. Das im Coblenzer Stadtwald aufgedeckte Trevererdorf kann als Typus der damaligen Dörfer gelten. Außerhalb der Städte erhoben sich zahlreiche Villen, deren Hausräume vielfach durch Marmortäfelung, Mosaiken und Statuen geschmückt waren. Bei Trier, Nennig, Mesenich (Landkreis Trier), Raversbeuern im Hunsrück,Welschbillig, Stahl, Pickließem, Fließem und Oberweis (Kreis Bitburg), bei Wittlich, Laudersdorf und Sarresdorf bei Gerolstein (Kreis Daun), Blankenheim an der Ahrquelle, Weingarten bei Euskirchen, Friesdorf bei Bonn u. a. a, 0. sind römische Villen aufgedeckt worden. Drei Typen unterscheidet man bei diesen Anlagen: Lustvillen, Wirtschafts-villen und Villen der Großgrundbesitzer, die Wirtschaftsund Prunkgebäude in sich vereinigten. In der Umgebung der Ackerbauvillen trieben römische und gallische Grundbesitzer mit Hilfe von Sklaven und Pächtern einen lohnenden Ackerbau. Die Dreifelderwirtschaft wurde durch die Römer am Rhein bekannt. Korn, Flachs, Wein, Kirschen, Pflaumen, Äpfel, Birnen, Nüsse, Mispeln und Quitten, vereinzelt auch Kastanien und Pfirsiche wurden angebaut.
Von den Römern lernten die Germanen die Quellen in Brunnen abfassen, die sie nach dem lateinischen puteus ,.Pütz“ oder „Potz“ nannten. In der Eifel (bei Nettersheim) begann die berühmte römische Wasserleitung, die durch einen Kanal von etwa 60X100 cm Mittelmaß Bonn. Cöln und Neuß mit gutem Wasser versorgte. Die warmen Quellen in Aachen und Bertrich kannten und benutzten die Römer.
Tacitus nennt als Nahrungsmittel der Germanen wildwachsendes Obst, frisches Wildbret und gestandene Milch; diese Nahrungsmittel wurden von den Römern vermehrt. Unser „Nationalgericht“ Sauerkraut (ostfränkisch Kompost von compositum),Käse (caseus), Butter (butyrum), Öl (oleum) und Wein (vinum) stammen von den Römern; auch unsere Gemüsepflanzen Erbse, Linse, Spargel, Kohlrabi, Rübe und Kümmel sind italienischen Ursprungs, Doch nicht alle Geschenke, welche die römische Kultur an den Rhein brachte, waren gleich wertvoll. Allerlei Tand zu Schmuck und Kleidung und starke berauschende Getränke,
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welche die Germanen bisher nicht kannten, sind für die Kulturförderung von recht zweifelhaftem Werte.
Die Römer brachten auch die Anfänge der Industrie in die Rheinlande. Unter den Gewerben war die Tuchindustrie, die Römern und Germanen die Kleidungsstücke, Tunika, Toga und geschlossene Mäntel, lieferte, schon in hoher Blüte. Auch Glas wurde in den Rheinlanden schon bald angefertigt. Zahlreiche Funde künstlerisch verzierter Gläser stammen aus dem Mittelpunkte römischer Glasindustrie am Rhein, aus Cöln; auch bei Cordei in der Eifel wurde 1880 eine römische Glasfabrik aufgedeckt. Die römischen Villen zeigen fast alle, daß die Römer Fensterglas am Rhein benutzten. Zwar bereiteten die Germanen schon vor der Ankunft der Römer einfache Tongefäße zu Haushaltungs-, Opfer- und Begräbniszwecken; diese mehr rohen Gefäße aber wurden allmählich durch die Römer verdrängt. Sie führten eine feinere, mehr oder minder harte, ziegelrote bis purpurne Tonerde, die terra sigillata, ein, aus der eingewanderte Italiener und einheimische Kunsthandwerker nach römischen Mustern Vasen, Töpfe, Kannen, Schüsseln, Lampen und andere Gebrauchsgegenstände mit schöner Glasur herzustellen verstanden. Eisen-, Kupfer- und Bleierze wurden von den Römern im Rheinlande bereits abgebaut; auch brach man an vielen Stellen Bausteine und brachte sie in steinarme Gegenden des Niederrheins.
Dem V e r k e h r in den Rheinlanden dienten zahlreiche Straßen. Zwar war der Zweck der Straßenanlagen ursprünglich ein militärischer; das hinderte jedoch nicht, daß sie auch Verkehrszwecken dienten. Allein von Trier gingen acht Straßen aus; die bedeutendsten waren die Straßen Trier-Bitburg-Zülpich-Cöln-Xanten, Trier-Simmern-Bingen-Mainz, Trier-Metz, Trier-Straßburg und Trier-Reims. Zu den von Trier ausgehenden Straßen kam die den Rhein an der linken Seite begleitende Militärstraße, die einen unmittelbaren Verkehr mit Italien ermöglichte. Eine römische Straße führte rechtsrheinisch von Kastei am Rhein vorbei, überschritt bei Bergheim die Sieg und bei Rauschenberg die Wupper, zog sich dann an Langenfeld, Benrath und Düsseldorf vorbei rheinabwärts bis Utrecht. Auch die rechtsrheinische vorgeschichtliche Straße (s. o.) wurde von den
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' Römern befestigt und diente als Zollgrenze. Ihre Straßen bauten die Römer sehr fest. Sie versahen sie mit Stein-, Kies-, Holz-, Mörtel- und Steinplattenlagen. Aber nicht nur die Landstraßen dienten dem Verkehr; zahlreiche Handelsschiffe und Flöße, freilich bedeutend kleiner als die heutigen, befuhren neben den Kriegsschiffen den Rhein. Zur Fortbewegung der Schiffe dienten Ruder und Segel, doch wurden sie auch, wie Abbildungen an der Igeler Säule zeigen, von Menschen vom Ufer aus gezogen. Waren wurden auch durch Lasttiere und Wagen befördert.
Schon vor der Römerzeit am Rhein traten römische Handelsleute zu den Rheinbewohnern in Handelsbeziehungen. Einen regen Aufschwung nahm der Handel besonders, seitdem Rom sich als Herrin des Rheines betrachtete. Im Jahre 25 und 16 v. Chr., so erzählt Dio Cassius, wurden einzelne römische Händler von den Sugambrem, den Usipetern und Tenchterern gefangen genommen und ans Kreuz geschlagen. Im ersten Jahrhundert n. Chr. nahm der Handelsverkehr am Rhein einen raschen Aufschwung. Als Trajan Befehlshaber der römischen Truppen in Germanien war, zählte man am Rhein und in dessen Nähe 40 und zur Zeit der Antonine 50 Handelsplätze, die meist mit den Kastellen zusammenfielen. Die Germanen lieferten den Römern vornehmlich Lebensmittel zur Unterhaltung der Truppen; sie erhielten dafür Waffen, Geräte, Haushaltungsgegenstände und Schmucksachen. Die am Niederrhein stehenden Legionen bezogen das meiste Getreide aus Britannien. Daß das Geld neben dem eigentlichen Tauschhandel im Verkehr eine wichtige Rolle spielte, zeigen die zahlreichen Münzfunde x) im Gebiete des Rheinlandes. In Trier gab es zur Römerzeit auch schon Falschmünzer. Römische Kaufleute drangen allmählich immer tiefer in die germanischen Wälder hinein. Sie brachten dorthin die Kul-
1) Der Wert der römischen Münzen nach unserm heutigen Geldwerte kann nur annähernd bestimmt werden. Nach Halke (Einleitung in das Studium der Numismatik) hatten die am Rhein gangbaren römischen Münzen ungefähr folgende Werte : a. Kupfermünzen: 1 Unica = 4 Pf., 1 Sextans = 8 Pf., 1 Quadrans = 12 Pf., 1 Triens = 16 Pfg., 1 Semis = 23 Pf., 1 As = 47 Pf. — b. Silbermünzen : 1 Sesterz = 20 Pf., 1 Quinar = 41 Pf., 1 Denar = 82 Pf. — c. Goldmünzen: 1 Aureus — ungefähr 21,75 Mk.
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tur, die der römische Krieger vielfach vergeblich zu bringen versuchte.
Wie in seinem ganzen Reiche, so richtete Kaiser Augustus auch am Rhein ein regelmäßiges Botenwesen ein. Junge Leute und Fuhrwerke verteilte er an die Hauptheerstraßen. Diese vermittelten ihm die Nachrichten aus allen Teilen des Reiches. Trajan und Hadrian vervoll-kommneten die Einrichtung. Diese römische Staatspost diente freilich nur dem Kaiser und den Staatsbeamten. Wollten Privatpersonen sich ihrer bedienen, so mußten sie besondere Erlaubnisscheine haben. Haltestellen dieser ältesten Post am Rhein waren in allen größeren Orten: Bingen, Oberwesel, St. Goar, Boppard, Coblenz, Andernach, Remagen, Bonn, Cöln, Neuß, Xanten.
Aber nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht erfuhren die Rheinlande durch die Römer eine Förderung; in der Römerzeit liegen auch die Anfänge des Bildungswesens. Trier hat unstreitig den Vorzug, die erste organisierte Schule zur Römerzeit besessen zu haben. Der Anfang dieser Schule der Beredsamkeit liegt vielleicht im 1. oder 2. nachchristlichen Jahrhundert, Zur Blüte kam sie im 3. und 4. Jahrhundert. Daß die Schule in Trier ganz besonders bevorzugt wurde, zeigt ein Gesetz des Kaisers Gratian aus dem Jahre 376, in dem die Bezüge der Lehrer festgelegt wurden, und Ausonius rühmt von der Trierer Schule, daß sie der Schule des Quintilian nicht nachgestanden habe. Als Rhetoren und Grammatiker werden in Trier genannt: Eumenius aus der Zeit Constantins des Großen und Ursulus und Harmonius aus der Zeit Valentinians I. Als Rhetor und Dichter steht obenan Ausonius, der Dichter der ,,Mosella“. Er war in Trier der Erzieher des Sohnes Kaiser Gratians. Die Lehrer der Schulen des römischen Triers waren in den drei ersten nachchristlichen Jahrhunderten ausschließlich Heiden, die Lehrgegenstände profane Wissenschaften. Als aber das Christentum am Rhein sich ausbreitete, gab es auch bald christliche Schulen.
In den Städten am Rhein und in den Gegenden, in denen die Römer als Bewohner überwogen, bildete das Lateinische Umgangs- und Amts spräche. Auf dem Lande dagegen erhielten sich die keltischen und germani-
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sehen Dialekte, deren Weiterbestehen die Römer nicht hinderten.
Das Schauspielwesen war in den römischen Rheinlanden nicht unbekannt- Es war ein Abbild der alten römischen Spiele in der Reichshauptstadt. Die Legionen hatten in ihren Standlagern Bedürfnis nach den heimatlichen Spielen, und so kamen Renn- und Kampfspiele auch an den Rhein. Für die Pferderennen genügte eine Talmulde, an deren Abhängen die Zuschauer saßen. Reste von Zirkusbauten fehlen daher in den Rheinlanden. Dagegen sind Reste von Amphitheaterbauten in Metz, Trier und Xanten erhalten. Hier kämpften Gladiatoren mit wilden Tieren, und ein Mosaikfußboden aus Nennig bei Trier veranschaulicht uns Szenen aus solchen Kämpfen.
In religiöser Beziehung, in der Verehrung der Götter, ließen die Römer den Germanen Freiheit. Die hier und dort noch vorkommenden Menschenopfer verboten sie. Aus freien Stücken nahmen nach und nach die Rheinländer die römischen Götter an. Glücks-, Sieges- und Soldatengötter, Wetter- und Verkehrsgötter hielten in Germanien ihren Einzug, und die Vorstellungen von den neuen Gottheiten verschmolzen allmählich mit denen der alten Götter. Besonders stark verbreitet war der Mithraskult, die Verehrung des persischen Sonnengottes, der sich von Asien aus im 2. Jahrhundert über das ganze Römerreich ausdehnte. Funde aus Trier, Schwarzerden (Kr. St. Wendel), Schweinschied (Kr. Meisenheim), Niederbieber, Bonn, Cöln, Dormagen, Xanten, Rhoden bei Euskirchen bezeugen die Verbreitung des Mythrasdienstes im Gebiete der Rheinprovinz. In den niederen Volks- und Soldatenklassen erhielt sich lange Zeit der Matronendienst, die Verehrung der einheimischen sogenannten Muttergottheiten, deren Darstellungen in zahlreichen Denkmälern als drei weibliche Figuren mit Hauben auf dem Kopfe und Fruchtkörben auf dem Schöße, dem Symbole des häuslichen Wohlstandes und der Fruchtbarkeit der Äcker, erhalten sind. Sie wurden als Familien-, Stammes- und Volksmatronen verehrt. Am Niederrhein war der Herkuleskult stark verbreitet1).
1) Über die Anfänge des Christentums zur Römerzeit siehe Abschnitt II: Die Rheinlande zur Zeit des Frankenreichs.
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Besondere Ehre erwiesen schon die Kelten und Germanen ihren Toten. Bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts wurden die Leichen mit Waffen und Schmuck verbrannt und in Urnen unter Beigabe von Haushaltungsgegenständen beigesetzt. Die Urnen stehen vielfach in, Steinkisten. Bei Weiden, unweit Cöln, hat man auch eine stattliche Grabkammer aufgedeckt. Seit der Mitte des dritten Jahrhunderts schwindet die Leichenverbrennung. Die Leichen werden teils in Holz-, teils in Steinsärgen bestattet. Toilettegegenstände, Spielzeug, Schmuckgegenstände, Hausgerät und Münzen findet man als Grabbeigaben. Nach dem Vorbilde der römischen Soldaten zeigen auch bald die Gräber der Einheimischen Grabdenkmäler mit Inschriften und bildlichen Darstellungen. Eines der bekanntesten dieser Denkmäler aus der Römerzeit ist die Igeler Säule bei Trier. Die figürlichen Darstellungen auf derselben, sowie zahlreiche Funde ähnlicher Denkmäler in Neumagen liefern schätzenswerte Beiträge zur Kulturgeschichte der damaligen Zeit.
Wie groß die Zahl der Einrichtungen und Gegenstände ist, welche die Römer an den Rhein brachten, erhellt besonders aus den vielen Namen lateinischer Herkunft, die seit jener Zeit unserer Sprache geläufig sind. Außer den vorhin angeführten seien hier nur Mauer (murus), Pforte (porta), Ziegel (tegula), Kalk (calx), Straße (stratum, strata), Karren (carrus, currus, carrum), Rad (rota), Kette (catena), Tafel (tabula), Kiste (cista), Spiegel (speculum), Pech (pix), sowie Schreiben (scriptum, scriptio), Brief (breve), Meister (magister) und Schule (schola) genannt.
Wenn man den Einfluß der römischen auf die germanische Kultur richtig einschätzen will, darf man nicht vergessen, daß er vorwiegend im 3. und 4. Jahrhundert erfolgte, zu einer Zeit, als die Römer am Rhein bereits eine Kultur vorfanden, deren Erzeugnisse man im Hinblick auf die Technik früher vielfach den Römern zuzuschreiben geneigt war.
Durch diesen Hinweis soll keineswegs die Bedeutung der Einwirkung der Römer auf die germanischen Rheinlande geringer eingeschätzt werden. Römischer Kultur gelang es allmählich, Germanien zu erobern und ein hochentwickeltes Volk erstehen zu lassen, das berufen war, in der Folgezeit das morsche Römerreich zu stürzen und Träger der Weltgeschichte zu werden.
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II.
Die Rheinlande zur Zeit des Frankenreiches.
Bildung des Frankenbundes. Das aufkeimende Christentum.
Die Germanen hatten durch die Berührung mit den Römern die Machtlosigkeit des untergehenden Römerreiches erkannt. Zwar hatten die Römer ihre Grenze gegen das Germanenreich stark befestigt und daher ein weiteres Vordrängen nach Süden und Westen vorläufig unmöglich gemacht; auf die Dauer jedoch mußten auch diese Fesseln von den aufquellenden Germanenstämmen gesprengt werden. Um eine festere Einheit und damit eine größere Macht zu erlangen, vereinigten sich die bis dahin getrennten germanischen Stämme nach ihrer Blutsverwandtschaft und ihrer räumlichen Nachbarschaft zu geschlossenen Völkerschaften, Das Ziel dieser Bewegung bestand darin, „nicht Roms Macht, sondern Roms Schätze sich anzueignen“.
Seit dem Anfang des dritten christlichen Jahrhunderts finden wir am Mittel- und Niederrhein den Bund der Franken (Freien), dessen Name zuerst 234 genannt wird, dessen Entstehung aber jedenfalls früher fällt. Als später zwischen den römischen Kaisern Valerianus und Aemilianus Thronstreitigkeiten herrschten, fielen im Jahre 253 allenthalben germanische Stämme in römisches Gebiet ein. Auch die Franken zogen über den Mittel- und Niederrhein und plünderten Gallien und Spanien, In dem Volksbunde der Franken vereinigten sich wahrscheinlich die germanischen Stämme der Chatten am Main und Mittelrhein, die Sugam-brer und jedenfalls ein Teil der Brukterer (wenn nicht der ganze Stamm), die Usipeter und Tenchterer, Amsivarier, die
Kreuzberg. Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. "3
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Chamaven und Chattuarier, die Bataver, die Gugemer und Caninefaten 1),
Als zu Anfang des 5. Jahrhunderts die römischen Legionen aus dem Rheinlande abzogen, kam es darauf an, welches germanische Volk das Gebiet endgültig in seinen Besitz bekam. Franken und Alemannen traten als gleichzeitige Bewerber um die Herrschaft auf 2).
Die Franken setzten während der V ölkerwande-r u n g ihre bereits vorher begonnenen Züge über den Mittelund Niederrhein fort und dehnten ihren linksrheinischen Besitz weiter nach Westen und Süden aus. Als Chlodewech im Jahre 481 zur Regierung kam, saßen die s a 1 i s c h e n Franken3) westlich von der Maas. Die Ripuarier4) wohnten am Mittel- und Niederrhein. Ihr König war Sigbert von Cöln. Trier war damals in ihrem Besitz,
Der Mittelpunkt des Alemannenlandes lag im
4. Jahrhundert im Main-Neckargebiet. Zu Anfang des
5. Jahrhunderts setzten sich in der Gegend von Worms die Burgunden fest. Den Alemannen gelang es, sie von dort zu vertreiben. Dann suchten sie sich nach Norden auszudehnen. Das mußte sie mit den nach Süden drängenden Franken in einen Kampf verwickeln. Der Sieg entschied die Herrschaft über das Rheingebiet. In welcher Weise sich dieser Kampf
1) Nach anderer Annahme (L. Wilser) bildeten die Marsen den ältesten Stamm der Franken, dem auch außer den obengenannten die Cherusker und Chauken angehörten. (Die Caninefaten und Bataver stammten von den Chatten.)
2) Seit W. Arnold (Ansiedlungen und Wanderungen deutscher Stämme, 2, Aufl. Marburg 1881) suchte man das Ausdehnungsgebiet der Alemannen im Rheinlande auf Grund der Hypothese, daß die Ortsnamen mit „weiler" alemannischen Ursprungs seien, zu umgrenzen. Neuere Forschungen Frz. Cramers und Behageis haben erwiesen, daß weiler dem spätlateinischen villare entspricht. Damit mußte Arnolds Hypothese fallen.
3) Wahrscheinlich von der Yssala (Yssel) benannt. Als besonderes Recht galt bei ihnen die Lex Salica, die schon in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts (etwa 453/486) aufgezeichnet wurde, während die Lex Ripuaria erst um 580 aufgezeichnet wurde. Die im nordöstl. Teile des Ripuarierlandes wohnenden Chamaven hatten eigenes Gaurecht.
4) Ripuarier, gewöhnlich als Uferfranken (von ripa = Rheinufer) bezeichnet. Doch überträgt man den Namen auch mit Freibeuter (von rifr, bodrifr = freigebig, gastfrei). Der Name als Bezeichnung des Volkes zeigt sich im 5. Jahrhundert.
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abspielte und wo die Entscheidungsschlacht fiel, ist noch heute eine heiß umstrittene Frage.
Durch seinen Sieg über den Römer Syagrius war Chlode-wech Nachbar der Goten, Burgunder und Alemannen geworden. Den entscheidenden Sieg über die Alemannen errang er im Jahre 496. Als Ort der Schlacht wird meist Zülpich genannt. Gregor von Tours, die einzige Quelle für diese Schlacht, nennt den Ort nicht. Er berichtet aber, daß Sigbert von Cöln in einer Schlacht gegen die Alemannen bei Tolbiakum (Zülpich) eine schwere Kniewunde davontrug. Daß bei Zülpich eine Schlacht zwischen Franken und Alemannen stattgefunden hat, steht demnach fest. Ob Sigbert diese allein schlug oder ob er sie in Verbindung mit Chlodewech errang und ob es die Entscheidungsschlacht zwischen Franken und Alemannen war, ist bisher nicht erwiesen.
Der Erfolg des Alemannensieges Chlodewechs war der Rückzug der Besiegten. Chlodewech verfolgte sie, und noch im Jahre 506 kämpfte er gegen sie. Das Gebiet bis zum Hagenauer Forst und ein Teil Württembergs fielen den Franken zu. Die späteren Bistümer Straßburg und Constanz blieben alemannisch. Das eroberte Gebiet wurde von chattischen Franken besetzt, denen es Chlodewech überließ.
Der Kampf Chlodewechs gegen die Westgoten entschied die Frage, ob diese oder die Franken die germanische Welt beherrschen sollten, zugunsten der letzteren. Sigbert von Cöln und seinen Sohn räumte Chlodewech durch Meuchelmord aus dem Leben. Er wurde so König der Ripuarier und einigte diese beiden Frankenstämme. Den Chatten überließ er das eroberte Alemannenland; dafür mußten sie zu ihm halten. Sie besiedelten in der Folgezeit nicht nur das Maingebiet, sondern auch die Mosel- und Mittelrheingegend bis zur Saar hin. Beim Tode Chlodewechs war das Übergewicht der Franken entschieden. Der Sieg des Jahres 496 schaffte die Grundlage für das Reich Karls des Großen, und die Annahme des römisch-katholischen Christentums durch Chloda-wech verband die alten christlichen Siedler aus der Römerzeit mit den Franken zu einer Einheit, die Theoderich bei den arianischen Goten vergeblich erstrebt hatte.
Chlodewechs Söhne teilten die Königsgewalt unter sich, die Einheit des Reiches aber wurde von dieser Teilung nicht
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berührt. Durch eine einheitliche, zielbewußte Politik er-; weiterten sie die Reichsgrenzen bedeutend. Die aufstrebenden Grundherrschaften aber zersplitterten das Merowing’r-reich allmählich. Unter den beiden Königinnen Brundhilde und Fredegunde, deren erbitterte Familienkämpfe mit den Kämpfen der Grundherrschaften gegen das Königtum Zusammenhängen, nahmen Sittenlosigkeit und Verwilderung überhand. Das ripuarische Land war der Schauplatz schrecklicher Kämpfe. Zwischen den beiden Brüdern Theudebert undTheuderich kam es 612 bei Zülpich zu einem furchtbaren Kampf. Die Gegend zwischen Zülpich und Cöln war stellenweise völlig mit Leichen bedeckt.
Das alte Amtsherzogtum hatte sich inzwischen innerhalb der einzelnen Reichsteile zum Stammesherzogtum entwickelt. Die königlichen Rechte gerieten durch die Familienkämpfe und die Bildung des Großgrundbesitzes immer mehr in die Hände der Aristokratie, besonders der Hausmeier. Nachdem das Frankenreich sich in Austrasien und Neustrien aufgelöst hatte, begründete Pippin der Ältere das neue Herrschergeschlecht der Karolinger, Pippin der Mittlere (von Heristal) heißt schon „Herzog und Fürst der Franken“. Er erlangte im Jahre 687 die Hausmeierwürde für das ganze Frankenreich.
Das eigentliche Herz des neuen Reiches waren die Rheinlande. Hier lagen zwischen Maas und Mosel die alten Hausgüter der neuen Dynastie, hier erfocht Karl Mar-t c 11 seine ersten Siege und gewann durch die Einnahme Cölns den festen Stützpunkt seiner Herrschaft; hier lag auch die Hauptstärke der politischen Stellung Karls des Großen, denn von hier aus beherrschte er Frankreich und Deutschland zugleich. Am Rhein und in dessen Nähe lagen zahlreiche kaiserliche Pfalzen und Königsgüter, Neben Mainz, Ingelheim, Tribur, Worms und Frankfurt kennen wir im Gebiete der heutigen Rheinprovinz solche in Kreuznach, Oberwesel, Boppard, Coblenz, Saarbrücken, Völklingen, Wadgassen, Trier, Prüm, Andernach, Remagen, Sinzig, Aachen, Cöln, Duisburg u. a. O,
Die Züge Karls des Großen ins Sachsenland gingen zweifelsohne durch das Rheinland, Den zweiten Zug begann Karl in Düren. Von Deutz aus zog er durch das Bergische Land zur Syburg. Bei den Aufständen der benachbarten
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Sachsen konnten die rechtsrheinischen Gaugrafen ihnen nicht widerstehen, und Wittekind drang verheerend ins Gebiet der Rheinlande vor bis nach Deutz. Bis dahin waren die Sachsen auch schon einmal zur Zeit der Nachfolger Chlodewechs (557) ungestraft vorgedrungen. Der dritte Zug gegen die Sachsen führte von Düren durch das Niederrheingebiet über Wesel nach Bocholt, wo Karl zum erstenmale die Sachsen in offener Feldschlacht besiegte. Von den Städten des Rheinlands kam zu Karls Zeit Aachen zu besonderer Blüte. Schon die Römer hatten der heißen Quellen wegen, die sie hier fanden, die Stadt angelegt. Karl der Große, der Aachen neben Ingelheim, Nymwegen und Paderborn zur Residenz erhob, erbaute hier eine prächtige Pfalz. Die Pfalzkapelle zu Aachen, zu der die Bauten des Gotenkönigs Theoderichs des Großen das Vorbild lieferten, wurde die Musterkirche der damaligen Zeit. Aus Rom und Ravenna hatte Karl Säulen und Marmor zum Bau herbeischaffen lassen. Den Rheinlanden wandte Karl der Große vornehmlich seine Fürsorge zu. Im Gebiete des Mittelrheins lagen die großen Königshöfe, auf denen Acker- und Weinbau gepflegt wurden. Die Rheinlande bildeten in den letzten Regierungs jahren des großen Kaisers fast ausschließlich die Stätte seines Aufenthaltes; sie bergen auch sein Grab.
Bei der 843 in Verdun unter Ludwigs Söhnen er^ folgten Teilung kamen die heutigen Rheinlande an Mittel-franken unter Lothar I. Die Diözesen Trier und Cöln aber kamen mit dem Erzbistum Mainz „wegen ihres reichen Weinertrages“ an Ostfranken unter Ludwig dem Deutschen. Nachdem Lothar I. (855) der Regierung entsagt und sich in das Kloster Prüm als büßender Mönch zurückgezogen hatte , wo er schon nach wenigen Tagen starb und bestattet wurde, fiel sein Land an Lothar II.; nach ihm wurde es auch Lotharii regnum, Lothringen, genannt. In dem Vertrage zu M e r s e n (870) kam Lothars Reich, soweit das germanische Elem3nt überwog, — die ganze heutige Rheinprovinz — an Ludwig den Deutschen. Als Ludwig der Deutsche 876 starb, wollte Karl der Kahle von Westfranken, der 875 schon die Kaiserkrone an sich gerissen hatte, auch Lothringen für sich in Besitz nehmen. Von den Söhnen Ludwigs des Deutschen aber wurde er in der Schlacht bei Andernach (876) blutig zurückgewiesen.
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Der nördliche Teil von Lothringen — und ganz Ribua-rien — kam an Ludwig des Deutschen Sohn Ludwig III. und 882 an dessen jüngeren Bruder Karl den Dicken, der seit 881 die Kaiserkrone trug und das ganze Franken-reich unter seinem Zepter vereinigte. Um diese Zeit hatten die Rheinlande durch die Normannen viel zu leiden. Auf ihren Schiffen fuhren sie aus der Nordsee den Rhein und die Maas hinauf und plünderten Cleve, Xanten, Duisburg, Neuß, Coin, Bonn, Coblenz, Zülpich und Jülich. Den Kaiserpalast zu Aachen verwandelten sie in einenPferdestall, Stadt und Pfalz raubten sie aus und setzten sie in Flammen; auch die Klöster Cornelimünster, Malnvedy und Stablo plünderten und verbrannten sie. Das Kloster Prüm, in dem die Nordmänner drei Tage weilten, und von dem aus sie die umliegenden Dörfer plünderten und ihre Bewohner auf das entsetzlichste peinigten, ließen sie als Aschenhaufen zurück. Die Mönche wurden teils vertrieben, teils getötet. Darauf wandten sich die Unholde nach Trier. Am Osterfeste 882 begann nach einer kurzen Rast die Plünderung. Der Erzbischof konnte mit seinen Leuten keinen Widerstand leisten und fiel selbst als Opfer roher Mordlust. Die Furcht vor den wilden nordischen Scharen war bei dem rheinischen Volke groß. Der Ruf: ,,0 Herr, errette uns von den Normannen!“ stieg als tiefempfundenes Gebet oft zum Himmel empor. Kaiser Karl III., der Dicke, von dem bedrängten und geängstigten Volke zu Hilfe gerufen, erschien in den Rheinlanden. Er schloß das Lager der Normannen ein, gewährte ihnen aber, ohne seine vorteilhafte Stellung ausgenutzt zu haben, freien Abzug. Der schwache Fürst, der nicht imstande war, die Feinde abzuwehren, wurde 887 in Tribur abgesetzt. Die Einfälle der Normannen erneuten sich von Jahr zu Jahr, bis Arnulf vonKärnthen die verwegenen Räuber bei Löwen entschieden zurückwies. Seit dieser Zeit erschienen sie nicht mehr in den Rheinlanden. Sie wurden allmählich seßhaft und begründeten das Herzogtum der Normandie. Auf Arnulf folgte Ludwig das Kind; dieser aber war nur ein Schattenherrscher. In Wirklichkeit führte damals Erzbischof Hatto von Mainz die Herrschaft.
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Mit dem Werden des Frankenreiches ist die Einführung des Christentums in Deutschland und den Rheinlanden eng verknüpft,
Die linksrheinischen Bewohner der heutigen Rheinlande wurden jedenfalls schon früh mit dem Christentum bekannt. Man ist heute zu der Annahme geneigt, daß die ersten Keime des Christentums in Gallien durch Seefahrer aus dem Morgenlande gelegt wurden, die häufig nachMassilia kamen. Orientalisch-christliche Kaufleute trugen dann ihren Glauben in das Innere Galliens bis nach Germanien. Römische Soldaten, Kaufleute und Sklaven waren später eifrige Verbreiter der neuen Lehre. Der Sage nach sandte der heilige Petrus von Rom aus seinen Schüler Eucharius mit Valerius und Maternus (Jüngling zu Naim) zur Bekehrung Galliens und Germaniens an den Rhein. Sie kamen 54 n. Chr. nach Trier. Eucharius war 23 Jahre lang der erste Bischof des „gallischen Roms“; ihm folgte Valerius 15 Jahre lang; dann leitete Maternus, der auch die Städte Tongern und Cöln zum Christentum bekehrte, 40 Jahre lang die rheinische Kirche. Er war gleichzeitig Bischof von Tongern, Trier und Cöln. In Cöln starb der hl. Maternus hochbetagt im Jahre 128. Nach späteren Traditionen der Trierer und anderer gallischer Kirchen hat ein gewisser Rictius Varus, der noch heute in der Sage das ,,Stadtgespenst von Trier“ bildet, im Aufträge des römischen Kaisers Diokletian 286 das ganze belgische Gallien mit einer grausamen Christenverfolgung heimgesucht. Auch zahlreiche Jünger Jesu in Trier, Cöln, Bonn und Xanten (Teile der sogenannten Thebäischen Legion, unter ihnen Tyrsus in Trier, St. Gereon in Cöln, St. Viktor in Xanten und St. Cassius und Florentius in Bonn) sollen dabei für ihren Glauben geblutet haben. Die Person des Rictius Varus ist nicht geschichtlich bezeugt x).
Die erste geschichtlich verbürgte Nachricht über christliche Gemeinden im römischen Germanien, dessen Zentrum die Rheinlande bildeten, besitzen wir vom hl. Irenäus, Bischof von Lyon (177/202). Daß zu Anfang des 4. Jahrhunderts die Zahl der Christen am Rhein verhältnismäßig
1) Unter dem Titel „Sagen aus dem Rheinlande" erzählt der Verfasser 90 historische rheinische Sagen für die Jugend (Verlag: Düsseldorf, JJchwann, Preis 0,80 Mk.), die eine Ergänzung des vorliegenden Buches bilden.
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groß war, bezeugt das Vorhandensein des Erzbistums Trier und des Bistums Cöln. In den Akten des Konzils zu Arles 314 werden die Bischöfe Agritius von Trier und Maternus von Cöln genannt; sie sind die ersten nachweisbaren Kirchenfürsten am Rhein. Der Trierer Erzbischof Agritius bildete zwei treffliche Jünglinge aus Aquitanien, Maximin und Paulin, zu Priestern heran. Diese wurden seine Nachfolger in Trier, Die in den ,,Gesta Trevirorum“ vor Agritius aufge-führten 22 Bischöfe von Trier sind nicht geschichtlich verbürgt,
Kaiser Constantin erhob das Christentum zur staatlich anerkannten Religion, Seine Mutter, die hl, Helena, die mit ihrem Sohne längere Zeit in Trier weilte, förderte die christliche Religion nach Kräften, und in der Mosel- und Rheingegend nahm die Zahl der Christen rasch zu. Das bezeugen vor allem die hier am Rhein zahlreich vorkommenden christlichen Inschriften auf Grabsteinen, die nach ihrem bedeutendsten Erforscher Fr. X. Kraus jedoch kaum in die Zeit vor Constantin zurückreichen- Sie beginnen meist mit den Eingangsformeln hie iacet, hie iacet in pace oder hic pausat und zeigen vielfach das ältere oder jüngere Christuszeichen, eine oder zwei Tauben und das Lamm. Zeugen für die Anv/esenheit von Christen am Rhein zur Römerzeit sind auch mehrere Funde römischer Glas- und Bronzegegenstände aus Trier, Bonn, Cöln und Neuß. Der Sündenfall, Moses, der Wasser aus dem Felsen schlägt, Job, die Erweckung des Lazarus, die Brotvermehrung, der segnende Christus zwischen den Apostelfürsten Petrus und Paulus und einige andere Darstellungen sind als Bildwerke römischer Kleinkunst erhalten. Bemerkenswert ist auch eine in Knochen geschnittene Darstellung des guten Hirten aus Bonn, Die Entstehung dieser Bildwerke setzt man ins 4, Jahrhundert, Auch die Akten des Cölner Konzils vom Jahre 346 beweisen, daß in den Römerlagern und deren Umgebung die christlichen Gläubigen sich schon um ihre Priester versammelten.
Im 4, Jahrhundert verursachte der Arianismus in der ganzen christlichen Kirche, auch in Gallien, große Unruhen. Am Rhein konnte die Irrlehre keinen festen Boden fassen. In diesen Wirren wurde der hl. Athanasius, der Hauptkämpfer gegen Arius, von seinem Bischofssitze Alexandrien durch Kaiser Constantin nach Trier verbannt; hier lebte er
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von 336 bis 338. Auch Hieronymus, Martin von Tours und Ambrosius hielten sich vorübergehend in Trier auf. Die Trierer Kirche stand im 4. Jahrhundert schon in hoher Blüte. Der Trierer Erzbischof besaß den Primat in ganz Gallien, zu dem man die rheinische Kirche damals rechnete.
Zahlreich sind die Glaubensboten, die in der Folgezeit am Rhein erschienen. Zur Zeit des Trierer Erzbischofs Maximin (332/349) predigte der hl. Lubentius das Evangelium an der unteren Mosel (Cobern) und jenseits des Rheines an der Lahn (Dietkirchen), und der hl. Kastor, an den die Kastorkirche in Coblenz erinnert, predigte an der Mosel in der Gegend von Carden.N Im 6. Jahrhundert finden wir den hl. Goar am Mittelrhein. Die Bischöfe N i c e t i u S v o n T r i e r (527/566) und KunibertvonCöl n (623/663) machten ihren ganzen Einfluß zum Wohle der Kirche geltend. In der Gegend von St. Wendel predigte der hl. Wendelinus, der das Kloster Tholey begründet haben soll, Gegen das Ende des 7. Jahrhunderts (674) finden wir den hl. D i s i b o d u s an der Nahe. Das rechtsrheinische Gebiet wurde dem Christentum durch angelsächsische Mönche gewonnen. Mit Willibrord, dem Apostel der Friesen, kam um 692 Swidbert aus England nach Friesland. Mit elf Gefährten begann er hier seine Missionstätigkeit. Die Brüder liebten ihn als einen milden, maßvollen und bescheidenen Mann. Nach England zurückgekehrt, wurde er zum Bischof geweiht. Er kam dann wieder auf das Festland und wandte sich mit großem Erfolge zu den Bruktuariern zwischen Lippe und Ruhr im südlichen Westfalen. Als die benachbarten Sachsen die Christen aus dem Bruktuarier-iande vertrieben, begab Swidbert sich nach Cöln, wo damals Pippin von Heristal mit seiner Gemahlin Plektrudis residierte. Pippin schenkte ihm auf einer Insel bei Düsseldorf, auf dem Werth, eine Wohnung im dortigen Fronhofe. Auf der Insel errichtete Swidbert ein Kloster, zu dem Pippin von Heristal oder sein Sohn Pippin der Kurze den Grund und Boden schenkte. Die Insel führte nach ihm den Namen Swidbertsinsel; es ist das heutige Kaiserswerth, das inzwischen aus einer Insel- zu einer Uferstadt geworden ist. Von dort mag Swidbert mit seinen Gefährten dasBergische Land, als dessen Apostel er bezeichnet wird, dem Christentum zugeführt haben. Sichere Beweise dafür fehlen. Swidbert
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starb um 713. Seine Gebeine ruhen in Kaiserswerth. Auf der „Hardt“ bei Elberfeld erhebt sich ein einfaches Denkmal dieses Apostels des Bergischen Landes 1). Der hl. Boni-f a t i u s hat mit seiner Missionstätigkeit auf die Rheinlande keinen unmittelbaren Einfluß ausgeübt, da Pippin der Kleine ihm den erzbischöflichen Stuhl in Cöln verweigerte und er sich Mainz als Wohnsitz erkor. Diese Stadt eignete sich dazu um so mehr, als hier der Zusammenhang zwischen der Antike, dem Germanen- und Christentum besonders ausgeprägt war.
Zur Zeit Karls des Großen, wahrscheinlich schon früher, war in den Rheinlanden das Heidentum vollständig ausgerottet. Die niederrheinischen Christen unterstanden dem Bischof von Cöln, den Karlmann 745 zum Erzbischof erhob, die Moselgebiete gehörten zum Erzbistum Trier. Die rheinischen Erzbischöfe nahmen zur Zeit des Frankenreiches eine einflußreiche Stellung ein.
Befestigt wurde das Christentum am Rhein zur Zeit des Frankenreiches durch zahlreiche Klöster. Um die Mitte des 7. Jahrhunderts gründete der hl. R e m a k 1 u s , der aus einem vornehmen Geschlechte Südfrankreichs stammte, die Benediktinerabtei M a 1 m e d y und die im heutigen Belgien gelegene Abtei Stavelot. Die späteren Benediktinerabteien St, Maximin und St. Matthias in Trier, die wahrscheinlich gegen Ende des 7, Jahrhunderts die Benediktinerregel annahmen, bestanden als Klöster schon lange vorher. Ihren Ursprung setzt man sogar ins 4. Jahrhundert. Sie bilden demnach die ältesten Klöster Deutschlands. Das Kloster Mettlach wurde am Ende des 7. Jahrhunderts von Lut-winus, dem Herzoge des belgischen Galliens, begründet. Lutwinus trat selbst in das Kloster ein; er wurde später Bischof von Trier. Die Benediktinerabtei Prüm, 721, nach Beyer und Ölsner 720, nach Marx 722 von Bertrada aus dem Geschlechte der Merowinger gegründet, ist unter den rheinischen Klöstern das bedeutendste. Papst Leo III. weihte auf seiner Flucht zu Karl dem Großen 199 der Legende nach die Abteikirche ein. Der bedeutendste Abt aus dem 9. Jahrhundert war Regino (892/899), der sich 899 nach St. Maxi-
1J Die wenigen zuverlässigen Nachrichten über Swidbert verdanken wir Beda dem^Ehrwürdigen, dem Geschichtschreiber der angelsächsischen Kirche.
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min bei Trier zurückzog, wo er 915 starb. Seine Chronik 1), eine Hauptquelle der damaligen Zeitgeschichte, reicht bis 906. Diese Chronik ist die erste auf deutschem Boden entstandene Weltgeschichte. Wattenbach bezeichnet sie als „einen der frühesten Versuche, die Weltgeschichte zu einer ziemlich ausführlichen Erzählung zusammenzufassen, eine Aufgabe, an welche sich damals nicht leicht jemand wagte, und deren Schwierigkeiten außerordentlich groß waren“. Auch die kirchenmusikalischen Schriften Reginos sind bedeutungsvoll; zu seiner Zeit hatte Prüm eine ausgezeichnete Musikschule, Von künstlerischem und geschichtlichem Werte ist auch das Chartularium Prumiense oder Liber aureus, das Urkunden aus dem 8. bis 12. Jahrhundert enthält und im 12. Jahrhundert entstand. — Im Jahre 778 gründete der hl. Ludger, der erste Bischof von Münster, die freiherrliche Benediktinerabtei Werden an der Ruhr zur Sicherung der christlichen Lehre und als Pflanzschule für Missionspriester. Hier erholte er sich oft von seinen anstrengenden Missionsreisen, hier wurde er 809 bestattet. — Ludwig der Fromme baute seinem Ratgeber, dem Abte Benedikt von Aniane, zu Ehren um 815 das Kloster Cornelimünster, — Der hl. Willibrord gründete das Kloster Echternach, das auch seinen Gebeinen eine Ruhestätte bot. Im Jahre 836 stiftete der Abt Marquardt von Prüm (829/853) aus den Mitteln der Abtei das Kloster Münstereifel. Im Jahre 874 begründete Gericus, ein vornehmer Franke, das Kloster Gerresheim, und fast gleichzeitig mit diesem gründete der Sachse Altfried die Abtei Essen. Essen und Gerresheim waren mit Elten (gegründet 963) freiadelige Kanonissenstifte. Welchen Reichtum die Klöster der Karolingerzeit besaßen, zeigt das aus dem Jahre 893 stammende Registrum Prumiense, das Cäsarius von Meilendunk (1222) neu aufzeichnete und mit Anmerkungen und Erläuterungen versah. Nach diesem Güterverzeichnis hatte das Kloster Prüm damals Besitzungen in den heutigen Kreisen Prüm, Bitburg, Trier, Bernkastel, Daun, Adenau, Ahrweiler, Bonn, Cöln, Bergheim, Euskirchen, Rheinbach, Jülich, Schleiden, Neuwied und Kreuznach, in Nassau, Rheinhessen und Rheinbayern, in Luxemburg, Belgien und Holland. Es sind im ganzen 119 Einzelbesitzungen auf gezählt.
1) Vgl.: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm in den Monu-menta Germaniae.
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So wurden die Rheinlande allmählich für das Christentum gewonnen. Aber auch nachdem das Heidentum ganz geschwunden war, erhielten sich unter christlichem Namen noch zahlreiche, in ihrem Kern heidnische Gebräuche. Als solche erhielten sich bis in unsere Zeit die Fastnachts- und Maifeste, die verschiedenen Pfingstgebräuche, die Johannis-, Michels- und Martinsfeuer, die Martinsgans und die Epiphaniegebräuche. In dieser Übergangszeit ist auch die Grundlage zahlreicher Legenden und Sagen zu suchen, die in christlichem Gewände ein heidnisches Gepräge zeigen und die in einigen Gebieten bis auf den heutigenTag im Gedächtnis des Volkes weiterleben.
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DieKulturimFrankenreiche zeigt im Gegensatz zur altgermanischen Kultur mannigfache Fortschritte. Wenn auch die Franken die römische Kultur am Rhein vielfach vernichteten, so blieben doch noch genug Kulturzusammenhänge bestehen, die die Brücke schlugen zwischen dem römischen Altertum und dem germanisch-christlichen Mittelalter: die alten Römerstädte wurden die Mittelpunkte der fränkischen Regierung und der Verwaltung der Kirche. Wenn auch Cöln und Trier in den Jahren 451 bzw. 470, als die Franken sie dauernd in ihren Besitz brachten, völlig zerstört wurden, dann verhinderte diese Zerstörung doch nicht, daß sie Zentren der Frankenherrschaft und Ausgangspunkte des Christentums wurden. Die römischen Ziegeleien wurden im Rheingebiete weitergeführt — nachgewiesen ist dies bei Straßburg —, und der Tuchmarkt von Igel bei Trier zeigt, daß die fränkische Tuchfabrikation an die römische anknüpfte. Die Kleinkunst Triers (Elfenbeinschnitzereien im Trierer Domschatz) erhielt sich in der merowingischen Zeit, und der erste fränkische Comes in Trier galt als bedeutender Kunstmäcen. Das Trierer Amphitheater wurde in späterer Zeit noch nicht ganz verlassen, und der Matronenkult erhielt sich im Volksglauben. Die drei Juffern an der Rur und Inde und die drei heiligen Jungfrauen von Auw an der Kill beweisen dies zur Genüge. Zahlreiche Dorf- und Flurnamen trugen die römische Namengebung bis in die Jetztzeit. So finden sich allenthalben im Rheinlande römisch-fränkische Kulturzusammenhänge. Antike, Germanentum und Christentum reichen sich am Rhein die Hand zum innigen Bunde für die kommenden Jahrhunderte.
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Wie bereits zur Merowingerzeit, so war auch das Frankenreich Karls des Großen in eine Menge kleiner Verwaltungsbezirke, die Gaue, geteilt. Jeder Gau zerfiel wieder in Hundertschaften (Honschaften?), die jetzt nicht mehr persönliche Verbände, wie zur Germanenzeit, sondern räumliche Verwaltungsbezirke und Gerichtssprengel waren. An der Spitze des Gaues stand der Gaugraf, an der Spitze der Hundertschaft der Zentenar oder Schultheiß. Im Gebiete der Rheinlande finden wir als die bedeutendsten Gaue den Cöln-, Bonn-, Trier-, Ahr-, Eifel-, Caros-, Bied- (Bitburg), Mosel-, Saar-, Hunsrück-, Trechir- und Nahegau, den Jülich-, Zülpich-, Hama-, Mül-, Chattuarier- und Düffelgau, den Auel-, Deutz-, Sieg-, Keldach- und Duisburger-Gau. Ursprünglich lag im Frankenreiche die Gerichtsbarkeit in den Händen des Volkes. Der König, der anfangs Stammeskönig war, besaß die Vollstreckungsgewalt. Er war der oberste ausführende Beamte des Volkswillens. Zur Zeit der Karolinger aber lagen die Gerichte in den Händen der Gaugrafen, die im Namen des Königs auf den Malstätten Recht sprachen. Sendgrafen überwachten seit Karl dem Großen die Gaugrafen und sprachen auf Sendgrafengerichten im Namen des Königs Recht. Bischöfliche Gerichte waren für die Geistlichen bestimmt. Die Unfreien wurden im alten Frankenreiche in rechtlicher Beziehung meist einer Sache gleich geachtet; mit ihrem Ansehen aber stieg auch ihre rechtliche Stellung.
Die Bewohner des Frankenreiches schieden sich in Freie und Unfreie. Zwischen beiden standen die Liten oder Pächter, Die bevorzugtesten unter den Freien waren die A d e 1 i g e n , die sich durch größeren Grundbesitz vor den Freien auszeichneten. Neben diesem alten Adel der Großgrundbesitzer bildete sich bald aus den Gefolgsleuten und den Beamten des Königs ein neuer Dienstadel. Die Adeligen wohnten meist in höheren einzelstehenden Gebäuden (Höfen). Jeder Hof bestand aus dem Hauptgebäude (Halla oder Sala), dem Herrenhause, und den Gesinde- und Wirtschaftshäusern und war von einem Walle oder Zaune umschlossen. Die Adeligen und die besitzenden Geistlichen ließen ihn später vielfach von Zinsmännern verwalten. Die Zahl der freien Bauern nahm nach und nach ab. Viele gingen als Vasallen in den Dienst eines Großgrund-
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besitzers. Sie verloren so zwar ihre Freiheit, waren aber wirtschaftlich besser gestellt, da sie nun vom Kriegsdienste frei waren. Die W ohnungen des niederen Volkes wurden aus Holz und Fachwerk hergestellt; sie lagen meist zerstreut, von Gärten und Feldern und auch von einem Walle oder Zaune umgrenzt. Jedes Haus oder mehrere Häuser gemeinschaftlich besaßen einen Brunnen. Dorfsiedelungen waren schon damals vorhanden, wenn auch die Hofsiedelungen im Rheinlande die Regel gewesen sein dürften. Im Dorf und um dasselbe lagen zunächst die Baumgärten (Bungert), mit Apfel- und Birnbäumen bestanden; dann folgten die Ackerländereien, meist Pachtgut, dann die meist gemeinschaftlichen Weiden, die vom Ackerland zu denDorf-waldungen führten. Die Weideplätze waren entweder eingezäunt oder mit einem tiefen Graben umgeben. Die Schweine trieb man vielfach zur Weide in die Eichenwälder. Jagd-, Holz- und Fischrecht waren frei. Um das Ackerland bei der Vermehrung des Volkes oder bei Zuzügen zu vergrößern, nahm man in der späteren Zeit des Frankenreiches Rodungen vor. In welchem Umfange diese in den Rheinlanden betrieben wurden, erhellt aus den Orts- und Flurnamen, die mit „rath, rad, rod, rode, rott“ zusammengesetzt sind. Auch die zahlreichen Namen auf -bach, -born, -feld, -hausen,-heim und -scheid sind meist fränkischenUrsprungs. Schon früh finden wir als gemeinschaftliche Anlagen der Dorfbewohner die Mühlen.
Aus der Klasse der Unfreien hoben sich bald zwei Klassen bevorzugter Unfreier hervor, das waren die Ministerialen (Hausdiener, das Dienstgefolge der Adeligen und die Vorsteher der landwirtschaftlichen Betriebe) und die H andwerker, von denen Schmiede, Zimmerleute, Sattler und Goldarbeiter das meiste Ansehen hatten. Oft wurden Unfreie freigelassen; sie konnten dann selbst Besitz erwerben, mußten aber zum Zeichen der ehemaligen Abhängigkeit den freien Herren Abgaben leisten.
Der Ackerbau, der im Anbau von Halmfrüchten, in Weiden und an Rhein und Mosel im Weinbau bestand, war die Hauptbeschäftigung des Frankenvolkes. Pflug, Egge und zweiräderiger Karren, vereinzelt auch der vierräderige Wagen, dienten als Ackergerät. Da das Eisen damals selten gewesen zu sein scheint, so waren diese Ackergeräte meist
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recht kümmerlich. Schwein, Rind, Pferd, Gans, Huhn, Biene und Hund waren die bekanntesten Nutztiere. Als normale Herde galten bei den Ribuariern 12 Stuten und 1 Hengst, 12 Kühe und 1 Stier, 6 Sauen und 1 Eber. In der Viehzucht überwog im allgemeinen die Schweinezucht. Einen besonderen Aufschwung nahm der Ackerbau zur Zeit Karls des Großen. Karls Meierhöfe, die sich besonders zahlreich in der Nähe der Kaiserpfalz Aachen befanden (Düren, Linnich, Eschweiler, Würselen, Laurensberg, Büllingen, Amel,Thom-men, Neundorf — letztere vier im Kreise Malmedy —) und von unfreien Knechten und Mägden unter Aufsicht eines Villicus (Richters, Meiers) bearbeitet wurden, warenMuster-wirtschaften, deren Nachahmung Karl gebot. Die Höfe waren aber auch der Mittelpunkt der Gerichtsbarkeit und das Quartier des Fürsten beim Aufenthalt in der Gegend. Über die Art und die Zeit der Bewirtschaftung der Ländereien am Mittelrhein und über die wirtschaftlichen Zustände des späteren Frankenreiches überhaupt gibt uns Wandalbert von Prüm in einem Gedicht, das einen Anhang zu seinem größeren Gedichte ,,Martyrologium aus dem 9. Jahrhundert (848) bildet, anschauliche Schilderungen: Die Feldarbeit beginnt im Februar; die Schwalbe erscheint schon im März (?); in diesem Monat beginnt auch das Veredeln der Obstbäume, und noch im November streut der Landmann den Samen der Wintersaat aus, ja selbst im Dezember wird bei feuchtem Wetter noch gepflügt; es werden dann noch Gerste und Hülsenfrüchte gesät. Die übrigen Arbeiten decken sich ziemlich mit den im heutigen Arbeitskalender des Landmannes geforderten. Maikräuter und Erdbeerbowle sind dem Verfasser nicht fremd, und der Zucht und Pflege des Weinstockes wendet er seine besondere Aufmerksamkeit zu.
Größere Waldgebiete waren königliches Eigentum. Die meisten Gerechtsame, wie Fähren, Wege und Fischerei, hafteten an einzelnen Höfen.
Nachdem das römische Gewerbe, der Verkehr und der Handel unter den Franken zu Anfang des 5. Jahrhunderts fast gänzlich untergegangen waren, dauerte es lange Zeit, bis diese am Rhein wieder ihre frühere Höhe erreichten. Erst unter den Merowingern und Karolingern, vornehmlich auch durch die Einwirkung des Christentums, begannen die Ge-
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werbe und mit ihnen der Verkehr sich neu zu beleben. Eine hohe Entwicklung zeigt schon bald die Metallindustrie. Eiserne Gürtelschnallen mit Ornamenten und Gravierungen, Broschen mit filigranartigen Metallfäden und Edelsteinen besetzt, dienten als Schmuck. Langschwert, verschiedene Arten von Dolchmessern, Wurfbeil, Hakenlanze, Schild mit Eisenbuckel und Pfeile dienten als Waffen. Die Steinplastik war noch wenig entwickelt. Die Grabsteine zeigen rohe Umrisse von Menschen und Tieren und lateinische Inschriften. Das Karolingische Wirtschaftskaoi-tular von 812 forderte, daß auf jedem ansehnlichen Kammergut Eisenschmiede, Gold- und Silberarbeiter, Schuster, Dreher, Wagner, Zimmerleute, Schildmacher, Vogelsteller, Seifensieder, Brauer, Obstweinhersteller, Bäcker, Sattler, Schreiner, Küfer, Gerber, Färber, Walker, Weber u. a. Handwerker vertreten sein sollten. Die fränkischen Töpfe sind von sehr einfacher Form; ihre Verzierung stellt schachbrett-oder wellenförmige Muster dar; auch Glasgefäße gab es, die aber in technischer Ausführung gegen die römische Glasindustrie einen Rückschritt zeigen. Der gewöhnliche Schmuck der Frauen waren Halsketten aus Ton, Glas, Halbedelsteinen u. dgl. Im allgemeinen waren die Gewerbe noch wenig entwickelt und wurden daher hoch gewertet.
Seit dem 7. Jahrhundert begann der Handel sich allmählich zu heben. Während vorher meist Italiener, Wenden und Ungarn den Rheinhandel vermittelten, findet man seit dieser Zeit auch reiche fränkische Freien in Ausübung der Handelsgeschäfte. Von besonderer Bedeutung wurde der Handel am Rhein jedoch erst seit Karl dem Großen. Mittelpunkte desselben waren die kaiserlichen Pfalzen und Orte mit Stifts- und Klosterkirchen. Karl der Große und Ludwig der Fromme begünstigten die Kaufleute durch ihren besonderen Schutz. Die seit der Römerzeit am Rhein be-stehenden, vielfach aber sehr schlechten Straßen ließ Karl der Große wiederherstellen. Waffen (Schwerter, Lanzen, Helme, Panzer und Beile) waren die Hauptgegenstände der Einfuhr, wenngleich solche auch von heimischen Handwerkern hergestellt wurden. Kostbare Stoffe und Straußenfedern bezog man aus dem Orient, Hermelin- und Zobelpelze, Wolle, Bettdecken und Mönchskutten vorwiegend aus England. Ausgeführt wurden Erzeugnisse der Landwirt-
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schaft und Tuche, Die Ausfuhr von Waffen verbot Karl der Große (779). Unter den Merowingern behielt man anfangs das römische Münzsystem bei, und als die Fürsten begannen, selbst Münzen zu prägen, ahmten sie die römischen Münzsorten nach, um denselben leichter Eingang zu verschaffen. Karl der Große führte ein einheitliches Münz-svstem ein. Aus einem Pfund Silber prägte man 240 Denare. 1 Denar betrug etwa 20 Pfg nach unserm heutigen Gelde. 12 Denare bildeten einen Schilling. Das Verhältnis des Goldes zum Silber war 1 : 12.
Von einer wissenschaftlichen und künstlerischen Betätigung kann im früheren Frankenreiche kaum die Rede sein. Die Keime zur Bildung legte Karl der Große. Hof-, Kathedral-, Kloster- und Pfarrschulen sind seine Schöpfungen. Jede Benediktinerabtei besaß ihre eigene Schule, in der die sieben freien Künste gelehrt wurden. Als die bedeutendsten Benediktinerschulen der späteren Frankenzeit gelten die zu Mettlach an der Saar und zu Prüm. Erstere gewann ganz besonders an Ansehen durch die Trierer Erzbischöfe Richbod, Amalarius und mehrere ihrer Nachfolger, die in Mettlach früher Abt waren. Die Klosterschule in Prüm blühte vornehmlich unter dem Abte Marquardt (829/853), unter der Leitung Wandalberts (s, o.) und unter dem bekanntesten der Prümer Äbte, Regino (892/899). Das religiöse Leben der jungen Frankenchristen war, wenn auch nicht frei von heidnischen Kultresten, aufrichtig und innerlich. Das bürgerliche Leben zeigt im Gegensatz zu dem Leben der Germanen höhere Ansprüche, gegen die spätere Zeit anspruchslose Einfachheit. Bei der Begräbnisart der Franken finden wir keine Brandgräber mehr wie zur Zeit der Römer. Die Leichname wurden vielmehr in Stein- oder Holzsärgen, ausgehöhlten Baumstämmen (Totenbäumen) mit dem Gesicht gegen Osten in Reihen bestattet. Ein anschauliches Bild des bürgerlichen Lebens und der Bestattungsart in der Frankenzeit bieten uns die Funde in den rheinischen Provinzialmuseen in Bonn und Trier.
Kreuzberg. Geschichtsbilder aus dem Rheinlande.
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III.
Die Rheinlande, ein Teil des Herzogtums Lothringen. Die Zeit der Lehnsherrschaft.
Seit den Teilungen des Reiches Karls des Großen war die Macht der Herrscher immer mehr gesunken. Sie waren nicht mehr imstande, das Reich zusammenzuhalten und zu schirmen. So entwickelten sich die deutschen Nationalstämme wieder selbständiger, um den drohenden Feinden, den Normannen, die man nach dem Tode des „Siegers an der Dyle“ wieder fürchten mußte, den Dänen, Wenden, Sorben und Magyaren gewachsen zu sein. Unter dem alten Namen der Herzöge traten ausgezeichnete Führer, die ihre Macht erblich zu machen strebten, an ihre Spitze. Diese Herzöge waren keine Untergebene des Königs; sie standen vielmehr neben diesem mit einer freien, geregelten Gewalt. Wie die Herzogtümer Bayern, Schwaben, Sachsen und Franken sich im südlichen und nördlichen Deutschland bildeten, so entwickelte sich im Westen am Rhein das Herzogtum Lothringen, dessen Name von Lothar II. herrührt. Der Zusammenhang des Stammes, eines Teiles der Franken, war hier sehr locker. Nord- und Südlothringen waren durch die Eifel und die Ardennen geschieden, und die vornehmen Adelsgeschlechter der einzelnen Gebiete verfolgten jedes seine besonderen Interessen. Außer dem Gebiete, das heute die Rheinlande bildet, gehörte zum Herzogtum Lothringen das Land nördlich bis zur Maasmündung und westlich bis zur Schelde. Die Westgrenze zog sich dann durch die Ardennen westlich von der Maas bis ungefähr zu der Moselquelle. Von dort führte die Ostgrenze über den Wasgenwald und den Hunsrück nach Norden bis zum Rhein zwischen Bingen und Coblenz.
Arnulf von Kärnthen setzte seinen Sohn Zwenti-b o 1 d 895 zum Unterkönig von Lothringen ein. Er hatte
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gehofft, durch diesen das Land seinem Reiche dauernd zu erhalten, was ihm in gewissem Sinne auch gelang. In den ersten Jahren seiner Regierung wurde der Unterkönig, der Lothringen getrennt von Ostfranken verwaltete, unterstützt und beraten von Reginar, der reiche Besitzungen an der unteren Maas hatte. Als Zwentibold mit Reginar zerfiel, nahm er ihm seine Erbgüter und Lehen und verwies ihn des Landes. Von vielen Großen Lothringens, die durch die Günstlings- und Weiberwirtschaft am Hofe Zwentibolds abgestoßen wurden, unterstützt, zog Reginar in die Gegend der Maasmündung und behauptete sich dort gegen Zwentibolds Heer, das in dem sumpfigen Lande überall Hindernisse fand. Als nun Arnulf von Kämthen gestorben war, unterwarf Reginar mit den lothringischen Großen sich dem neugewählten ostfränkischen Könige Ludwig IV. Zwentibold setzte seine ganze Macht ein, Lothringen zu behaupten; er wütete gegen die Besitzungen seiner Feinde mit Mord und Brand, fiel aber in einem Gefecht an der Maas (900). Durch den Einfluß des Erzbischofs Hatto von Mainz suchte jetzt Ostfranken Lothringen zu behaupten und betraute Konrad von Franken, den späteren König, mit der Verwaltung. Die Gegenpartei aber gewann die Oberhand und lieferte 911 Lothringen dem westfränkischen Könige Karl III. aus. Dieser setzte Reginar zum ersten Herzoge von Lothringen ein. So wurde Lothringen 911 ein Herzogtum. Reginars Sohn Giselbert folgte 915 dem Vater in der Herrschaft.
Im Jahre 911 starb Ludwig das Kind, und mit ihm sank der letzte karolingische Herrscher ins Grab. Zu der neuen Königswahl in Forchheim erschienen die Großen aus allen deutschen Stämmen; nur die Lothringer kamen nicht. Als nun Konrad von Franken König des ostfränkischen Reiches wurde, strebte er vergeblich darnach, Lothringen zu erwerben. Zwei Feldzüge unternahm er gegen Karl III., den König von Westfranken; aber dieser behielt das Land in seinem Besitz.
Nach dem Tode Konrads wählten die Franken und Sachsen Heinrich I. zum deutschen Könige. Daß er zur Zeit kein einheitliches Reich schaffen konnte, wie dies die Merowinger und Karolinger besessen hatten, wußte er wohl. Er, dessen Sinn stets auf das Erreichbare gerichtet war,
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wollte darum auch die Herzogtümer nicht unterwerfen, wie seine letzten Vorgänger dies vergeblich versucht hatten. Die Herzöge sollten in ihren Herzogtümern selbständig die Gerichtsbarkeit über die Großen ausüben, den Landfrieden erhalten und die Grenzen gegen die Feinde beschützen. Er aber wollte aus den deutschen Stämmen einen Staatenbund bilden, an dessen Spitze der deutsche König stand. Nachdem Heinrich die Schwaben und Bayern unterworfen hatte, wollte er auch Lothringen mit dem Reiche vereinigen. In diesem Streben kam ihm ein glücklicher Umstand zustatten: Herzog Giselbert, der nach unumschränkter Gewalt in Lothringen strebte, geriet mit Karl von Westfranken in Streit. Karl trieb ihn so sehr in die Enge, daß er seinLand verlassen mußte. Giselbert floh zu König Heinrich, und durch diesen erlangte er wieder den größten Teil seiner Güter und die Erlaubnis zur Rückkehr in sein Gebiet. Bei einem Aufstande der Vasallen im Westfrankenreiche erreichte auch Giselbert in Lothringen volle Selbständigkeit. Um seine Vasallen zu belohnen, riß er die geistlichen Güter an sich und zwang den Erzbischof von Cöln, seinen Willen anzuerkennen. Mit König Heinrich unterhielt er eine stete Verbindung, um gegen Karl von Westfranken einen Rückhalt zu haben. Nachdem aber Karl in seinem Reiche mit Hilfe der Geistlichkeit und durch einen glücklichen Krieg gegen die Deutschen seine Macht wieder erlangt hatte, unterwarf sich ihm auch Lothringen wieder. Als im Jahre 921 bei einer Zusammenkunft auf dem Rhein bei Bonn Karl von Westfranken Heinrich als König von Ostf ranken feierlich anerkannt hatte, schien Heinrich den Verlust Lothringens zu verschmerzen. Karls Streben ging aber bald dahin, unumschränkter Herr in Westfranken zu werden. Dadurch spaltete sich sein ganzes Reich, auch die Vasallen Lothringens, in zwei Parteien, Karls Gegner wählten einen Gegenkönig. Nach dem Verluste der Schlacht bei Soissons endete Karl im Gefängnis. Dem Emporkömmling wollte Giselbert von Lothringen sich nicht unterwerfen. Auf seinen Ruf kam König Heinrich 923 über den Rhein. Er schloß mit dem neuen Könige von Westfranken, Rudolf, einen Waffenstillstand und kehrte wieder zurück. Abermals zeigte sich Giselberts Wankelmut; er neigte wieder zu Westf ranken hin. Da überschritt im Jahre 925 Heinrich wiederum den Rhein, belagerte Giselbert in seiner Festung Zülpich und
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brach seinen Widerstand. Der ehrgeizige und wankelmütige Giselbert unterwarf sich nun dem Könige und behielt die herzogliche Gewalt. Durch die Vermählung Giselberts mit seiner Tochter Gerberga (928) wußte Heinrich den Herzog an sein Haus zu fesseln. So kam 925 Lothringen wieder dauernd an Ostfranken.
Im Jahre 927 hielt Heinrich I. in Duisburg einen Reichstag ab. Von Duisburg aus zog er im folgenden Jahre gegen die Wenden und begründete zum Schutze gegen sie die Nordmark.
Die Ungarn, die Heinrich im Jahre 933 bei Riade besiegte, waren auf ihren Raubzügen sogar bis an den Rhein gekommen. Sie hatten u. a. das Damenstift Gerresheim geplündert und niedergebrannt.
Bei der Krönung Ottos I. in Aachen versah Giselbert von Lothringen, in dessen Land die Krönungsstadt lag, das Amt eines Kämmerers; er ordnete das ganzeFest. Otto hatte von der Stellung des Königs eine andere Idee als sein Vater Heinrich. Er betrachtete sich nicht als den ersten unter Gleichen, er wollte Alleinherrscher sein. Das Amt der Herzoge war ihm lediglich ein Reichsamt, das er nach eigenem Gutdünken, nicht nach erblichen Rechten, vergeben wollte. Herzog Giselberts Treue gegen Otto erwies sich schon bald nach der Krönung als zweifelhaft. Nach dem Tode Thank-mars verband er sich mit Ottos jüngerem aufrührerischem Bruder Heinrich und dem unzufriedenen Herzoge Eberhard von Franken. Giselberts Ziel war, Lothringen zu einem Königreiche zu erheben. Die Aufständischen rückten 939 mit einem starken Heere an den Niederrhein, erlitten aber bei Birten, unweit Xanten, trotz ihrer Übermacht eine schwere Niederlage. Keineswegs aber war der Aufstand damit beendigt. Giselbert unterwarf sich dem westfränkischen Könige Ludwig, von dem er Hilfe hoffte. Sogleich eilte Otto aus Sachsen herbei und drang in Lothringen ein. Ein Kampf gegen die Dänen rief den König nach Sachsen zurück. Den Kampf in Lothringen mußte er seinen Freunden überlassen. Giselberts Macht stieg zusehends. Ludwig von Frankreich vertrieb Ottos Anhänger aus dem Elsaß, und Eberhard besetzte Breisach. Im Spätherbst des Jahres 939 erschien Otto am Oberrhein. Als er dort noch mit der Zurückeroberung der von Eberhard weggenommenen Burgen und Orte
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beschäftigt war, erhielt er die Nachricht, Eberhard und Giselbert seien bei Andernach über den Rhein gegangen und verheerten die rechtsrheinischen Gebiete. Ihr Heer stand schon mit reicher Raubbeute auf der linken Seite des Rheines, während die Herzöge noch auf der rechten Rheinseite beim Brettspiel saßen. Hier wurden sie von dem Heere Ottos überfallen. Eberhard fiel nach tapferer Gegenwehr. Giselbert rettete sich mit einem Teile seines Gefolges in einen Kahn; dei Kahn schlug auf dem Rhein um und versank mit den Insassen. Heinrich, Ottos Bruder, suchte und fand Schutz bei dem Könige der Westfranken. Dieser machte einen Heereszug nach Lothringen, wurde aber von Otto zurückgeschlagen. Gegen Ende des Jahres 942 söhnte er sich, wahrscheinlich durch Vermittelung der Witwe Giselberts, seiner Schwester Gerberga, die inzwischen Ludwigs Gemahlin geworden war, mit dem Franzosenkönige aus. In Lothringen legten sich jetzt allmählich die Stürme, Nachdem sein Bruder Heinrich sich mit ihm ausgesöhnt hatte, übertrug Otto ihm sogar das Herzogtum Lothringen. Doch war die Aussöhnung nicht von langer Dauer. Heinrichs Ansprüche waren höher als seine jetzige Stellung. Allenthalben geriet der unmutige Herzog in Unfrieden. Schon nach kurzer Zeit konnte er sich nicht mehr behaupten und floh. Zum Herzoge von Lothringen ernannte Otto jetzt den Grafen Otto, der schon nach Giselberts Tode das Land kurze Zeit verwaltet hatte. Im Jahre 944 war das Herzogtum wieder erledigt; da ernannte Otto Konrad den Roten von Franken zum Herzoge, der ihn bisher eifrig unterstützt hatte, Konrad rechtfertigte das Vertrauen des Kaisers. Als kluger und tatkräftiger Mann unterdrückte er alle Unruhen in Lothringen, In der Gunst des Königs stieg er so sehr, daß dieser ihm seine Tochter Luitgarde zur Ehe gab und in staatlichen Angelegenheiten am meisten auf seinen Rat hörte. Doch Konrads und Ottos Freundschaft sollte nicht allzu lange dauern, Konrad schloß sich Ottos Sohn Ludolf an, der sich gegen den Vater erhob. Als der König zu Anfang des Jahres 953 von Frankfurt nach Mainz zog, zwangen die Verschworenen ihn zu einem Vertrage, durch den er sich in ihre Hände gab. Als aber Otto über Cöln nach Sachsen zurückgekehrt war, erklärte er den erzwungenen Vertrag für nichtig. Sofort zog er nach Cöln zurück. Da man mit der strengen Herrschaft Konrads in
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Lothringen wenig zufrieden war, so erklärte sich fast das ganze Herzogtum für den König, der nun gegen Konrad zu den Waffen greifen konnte. Otto hatte sich bald Lothringen gesichert; er entsetzte Konrad seiner Herzogswürde. So leicht ließ dieser sich aber nicht absetzen. Er griff zu den Waffen und hoffte, die Lothringer würden sich auf seine Seite stellen. Er hatte sich geirrt. Diese traten im offenen Kampfe, angeführt von dem Grafen Reginar, ihm entgegen. An der Maas kam es zu einer furchtbaren Schlacht zwischen Lothringern und Lothringern. Der Kampf, der vom Mittag bis zum Abend dauerte, blieb unentschieden. Konrad, der selbst wie ein Löwe gekämpft hatte, war nicht besiegt, aber sein Herzogtum hatte er dauernd verloren. Er zog nach Mainz, wo es zwischen Ludolfs und Ottos Truppen zu blutigen, unnatürlichen Kämpfen kam. Ludolf und Konrad suchten nicht ohne Erfolg den Aufruhr über das ganze Reich auszudehnen. Noch während Otto seine Gegner in Mainz belagerte, wurde Bruno, Ottos Bruder, zum Erzbischof von Cöln erwählt. Auf Bitten Ottos übernahm dieser mit dem Erzbistum Cöln auch die Herzogswürde in Lothringen. Für diese Stellung eignete sich niemand besser als Bruno; er kannte die Lothringer, und die Lothringer kannten ihn. War er doch vom Bischof Balderich von Utrecht im Lothringerlande erzogen worden. Von Mainz aus, wo er als erster Ratgeber des Königs weilte, begab er sich nach Aachen, um sich der Treue der lothringischen Großen zu versichern. Den Grafen Gottfried, der hauptsächlich Brunos Wahl zum Erzbischöfe betrieben hatte, stellte er zur Verwaltung der weltlichen Geschäfte des Herzogtums an seine Seite. In Oberlothringen fand er kräftige Stützen an dem Erzbischöfe von Metz und dem Grafen Friedrich. Vergeblich versuchte Konrad, Lothringen wieder zu gewinnen; er verband sich sogar mit den Ungarn, die oft in Lothringen einfielen. Der umsichtige Herzog-Erzbischof sicherte aber dem Könige das Herzogtum, er bezwang die aufständischen Lothringer Grafen und freute sich, als endlich Konrad sich mit dem Könige aussöhnte. Zwar erhielt der ehemalige Herzog seine Reichswürden nicht wieder; er behielt jedoch seine Hausgüter als Eigenbesitz.
Als im Jahre 955 Ottos Bruder Heinrich (Herzog von Bayern), der nach seiner Unterwerfung treu zum Könige
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stand, starb, gewann Bruno den alleinigen Einfluß auf seinen Bruder. Um in Lothringen Ruhe und Ordnung besser aufrecht zu erhalten, teilte der Cölner Erzbischof im Jahre 959 das Herzogtum in Ober- und Niederlothringen. Zu erste-rem gehörten von der Rheinprovinz ungefähr die beiden heutigen Regierungsbezirke Trier und Coblenz, zu letzterem das nördliche Gebiet. Über die beiden Herzogtümer setzte Bruno Herzöge unter seiner Oberhoheit. In Niederlothringen erhielt dieses Amt Gottfried, in Oberlothringen Friedrich. Bruno verstand es, Ruhe und Ordnung in Lothringen zu erhalten und zu befestigen. Nicht minder glücklich wie die weltlichen ordnete er auch die kirchlichen Verhältnisse in seinen Ländern, Die Cölner Domschule wurde ein Ausgangspunkt der Ottonischen Renaissance, und Brunos Hof war bald eine gesuchte Schule ritterlichen Lebens. Die Ämter eines Erzkanzlers oder Erzkapellans 1), die Bruno schon früher besessen hatte, behielt er auch als Erzbischof von Cöln bei; sein Einfluß auf die Regierung des königlichen Bruders und die treue Wacht, die er am Rhein gegen Westfranken hielt, erhöhen die Bedeutung dieses ,,großen Bischofs“, so daß Brunos Biograph Ruotger nicht mit Unrecht die Regierung Deutschlands als die gemeinschaftliche Sache beider Brüder darstellt. Es war daher auch ein unersetzlicher Verlust für das Reich, als 965 Bruno, kaum 40 Jahre alt, starb. In der Pantaleonskirche in Cöln, in der auch seine Mutter Mathilde und Ottos II. Gemahlin Theophano bestattet sind, wurde er beigesetzt. Das alte Herzogtum Lothringen ging mit Bruno unter.
Niederlothringen, dessen Herzog Gottfried gestorben war, wurde der herzoglichen Gewalt enthoben und eng mit der Krone verbunden, in Oberlothringen wurde Herzog Friedrich selbständig. Otto I. erklärte Aachen zur ersten Residenz des ,,Heiligen römischen Reiches deutscher Nation“ diesseits der Alpen.
Unruhen in Lothringen hatte auch O 11 o II. zu bekämpfen. Giselberts Söhne, die den französischen König Lothar für sich gewonnen hatten, strebten wieder nach dem Besitz des Landes. Lothar überfiel 978 Otto II. in Aachen. Otto floh mit seiner Gemahlin nach Cöln. Aachen wurde
1) Als solcher hatte er die Leitung der königlichen Kanzlei und der kirchlichen Verhältnisse im Reiche.
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geplündert, und der nach Osten schauende Adler auf der Kaiserpfalz wurde nach Westen gerichtet zum Zeichen, daß von nun ab Aachen zu Frankreich gehören sollte. Als Otto sein Heer kriegsbereit hatte, verfolgte er die Franzosen bis Paris. Er belagerte Frankreichs Hauptstadt, wurde aber zum Rückzuge gezwungen. Die Verteidigung Lothringens überließ er dem Herzoge Karl von Oberlothringen und den Grafen. Im Jahre 980 kam es zum Frieden mit Frankreich. Lothar verzichtete auf Lothringen.
Als Otto II. in noch jugendlichem Alter in Italien seinen Tod gefunden hatte, entstanden um die vormundschaftliche Regierung für den minderjährigen Otto III. heftige Kämpfe zwischen der Mutter Theophano und Heinrich von Bayern. In diesen Kämpfen stellten die Erzbischöfe von Cöln und Trier sich auf Heinrichs Seite. Dem Erzbischöfe von Reims aber gelang es in Verbindung mit Gerbert von Aurillac, Heinrichs Partei zu unterdrücken; auch die Bemühungen Lothars von Frankreich, in Lothringen Einfluß zu gewinnen, blieben erfolglos. Die Griechin Theophano erhielt die vormundschaftliche Regierung. Niederlothringen, das jetzt enge mit dem Reiche verbunden war, wurde von dem Pfalzgrafen von Aachen verwaltet. Die karolingischen Herrscher übernahmen mit der merowingischen Hofordnung den Pfalzgrafen als Beisitzer beim Königsgerichte. Durch die allmähliche Ausbildung eines eigenen Pfalzgrafengerichtes trat der Pfalzgraf am Hofe immer mehr in den Vordergrund. Er wurde Vermittler zwischen dem Könige und dem Volke. In der Folgezeit wurde er auch oft mit Gesandtschaften betraut. Im ganzen Reiche gab es nur einen Pfalzgrafen. Anders gestaltete sich die Stellung des Pfalzgrafen in der Zeit der Ottonen; die Zahl derselben wurde vermehrt. Die Pfalzgrafen sprachen anstatt des Königs Recht über alle und führten die Aufsicht über die Krongüter. Sie traten so dem Herzog zur Seite, wurden aus Hofbeamten zu Reichsbeamten, und indem sie die Rechte des Königs wahrnahmen, bildeten sie ein Gegengewicht gegen den Herzog. In Niederlothringen, das stets eine besondere Neigung zu Frankreich hatte, war die Stellung des Pfalzgrafen von besonders hoher Bedeutung. Die Würde des Pfalzgrafen von Aachen wurde daher schon früh erblich und an eine mächtige, dem Königshause verwandte Familie verliehen. Der Pfalzgraf von
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Aachen war nicht nur Inhaber der Gerichtsbarkeit in der Kaiserpfalz und den Krongütern Lothringens, sondern er übte auch lange Zeit in den ripuarischen Gauen die Grafen-gewalt aus, wodurch Ripuarien immer inniger mit dem Königshause vereinigt wurde.
Als ersten Pfalzgrafen von Aachen kennen wir Hermann, der in Urkunden von 993 und 996 auch als Graf des Bonn- und Auelgaues genannt wird. Sein Sohn Ezo, der sein Nachfolger wurde, vermählte sich mit der Schwester Kaiser Ottos III,, Mathilde. Mit der Vermählung der dem Kloster zugelobten Schwester war Otto nicht einverstanden. Als er aber zum Besuche des Grabes Karl des Großen nach Aachen kam, söhnte er sich mit der Schwester aus und beschenkte sie reich. Im Münster zu Aachen fand nach seinem Wunsche Otto sein Grab. Ezo und seine Gemahlin gründeten das Kloster Brauweiler. Als Heinrich II. nach seiner Erhebung auf den deutschen Königsthron sich nach Duisburg begab, um die Huldigung der niederlothringischen Großen dort zu empfangen, stellten sich nur wenige Bischöfe ein. Nachdem er aber beim Durchzuge durch Niederlothringen die meisten für sich gewonnen hatte, huldigten diese ihm zu Aachen. Heinrich II. zwang Ezo, mehrere von den Gütern, die Otto III. seiner Schwester zum Geschenk gemacht und die daher Ezo als sein Eigentum ansah, herauszugeben; dadurch verfeindeten sich die beiden Verwandten und gerieten in andauernde Streitigkeiten,
Ezo starb im Jahre 1034 und wurde an der Seite seiner Gemahlin in Brauweiler beigesetzt- Sein Sohn Otto wurde von Kaiser Heinrich III, für treue Dienste zum Herzoge von Schwaben erhoben, Ottos Vetter Heinrich wurde sein Nachfolger. Dieser geriet in einen Streit mit dem Erzbischof Anno von Cöln, der sich bemühte, eine Erbschaft der Königin Richeza von Polen, einer Tochter Ezos, an sich zu ziehen. In der nun beginnenden Fehde kam der politische Gegensatz zum Ausbruch, der zwischen dem Aachener Pfalzgrafen und dem Cölner Erzbischöfe bereits seit einem Jahrhundert bestand. Besonders von dem Siegberge aus, den Anno stark befestigt hatte, verwüstete Heinrich das Erzstift, Der Erzbischof sprach über Heinrich den Bann aus und griff gegen ihn zu den Waffen. Der Pfalzgraf unterlag; er wurde gefangen nach Cöln gebracht, gegen Abtretung des Siegberges
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aber wieder entlassen. Auf diesem Berge (Michelsberg in Siegburg) gründete Anno im Jahre 1064 eine Benediktiner-Abtei, die in der Folgezeit zu hoher Bedeutung kam. Heinrich setzte die Fehde gegen den Erzbischof fort; er unterlag aber und verfiel dem Wahnsinn, in dem er seine eigene Gattin ermordete. Der Kampf mit dem Erzbischöfe und sein späterer Wahnsinn haben ihm den Beinamen „der Wütende“ eingebracht. Nach dem Tode Heinrichs, der 1060 im Kloster Echternach erfolgte, wohin man ihn gefesselt gebracht hatte, wurde Heinrich II. aus dem Hause der Luxemburger Pfalzgraf. Er begründete 1093 das Kloster Laach. Allmählich löste sich die Pfalzgrafschaft von der Gegend des Niederrheins und deren Interessen los; ihr Schwerpunkt verlegte sich in den Nahegau, wo sie sich zu einem Fürstentum entwickelte, an das heute noch die Pfalz erinnert.
Die beiden Herzogtümer Ober- und Niederlothringen waren 1033/1048 wieder vereinigt; dann aber wurden sie dauernd getrennt. Der Name Lothringen haftet seit dieser Zeit vornehmlich an Oberlothringen. Niederlothringen zersplitterte sich später in mehrere Gebiete; die bedeutendsten waren außer den in den Rheinlanden gelegenen (s. u.!) Brabant und Limburg, deren Besitzer auch den Titel Herzog führten. Kaiser Heinrich III. verlieh 1048 das Herzogtum Oberlothringen, zu dem von den heutigen Rheinlanden nur noch der südliche Teil des Regierungsbezirks Trier gehörte, an den Grafen Gerhard vom Elsaß, dessen Geschlecht dort bis 1737 herrschte. Das Land ging dann an Stanislaus Lesz-czinski, den früheren König von Polen, und 1766 an Frankreich über, das schon 1552 Metz, Toul und Verdun erhalten hatte.
Die Blütezeit des alten Herzogtums Lothringen fällt ins 10. Jahrhundert, in die Glanzzeit der Ottonen. Man hat das 10. Jahrhundert ein Zeitalter der Barbarei genannt. Diese Behauptung mag für den Anfang Berechtigung haben, da damals alles, was in der karolingischen Zeit für Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft geschehen war, zerfiel. Um die Mitte des Jahrhunderts aber beginnen sich neue Keime zu bilden, aus denen sich eine echt heimischeKultur entwickelte. Mittelpunkt dieses neuen Strebens war Lothringen, und seine belebende Kraft ging von Bruno aus. Er war vor allem bestrebt, die wissenschaftliche Ausbildung der Geist-
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liehen, der Kulturträger des 10. Jahrhunderts, zu heben und sie so zu ihrem Berufe immer mehr zu befähigen. Das Ausland erhielt seit dieser Zeit oft lothringische Klosterbrüder als Lehrer, und zahlreiche italienische Kleriker empfingen ihre Bildung in lothringischen Unterrichtsanstalten. Mit frischem Eifer warf man sich auf das Studium der alten Dichter, Redner und Geschichtsschreiber. DieKlöster wurden damals die Pflegestätten einer eigentümlichen Literatur. Im Gewände der alten Klassiker behandelte man deutsche Stoffe. Zahlreiche Klöster in Lothringen wurden von Bruno verbessert und neue begründet. Unter diesen nimmt das aus Brunos eigenen Mitteln gegründete Pantaleonskloster in Cöln eine der ersten Stellen ein. Für das Gebiet der Eifel hatten die Klöster Prüm und Münstereifel besondere Bedeutung. Die Cölner Domschule war der Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Bildung der Lothringer. Hervorragende Männer, die dieser Schule ihre Bildung verdankten, wirkten im Geiste Brunos mit ihm an der Verbesserung der Zustände im Lande. Hier und dort zeigen sich auch schon, besonders in Kloster- und Kirchenbauten, die Anfänge der romanischen Baukunst.
In der Gliederung des Volkes waren seit den Karolingerzeiten mannigfacheVerschiebungen vorgekommen. Durch die steten Gefahren, die in der letzten Hälfte des 9. und in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts von Normannen, Magyaren und Dänen den deutschen Landen drohten, sah sich eine große Zahl Einzelstehender, die bei der Lockerung der altgermanischen Familienbande schutzlos waren, veranlaßt, neuen Schutz zu suchen. Diesen fanden sie bei weltlichen und geistlichen Fürsten gegen Übernahme bestimmter Lehenspflichten. So wurde die Zahl der Lehensträger vermehrt, während die Macht der geistlichen und weltlichen Großen stieg.
Die Gaueinteilung des Frankenreiches blieb bestehen. Die Zahl der Gaue aber scheint sich vermehrt zu haben. Im Gebiete der Rheinlande finden wir als oft genannte Gaue außer den früher zur Zeit des Frankenreichs angeführten den Engerisgau, das Meinvelt, den Kuzziggau, Gilgau, den Gau-Teisterbant u. a.
Die Beschickung des Landes durch Königsboten hörte auf. Die Immunitäten, die freien Besitzungen geistlicher und weltlicher Großen, gewannen eine immer
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größere Selbständigkeit. Die Stellung des Herzogs war zu den Zeiten Heinrichs I. sehr selbständig gewesen. Zwar wurde durch Otto ihre Macht beschränkt, aber an Bedeutung hat sie wenig verloren. Das Recht über Krieg und Frieden wurde ihnen entzogen, und an ihre Seite stellte Otto III. gleichsam als königliche Statthalter die Pfalzgrafen. In seinem Herzogtum stand der Herzog an der Spitze des Heeres, das aus dem Heerbanne jedoch immer mehr zum Vasallenheer geworden war, er hatte die Sorge für den Landfrieden und hielt Hof-, Gerichts- undLandtage, zu denen die Bischöfe, Äbte, Grafen und Reichsvasallen vor ihm erscheinen mußten. Der Herzog besaß meist ausgedehnte Hausgüter, Reichslehen und gewöhnlich auch mehrere Grafschaften. So genoß er ein fürstliches Ansehen.
Die Gerichte wurden damals noch öffentlich gehalten; das Landgericht hegte der Herzog, das Gericht der Gaue und Hundertschaften stand unter Grafen und Unterbeamten des Königs; in den Immunitäten richteten die Herren oder ihre Vögte; dem Lehnsgericht saß der Lehnsherr, dem Hofgericht der Hofherr vor.
Wohnung, Beschäftigung und Bekleidung der Bewohner zeigten sich ähnlich denen im früheren Frankenreiche.
Durch die fortdauernde Entwickelung der Grundherrschaften, deren Reichtum und Macht im Besitz und der Bewirtschaftung des Bodens bestand, nahm die Landwirtschaft einen bedeutenden Aufschwung, Durch umfassende Rodungen, die die zahlreichen Orts- und Flurnamen auf rod, rott, rat u, a. zeigen, wurde der Besitz vergrößert, und durch Verbesserung der Wirtschaft erhöhte man seinen Ertrag. Die fränkische Bebauungsart (Dreifelderwirtschaft) erhielt sich fast das ganze Mittelalter hindurch.
Der am Rhein gewonnene Wein bildete damals schon den Gegenstand eines lebhaften Handels, und der Rhein war eine handelsreiche Verkehrsstraße. Seine Städte, hervorgegangen aus den ehemaligen römischenNiederlassungen, zeigten regen Marktverkehr, und Cöln bildete den Hauptort für den Handel mit England. So zeigte sich allenthalben reges Leben, und wenn man die Kultur zur Römerzeit eine vorwiegend militärische nennt, so kann man diese als eine kirchliche bezeichnen.
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IV.
Die reichsunmittelbaren Herrschaften am Rhein im späteren Mittelalter und die rheinische Kultur zur Zeit der Hohenstaufen.
Die territoriale Entwicklung. Die Blütezeit des Mittelalters.
Die deutschen Stammesherzogtümer, die zur Ottonen-zeil eine so bedeutende Rolle spielten, nahmen vornehmlich unter dem Einflüsse der Entwicklung des Lehnswesens nach und nach einen ändern Charakter an; teils bestanden sie unter dem alten Namen in veränderter Gestalt und Stellung zum Landeshaupte fort, teils verschwanden sie ganz und gingen in eine Anzahl kleinerer Herrschaften auf. Aufstrebende Adelsgeschlechter verstanden es, diese Herrschaften in ihren Besitz zu bringen und ihrem Geschlechte erblich zu erhalten. Ein großer Teil der Gebiete gelangte auch bei dem kirchlichen Sinne großer und kleiner Fürsten in den Besitz der Erzbischöfe und Bischöfe, der Abteien und Propsteien.
Das Herzogtum Niederlothringen zersplitterte allmählich, und vom Herzogtum Oberlothringen wurden im Laufe der Zeit größere und kleinere Teile abgetrennt, aus denen dann geistliche und weltliche Herrschaften am Mittel- und Niederrhein entstanden. Die Betrachtung der Entstehung und Stellung dieser Herrschaften zeigt die Entstehung der deutschen reichsunmittelbaren Herrschaften im Mittelalter überhaupt und deren Stellung in der Reichsgeschichte.
Unzweifelhaft ist Trier das älteste Erzbistum in Deutschland. In den Wirren der Völkerwanderung ging das Bistum wahrscheinlich zugrunde, wurde aber von Dagobert I., einem Nachfolger Chlodewechs, wieder eingerichtet. Karl der Große und Ludwig der Fromme verliehen dem Trierer Erzbischof ansehnliche Güter, und Heinrich II. schenkte 1018 dem Erzbischof P o p p o (1016/47), dem bedeutendsten
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Trierer Kirchenfürsten aus dem 11. Jahrhundert, die Stadt Coblenz mit dem Königshofe und dem St. Florinsstift, das mit reichen Einkünften ausgestattet war. Erzbischof Poppo war bis gegen Ende der Regierung Heinrichs II. dessen vertrauter Ratgeber und nahm auch an den Kriegen dieses Kaisers gegen Polen teil. Seit dem 9. Jahrhundert führten die Trierer Erzbischöfe das Kanzleramt in Lothringen, und um das Jahr 1000 wurden sie Erzkanzler von Gallien und Burgund. Der Besitz des Trierer Erzbischofs war bereits 772 der gräflichen Gerichtsbarkeit entzogen, und König Zwenti-bold verlieh dem Erzbischof schon Grafenrechte. Nachdem die Bischöfe noch beträchtliche Erwerbungen auch auf der rechten Rheinseite gemacht hatten, bestätigte Friedrich II. 1222 dem Erzbischöfe die völlige Landeshoheit über seine Besitzungen. Die Erzbischöfe von Trier spielten in der deutschen Geschichte oft eine nicht unbedeutende Rolle. Die Erzbischöfe Engelbert (1079/1101) und Bruno (1101/24) vermitteln im Investiturstreit zwischen Papst und Kaiser, und Erzbischof Arnold tritt bei der Wahl Richards von Cornwallis zuerst als Kurfürst von Trier auf. Einer der bedeutendsten Erzbischöfe von Trier ist Balduin IV. von Luxemburg (1307/54), der fast ein halbes Jahrhundert lang das Erzbistum lenkte, das Gebiet desselben um ein Drittel seines früheren Flächenraumes vergrößerte und entscheidend in die Geschicke des deutschen Reiches eingriff. Als zweiundzwanzig jähriger Jüngling bestieg Balduin den erzbischöflichen Stuhl von Trier. Da im folgenden Jahre (1308) König Albrecht I. ermordet wurde, empfahl Balduin, unterstützt von seinem Freunde, dem Erzbischof von Mainz (Peter Aich-spalter, der in Trier Arzt, dann Dompropst war), seinen Bruder Heinrich zum Könige. Als Heinrich VII. von Luxemburg bestieg dieser den deutschen Königsthron. Durch seinen Bruder erwarb Balduin einträgliche Zölle auf dem Rheine; mit der Stadt Trier, mit der seinVorgänger im Streit gelegen, schloß er Frieden. Im Jahre 1312 zog er mit seinem Bruder zur Kaiserkrönung nach Rom. Nach dem im Jahre 1313 erfolgtenTode Heinrichs VII. hätte Balduin gern seinen Neffen Johann von Böhmen auf dem deutschen Königsthrone gesehen. Wegen der Jugend des Kurfürsten von Böhmen wären aber dahinzielende Bemühungen erfolglos gewesen, und so vereinigten Balduin, der Erzbischof von Mainz und
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der Kurfürst Johann von Böhmen ihre Stimmen auf Ludwig Von Bayern. In den nun folgenden Bürgerkriegen zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich von Österreich stand Balduin unentwegt auf der Seite Ludwigs, und sogar als der Papst 1324 Ludwig bannte, trennte Balduin sich nicht von seinem Könige. Als im Jahre 1329 der Erzbischof von Mainz starb, wählte man den Trierer Erzbischof zu seinem Nachfolger. Auch jetzt bestätigte ihn der Papst nicht; trotzdem verwaltete Balduin neun Jahre lang das Erzbistum Mainz und längere Zeit auch die Bistümer Worms und Speyer, Am 15, Oktober 1336 wurde er vom Papste exkommuniziert. Da Ludwig der Bayer ihn nicht genügend unterstützte, verzichtete Balduin 1337 auf seine drei Nebenherrschaften, Die meiste Zeit seines Lebens war Balduin in weltlichen Angelegenheiten ein entschiedener Gegner des Papstes, Aus dieser Gegnerschaft ging auch 1338 der Kurverein zu Rhens hervor, bei dessen Zustandekommen der Trierer Erzbischof eine hervorragende Rolle spielte. Bei den späteren Verirrungen Ludwigs des Bayern (Vermählung Ludwigs von Brandenburg mit Margarete Maultasch, deren Ehe mit Balduins Großneffen Johann von Böhmen er eigenmächtig trennte) nahm der Erzbischof Partei für seine Verwandten, die Luxemburger in Böhmen, und seit 1341 suchte er sich mit der Kurie wieder auszusöhnen. Im Verein mit den Kurfürsten von Mainz, Cöln, Sachsen und Böhmen wählte er 1346 seinen Großneffen Karl als Karl IV, zum deutschen Könige, nachdem der Papst kurz vorher ihn vom Banne befreit hatte. Als 1347 Ludwig gestorben war, wurde Karl allgemein als König von Deutschland anerkannt. Der Erzbischof Balduin verbrachte in seinen letzten Lebensjahren gern die Zeit in seiner Zelle bei den Karthäusern zu Trier, um sich dort auf seinen Tod vorzubereiten, der 1354 erfolgte, Erzbischof Balduin hat durch seine Regierung dem Erzbistum Trier Macht und Ansehen verliehen und ihm eine Organisation im Innern gegeben, die sich in fast unveränderter Form bis zur Auflösung des Kurfürstentums erhielt, Balduin legte ein Urkundenbuch des Erzbistums an. In diesem waren alle Besitzungen des Erzstifts, deren Gerechtsame und Privilegien und die Urkunden der Könige, Kaiser und Päpste, die sich auf Trier bezogen, verzeichnet. Alle Nachfolger Balduins haben das Urkundenbuch fortgesetzt, und so ist ein
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Werk von mehr als sechzig Bänden entstanden, das in Deutschland fast einzig dasteht. Geistesgröße, Gerechtigkeit, Freigebigkeit und Frömmigkeit rühmt man Balduin besonders nach, und die Limburger Chronik schreibt von ihm: „Der war ein kleiner Mann und tat doch große Taten oder Werke.“ Die Stadt Trier hat ihrem großen Erzbischof und Kurfürsten 1897 mit dem Balduinsbrunnen ein Denkmal gesetzt. Der Nachfolger Balduins, Bohemund, wurde 1356 durch die Goldene Bulle den sieben Kurfürsten beigezählt, Die bedeutendste der rheinischen geistlichen Herrschaften war Cöln. Im Jahre 745 erhob Karlmann, der älteste Sohn Karl Martells, der mit seinem Bruder Pippin als Hausmeier das fränkische Reich verwaltete, das bisherige Bistum zum Erzbistum. Bonifatius, der Apostel der Deutschen, wurde auf seinen Wunsch vom Papste zum Erzbischof von Cöln ernannt. Pippin aber wies ihm statt Cöln Mainz an, und so finden wir bis 749 den Cölner Sprengel dem Erzbischof von Mainz unterstellt. Karl der Große gab dem Cölner Erzbistum einen neuen Erzbischof. Die Bistümer Münster, Osnabrück, Minden, Lüttich und Utrecht waren diesem unterstellt. Die bekanntesten Erzbischöfe aus der Karolingerzeit sind Günther, Willibald und Hermann I. Aus der Zeit der Ottonen ist Ottos I. Bruder Bruno (953/965), der durch die Vereinigung mehrerer am Rhein gelegener Grafschaften und Vogteien das Erzbistum zu großer Macht brachte und gleichzeitig Oberherr im Herzogtum Lothringen war, der bedeutendste Erzbischof. Heribert von Rothenburg (997/1021) war ein Freund Ottos III,, und sein Nachfolger Pelegrin (1021/1036) wurde Erzkanzler in Deutschland, Er krönte den König Konrad II, zu Aachen, Wie die Erzbischöfe von Trier, so griffen auch die von Cöln oft entscheidend in die Reichsangelegenheiten ein, Erzbischof Anno ((1056/1073), der 1064 die Benediktinerabtei Siegburg gründete und sie reichlich mit Gütern ausstattete, war eine Zeitlang Erzieher und Vormund Heinrichs IV,; unter ihm erhielt wahrscheinlich Neuß Stadtrechte, ReinaldvonDassel (1161/67) war der Kampfgenosse Friedrich Barbarossas gegen Papst Alexander III. und die lombardischen Städte, Für die dem Kaiser geleisteten Dienste erhielt er die Gebeine der heiligen drei Könige, die als kostbarster Reliquienschatz der Cölner
Kreuzberg. Getchichtibiider aut dem Rheinlande. r
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Domkirche in seine Metropole kamen1). Von Friedrich I. erhielt er auch die Stadt Andernach (1167). Nach dem Siege bei Tusculum, zu dem er nicht unwesentlich beitrug, starb er in Italien am Fieber, Sein Nachfolger Philipp von Heinsberg (1167/91) erhielt bei der Ächtung Heinrichs des Löwen 1180 den westlichen Teil des Herzogtums Sachsen als Herzogtum Westfalen. So legte er den Grund zur späteren Größe des Erzbistums, Der Erzbischof Adolf von Cöln und die von ihm abhängigen Geschlechter ergriffen in dem Streite zwischen Philipp von Schwaben und Otto IV, die Partei des letzteren. Philipp ließ als Stützpunkt seiner Kämpfe mit den Gegnern am Rhein die Burg Landskron an der Ahr errichten. Als aber Otto mit dänischer Hilfe die deutsche Stellung seines Hauses wieder hersteilen wollte, sagte sich mit dem Herzoge von Brabant auch der Erzbischof Adolf von ihm los. Die Stadt Cöln blieb eine Feindin Philipps; dieser aber schädigte durch Errichtung neuer Zollstätten ihren Handel so sehr, daß sie sich ihm 1206 unterwerfen mußte. Einer der einflußreichsten Cölner Erzbischöfe war Engelbert I. von Berg (1216/25), der nach dem Tode seines Bruders Adolf (s, u.) auch Berg verwaltete und Ende 1220 oder Anfang 1221 bei der Abwesenheit Kaiser Friedrichs II. Reichsverweser in Deutschland war. Gleichzeitig war er Vormund von Friedrichs Sohne Heinrich, den er schon 1222 zu Aachen zum deutschen König krönte. Bei seinem Streben, Recht und Ordnung im Reiche herzustellen und zu erhalten, erwarb Engelbert sich viele Feinde, Im Jahre 1225 wurde er von seinem eigenen Neffen Friedrich von Isenburg bei Gevelsberge ermordet. Die Mörder flohen, wurden aber eingefangen- Friedrich von Isenburg wurde im Jahre nach dem Morde in Cöln vor dem Severinstor gerädert, Engelberts Nachfolger, Heinrich I, von Molenark, verlieh Rees (1228), Xanten (1228) und Rheinberg (1232) Stadtrechte,
Seitdem die Reichsverfassung der Ottonen, Salier und Hohenstaufen sich immer mehr auflöste und das Kaisertum sank, erhob sich immer kräftiger das Bürgertum in den Städten, Ziel des ganzen Strebens der Städte war die volle Unabhängigkeit von der landesherrlichen Gewalt, die Reichsunmittelbarkeit, In den Bischofsstädten richteten sich ihre
1) Im Jahre 1903 erhielt das Domkapitel zu Mailand einen kleinen Teil der Reliquien zurück.
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Bestrebungen gegen die Träger der Mitra, denen sie ihre landesherrlichen Rechte zu entreißen suchten. So entstanden lange Kämpfe zwischen den Bürgern und den Erzbischöfen in Cöln. Sie begannen unter KonradvonHochstaden (1237/61), demselben, der im Jahre 1248 den Grundstein zum Bau des Cölner Domes legte und reiche Erwerbungen an der Ahr machte. Die rheinischen Städte vereinigten sich zur Stärkung ihrer Macht zum rheinischen Städtebunde. Die Kämpfe mit den Bürgern Cölns veranlaßten 1263 Engelbert II. von Falkenburg (1261/75), seine Residenz in Cöln aufzugeben. Die Erzbischöfe residierten seit dieser Zeit auf ihren Schlössern in der Umgegend von Cöln, seit etwa 1500 dauernd in Bonn. Konrad von Hochstaden trat im Kampfe Friedrichs II. mit dem Papste auf die Seite des letzteren. Sein Streben ging dahin, die Staufen zu stürzen. Er erhob 1246 Heinrich Raspe auf den deutschen Königsthron, und als dieser starb, wurde von ihm sowie den Erzbischöfen von Mainz, Trier und Bremen und zehn Bischöfen Wilhelm von Holland in Worringen bei Cöln als deutscher König gewählt. Später wurde auf Konrads Veranlassung Richard von Cornwallis deutscher König. Der Erzbischof Engelbert II. krönte 1273 Rudolf von Habsburg zu Aachen. Bei Streitigkeiten mit dem Grafen von Jülich kam Engelbert in Gefangenschaft. Mehr als drei Jahre saß er in der Burg Nideggen, dem Sitze der Jülicher Grafen, und wurde dann gegen hohes Lösegeld freigegeben.
Einer der unternehmendsten Cölner Erzbischöfe des 13. Jahrhunderts ist Siegfried von Westerburg (1275/98). Er war eifrig bemüht, das Erzstift zu vergrößern. Dieses Streben wurde mit die Veranlassung zu der denkwürdigen Schlachtbei Worringen am 5, Juni 1288, die einenWendepunkt in der Geschichte des Niederrheins bildet, indem durch sie dieVorherrschaft derCölner Erzbischöfe gebrochen, die der weltlichen Herrschaften aber gestärkt wurde. Die Veranlassung zu der Schlacht war folgende: HerzogWal-ram von Limburg x) starb im Jahre 1280. Er hinterließ nur eine Tochter, Irmgard, die mit dem Grafen Reinald von Gel-dern vermählt war. Dieser nahm Limburg sofort in Besitz, 1) Das Herzogtum Limburg umfaßte die holländische und die belgische Provinz Limburg. Das Residenzschloß gleichen Namens, jetzt Ruine, liegt westlich von Eupen.
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obgleich auch Graf Adolf von Berg, der Bruderssohn des verstorbenen Herzogs, Erbansprüche erhob. Als 1282 Irmgard kinderlos starb, erhielten die Ansprüche des Grafen von Berg um so mehr Berechtigung. Da er sich aber zur Behauptung des Rechts nicht stark genug fühlte, verkaufte er seine Erbansprüche für 32 000 Mk. an den Herzog Johann von Brabant. Reinald von Geldern war jedoch nicht gewillt, dem Herzoge von Brabant, der nun des Grafen von Berg Erbansprüche vertrat, zu weichen, und er fand an Erzbischof Siegfried von Cöln, der ohnehin schon dem Brabanter zürnte, da er ihm die Pfalzgrafschaft Aachen vorwegnahm, einen willkommenen Bundesgenossen. Dieses Bündnis war gleichzeitig gegen Berg und Mark gerichtet. König Rudolf bemühte sich umsonst, in diesem Limburger Erbfolgestreit, der immer weitere Kreise zog, zu vermitteln. Beide Parteien suchten und fanden zahlreiche Bundesgenossen. Mit dem Grafen Reinald und dem Erzbischof Siegfried verbanden sich der Erzbischof von Magdeburg, der Bischof von Osnabrück, der Graf Heinrich von Luxemburg, der Vater des späteren Kaisers Heinrich VII., Adolf von Nassau und viele andere Grafen und Herren. Auf der Seite Johanns von Brabant aber standen die Grafen von Jülich, Berg, Cleve, Mark, Waldeck wie auch die Bürger Cölns, die vor allem darüber erbittert waren, daß Erzbischof Siegfried die gegen den Grafen von Jülich erbaute Burg Worringen, die ihren Handel bedrohte, nicht schleifte, trotzdem er dies den Cölnern versprochen hatte. Johann von Brabant rückte schnell entschlossen in das Erzstift, vereinigte sich mit den Truppen seiner Verbündeten und zog vor die Burg Worringen auf die Fühlinger Heide, wo am 5. Juni die große Schlacht stattfand, die fast den ganzen Tag dauerte. Lange schwankte die Entscheidung, endlich siegte der Brabanter. Die Niederlage des Erzbischofs war vollständig. Er selbst kam in die Gefangenschaft des Grafen von Berg, in der er ein Jahr lang blieb. Auch Reinald von Geldern und Adolf von Nassau fielen schwer verwundet in die Hände der Feinde. Heinrich von Luxemburg und seine Brüder, wie auch der Bruder des Erzbischofs fanden ihren Tod. Mehr als 2000 Leichen bedeckten die Walstatt. Die Festung Worringen wurde zerstört. Herzog Johann von Brabant kam schwer verwundet nach Cöln. Limburg kam in seinen Besitz, und die Vormacht des Cölner Erzbischofs, der in
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der Folgezeit vergeblich versuchte, die Scharte seiner Niederlage auszuwetzen, war gebrochen. Der Erzbischof Wilhelm von Gennep wurde 1356 durch die Goldene Bulle in die Zahl der Kurfürsten aufgenommen.
Mit und neben dem Erzbistum entwickelte sich die S t a d t C ö 1 n im Mittelalter zu ganz besonderer Bedeutung. Sie entstand aus dem Bezirk der römischen Garnisonstadt, und da sie Bischofsstadt wurde, so rettete sie mannigfache Spuren des Handels und Gewerbefleißes in die fränkische Zeit hinüber. Mit der Herausbildung des neuen Reiches unter den Ottonen erwuchs der städtische Wohlstand aufs neue. Damals wurden die Erzbischöfe die Herren der Stadt. Um 940 erweiterte Bruno den Mauerring zum Rhein hin, um das für die Entwicklung des Handels so wichtige Ufergelände zu schützen. Herr der Stadt war im 12. Jahrhundert der Erzbischof, doch standen ihm die Bürger als freie Männer gegenüber. Der Erzbischof war durch königliche Verleihung Inhaber des höchsten Gerichtes, des Hochgerichtes auf dem Domhof. Oberster Richter war der Burggraf, der sein Amt als erzbischöfliches Lehen besaß. Zweiter Richter war der erzbischöfliche Vogt, der Verwalter der Einkünfte der erz-bischöflichen Höfe. Das Urteil am Hochgericht sprachen die Schöffen, die auch die Verwaltung und Gesetzgebung in der Stadt in Händen hatten und vom Erzbischof aus den Geschlechtern ernannt wurden. Der Erzbischof besaß außerdem die Zölle, die Münze und den Judenschutz als Regalien.
Das Streben der Bürger ging allmählich dahin, sich vom Erzbischof unabhängig zu machen. Ausgangs- und Mittelpunkt dieser Bestrebungen war das Marktviertel am Rhein, Heinrich IV. verlieh den Bürgern das Befestigungsrecht (1106), das den Grundpfeiler der Selbständigkeit der Stadtgemeinde bildete. Das Jahr 1180 brachte eine umfassende Stadterweiterung. Durch diese wurde die steuerkräftige gewerbliche Bevölkerung in den Stadtverband aufgenommen. Zu dieser Zeit begann auch das Cölner Stapelrecht den Rheinhandel zu beherrschen, und die Handelsbeziehungen zu London erhielten ihre feste Unterlage im Stahlhof. Die Verwaltung der Stadt lag am Ende des 12. Jahrhunderts noch in den Händen der Schöffen. Aber schon 1216 zeigt sich eine neue Behörde, der Rat, der alle nichtrichterlichen Rechte der Schöffen an sich zu bringen wußte. Erzbischof Engel-
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bert I. suchte den Rat mit Erfolg zu unterdrücken. Unter Engelberts Nachfolger aber lebte er wieder auf, und Konrad von Hochstaden erkannte ihn als rechtmäßig an, solange er der Unterstützung der Cölner Bürger bedurfte. Als er aber ihre Hilfe entbehren konnte, versuchte er einen entscheidenden Schlag gegen das Selbständigkeitsstreben der Stadt. Er erreichte, daß ein neuer Rat gebildet wurde, der ihm den Eid schwur. — Unter den Festen, die Cöln im 13. Jahrhundert feierte, nimmt unstreitig der Empfang der Braut Friedrichs II., Isabella, der Schwester des englischen Herrschers, im Mai 1235 die erste Stelle ein. In der Entfaltung des prunkenden Reichtums und des künstlerischen Schmuckes bildet diese Feier ein Gegenstück zu der Mainzer „Schwertleite“. Es war eine besondere Freundlichkeit, welche die Cölner vor allem dem englischen Herrscherhause und damit auch dem englischen Volke erwiesen. Diese kam ihren Handelsbeziehungen zu England wieder zugute.
Welche Bedeutung Cöln und die rheinischen Städte schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts hatten, geht daraus hervor, daß der rheinischeStädtebund, dessen Ziel die Erhaltung des Landfriedens, die Beseitigung unrechtmäßiger Rheinzölle und ein entscheidender Einfluß auf die Königswahl war, sogar an die Spitze der Reichsregierung trat und selbst die Fürsten zum Anschluß nötigte. Am 13. Juli 1254 einigten sich die Städte Cöln, Mainz, Bingen, Oppenheim, Worms, Speyer, Straßburg, Basel, die Erzbischöfe von Cöln, Trier und Mainz, die Biscliöfe von Worms, Straßburg, Metz, Basel und viele rheinische Grafen und Edle teils freiwillig, teils von den Städten gezwungen, zur Errichtung eines Landfriedens. Ein Jahr später gehörten dem Bunde sämtliche rheinischen Städte und die meisten Städte am Main, in Hessen und Westfalen sowie die meisten rheinischen Fürsten und Adelige an. König Wilhelm von Holland beschwur 1255 zu Worms den Landfrieden und sanktionierte so den Bund. Träger des Bundes waren die Städtetage; diese fanden jährlich einmal und zwar abwechselnd in Cöln, Mainz, Worms und Straßburg statt. Jede Stadt und jeder Herr hatten zu dem Städtetage vier Deputierte zu senden. Die bewaffnete Macht des Bundes bestand aus 600 Kriegsschiffen und schlagfertiger Mannschaft zu Fuß und zu Roß. Der Städtebund gewann bald Sitz und Stimme auf den Reichstagen und
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erwarb für die ihm angehörenden Städte in der Folgezeit die Reichsstandschaft.
Unter Erzbischof Engelbert II. von Cöln wurde endgültig der alte Kampf entschieden. Der Rat erscheint seit dieser Zeit als unbestrittene Verwaltungsbehörde der Stadt.. Im Jahre 1274 wurde Cöln reichsunmittelbar. Nach der Schlacht bei Worringen blieb dem Erzbischof nur noch die hohe Gerichtsbarkeit über Leben und Tod, die er bis 1798 inne hatte. Die übrige Gerichtsbarkeit, sowie die ganze Finanz- und Militärhoheit wurden durch Bürgermeister und Rat ausgeübt. Sie erkannten nur den Kaiser als ihren Oberherrn an.
Als kurz nach dem Regierungsantritt Karls IV. in Deutschland der schwarze Tod wütete und eine Judenverfolgung ausbrach (1349), da man den Anhängern des mosaischen Gesetzes die Schuld an dem Unglück zuschrieb, zeigte diese auch in Cöln ihre Schrecken, Am Abende vor Bartholomäus kam in Cöln über die Judengasse Brand, Totschlag und Plünderung. Rat und Erzbischof waren unfähig, der aufgeregten Menge mit Erfolg Einhalt zu gebieten.
Anfangs waren die Mitglieder des Rates nur Patrizier, Die durch die Zünfte steigende Macht der übrigen Bürger aber strebte bald nach der Herrschaft, und dieses Streben führte im 14. Jahrhundert zu zahlreichen Bürgerkriegen. Im Jahre 1370 stürzten die Zünfte, an deren Spitze die Weber (Weberkrieg) marschierten, die patrizischeHerrschaft. Wenn die Geschlechter aber auch im folgenden Jahre ihre Macht wiedergewannen, so sollte diese doch nicht lange dauern. Mannigfache Streitigkeiten innerhalb der Geschlechter begünstigten im Jahre 1396 eine unblutige Revolution der Gemeinde, die der patrizischen Herrschaft ein Ende machte. Der Verbundbrief dieses Jahres bildete die Grundlage der neuen Verfassung der Stadt von Bürgern ohne Standesunterschied. Als eine Schöpfung rheinischen Bürgersinnes gilt die im Jahre 1388 gegründete Cölner Universität, die mit den früheren berühmten Schulen der Cölner Klöster und Stifter in keinem Zusammenhang steht. Alle Zweige des damaligen Wissens wurden hier gepflegt. Hervorragende wissenschaftliche Bestrebungen sicherten ihr in der Folgezeit den verdienten Weltruf. Cöln zeigt sich im Mittelalter als der Typus einer deutschen freien Reichsstadt.
An dieser Stelle mag auch das Auftreten Dietrich
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Holzschuhs (Tile Kolup) erwähnt werden, Rudolf von Habsburg hatte die Rechte der Bischöfe auf Kosten der Städte erweitert und die Städte zur Leistung von Abgaben aufgefordert. Dadurch entstanden ihm im Reiche zahlreiche Gegner. Diese Unzufriedenheit benutzte Dietrich Holzschuh, als wiedererstandener Kaiser Friedrich II, Glauben und Anhang zu finden. Im Jahre 1284 trat er in Cöln auf. Hier aber wurde er dem Gespötte des Volkes preisgegeben. Er begab sich nun nach Neuß. Dort fand er Anhang, hielt einen glänzenden Hof und forderte sogar Rudolf von Habsburg auf, das Königtum von ihm als Lehen anzunehmen. Weit über die Grenzen Deutschlands verbreitete sich die Kunde von dem angeblich in unermeßlichen Reichtümern schwelgenden geheimnisvollen Kaiser, Im folgenden Jahre zog Holzschuh nach Frankfurt, In Wetzlar nahm er Aufenthalt, Hier belagerte ihn Rudolf von Habsburg, und der Rat lieferte ihn aus. Auf dem Kaisergrunde wurde Dietrich nach einem Geständnis auf der Folter als Ketzer verbrannt.
Als erster Graf von Jülich wird Gerhard (912) gej nannt. Sein Besitz im alten Gülcher-Gau war recht klein und entwickelte sich aus der Herrschaft und Burg Henge-bach (Heimbach), dem Stammsitz der Jülicher Grafen. Vog-teien, Wildbann und Geleitsrechte, pfalzgräfliche und cöl-nische Lehen erweiterten bald den Besitz und mit ihm die Stellung des Grafen. Gerhard I. nahm 912 an dem Turnier in Magdeburg teil, und unter der Anführung Heinrichs I. kämpfte er 933 in der Ungarnschlacht. Seiner Verdienste um das Reich wegen erhob ihn Otto der Große zur Würde eines Reichsmarschalls. Graf Wilhelm II. von Jülich finden wir unter den rheinischen Fürsten bei der Wahl König Konrads von Franken (1024). In dem Streite Heinrichs IV. mit Papst Gregor VII. gehörte der Jülicher Graf zur Partei des Königs; in dem Streite des unglücklichen Königs mit seinem Sohn, dem späteren König Heinrich V., sehen wir Wilhelms Sohn Gerhard aber auf der Seite des letzteren. Graf Gerhard geriet in die Gefangenschaft Heinrichs IV. und verlor die Grafschaft Jülich, die er erst unter Lothar von Sachsen zurückerhielt. Wilhelm III. stand in dem Streite zwischen Hohenstaufen und Welfen auf der Seite Konrads III. Er unterstützte diesen im Kampfe gegen Heinrich den Stolzen, und 1147 begleitete er ihn auf dem Kreuzzuge.
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Friedrich Barbarossa fand auf seinen Zügen nach Italien und im Streite mit Heinrich dem Löwen eine treue Stütze an dem Grafen Gerhard IV., der auch den unglücklichen Kreuzzug von 1189 mitmachte. Gerhards Nachfolger war W i 1-h e 1 m IV. (1219/78). Dieser tritt uns als erster Besitzer der Burg Nideggen entgegen, die drei Jahrhunderte lang der Sitz der Jülicher Herrscher war. Unter ihm begannen harte Kämpfe mit den Cölner Erzbischöfen, die bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts dauerten. Kaiser Friedrich II. verlieh Wilhelm V. aus Dankbarkeit für bewiesene Treue die Vogtei über die Stadt Aachen. Als Wilhelm von Holland Friedrich II. als Gegenkönig gegenübergestellt wurde, erklärte sich Aachen für Friedrich II. Wilhelm von Holland belagerte die Stadt, die von dem Jülicher Grafen tapfer verteidigt wurde. Nach sechsmonatiger Belagerung mußte Aachen sich dem neuen Könige unterwerfen. Da Wilhelm von Jülich in den Streitigkeiten des Erzbischofs Engelbert II. (s. d.) mit den Bürgern von Cöln die Partei der letzteren ergriff, kam er mit dem Erzbischof in Streit. In der für die Jülicher siegreichen Schlacht zwischen Lechenich und Zülpich (1267) wurde der Erzbischof gefangen genommen und dreieinhalb Jahre lang auf der Burg Nideggen in Haft gehalten. Erst als der Papst den Grafen mit dem Bann und die Grafschaft Jülich mit dem Interdikt belegte, wurde Engelbert gegen ein hohes Lösegeld aus der Haft entlassen. Bei einem Aufruhr in der Stadt wurde Graf Wilhelm mit seinem ältesten Sohne 1278 erschlagen. Der Grafschaft Jülich bemächtigte sich nun der Cölner Erzbischof Siegfried von Westerburg. Er erstürmte Düren, zerstörte Jülich mit dem Residenzschloß der Grafen von Grund aus und errichtete zur Sicherung seiner Herrschaft eine Burg bei Zülpich. Nach der Schlacht bei Worringen aber mußte er die Grafschaft endgültig anWilhelms Söhne Gebhard und Walram abtreten. Ludwig der Bayer erhob Wilhelm VII. von Jülich zum Markgrafen. Ludwigs Nachfolger Karl IV. legte auf die Freundschaft des Jülicher Markgrafen großen Wert. Er verlieh ihm das Schulzenamt über die Stadt Aachen mit der dortigen Propsteistelle; auch übertrug er ihm die Propsteien Kerpen und Werden sowie die StädteDüren, Sinzig, Remagen und die Burg Kaiserswerth. Im Jahre 1356 erhob der Kaiser den Markgrafen zum Herzoge; als solcher heißt dieser W i 1-
helm I, Nach Wilhelms I. Tode (1361) folgte ihm sein Sohn W i 1 h e 1 m II. Durch Unruhen in Flandern begünstigt, trieben in den ersten Regierungsjahren Wilhelms Räuberbanden und Wegelagerer auf der linken Rheinseite ihr Unwesen. Herzog Wilhelm von Jülich, Wenzel von Luxemburg, der Bruder Kaiser Karls IV., Erzbischof Engelbert von Cöln, Johann von Brabant, die Stadt Aachen und mehrere Grafen und Herren schlossen 1365 einen Vertrag zur Erhaltung des Landfriedens. Bald aber verband sich Wilhelm von Jülich mit den Räubern, statt sie zu bekämpfen. Deshalb zog Wenzel von Luxemburg mit zahlreichen Verbündeten gegen den Jülicher Herzog. Dieser besiegte in Verbindung mit dem Herzoge von Geldern bei Baesweiler, einem jülich-schen Dorfe, 1371 seine Feinde und nahm Wenzel gefangen. Da lud Kaiser Karl IV. ihn zur Verantwortung vor die Reichsversammlung nach Aachen. An dieser Versammlung nahmen der Sohn Karls IV., Wenzel, die Erzbischöfe von Mainz, Trier, Cöln und Magdeburg, die Bischöfe von Speyer, Metz, Lüttich, Utrecht und die Äbte von Corneli-münster, Prüm und München-Gladbach, zahlreiche andere geistliche und weltliche Fürsten und über 1000 Ritter teil. Wilhelm söhnte sich mit dem Kaiser aus und gab Wenzel frei. Der Kaiser sicherte ihm dagegen die Erbfolge in Geldern zu, auf die er von seiner Mutter her ein Recht hatte. Nach dem Tode des Herzogs Reinald von Geldern wurde dessen Herzogtum im Jahre 1372 trotz des Widerstandes des Herzogs von Cleve mit dem Herzogtum Jülich vereinigt, und der jugendliche Sohn Wilhelm II. übernahm unter der Vormundschaft des Vaters die Herrschaft. Um den Landfrieden für die Folge dauernd aufrecht zu erhalten, verbanden sich 1375 Erzbischof Friedrich von Cöln, Herzog Wenzel von Luxemburg, Herzog Wilhelm von Jülich und die Städte Aachen und Cöln. Großen Einfluß hat dieses Bündnis nie gehabt, und die Sicherheit der Reisenden blieb nach wie vor gefährdet. Herzog Wilhelm III. von Jülich war als Herzog von Geldern schon so unternehmend und mächtig, daß er mit dem Herzoge von Brabant und dem Könige Karl IV. von Frankreich Krieg führen konnte. Als König Wenzel, Karls Sohn (1400), abgesetzt und Ruprecht von der Pfalz zum König erwählt worden war, wollte er mit Unterstützung des Erzbischofs Friedrich von Cöln zur Krönung in Aachen
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einziehen. Auf Veranlassung des Herzogs von Jülich und Geldern weigerte sich die Stadt, ihm die Tore zu öffnen. Ruprecht mußte abziehen; er zog nach Cöln, und Erzbischof Friedrich setzte ihm hier am Dreikönigentage (1401) die Krone auf. Mit Wilhelms III. Bruder Reinhold, der den „Reichswald“ an Adolf von Cleve für 16 667 Dukaten verpfändete, starb 1423 der Mannesstamm der Herzoge aus, und Jülich fiel an den Herzog Adolf von Berg, den Kaiser Sigismund 1425 mit dem Herzogtum belehnte. Geldern mußte er an Arnold von Egmont abtreten.
Das Herzogtum Berg auf der rechten Rheinseite ging aus dem Auel-, Deutz-, Keldach- und Ruhrgau hervor. Dieses Gebiet scheint der Regel nach ursprünglich von den rheinischen Pfalzgrafen zu Aachen verwaltet worden zu sein. Sie hatten die oberste Gerichtsbarkeit über die Reichs- und Krongüter und ließen sich bei den Gaugerichten im Verhinderungsfälle durch reiche Grundherren vertreten. Die Reichsgüter gingen später meist durch Schenkung in den Besitz des Erzstiftes Cöln, der Abteien Siegburg, Deutz, Werden und Essen über und wurden so der Gerichtsbarkeit der Grafen entzogen. Neben diesem Kirchenbesitz entstanden auch eine Anzahl kleiner Herrschaften, deren Besitzer bei der Zersplitterung der ursprünglichen Gaugrafschaften selbständig wurden und teilweise selbst den Grafentitel annähmen. So sehen wir am Ende des 11. Jahrhunderts in Deutschland eine Anzahl neuer Grafengeschlechter auftauchen. Zu Anfang des 12. Jahrhunderts, als die Zersplitterung des rechtsrheinischen Landes den Höhepunkt erreichte, begegnen wir hier zuerst den Grafen von Berg. Ob sie aus dem Westfalengau oder aus dem ripuarischen Franken stammen, steht nicht fest. Jedenfalls besaßen sie auf der rechten Rheinseite schon früh reiche Besitzungen, die ihre Macht begründeten; denn wir finden die Edlen von Berg schon bald als Vögte (Schutzherren) der Abteien Siegburg, Deutz und Werden. Als ersten in der Reihe des Grafengeschlechtes von Berg nennt die Geschichte Hermann von Berg, der 1003 bereits Schirmvogt der Abtei Deutz war und, wie es scheint, dasselbe Amt auch bei der Abtei Werden bekleidete. Die Grafen von Berg besaßen schon bald die Bannrechte in den drei großen Königswäldern (Königsforst, Miselohe und Angerwald), sie erwarben ehedem pfalzgräfliche Besitzungen
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und Rechte sowie erzstiftische und andere Pfandschaften und Lehen, legten so den Grund zu einem zusammenhängenden Länderbesitz und erwarben in dem Gebiete zwischen Sieg und Ruhr die einflußreichste Stellung unter allen Großgrundbesitzern.
Den Titel eines Grafen von Berg führte zuerst Adolf L (1101/45). Das Stammschloß der bergischen Herrscher an der Dhün schenkte Adolf I. dem Zisterzienserorden. Er baute die „Burg auf dem Neuenberge“ (Burg an der Wupper), und im Gegensätze zu dieser nannte man das nunmehrige Kloster „Altenberg“. Adolfs I. Sohn, A d o 1 f II. (1145/47), ein besonderer Freund Kaiser Konrads III., hatte sechs Söhne. Der älteste (?), Adolf, starb auf dem zweiten Kreuzzuge bei der Belagerung von Damaskus, der zweite, Eberhard, erhielt die Grafschaft Altena, der dritte Sohn, Engelbert, beherrschte (1147/93) Berg, Friedrich und Bruno wurden nacheinander Erzbischöfe von Cöln, und der jüngste, Adolf, war Abt von Werden. Engelbert und Eberhard standen in hoher Gunst bei Friedrich Barbarossa. Engelbert begleitete mit seinem Bruder, dem Erzbischof Friedrich von Cöln, den Kaiser 1158 nach Italien. Erzbischof Friedrich starb 1159 in Pavia am Fieber; Engelbert aber kehrte nach der Zerstörung Mailands, reich an Beute, in seine heimatlichen Berge zurück. 1167 zog Engelbert abermals mit dem Kaiser über die Alpen, und als Friedrich Barbarossa auf dem Reichstage zu Aachen 1174 einen erneuten Zug nach Italien beschloß, sagte ihm auch Engelbert seine Hilfe zu. Ansehnliche Landgebiete an der Ruhr (Ruhrort, Mülheim und Kettwig) und Sieg (Windeck) wurden des Grafen Lohn. In der für Friedrich unglücklichen Schlacht bei Legnano (1176) führte Engelbert die bergischen Scharen und die Mannen des Erzbischofs von Cöln und des Grafen Philipp von Heinsberg an. Engelbert geriet in Gefangenschaft und wurde erst nach einem Jahre wieder entlassen. Um das Jahr 1180 erscheinen die Grafen von Berg als Herren des ganzen Gebietes südlich von der Ruhr.
Nach dem Tode Engelberts auf dem Kreuzzuge vom Jahre 1189 folgte ihm sein Sohn Adolf III. (1189/1218), Während seiner Regierung kämpften in Deutschland Otto IV. und Philipp von Schwaben um die Königskrone. Da Adolf sich auf Ottos Seite stellte, war Philipp sein grimmiger Feind.
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Nachdem böhmische Truppen im Aufträge Philipps blühende Städte und Klöster des Rheinlands (Andernach, Linz, Unkel, Bonn, Siegburg, Heisterbach, Altenberg) beraubt und verwüstet hatten, erschien Philipp 1201 selbst am Rhein, um Cöln und den Erzbischof Adolf von Altena, die auch dem Könige Otto anhingen, zu züchtigen. Er belagerte die Stadt Cöln, wurde aber schon nach fünf Tagen von Otto, der von Düsseldorf heranzog, vertrieben. Zwar wurden noch viele Dörfer und Städte durch Philipp ein Opfer der Flammen, doch mußte er sich nach Schwaben zurückziehen. Er unterlag in der Schlacht bei Wesslingen. Verstärkt durch neue Freunde erschien 1204 Philipp wieder am Rhein. Der Erzbischof von Cöln, die Grafen von Brabant und Cleve traten nun auf seine Seite, und feierlich krönte ihn der Cölner Erzbischof in Aachen (1205). Da Erzbischof Adolf von Cöln seines Amtes entsetzt und geächtet wurde, führte Philipp ihn trotz des Widerstandes der Stadt Cöln in sein Amt zurück. Nach dem Tode des Grafen Adolf von Berg bei der Belagerung von Damiette im Jahre 1218 (s. u.) verwaltete sein Bruder Engelbert, der Erzbischof von Cöln, bis zum Jahre 1225 die Grafschaft. Unter ihm wurde Wipperfürth die erste Stadt im Bergischen Lande (1222). Ruhe und Ordnung stellte er in der Grafschaft Berg wie auch in seinem Erzbistum wieder her. Besonders scharf bestrafte er die Raubritter, und ein Geleitsbrief Engelberts war in dieser Zeit, da das Raubrittertum auch am Rhein sein Unwesen trieb, mehr wert als eine Schar ritterlicher Begleiter. Mit ihm erlosch der Mannesstamm dieses Zweiges des bergischen Grafengeschlechtes,
Als Engelbert gestorben war, fiel Berg an Adolfs III, Tochter Irmgard, die mit Heinrich IV. von Limburg vermählt war. Unter diesem neuen Geschlechte wurde der rote Löwe im silbernen Felde das Wappenschild der Grafschaft. Im Kampfe mit den Cölner Erzbischöfen bildeten sie auch die Landeshoheit allseitig aus. Heinrich beherrschte für seine Gemahlin Berg als Heinrich I. bis zum Jahre 1244. Er starb im Jahre 1247; wahrscheinlich zog er sich in der letzten Zeit von den Regierungsgeschäften zurück. Er scheint gegen Ende seines Lebens in den geistlichen Stand getreten zu sein. Vielleicht schloß er sich der Genossenschaft der Johanniter bei seinem Residenzschloß Burg an. Hein-
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rich I. machte den Kreuzzug Friedrichs II. 1228 mit. Heinrich und Irmgard hinterließen zwei Söhne: Adolf IV., der Berg erhielt (1244/59), und Walram, den Beherrscher von Limburg, nach dessen Tode der Limburger Erbfolgestreit ausbrach. Adolf V. (1259/95), der Sohn Adolfs IV., nahm an der Schlacht bei Worringen teil. Er erhob Ratingen (1276) und Düsseldorf (1288) zu Städten. Die Stadt Düsseldorf sollte dem Bergischen Lande den Anteil am Rheinhandel sichern. Seit 1348 war sie ständige Residenz der Herrscher von Berg. Als er 1295 starb, folgte ihm sein Bruder Wilhelm II. bis 1308. Vom Jahre 1308—10 herrschte Heinrich II. von Windeck, ein Bruder seiner beiden letzten Vorgänger. Ihm folgte sein Sohn Adolf VI. (1310/48), der schon seit 1308 mit seinem Vater regierte und kinderlos starb. Er bekam von Ludwig dem Bayern das Recht der Zollerhebung in Düsseldorf und der Münzprägung in Wipperfürth. Adolfs Schwester Margareta war mit Otto IV. von Ravensberg vermählt. Die Tochter Ottos, Margareta, vermählte sich mit Gerhard von Jülich, der vom Kaiser mit den Grafschaften Berg und Ravensberg belehnt wurde. Sein Sohn Wilhelm II.
’ (1360/1408) vergrößerte sein Gebiet auf friedliche Weise und wurde im Jahre 1380 vom Könige Wenzel auf dem Reichstage zu Aachen zum Herzog erhoben. DaWilhelm in einer unglücklichen Fehde gegen den Grafen von Cleve 1397 bei Cleverham geschlagen wurde und in Gefangenschaft geriet, nahmen seine Söhne sein Land in Besitz; unter diesen wußte sich A d o 1 f VII. bald zum Alleinherrscher zu machen (1408/37). Da mit seinem Oheim Reinhold 1423 der Mannesstamm von Jülich ausstarb, wurde Jülich in diesem Jahre mit Berg vereinigt. Adolfs Nachfolger war sein Neffe Gerhard II, (1437/75). Er wurde unvermutet vom Herzoge von Geldern angegriffen (1444), schlug diesen aber am Hubertustage bei Linnich, Zum Andenken an diesen Sieg stiftete er den Hubertusorden, der heute noch in Bayern besteht. Nach dem Tode Gerhards II. kam Wilhelm III. zur Regierung. Als er 1511 starb, war auch der Mannesstamm dieser Linie erloschen. Seine Tochter Maria war mit Johann, dem Sohne Johanns II. von Cleve, vermählt, der 1511 die Besitzungen am Niederrhein in seiner Hand vereinigte.
Als frühesten Grafen von Cleve nennt die Geschichte bereits im Jahre 720 Ebroin, Gegen 790 starb Graf Ludolf,
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der Bedburg bei Cleve begründete, das 1124 zu einem Prä-monstratenserkloster aus wuchs und 1509 ein freiweltliches Damenstift wurde. Zur Zeit des Grafen Balduin III. von Cleve gründete 963 GrafWichmann vonZütphen das Frauenkloster Elten, dessen Schutzvögte die Herren von Cleve wurden. Im Jahre 1021 übertrug Kaiser Heinrich II. die Verwaltung von Cleve als erbliches Lehen an Rütger von Tomberg aus Flandern, dessen Nachkommen hier bis 1368 regierten. Er ist als der eigentliche Stammvater des clevischen Grafengeschlechtes zu betrachten, dessen Stellung durch Grafschaftsrechte im Düffelgau, durch Belehnung mit einzelnen Gütern der cölnischen Kirche, durch Kauf kleiner Herrschaften und durch Vogteirechte bedingt war. Dietrich III. von Cleve beteiligte sich an dem ersten Kreuzzuge, Arnold II. zog mit Kaiser Konrad 1147 nach dem Heiligen Lande, und Dietrich IV. war ein Freund Friedrich Barbarossas. Er begleitete den Kaiser auf den Zügen nach Italien. In den Kämpfen mit Heinrich dem Löwen stand er treu auf Friedrichs Seite, und 1189 zog er mit zum Heiligen Lande. An den Streitigkeiten, die nach dem Tode Kaiser Heinrichs VI. zwischen Otto IV. und Philipp von Schwaben ausbrachen, beteiligte Dietrich sich nicht. Sein Nachfolger Arnold III. aber stellte sich auf Ottos Seite. Im Jahre 1218 beteiligte sich Arnold an einem Kreuzzuge und fand seinen Tod bei der Belagerung von Damiette. Als im Jahre
1234 Graf Dietrich VI. (1202/60) vom Papste Gregor IX. durch ein Schreiben zur Teilnahme an dem Kriege gegen die Stedinger1) aufgefordert wurde, folgte er dieser Aufforderung mit zahlreichen Mannen. An dem Siege bei Altenesch (1234) war Dietrich in hervorragender Weise beteiligt. Die kriegerischen Taten und der persönliche Mut, die Dietrich hier und bei anderen Gelegenheiten bekundete, verschafften ihm auch im Reiche hohes Ansehen. Im Jahre
1235 nahm er an dem glänzenden Reichstage Friedrichs II. in Mainz teil und Unterzeichnete die Reichstagsbeschlüsse mit. Unter Dietrich wurden Emmerich (1233), Wesel (1244), Cleve (1242), Calcar (1242?) und Griet (1255) zu Städten
1) Die Stedinger (Gestadebewohner) an der unteren Weser suchten durch Aufstände ihre Unabhängigkeit vom Erzbischof von Bremen zu erlangen. Erzbischof Gerhard II. ließ sie 1230 als Ketzer verurteilen, und Papst Gregor IX. rief 1232 zu einem Kreuzzuge gegen die unbotmäßigen Stedinger auf.
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erhoben. Infolge verwandtschaftlicher Verhältnisse war Graf Dietrich ein Anhänger König Wilhelms von Holland und dessen treuer Helfer bei der Eroberung von Aachen, Mit dem Erzbischof Engelbert von Cöln kämpfte Dietrich VII. (1260/75) 1267 gegen den Grafen Wilhelm von Jülich, und er geriet mit dem Erzbischof in die Gefangenschaft. Im Jahre 1273 begründete er die Stadt Dinslaken. Dietrich VIII. (1275/1305) vermählte sich in zweiter Ehe mit einer Verwandten Rudolfs von Habsburg. Er wurde zum Kaiserlichen Rat ernannt und erhielt das Recht, in drei verschiedenen Städten Geld zu prägen. Er bekam auch den Pfandbesitz der alten Reichsstadt Duisburg, Ihm wurde Zollfreiheit auf dem Rhein in derselben Ausdehnung erteilt, wie sie die Kurfürsten besaßen, Graf Dietrich IX. (1309/47) war ein Anhänger Ludwigs des Bayern; dieser übertrug ihm mit anderen Gerechtsamen die Pfandschaft über Kaiserswerth, die Erlaubnis zur Errichtung von Zollstätten in Huissen und Griet sowie das Vikariat von ganz Westfalen und die Schutz-vogtei über Werden. Da Dietrichs Tochter Margareta mit dem Grafen Adolf von der Mark (1348/68) vermählt war, so wurde Adolf nach dem Tode Johanns von der Mark Herrscher von Cleve. Sein gleichnamiger Sohn Adolf II. (1394 bis 1448) vereinigte 1398 Cleve mit Mark. Im Jahre 1397 war noch Ravenstein dazu gewonnen worden, und die vereinigten Länder wurden vom Kaiser Sigismund auf dem Konzil zu Konstanz 1417 zum Herzogtum erhoben. Bei der feierlichen Erhebung Adolfs zum Herzoge überreichte Friedrich, der erste Kurfürst von Brandenburg, ihm auf dem Markte zu Konstanz das Zepter, Bis zum Jahre 1521 herrschten in Cleve Adolf, Johann I, (1448/81) und Johann 11,(1481/1521), Des letzteren Sohn Johann III. verband durch seine Vermählung mit Maria von Berg die niederrheinischen Besitzungen Cleve, Mark, Ravenstein, Jülich, Berg und Ravensberg zu einem Besitztum, nachdem er bereits 10 Jahre in Jülich-Berg geherrscht hatte.
Ähnlich wie diese größeren Territorien und die Stadt Cöln entwickelte sich im Laufe der Zeit in den Rheinlanden eine große Anzahl kleiner reichsunmittelbarer Gebiete. Gegen Ende des Mittelalters zeigt die Karte der heutigen Rheinlande folgende reichsunmittelbare Gebiete: Die Erzbistümer Mainz — in einem kleinen linksrheinischen Teile — Trier
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und Cöln, die Abteien Prüm, Cornelimünster, Malmedy, Siegburg, Werden, Essen, Elten, die Grafschaften Saarbrücken, Sponheim, Veldenz, die Wildgrafschaft, die Grafschaften Nassau, Wied, Sayn, Neuenahr, Lützelburg — in seinem kleinen östlichen Teile — Mörs, die Herzogtümer Jülich, Berg, Cleve, Geldern (Obergeldern), die Herrschaften Schleiden, Heinsberg, Homburg, die freien Reichsstädte Aachen, Düren, Cöln, Boppard und Wetzlar und andere kleinere Territorien.
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Wenn wir von der Blütezeit des Mittelalters reden, dann denken wir vornehmlich an die Zeit der Hohenstaufen. Wohl zu keiner Zeit der deutschen Geschichte sind die Rheinland® so sehr der Brennpunkt der Kultur unseres Vaterlandes gewesen, als eben zu dieser Zeit.
Die reichsunmittelbaren Besitztümer, die unter der Hoheit geistlicher und weltlicher Fürsten sich befanden, führten die zusammenfassende Bezeichnung Territorium. Die zu dem Territorium gehörigen Gebiete waren regelmäßig bestelltes Land (Ackerland, Wiesen, Weinberge, Gärten), Wälder, Gewässer, Mühlen, Häuser, Höfe u. a. Diese Gebiete und die daran haftenden Gerechtsame (Jagd, Fischerei u. a.) vergaben die Fürsten zu Erbpacht an ritterbürtige Personen öder Bauern als Lehen im eigentlichen Sinne und Bauernlehen. Beide wurden als feodum oder beneficium bezeichnet. Während die Ritterlehen meist abgabenfrei waren, da für sie Kriegsdienste und Ritterdienste geleistet werden mußten, lasteten auf den Bauernlehen Zinsen und Zehnten, die meist in Naturalien abgeliefert wurden. Oft jedoch waren die Lehen auch Entschädigungen für bestimmte Ämter. Einzelne Teile des Territoriums wurden auch unmittelbar vom Fürsten selbst durch dessen Dienstleute bewirtschaftet. So umfaßten die Territorien Ritterlehen, Bauernlehen und Gebiete mit Eigenwirtschaft. Innerhalb der Territorien gab es auch sogenannte Allodien = freies Eigentum.
In Patrizier und Kleinbürger gruppierten sich zur Staufenzeit die Bewohner der Städte, in Ritter, Herren und leibeigene Bauern die der Burgen und des Landes. Während in den Städten Kämpfe der Zünfte, in denen das Bürgertum erstarkte, mit den Patriziern schließlich eine Gleichheit herbeiführten, blieb auf dem Lande das Verhältnis
Kreuzberg. Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. 6
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das gleiche. So ganz unmenschlich, wie man sich das Abhängigkeitsverhältnis des Hörigen von seinem Herrn gern vorstellt, ist es jedoch nicht gewesen. Daß auch der leibeigene Bauer nicht rechtlos war, zeigen uns zahlreiche rheinische Weistümer aus dem Mittelalter.
Für die Beurteilung einer Zeit ist die Kenntnis des Handels von besonderer Bedeutung. Zwar zeigt sich der mittelalterliche Handel mit seiner geringen Konkurrenz, der Verwirrung in den Maß- und Gewichtsbestimmungen sogar innerhalb kleinerer Gebiete und der erst beginnenden Einführung eines einheitlichen Wertmessers als die Übergangsperiode zum Welthandel der Neuzeit, doch ist sein Fortschritt gegen den Handel der Germanen und Franken ganz bedeutend. Bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts waren am Rhein die Mainzer Silberdenare, ähnlich den Denaren, die Karl der Große zu prägen begonnen hatte (1 Pfd. Silber = 240 Denare), in Umlauf. Seit dem 12. Jahrhundert bürgerte sich der dem Mainzer Denar ähnliche Cölner Denar immer mehr ein. Daneben zeigt sich der Pfennig 1), und als kleinste Rechnungsmünze war der Heller 2) vielfach in Gebrauch. Die größte Verwirrung zeigte das Münzsystem im 14. Jahrhundert. — Der Osten Europas war als Vermittler des Handels mit den Völkern des Orients dem Westen stets vor. Unter dem aufstrebenden Handel des Westens aber nimmt der der Städte am Rhein einen hervorragenden Platz ein. Den Niederrhein befuhren schon zu Anfang des 12. Jahrhunderts Schiffe aus Schwaben und Bayern, aus dem Main- und Moselgebiet, aus Holland, Brabant, Flandern und Friesland, aus Neuß, Duisburg, Cöln, Deutz, Bonn, Coblenz u. a. Städten. Als Verkehrsstraße diente aber nicht nur der Rhein mit seinen größeren Nebenflüssen; das Straßennetz der Rheinlande wurde seit dem 12. Jahrhundert bedeutend erweitert. Die wichtigsten Adern des Landverkehrs waren die Straßen Mainz—Bingen—Coblenz—Bonn—Cöln—Aachen nach den Niederlanden und Frankfurt—Königstein—Limburg—Hachenburg—Altenkirchen—Siegburg—Deutz—Cöln nach Antwerpen. Die Unterhaltung der Straßen war Sache der Fürsten;
1) Der Pfennig war eine pfannenähnliche Hohlmünze aus Silber. 240 Pfg. waren eine Mark (etwa L/t Pfd.) Silber.
2) Ein Heller (hl) war i. J. 1386 = Vmo Gulden. 1 Goldgulden = 9,65 Ji heutigen Geldes.
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diese bestritten die Kosten derselben aus den Erträgen der Zölle- Die Stadt Cöln war mit Lübeck Deutschlands bedeutendster Handelsplatz im 12. und 13. Jahrhundert. Diese Stadt vereinigte nicht nur den gesamten Rheinhandel in sich; sie besaß auch lange Zeit den ausgedehnten Handel mit Brabant, Flandern und England gleichsam als Monopol. Zahlreiche Handelsbeziehungen verbanden sie mit Ungarn, Böhmen und Polen, mit Bayern und Schwaben, mit Niedersachsen und Thüringen. Cöln erfreute sich auf dem ganzen Rheinstrom der Zollfreiheit. Alle zu Schiff die Stadt passierenden Waren mußten vor dem Weitertransport auf ihren Märkten zum Kauf ausgelegt werden. In London besaßen cölnische Kaufleute seit dem 12. Jahrhundert einen eigenen Kaufhof, den Stahlhof, und sie wachten eifersüchtig darüber, daß keine andere deutsche Stadt sich auf den englischen Markt eindränge. Sie allein von den Deutschen erhielten dort das Recht, eine Genossenschaft, eine Hanse, zu bilden. Von hier aus drang der Begriff der Hanse in das deutsche Verkehrsleben ein. Im 13. Jahrhundert wurde aus der Cölner Gildhalle in London eine deutsche Gildhalle. Den Hauptgegenstand des Vertriebes vor allem nach England und den Niederlanden bildete der Wein, der vom Elsaß bis zur Ahr in Cöln zum Markte gebracht wurde. Cöln bildete allmählich nicht nur für das Rheinland und Norddeutschland, sondern für den gesamten Handel Mitteleuropas von der Nordsee bis zum Mittelmeer und von der Elbe und Oder bis zur Maas und Schelde den Mittelpunkt. Der rege Handel erzeugte in Cöln ein reges Leben. Im Jahre 1218 war die Volksmenge in Cöln groß genug, um den Kern zu einem großen Kreuzheere zu bilden, und die Cölner Weberzunft hatte im 13. Jahrhundert über 30 000 Stühle in Betrieb, ein Beweis dafür, einen wie großen Einfluß der Handel auf den Gewerbefleiß der Bewohner ausübte. Die Tuch- und Wollenweber von Cöln versorgten mit ihren Erzeugnissen den Weltmarkt. Von Cöln aus verbreiteten sich die Industriezweige an den Niederrhein. Mülheim, Elberfeld, Solingen, Düsseldorf und Crefeld verdanken ihre blühende Gewebe- und Metallindustrie Auswanderungskolonien der Stadt Cöln. Neben den nützlichen Gewerben zeigt sich in dieser Zeit das Kunstgewerbe in schönster Blüte. Der herrliche Schrein, wahrscheinlich aus demEnde des 12. Jahr-
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hunderts, der die Leiber der hl. drei Könige faßt, wäre schon ein vollgültiger Beweis dieser Behauptung. Einen geschlossenen Eindruck von der höchsten Blüte rheinischer Edelmetallkunst in romanischer Zeit gibt uns der reiche Siegburger Reliquienschatz, dessen höchstes Kleinod, der Annoschrein, im Anfänge des 13. Jahrhunderts vollendet wurde.
Im 13. Jahrhundert zeigte das Rheinland eine überquellende Lebenskraft. Das beweisen die zahlreichen besonders vom Rhein ausgehenden Wanderungen. In dieser Zeit verließen die Bewohner der Westeifel und Nordluxemburgs ihre Heimat, besiedelten das ferne Siebenbürgen und eroberten es dem deutschen Geiste 1).
Auch in den Rheinlanden entfaltete sich das Ritter-t u m zu besonderem Glanze. Zahlreiche Burgen am Rheinstrom, seinen größeren und kleineren Nebenflüssen und im Hinterlande sind heute noch als Trümmer oder in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten. Es seien hier als charakteristisch her vor gehoben: Rheinstein, Sooneck, Strahleck, Gu- * tenfels, Katz, Sternberg und Liebenstein, Marksburg, Lahneck , Stolzenfels , Hammerstein , Rheineck , Rolandseck , Drachenfels und Godesberg am Rhein, die Ebernburg und der Rheingrafenstein bei Kreuznach, Cochem, Ehrenburg und Eltz an der Mosel, Burg an der Wupper, Linn bei Cre-feld, Haag bei Geldern und Moyland bei Cleve. Die Burg Rheinstein und das nach einem alten Plane seit 1890 wieder aufgebaute Schloß Burg an der Wupper, der ehemalige Sitz der Grafen von Berg, und die Marksburg gelten als Typen des mittelalterlichen Burgbaues. Zwar sind die Burgen nicht, wie man oft fälschlich annimmt, von Anfang an Ritterburgen gewesen; sie waren vielmehr ursprünglich Fürsten- oder Herrensitze, Festungen zur Verteidigung und Regierung der einzelnen Gebiete und Ämter. Doch kamen sie vielfach in den Besitz von sogenannten Burgmannen, die im Aufträge der Territorialherren dort deren Herrschaft ausübten und sich allmählich immer selbständiger zu machen verstanden. Dem Herrenstand und den Rittern stand das Volk wehrlos und
1) Vgl. Ad. Schullerus: Zur Heimat der Väter. Hermannstadt 1905 und Kisch, Vergleichendes Wörterbuch der Nösner (siebenbürgischen) und moselfränkisch-luxemburger Mundart. Hermannstadt 1906.
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dienend gegenüber. Prächtige Turniere zu Cöln (1179) 1), Neuß (1257), Siegburg, Burg an der Wupper, Nideggen (1357), Trier u. a. a. 0. zeigen den äußeren Glanz des Rittertums während der Blütezeit. Nachrichten über Raubritter und Wegelagerer aus der späteren Zeit, die sich mehrfach auch in Sagen ausprägen, künden aber den Verfall. Schon seit dem 12. Jahrhundert klagten die rheinischen Kauf leute über den Druck des Raubwesens durch Raubritter und Landstreicher. Den Raubrittern war die Lage ihrer Burgen am Rhein besonders günstig, und die fortwährenden Unruhen und Fehden im Reiche gestatteten es den Fürsten kaum, gegen die Räuber vorzugehen. Auch die Verordnungen Friedrich Barbarossas (1188) und Friedrichs II. (1235) verfehlten ihren Zweck. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erreichte das Raubrittertum den Höhepunkt seiner Macht. Erst der Rheinische Städtebund und Rudolf von Habsburg räumten unter den ritterlichen Räubern gründlich auf. Erste-rer schützte die Schiffe und Handelszüge und strafte die Räuber, und Rudolf von Habsburg zog 1282 gegen die Burgen Rheinstein und Sooneck, brannte sie nieder und ließ die Raubritter und ihre Knechte auf der Burg Rheinstein hängen.
Die Idee der Kreuzzüge entfachte auch in den Rheinlanden den frommen Sinn zu begeistertem Opfermut, Peter von Amiens predigte am Rhein, und sein Wort fand hier begeisterten Widerhall. Am ersten Kreuzzuge beteiligte sich Dietrich von Cleve mit zahlreichen rheinischen Rittern, und im Jahre 1147 warb Bernard von Clairvaux erfolgreich für die Teilnahme am zweiten Zuge ins gelobte Land, den u. a. der Graf Wilhelm III. von Jülich mitmachte. Vor allen beteiligten sich die Cölner rege an dieser Fahrt. Sie fuhren mit einer Flotte rheinabwärts in den Atlantischen Ozean. In Portugal nahmen sie den Arabern Lissabon und durchsegelten dann das Mittelmeer. Einen wirklichen Erfolg hatte dieser Zug nicht. Wie beim ersten Kreuzzuge, so entstand auch jetzt am Rhein eine Judenverfolgung. Als 1198 der deutsche Ritterorden begründet wurde, war ein rheinischer Ritter, Heinrich Walbott von Bassenheim, sein erster Großmeister. Im Jahre 1217 predigten Johann von
1) Bei diesem Cölner Turnier waren 9 Fürsten, 50 Grafen, 28 Freiherrn, eine große Anzahl Ritter und zahlreiches Gefolge aus Ober- und Niederdeutschland zugegen.
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Xanten und Oliverius Scholastikus in Rheinland und Westfalen einen Kreuzzug. Außer dem Grafen Adolf von Berg nahmen aus den Rheinlanden die Grafen von Wied, Wilhelm von Jülich und Arnold von Cleve mit zahlreichem Gefolge im Jahre 1218 an demselben teil. An der Maasmündung vereinigten sich die Scharen, die ihren Weg durch die Straße von Gibraltar nahmen. Nachdem das Kreuzheer den Spaniern die Mauren in Alkazar hatte bezwingen helfen, zog es weiter bis vor Akkon. Von dort nahmen die Kreuzfahrer an dem Zuge nach Ägypten teil, und bei der Belagerung von Damiette starben Adolf von Berg und Arnold von Cleve 1218 an der Ruhrkrankheit.
Der segensreiche Einfluß, den die Kirche des Mittelalters auf die Kultur ausübte, prägt sich in Deutschland kaum in einer Gegend mehr aus als in den Rheinlanden. Den Benediktinerabteien Prüm, Cornelimünster, Deutz, Werden, Siegburg reihten sich vor allem die Zisterzienserabteien, unter denen Himmerod, Heisterbach, Altenberg und Camp bei Mörs an erster Stelle stehen, würdig an, Prämonstraten-serklöster waren u. a. Knechtsteden und Meer bei Neuß, Hamborn bei Duisburg und Wadgassen a. d. Saar. Wollen wir ein Bild von der Tätigkeit und der Bedeutung mittelalterlicher Klöster zur Zeit ihrer Blüte um 1200 haben, so nehmen wir am besten den von Cäsarius von Heisterbach (1170/1240), dem Kulturhistoriker der Rheinlande, verfaßten „Dialogus“ zur Hand1). In diesem Meisterwerke bietet der Verfasser eine Fundgrube der Kulturzustände des Mittelalters. Was damals in der Cölner Diözese vorkam, ist im ,,Dialogus“ bald hier, bald da verzeichnet. Es gibt nur wenig Orte, sei es nun Stadt, Dorf oder Kloster, von denen nicht eine Legende, eine Sage, eine Anekdote erzählt wird. Das ganze Land des 13, Jahrhunderts lebt vor uns auf, Ritter, Mönche, Geistliche, Kaufleute und Bauern erscheinen, wie sie leiben und leben.
Redende Zeugen der großen Staufenzeit sind vor allem prächtige Kirchenbauten, Der romanische Baustil, der im 13, Jahrhundert seine höchste Blüte zeigt und dessen Pflege vorwiegend Sache der Klöster war, hat
1) Cäsarius schrieb außerdem „Das Leben der hl. Elisabeth“, „Das Leben Engelberts des Heiligen“ sowie die Fortsetzung des Katalogs der Cölner Erzbischöfe von 1167—1268. (Mon. Germ. S. S. XXIV.)
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sich in den Rheinlanden am reinsten und edelsten entwickelt. An die drei Kaiserdome zu Speyer, Worms und Mainz reihen sich der Dom zu Trier dieser ist insofern noch besonders anziehend, als sich bei ihm römische, romanische, gotische und Rokokoteile zu einem harmonischen Ganzen vereinigen —, die Castorkirche zu Coblenz und die Kirche zuBoppard, die Abteikirche Maria Laach, die Kirchen zu Andernach und Sinzig, das Münster in Bonn, die prächtige Doppelkirche zu Schwarz-Rheindorf bei Bonn mit ihrer wechselreichen Zwerggalerie und den ältesten deutschen Wandmalereien, die Cölner Kirchen St. Maria im Kapitol, St. Aposteln, Groß St. Martin und Gereon. Die künstlerisch bedeutendste und räumlich ausgedehnteste Kirche des Übergangsstils ist die Neußer Quirinuskirche. Zahlreiche kleinere romanische Kirchen verteilen sich über die ganze Provinz. Auch der gotische Stil, der sich aus dem romanischen in Nordfrankreich entwickelte, reicht in seiner Blütezeit bis in die Staufenzeit zurück. Der Cölner Dom ist das vollendetste Kunstwerk der rheinischen Gotik. Er sollte den von Reinald von Dassel 1163 nach Cöln gebrachten Reliquien der hl. drei Könige eine würdige Stätte bieten. Als Schöpfer des Bauplanes hat die Geschichte mit ziemlicher Sicherheit den Meister Gerhard von Riel ermittelt. Wenn auch Meister Gerhard nicht den Plan des heutigen Domes in allen Einzelheiten entwarf, so hat er doch den Grundplan zu diesem staunenerregenden Kunstwerk gelegt, das man 1248 zu bauen begann. Dem Cölner Dom reihen sich der bergische Dom zu Altenberg und die Wernerskapelle in Bacharach würdig an. Die Bauhütten der Dome zu Cöln und Trier bildeten neben denen zu Straßburg und Basel die Mittelpunkte der rheinischen Baukunst.
Die Rheinlande waren schon früh der Sitz deutscher Gelehrsamkeit. In Cöln bestanden die ersten universitätsähnlichen Einrichtungen Deutschlands; hier wirkte im 13. Jahrhundert als Lesemeister im Kloster der Dominikaner Albertus Magnus. Zwar war er von Geburt kein Rheinländer, aber seine langjährige*Tätigkeit in Cöln hat ihn eng mit seiner zweiten Heimat verknüpft. Längst gewürdigt ist das, was der große Gelehrte, zu dessen Füßen in Cöln auch Thomas von Aquin saß, für die Theologie und Philosophie leistete. Die neuere Zeit hat auch dankbar anerkannt,
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daß er der Pflanzenkunde einen tieferen Wert gab und der Zoologie einen sicheren Halt schuf. Das Studium der Franziskaner in Cöln blühte zu Anfang des 14. Jahrhunderts unter Duns-Scotus.
Einen besonderen Aufschwung nahm zurZeit der Hohenstaufen die D i c h t k u n s t. An der ersten Blüteperiode deutscher Dichtung haben die Rheinlande hervorragenden Anteil. Die „Kaiserchronik“, die in ungefähr 18 000 Reimzeilen die vier Weltreiche darstellt, stammt von einem Trierer Geistlichen und wurde um 1137/47 geschrieben. „Vater der mitteldeutschen Dichtung“ nennt man nicht mit Unrecht Heinrich von Veldecke, der (zu Mastricht geboren) 1175 am Hofe zu Cleve sich aufhielt und auch dort den größten Teil seiner Äneide schrieb, die den Begriff „Minne“ geläufig machte. Er ist der „Opitz“ des 12. Jahrhunderts, denn was Opitz für das 17. Jahrhundert war, das war er für seine Zeit, der Reformator der äußeren Form. Während der Endreim von Otfried bis auf Veldecke nur eine Assonanz in verschiedenen Spielarten bildete, war Veldecke der erste, der den reinen Reim ein- und durchführte.
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V.
Das absterbende Mittelalter und die anbrechende Neuzeit in den Rheinlanden.
Das Sinken der Kaisermacht. Die Blütezeit der Städte.
Die anziehendsten Partien der Geschichte sind stets die Wendepunkte geschichtlicher Zeiträume. Sie zeigen den Kampf neuer Ideen mit dem geschichtlich Gewordenen, einen inneren, oft fast unmerklich sich vollziehenden Kampf, der aber durch seinen weniger bemerkbaren Verlauf nicht minder wirksam sich erweist als eine in der Form einer Revolution sich vollziehende Umwälzung. Die neue Idee taucht erst in der Ferne auf, sie gewinnt Vertreter und kommt zum Durchbruch. Nicht plötzlich vollzieht sich eine solche Wandlung; sie bedarf oft Jahrhunderte zu ihrer Vollendung.
In einem solchen Kampfe scheiden sich auch Mittelalter und Neuzeit. Dem universalistischen Streben, das den Grundzug des Mittelalters bildet, setzt sich das individualistische Streben entgegen. Letzteres trägt nach einem Ringen von zwei Jahrhunderten den Sieg davon. Die bedeutungsvollste Zeit dieser inneren Wandlung liegt im 15. Jahrhundert.
An der Spitze des weltumspannenden Strebens standen zur Staufenzeit Papst und Kaiser; beide verloren allmählich ihre Macht, wenigstens in dem Sinne, wie sie diese früher ausgeübt hatten; sie mußten ihre Rechte zum Teil an Volk und Fürsten abtreten. Die Universalmacht individualisierte sich so mehr und mehr. Auf weltlichem Gebiete zeigt sich dies in dem Auf steigen der Territorialfürsten auf Kosten der Kaisermacht, auf kirchlichem läuft es in die Reformation aus, die später ausführlicher behandelt wird.
Seit dem Regierungsantritte Friedrichs III. (1440) sank die Kaisermacht jäh hinab. Friedrich zerstörte den letzten Rest nationaler Tatkraft, namentlich durch sein Verhältnis zu Burgund. Hier zeigt sich so recht des Kaisers Ohnmacht
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gegenüber den Landesfürsten. Die Kämpfe mit Burgund, die gewöhnlich als Neußer Krieg bezeichnet werden, stehen daher auch unter den politischen Ereignissen des 15. Jahrhunderts am Niederrhein im Vordergrund des Interesses.
Karl der Kühne von Burgund erstrebte für sein umfangreiches Herzogtum die Königswürde. In Trier verhandelte er 1473 darüber mit Friedrich III. Maximilian, Friedrichs Sohn, sollte Maria von Burgund als Braut heimführen; dafür wollte Friedrich III. Karl als König von Burgund anerkennen. In Trier steigerte Karl seine Forderungen. Er wollte zum römischen Könige ernannt werden. Nur wenn das gar nicht zu erreichen sei, sollten seine Gesandten die Übertragung des Reichsvikariats an ihn vorschlagen; so wollte er nach Friedrichs III, Tode deutscher Kaiser werden. Maximilian, dem er seine Tochter vermählen wollte, sollte die Krone von ihm erben. Erst wenn dem Herzoge das alles sichergestellt sei, wollte er die endgültige Einwilligung zur Vermählung seiner Tochter mit Maximilian geben. Diese Forderungen aber erfüllte der Kaiser nicht. Er brach die Verhandlungen ab und verließ Trier. Nun hielt Karl die Gewalt für das einzige Mittel zur Erreichung seines Zieles, und jede Gelegenheit, die sich ihm zur Trübung des Reichsfriedens bot, ergriff er mit Begierde. Bald sollte sich am Niederrhein eine günstige Gelegenheit zur Rache finden. Der Cölner Kurfürst Dietrich von Mörs (1414/63) brachte durch die Soester Fehde (1444/49) großes Elend über sein Land. Die Stadt Soest, durch die Hanse groß und mächtig geworden, glaubte die Fesseln des Erzbischofs abschütteln zu können. Sie empörte sich und erhielt Schutz und Hilfe von Cleve. Der Erfolg blieb nicht aus. Erzbischof Dietrich mußte Soest an Cleve abtreten, und das Erzbistum geriet in große finanzielle Schwierigkeiten. Dietrich von Mörs starb 1463. Eine große Zahl von Ämtern, Schlössern, Ortschaften, Land-und Wasserzöllen war damals für geliehenes Geld verpfändet. Dietrichs Nachfolger als Erzbischof von Cöln wurde Ruprecht von der Pfalz. Sein Augenmerk mußte sich naturgemäß zuerst darauf richten, die von seinem Vorgänger verpfändeten Güter zurückzugewinnen. Seinen Wunsch setzte er bald in die Tat um. Als Ruprecht nach seiner Belehnung mit den Regalien im Spätsommer des Jahres 1471 vom
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Reichstage zu Regensburg in seine Heimat zurückkehrte, fand er am Rhein Empörung. Die durch die zurückgenommenen Pfandgüter geschädigten Pfandherren suchten mit Gewalt die Pfänder wiederzuerhalten. Ohne sich lange zu besinnen, rief Ruprecht das Domkapitel, denAdel, dieRitter-schaft und die Vertreter der Städte nach Bonn zu einem Landtage und verlangte eine Steuer, um gegen die Ruhestörer vorgehen zu können. Domkapitel und Stände aber verweigerten die Steuer. Durch einen kühnen Gewaltstreich bemächtigte sich der Erzbischof des Städtchens Zons, nahm den dortigen Zoll in Besitz und zwang die Bewohner, ihm zu gehorchen. Das reizte das Domkapitel und die Stände zu wahrer Erbitterung gegen Ruprecht. Unter den rheinischen Städten scheint Neuß sich der Steuerbewilligung am hartnäckigsten widersetzt zu haben. Gegen diese Stadt richtete sich daher der ganze Unwille des Erzbischofs. Vergeblich versuchte er mit List, Neuß in seine Gewalt zu bekommen.
Gegen Ende des Jahres 1471 verklagte das Domkapitel den Erzbischof beim Adel, bei der Ritterschaft und den Städten und bei dem Pfalzgrafen Friedrich, Ruprechts Bruder. Ruprecht suchte sich, so gut es ging, zu verteidigen. Er sandte Briefe an Pfalzgraf Friedrich und Herzog Karl von Burgund. Beide suchten zwischen Domkapitel und Erzbischof zu vermitteln. Die Vermittlungsverhandlungen aber zerschlugen sich, doch kam am 4. November 1472 ein Vertrag zu Brühl zustande, durch den die Zustände, wie sie beim Regierungsantritt Ruprechts waren, wiederhergestellt wurden. Aber auch dieser Vertrag konnte die Zwietracht nicht aus dem Erzstifte verbannen, und im März des folgenden Jahres wählte das Domkapitel den Landgrafen Hermann von Hessen, der in der Folge an seinem Bruder Heinrich Unterstützung fand, zum Hauptmann und Beschirmer des Cölner Stiftes. Die Städte und Ortschaften Linz, Sinzig, Remagen, Erpel, Unkel, Honnef und Königswinter standen noch auf Ruprechts Seite, die Stadt Cöln aber befand sich mit den meisten anderen Orten am Niederrhein auf der Seite des Domkapitels. So bestanden zwei große Parteien in dem cölnischen Stifte: der Erzbischof Ruprecht einerseits und das Domkapitel, Hermann und Heinrich von Hessen anderseits.
Vergeblich belagerte Heinrich von Hessen die stark
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befestigte Stadt Linz am Rhein, und als Kaiser Friedrich III. mit seinem Sohne Max bei seiner Rückkehr von Trier nach Linz kam, befahl er die Aufhebung der Belagerung. In Begleitung der Erzbischöfe von Mainz, Trier und Eichstädt traf Friedrich III. in Cöln ein, wo er und sein Gefolge festlich empfangen und beschenkt wurden. Nach einem vergeblichen Vermittlungsversuche stellte der Kaiser sich auf die Seite des Domkapitels, Am 24, März 1473 schloß nun Karl der Kühne von Burgund ein Bündnis mit Erzbischof Ruprecht von der Pfalz, Er versprach, die Städte Andernach, Bonn, Neuß, Ürdingen u, a, wieder dem Erzbischof zu unterwerfen, dieser aber leistete dem Herzoge dafür eine Schuldverschreibung von 200 000 Gulden,
Karls des Kühnen Truppen richteten sich zuerst gegen Neuß, den strategischen Schlüssel des Niederrheins, Da die Stadt Cöln fürchtete, der folgende Angriff der Burgunder gelte ihr, so betrieb auch sie eifrig die Rüstung.
Für den Ausgang des Kampfes war es entscheidend, welche Stellung die einzelnen Landesherren am Rhein zu den streitenden Parteien nahmen. Während die Kurfürsten von Mainz und Trier auf der Seite des Domkapitels standen, neigten die Herzöge von Cleve und Jülich-Berg zu Burgund. Der Erzbischof Ruprecht und das Domkapitel traten in ihrer Bedeutung vor ihren Parteigängern allmählich zurück.
Am 29. Juli 1474 langte Karl der Kühne mit seiner Armee vor Neuß an und schloß es von allen Seiten ein. Die Stadt verteidigte sich gegen die Angriffe tapfer. Kaiser Friedrich machte Anstalten, den bedrängten Neußern zu Hilfe zu kommen. Am 4. Februar 1475 gebot er von Andernach aus der Stadt Cöln die Entsetzung der Stadt Neuß. Cöln schickte auch 2000 Mann Hilfstruppen nach Neuß; diese aber richteten nichts aus. Der Kaiser zog dann zum Augsburger Reichstage. Dort wurde nach langer Beratung die Bildung eines Reichsheeres beschlossen. Coblenz sollte der Sammelplatz der Truppen sein. Der 21. September 1474 wurde als Sammeltag bestimmt. Aber nur lässig wurden die Rüstungen betrieben. Erst im November langten die ersten Truppen in Coblenz an. Die erste Schar führte der Markgraf AlbrechtvonBrandenburg nach Ehrenbreitstein. Ihm folgten die Nürnberger, Nördlinger, Würzburger, Ulmer, Wormser, Speyerer und Frankfurter. Die
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Kurfürsten von Mainz und Trier kamen mit je 2000 Mann und mit großen Geschützen. Ende November zogen auch Friedrich III. und sein Sohn Maximilian von Würzburg zum Heere ab. Das Reichsheer zog nun allmählich rheinabwärts. Linz, die bedeutendste Feste, die zu Ruprecht von Cöln hielt, sollte und mußte zuerst fallen. Der Landgraf Heinrich von Hessen bemächtigte sich der Orte Erpel, Unkel, Scheuren, Rheinbreitbach und Königswinter und belagerte dann Linz. Aber erst als Albrecht von Brandenburg, den Karl der Kühne vergeblich zum Verrat am Kaiser zu bewegen versuchte, in die Belagerung eingriff, ergab sich endlich die Stadt. Inzwischen hatte die Belagerung von Neuß fortgedauert. Das Reichsheer gelangte im ,,Schneckenlaufe nach Cöln. Das einzige treibende Element war Albrecht von Brandenburg. Nachdem der Herzog von Jülich Neutralität gelobt und sich geweigert hatte, sein Kontingent zum Reichsheere zu entsenden, bewegte sich das Heer von etwa 16 000 Mann auf Neuß zu.
Hier war Karl der Kühne infolge von Unruhen in Burgund, am Oberrhein und in der Schweiz sehr zum Frieden geneigt. Am 5. Juni 1475 kam ein Waffenstillstand zustande. Die kriegführenden Heere sollten zu gleicher Zeit ihren Rückzug antreten. Ende Juni zogen darauf beide ab. Der endgültige Friede kam am 17. November im Lager bei Nancy zustande. Neuß war frei, und der Herzog von Burgund hatte aus dem Kriege keinen Vorteil gezogen. Dieser Krieg war für ihn der Anfang des Unterganges, der 1477 vor Nancy erfolgte, Ruprecht von der Pfalz, der seine Macht längst verloren hatte, verzichtete 1478 auch auf den Titel eines Erzbischofs von Cöln.
Die Kämpfe am Niederrhein hatten an erster Stelle Neuß und Cöln, dann aber auch dem ganzen Lande großen Schaden zugefügt. Die Kaisermacht hatte sich unfähig gezeigt, das Reichsgebiet zu schützen; denn nicht der Kaiser, sondern der Krieg in Burgund hatte den Herzog zum Rückzug gezwungen. Das erkannten auch Fürsten und Volk am Rhein. Rasch ging es mit dem Reiche bergab, und der ritterliche Maximilian konnte es nicht hindern. Bei der Einteilung des Reiches in zehn Kreise auf dem Reichstage zu Cöln 1512 wurden die Rheinlande dem kurrheinischen und niederrheinisch-westfälischen Kreise zugewiesen.
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Wie locker und unsicher in der folgenden Zeit das Verhältnis zwischen Reichsfürsten und Kaiser war, zeigt vor allem hier am Rhein die JülicherFehdein den Jahren 1542/43. In jugendlichem Übermute griff der Herzog von Jülich-Cleve-Berg, Wilhelm der Reiche, wegen der Erbfolge in Geldern gegen Kaiser Karl V. zu den Waffen, Er unterlag jedoch. Die blühende Stadt Düren wurde vom Kaiser am 24. August 1543 erobert und zerstört, und das ganze Herzogtum Jülich geriet an den Rand des Verderbens. Fremde Söldnerscharen blieben auch nach Beendigung des Krieges noch im Herzogtum. Der Herzog suchte nach Kräften seinem Volke wieder aufzuhelfen. Aus seinem Silbergerät ließ er Geld prägen — Talerstücke in viereckiger Form —, und er sorgte besonders dafür, daß die Städte gut befestigt und bewacht wurden.
In demselben Maße, wie das Reich vom Höhepunkte seiner Macht sank, hob sich die Macht der Fürsten. Das 14., 15, und 16. Jahrhundert ist das Zeitalter der Ausbildung territorialer Staatsgewalten. Die Territorialfürsten unterwarfen sich nach Möglichkeit auch die freien Städte. Boppard, zur Zeit der Hohenstaufen freie Reichsstadt, kam 1312 unter die Herrschaft der Erzbischöfe von Trier. Noch im Jahre 1497 erhob sich die Stadt, wurde aber vom Erzbischof im Verein mit dem Pfalzgrafen bei Rhein bezwungen. Auf ähnliche Weise kam Düren unter die Herrschaft der Jülicher Herzöge. Das Streben der Städte Coblenz (1560) und Trier (1568/80), die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen, war vergebens.
Stärker noch als auf politischem Gebiete zeigt sich das individualistische Streben der Neuzeit in allen Erscheinungen des wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Lebens des 15. und 16. Jahrhunderts.
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Der Schauplatz des Lebens im ausgehenden Mittelalter sind vorwiegend die Städte. Verhältnismäßig zahlreich entwickelten sich diese besonders seit dem 13. und 14. Jahrhundert am Rhein. Den Grund zu den meisten Rheinstädten legten die Römer (s. o.). Zwar zerstörten die Franken die ehemaligen Römerstädte und ließen sich auf den Trümmern
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zum Betriebe ihres Ackerbaues nieder. Als jedoch nach der Begründung des Frankenreiches eine neue staatliche Ordnung erwuchs, entstanden an der Stelle der römischen Städte neue städtische Siedelungen. — Sinzig, Remagen, Cöln, Duisburg u. a. besaßen ehedem Frankenpfalzen, und Cöln und Trier gewannen an Bedeutung vornehmlich durch ihre Bischöfe.
Wie die zahlreich erhaltenen Städtebil der aus dem Mittelalter und dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen, boten die rheinischen Städte einen schmucken Anblick. Das engere Stadtgebiet wurde meist von einer aus Graben und Wall bestehenden Landwehr umgeben. Diese Landwehr wurde von hohen Warttürmen überragt. Einen solchen findet man noch wohl erhalten bei Andernach. Die eigentliche Umschanzung der Stadt bestand meist aus Pallisaden, einem Graben und der Steinmauer. Mächtige Torbauten und zahlreiche Türme überragten die meist zinnengekrönte Mauer. Die Tore waren vielfach künstlerisch ausgeschmückt, wie uns das Hahnentor in Cöln, das Marschiertor in Aachen u. a. erhaltene Torbauten zeigen. Ganze Stadtbefestigungen sind noch in Ahrweiler und Zons erhalten, schöne Reste zeigen besonders Bacharach, Oberwesel, Hillesheim und Xanten. Das Innere der Stadt bot bei den vielen landwirtschaftlichen Betrieben vielfach ein weniger anziehendes Bild. Die Straßen waren eng und vor dem 14. Jahrhundert meist ungepflastert. Im 15. und 16. Jahrhundert änderte sich das Stadtbild. Herrliche öffentliche und private Gebäude erhoben sich an den Marktplätzen und den Straßen. Die Pracht der rheinischen Städte verkörpert sich besonders in der Stadt Cöln. Von ihr rühmt Äneas Sylvius, der spätere Papst Pius II., um die Mitte des 15. Jahrhunderts: ,,Keine Stadt in ganz Europa kann sich mit Cöln an Großartigkeit und Pracht messen; es zeichnet sich aus durch seine Kirchen und Wohnhäuser, durch seine tüchtige Einwohnerschaft, seinen großen Reichtum, seine zierlichen bleigedeckten öffentlichen Gebäude.“ Die Städte waren zur Zeit des ausgehenden Mittelalters und der anbrechenden Neuzeit die Führer der Nation. Ihre Einwohnerzahl war freilich im Vergleich zur heutigen klein. Cöln zählte im 15. Jahrhundert 30 bis 35 000 Bewohner, Die Stadt hatte ihre eigene Verfassung, deren Träger, der Rat, aus der Mitte der Bürger hervorging.
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Die Einkünfte der Städte setzten sich aus Grundsteuern, den Erträgnissen der Benutzung städtischer Anstalten (Kranen, Wagen, Brücken usw.) und dem Umgeld, der Abgabe von Mehl, Fleisch, Wein, Bier, Salz, Tuch, Wolle und ändern Genuß- und Nahrungsmitteln, zusammen; der „Mehlpfennig" lieferte z. B. 1379 in Cöln 5°/0, die Abgabe von Wein und Tuch 10% und die Fleischakzise 20°/o aller städtischen Einnahmen. Die Ausgaben dienten zum größten Teile der Verteidigung und Befestigung der Stadt. Die Bewachung und Verteidigung war Aufgabe der S t a d t w a c h e. Das Haupt der Wache war meist der Bürgermeister. Die Schöffen, Alt- und Jungräte bildeten die Wachtmeister, denen aus der Reihe der vornehmsten Bürger die Obermeister zur Seite standen. Die Wache zerfiel in Rotten; jede Rotte wurde von einem Rottenmeister befehligt. Auf den Toren, den Türmen * und Mauern der Stadt standen schwere Geschütze. Alle Bürger, Bürgerssöhne und Handwerksgesellen waren Bürgersoldaten. Auf ein Zeichen der Glocke am Rathaus hatte jeder Wächter den ihm zugewiesenen Platz einzunehmen. „Wachtordnungen“ enthielten die genauen Vorschriften der Stadtwachen. Cöln gebrauchte in dem verhältnismäßig friedlichen Jahre 1379 zum Zwecke der 'Stadtbefestigung und -Verteidigung 82% der Einnahmen. Die Erfindung des Pulvers wurde auch in den Rheinlanden früh zu Kriegszwecken verwertet. Cöln ließ schon 1416 eine Büchse gießen, die man „Unverzagt“ nannte. Dieselbe vermochte Steine von 5 Zentnern fortzuschleudern. Die Waffen der damaligen Zeit: Handbüchse mit Luntenschloß, Bogen, Armbrust, Schwert, Spieß, Hellebarde, Streitkolben und Morgenstern, sind in Sammlungen vielfach erhalten. Aber nicht nur das Verteidigungswesen, auch die Sicherheitspolizei und das F euerlöschwesen waren in den meisten Städten wohlgeordnet. Letzteres war um so notwendiger, da die Brandgefahr der Holzbauten und der engen Straßen wegen sehr groß war. In Cöln finden wir in den Jahren 1310, 1349, 1370, 1442 und 1445 größere Brände, die auch durch die verhältnismäßig ausgedehnten Löschvorrichtungen nicht verhindert werden konnten. Der geringere Teil der städtischen Einnahmen diente zur Errichtung städtischer Bauten (z. B. des Rathauses und des Gürzenichs in Cöln, dessen Bau 1441 begonnen wurde), zur Besoldung der Beamten und für wohl-
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tätige und kirchliche Zwecke. Den Höhepunkt ihrer politischen Macht erstiegen die Städte gegen das Ende des 14, Jahrhunderts, vor allem durch die Städtebündnisse, von denen der rheinische Städtebund und die Hanse über die Fürsten triumphierten. Zur Hanse gehörten von den rheinischen Städten Cöln, Kaiserswerth, Duisburg, Wesel, Emmerich, vielleicht auch Andernach. Cöln war der Vorort des niederrheinisch-westfälischen Quartiers. Im Saale des Gürzenichs zu Cöln wurde 1357 der Krieg der Hanse gegen die Könige von Dänemark und Norwegen von 77 Städten beschlossen. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts gewannen die Fürsten wieder das Übergewicht, nur die größeren Reichsstädte behaupteten noch einigermaßen ihre frühere Stellung. Wie fast allenthalben in den deutschen Städten, so entwickelte sich auch in den Städten am Rheine neben dem Bürgertum früh eine städtische Aristokratie. Unter den Cölner Patriziern sind die bekanntesten die Overstolze, Scherfgen, von Horn, Spiegel, Birkelin, Efferen, Cleingedank, Geyer, Hirzelin, Hardefuist, die von derAaucht, von Grin, von dem Krane und die von Lyskirchen. Die vornehmen Geschlechter schlossen sich immer mehr von den Bürgern ab und verlangten die städtischen Ämter für sich. Das erzeugte bald eine Spannung und einen Kampf zwischen den Zünften und den Patriziern; denn jene verlangten Anteil an der städtischen Verwaltung. Solche Kämpfe kosteten gewöhnlich viel Blut. Nach der „Weberschlacht" in Cöln wurden 1371 zahlreiche Weber hingerichtet und 1800 Leute aus der Stadt vertrieben. Diese Streitigkeiten hatten aber doch den Erfolg, daß die Zünfte Anteil an der städtischen Verwaltung erhielten. In Cöln z. B. wählten in der Folge sämtliche Bürger, die ein gewisses Vermögen hatten, ohne Rücksicht auf Geschlechter und Zünfte den Rat.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Städte beruhte vornehmlich auf dem Handel und dem sich entwickelnden Gewerbe. In den Handel griff nichts so nachhaltig fördernd ein, als die allmählich aufkommende Geldwirtschaft. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ahmte man noch am Rhein als Wertmesser den Florentiner Gulden nach; aber schon seit der Mitte des Jahrhunderts taten die rheinischen Kurfürsten die einleitenden Schritte zur Begründung einheitlichen Maßes, Gewichtes und gemein-
Kreuzberg, Geschichtibilder aus dem Rheinlande. 7
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samer Münzen. Seit etwa 1368 wurde der rheinische Gulden x) die allgemeine Münze des gesamten rheinischen Handels. Diese Münze verbreitete sich bald nicht nur über alle rheinischen Territorien, sondern sie gewann auch Geltungs-wTert weit über deren Grenze hinaus. So wurde damals der Güteraustausch im heutigen Sinne eingeleitet, und der Handel wurde bald international. Als Neuerung im Handelsverkehr gilt im ausgehenden Mittelalter die Benutzung des Wechsels. Im 14. und 15. Jahrhundert nahm besonders der Rheinhandel einen gewaltigen Aufschwung. Der Umsatz stieg z. B. in Cöln von 37 Millionen Mark im Jahre 1368 auf etwa 210 Millionen Mark im Jahre 1464/65. Ein Haupthandelsartikel am Rhein war noch stets der Wein. Ein bestimmtes Weinmaß aber kannte man hier erst seit dem 16. Jahrhundert. Während man früher immer nach einer Zug-
1) Seit 1454 war 1 Gulden = 24 Albus oder Weißpfennig; 1 Albus = 8 (6V2) Pfennig = 10 Heller. Der Gulden galt demnach 192 Pf — Die Cölner Mark (etwa 234 gr) zählte 12 Schillinge, jeder Schilling 12 Pfennig. Die Cölner Mark des früheren Mittelalters (10. Jahrh.) wog 1 Pfund und zählte 240 Pf oder Denare. Jeder Pfennig = 0,33 heutiger Reichsmark, die Mark also = 79,20 Jt heutigen Geldes, wobei die viel größere Kaufkraft des früheren Geldes außer acht bleibt. — Nach Beißel („Geldwert und Arbeitslohn im Mittelalter“, Freiburg 1884) betrugen auf Grund des Münzvertrages der rhein. Kurfürsten von 1493 und der Baurechnungen der Xantener Stiftskirche die verschiedenen im Umlauf befindlichen Münzen im Jahre 1495 :
Neue Xantener Mark
Münzen Weißpfennige oder Albus Kölner Mark oder rhein. Gulden
Groschen Vs6 V216 1 / 864
Junge Cölner Mörchen . . v.. V7» V288
Alte „ „ Vs V« V192
Xantener Stiftsdenar . . . V 6 '/SS V144
Cölner Schilling V 2 V» V« V 48
„ Buyschen Vs V36 V24 V24
Neue rhein. Weißpfennige 1 1/e
Stüber 1 Ve
Alte Weißpfennige .... IV* V* 1/l6
Cölner Blanken 2 Vs V12
Xantener Stiftssolidi . . . 2 Vs V12 V*
Cölner Mark 6 1
Xantener Mark 24 4 1
Neuer rhein. Gulden 24 4 1
Alter rhein. „ ... 39 6>/> l5/8
Alter Schild 65 io3A 2 sl*
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last rechnete, maß man von nun ab mit der Ohm, die etwa 135 Liter hielt. Wie sehr man aber auch darauf hielt, den guten Ruf des Cölner Weinhandels zu erhalten, zeigen die harten Strafen, mit denen man die Weinfälscher belegte. Wie der Handel mit Wein, so war auch der übrige Handel einer scharfen Kontrolle unterworfen. — Die Handelsverbindungen rheinischer Kaufleute reichten weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Gegen Schluß des Mittelalters unterhielten Cölner Kaufleute Handelsbeziehungen mit Venedig, Sizilien, Portugal, Spanien und Frankreich, mit ganz Deutschland, Böhmen, dem gesamten Nordosten, Norden und Nordwesten von Europa.
Die Bürger des Mittelalters waren im allgemeinen arm an Geld. Durch den erhöhten Verkehr indes nahm der Vorrat an barem Gelde immer mehr zu. Die Folge war ein Sinken des Zinsfußes. Während dieser noch im 14. Jahrhundert auf 10% stand, sank er bis 1550 auf etwa 5°/0. So kam allmählich das Kapital als Unternehmerfonds zur Geltung.
Gleichzeitig mit dem Handel entwickelte sich das Gewerbe. Es stützte sich im wesentlichen auf die Zünfte, Diese entstanden vielfach aus kirchlichen Bruderschaften, die bis ins 11. und 12. Jahrhundert zurückreichen. In den rheinischen Städten kamen die Zünfte in der zweiten Hälfte des 14. und der ersten des 15. Jahrhunderts zu ganz besonderer Blüte. Nachdem sie zahlreiche Kämpfe (z. B. in Cöln und Aachen) siegreich durchgefochten hatten, wurden sie bald die eigentlichen Träger der städtischen Verfassung.
Der Verkehr am Rhein wurde seit dem Ende des 16. Jahrhunderts durch das Postwesen gefördert. Unter Kaiser Maximilian I. entstand 1516 aus den Kurierrittern die erste deutsche Reichspost, deren Unternehmer der Italiener Franz von Taxis wurde. Es war anfangs eine reitende Botenpost, die amtliche und private Briefe und Pakete beförderte. Die Hauptpoststraße führte von Wien nach Brüssel über Kreuznach und durch das Hunsrück- und Eifelgebiet. Den Sohn des ersten Unternehmers, Leonhard von Turn und Taxis, ernannte Karl V. zum niederländischen Generalpostmeister. Da der Generalpostmeister in den Jahren 1576—-1584 seinen Verpflichtungen nicht nachkam, übertrug Kaiser Rudolf II. 1584 die Leitung der Post dem
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Postmeister Hennot in Cöln. Leonhard von Taxis aber erhielt seine Stellung 1595 wieder, und Hennot blieb Generalbevollmächtigter für Deutschland. Seit 1580 zweigte von der Hauptpoststraße von Wöllstein bei Kreuznach eine Seitenlinie über Kisselbach, Waldesch, Remagen nach Cöln ab. Im Jahre 1614 wurde auch die Poststraße Cöln-Frank-furt eingerichtet.
Die Zentren der Bildung waren beim Ausgange des Mittelalters wie auch heute noch die Universitäten. Zu der im Jahre 1388 gegründeten Cölner Universität gesellte sich in den Rheinlanden 1473 die Universität Trier. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts zählte die Universität Cöln ungefähr 2000 Lehrer und Studenten. In Cöln studierten nicht nur Rheinländer, Westfalen und Holländer, sondern auch Schotten, Schweden, Dänen u. a. Durch Erasmus von Rotterdam, der 1496 an der Cölner Hochschule einen Kreis von Freunden um sich sammelte, gewann der Humanismus, freilich nicht ohne schwere Kämpfe, dort großen Anhang. In der „berühmtesten Stadt Deutschlands“ hielt zu Anfang des 16. Jahrhunderts Peter von Ravenna einige Zeit Vorlesungen, und der Karthäuser Werner Rolewinck begeisterte durch seine Vorträge sogar die Lehrer der Uni-vesität. Er schrieb 1474 einen Abriß der Weltgeschichte, der in 18 Jahren in 30 verschiedenen Ausgaben und Auflagen erschien. Den Rheinlanden entstammt auch der berühmte Mystiker des 15. Jahrhunderts, Thomas von Kempen (1380/1471). Er wurde zu Kempen geboren, erhielt dann seine Ausbildung bei den Brüdern des gemeinsamen Lebens zu Deventer. Seit dem Jahre 1399 gehörte Thomas dem Augustinerkloster Agnetenberg bei Zwolle an; dort schrieb er, wahrscheinlich im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts, die „Nachfolge Christi“, die mehr als 2000 Auflagen erlebte und bei reich und arm Verbreitung fand und noch heute findet. Dem vielbewunderten und vielumstrittenen Schriftsteller setzte man in Kempen ein Denkmal. Zu den gelehrtesten Männern der Rheinlande gehört unstreitig Johann T rithemius. Er wurde zu Trittenheim an der Mosel 1462 geboren. Vom Jahre 1483 bis 1503 bekleidete er die Abtswürde des Benediktinerklosters Sponheim bei Kreuznach, Die Bibliothek seines Klosters erhob er durch den Erwerb hervorragender Werke zu einer einzig
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in Deutschland dastehenden Büchersammlung, die 1515 schon 2000 Bände umfaßte. Seine schriftstellerische Tätigkeit erstreckt sich auf Theologie, Philosophie, Naturwissenschaften, Medizin, Geschichte und Literatur. Die Kenntnisse, welche Trithemius in der Naturwissenschaft besaß, waren so außergewöhnlich, daß er, wie ehemals Albertus Magnus, von sehr vielen für einen ,,Zauberer und Wundertäter gehalten wurde, der Tote auf erweckt, Geister aus der Unterwelt beschworen, künftige Ereignisse vorhergesagt habe“. Seine „Hirsauer Annalen“ sind die Vorarbeit einer allgemeinen deutschen Geschichte. Der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg, mehrere andere Fürsten und Erzbischöfe und Kaiser Maximilian I. versuchten vergebens, den gelehrten Rheinländer in ihre Dienste zu ziehen. Trithemius starb in Würzburg im Jahre 1516. Einer seiner hervorragendsten Schüler, Johann Butzbach, der später Prior in Maria Laach war, rühmt die Wirkung der Schriften seines Lehrers, und Nikolaus Gerbellius von der Akademie zu Cöln preist sich glücklich, in einem so herrlichen Jahrhundert zu leben, in welchem in Deutschland so ausgezeichnete Männer erstanden seien wie Trithemius. Nicht mit Unrecht behauptet Janssen: ,,Das geistige und wissenschaftliche Leben pulsierte im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts und im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts am kräftigsten in denRhein-landen. Hier standen die Universitäten mehr als anderwärts in Zusammenhang mit einer allgemeinen Volksbildung und besaßen in den gelehrten Mittelschulen eine sichere Grundlage.“ Solcher Mittelschulen gab es in den Rheinlanden damals schon viele. Cöln besaß 11 Lateinschulen, das Gymnasium in Emmerich zählte im Jahre 1550 bereits 450 Lateinschüler und die Gymnasien in Xanten und Wesel 230.
Daß auch die allgemeine V olksbildung nicht vernachlässigt wurde, zeigen besonders Beispiele vom Niederrhein. In Xanten, Weeze bei Goch, Wachtendonk (1443), Aldekerk (1462), Kapellen bei Geldern und an zahlreichen anderen Orten lassen sich Volksschulen nachweisen, und wenn der Lehrer vom Dorfe Rheurdt bei Geldern jährlich 10 Gulden und von jedem Kinde 5 (bzw. 4) Stüber monatliches Schulgeld als Gehalt bezog, dann war das im Ver-
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gleich zu anderen Beamten *) recht hoch. Für die Heizung im Winter hatten die Kinder oder deren Eltern meist selbst zu sorgen. In Kapellen mußte jeder Bauer, dessen Kind die Schule besuchte, einen Wagen Holz liefern, wenn er einen Anspann hatte.
Beim Ausgang des Mittelalters beginnt die Geschicht-schreibung allmählich immer zielbewußter ihre Tätigkeit. Unter den zahlreichen deutschen Chroniken nimmt die ,,Cronica van der hilligen stat van Coellen“, die ein Ungenannter 1499 in niederdeutscher Mundart veröffentlichte, eine der ersten Stellen ein. Sie ist nicht nur eine Chronik der Stadt, sondern auch eine Weltchronik. Für die rheinische Kulturgeschichte, besonders für die Kenntnis des bürgerlichen Lebens in Cöln ist das ,,Buch Weinsberg“ von besonderer Bedeutung. Hermann von Weinsberg (1518/98) war Cölner Bürger; er berichtet ausführlich über das häusliche, gesellschaftliche, gewerbliche, kaufmännische und politische Leben der freien Reichsstadt.
Durch die großen Entdeckungsreisen, die man im 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts machte und die die europäische Welt gewaltig aufregten, wurde die Erdkunde eine volkstümliche Wissenschaft. Sowohl weitere Volkskreise, wie auch die Gelehrten beschäftigten sich gerne mit ihr. Der Begründer der neuen Geographie, Gerhard K r e m e r , oder wie er sich nach der Sitte damaliger Zeit nannte, Merkator, ist nach Abstammung und Leben ein Sohn der Rheinlande, Er wurde am 5. März 1512 in Rupel-monde in Flandern geboren, als seine Eltern, die im Herzogtum Jülich wohnten, dort zu Besuch weilten.
Die erste Erziehung leiteten die Eltern. Die weitere Ausbildung erhielt der Knabe im Kloster der Brüder vom gemeinsamen Leben in Herzogenbusch und auf der Universität zu Löwen, die er seit 1530 besuchte. Hier trieb er anfangs humanistische und philosophische Studien, später aber wandte er sich ausschließlich der Mathematik, Astronomie und Geographie zu.
In der Geographie fand Kremer das Gebiet seiner erfolgreichen Tätigkeit, und nach gründlichen Vorstudien trat er schon im Jahre 1537 mit seinem Erstlingswerke an die
1) Der Dombaumeister zu Frankfurt bezog 10—20 Gulden jährlich.
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Öffentlichkeit. Es war eine Karte von Palästina, der bald eine solche von Flandern folgte. Besondere Empfehlung und großen Ruhm brachten ihm seine Erdgloben. Der Kanzler Granvella empfahl den jungen Gelehrten Kaiser Karl V. Für den Kaiser fertigte Merkator 1541 eine Erd- und Himmelskugel an, die nach dem Urteile der Zeitgenossen alle bisherigen derartigen Leistungen übertraf. Im Jahre 1554 erschien Merkators größtes Werk, seine Karte von Europa, durch die sein Ruf als größter Geograph der damaligen Zeit begründet wurde. Schon zwei Jahre vorher war er nach Duisburg übergesiedelt. Hier lebte er unter dem Titel eines Kosmographen des Herzogs von Jülich, In Duisburg beschäftigte er sich auch mit der Landesaufnahme des Herzogtums Lothringen. 1569 erschien seine epochemachende Weltkarte für Seefahrer in der sogenannten Merkator-projektion. Merkator hatte die Absicht, eine alle Länder umfassende Sammlung von Karten zu veranstalten. Für diese wählte er die Bezeichnung „Atlas“, die seit dieser Zeit in den Sprachgebrauch eindrang. Die Vollendung des Werkes erlebte er nicht; er starb am 21. Dezember 1594, Merkators Sohn gab diesen ersten Atlas im Jahre 1595 in Duisburg heraus. Merkator ist nicht nur der Schöpfer einer neuen, für Seekarten heute noch gültigen Kartenzeichnung, er wies auch die Abweichung der Magnetnadel vom geographischen Nordpol — diese war seit Columbus bekannt glaubhaft nach, entwickelte die Theorie des Erdmagnetismus und berechnete den magnetischen Nordpol, Er lehrte zuerst die Form der Erde richtig deuten und arbeitete Kepler nicht unbedeutend vor. Im Jahre 1878 setzte die Stadt Duisburg ihrem großen Bürger, der in der dortigen Salvatorkirche sein Grab fand, ein prächtiges Denkmal. Das Duisburger Museum birgt zahlreiche Erinnerungen an diesen großen niederrheinischen Gelehrten.
Die Trägerin unseres gesamten Geisteslebens, die Buchdruckerkunst, fand auch in den Rheinlanden die ihr gebührende Pflegestätte. Um 1500 finden wir in Cöln bereits 21 Buchdruckereien. Der Cölner Buchhändler Franz Birkmann vermittelte den Austausch der geistigen Erzeugnisse Deutschlands, Frankreichs und der Niederlande und vertrieb zudem eine große Zahl Bücher nach England. So wurde Cöln eine Hauptstätte des Buchhandels, wie es
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ehedem Mittelpunkt für den deutschen Handel mit Handschriften war.
Der steigende Wohlstand der mittelalterlichen Städte kam in besonderer Weise der Entwicklung der Kunst zugute. Kirchen in Simmem, St. Goar, Trier, Andernach, Linz, Bonn, Xanten und Cöln (St. Ursula, St. Severin, Minoritenkirche u. a.) erregen noch heute Bewunderung. Als die schönsten Denkmäler der westdeutschen Bil dschnitzer-schule zu Calcar am Niederrhein gelten unstreitig die herrlichen Schnitzereien in der Nikolaikirche zu Calcar. Sieben große Altäre, der Hochaltar mit bemalten Flügeln von Jan Joest, herrliches Chorgestühl u. a. fesseln das Auge des Beschauers. Für die Malerei der damaligen Zeit war die Cölner Malerschule tonangebend. Meister Wilhelm wird um 1380 ,,der beste Maler in den deutschen Landen“ genannt, und Meister Stephan Lochners Dombild gilt als eine Perle der Malerkunst. Stephan Lochner stammte aus Meersburg am Bodensee. Im Jahre 1442 erscheint er zuerst in Cöln, 1448 war er Vertreter der Malerzunft im Rat. Er starb 1451. Außer dem Dombilde stammen von Lochner die Madonna mit dem Veilchen (Erzbischöfl. Museum in Cöln), die Darstellung im Tempel, 1447 (Darmstädter Museum), ein großer Kruzifixus mit Heiligen (German, Museum in Nürnberg). Auch die Madonna in der Rosenlaube und der Muschel-Metternich-Altar (beide im Cölner Städt. Museum) werden ihm zugeschrieben. Von der mehr übersinnlichen Auffassung des Meisters Wilhelm führte Lochner die Cölner Malerschule zu einer gewissen Realistik: er stellte in seinen Bildern die Menschen seiner Zeit dar mit ihrem starken Selbstbewußtsein, das sich vor allem in ihrer reichen Gewandung äußert. Die Werke der Cölner Malerschule schmückten zahlreiche rheinische Kirchen und Altäre und dienten bis hinab zu den Niederlanden als Muster. Auf die oberdeutschen Maler erlangten die Cölner Einfluß durch Martin Schongauer, der in Cöln seine Kunst erlernte, aber auch von den Niederländern beeinflußt wurde. Auf Albrecht Dürer wirkte sie durch seinen Lehrer Wohlgemuth, der in den Anfängen seiner Kunst von ihr beeinflußt war. Die im nördlichen Seitenschiff des Cölner Domes (1507/09) errichteten herrlichen Glasfenster erregen als Muster künstlerischer Glasmalerei die verdiente
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Bewunderung. Der erhöhte Wohlstand der Bürger ver-anlaßte ein bedeutendes Steigen des Luxus. Zahlreiche Überreste künstlerisch ausgeführter Mobilar- und Zier-stücke, dekorativ behandelte Steingutgeschirre und kunstvoll getriebene Prunkgefäße, kunstreiche Hautelissetapeten, prächtigen Schmuck und Gebrauchsgegenstände finden wir in zahlreichen Museen und Sammlungen bis in unsere Tage erhalten.
Die Lage der Bauern begann im Gegensatz zum Bürgertum im 14. Jahrhundert sich erheblich zu verschlechtern. denn Adel und Fürsten suchten damals mit Erfolg den früher wohlhabenden Bauernstand rechtlich und wirtschaftlich zu drücken. Die Reichsgewalt kümmerte sich fast nirgends um den Bauern, und so bildete sich allmählich die eigentliche Leibeigenschaft heraus. Die größeren Grundherren benutzten die alten grundhörigen Beziehungen, um darauf die Anfänge einer neuen selbständigen Landesverwaltung zu stützen, welche die sinkende Reichsgewalt ersetzen sollte. Aber nicht nur unterdrückt war der Bauer des scheidenden Mittelalters, er war auch verachtet und verspottet. „Der Bauer ist an Ochsen statt, nur daß er keine Hörner hat" ist eine Wendung, die in Fastnachtsspielen und Schwänken in den verschiedensten Formen wiederkehrt. Bei dieser traurigen Lage ist es nicht zu verwundern, daß wir im 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Bauern stets zu Aufständen und zur Revolution bereit finden; denn zu verlieren hatten sie wenig oder gar nichts als das nackte, unfreie Leben, das ihnen nicht selten eine Last war.
Wenn wir das politische und wirtschaftliche Leben der Städte des 15. Jahrhunderts und ihren Einfluß auf das gesamte nationale Leben der damaligen Zeit betrachten, dann dürfen wir diese Zeit mit Recht als das bürgerliche Zeitalter bezeichnen.
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VI.
Die Reformation in den Rheinlanden.
Als im 10. Jahrhundert die Kirchenzucht sich lockerte, ging vom Kloster Cluny in Frankreich eine Reformbewegung aus, die schon in demselben Jahrhundert in den Klöstern des Herzogtums Lothringen Früchte zeitigte und in der Folgezeit, vor allem im Zeitalter der Salier, als das Gärungsmittel aller geistigen Zukunftsentwicklung bezeichnet werden kann. Das Kirchenleben zur Zeit der Hohenstaufen war glänzend und durchdrang und befruchtete auch in den Rheinlanden das gesamte öffentliche Leben. Das 14. und der Anfang des 15. Jahrhunderts ließen den religiösen Eifer vielfach erkalten. Infolge des großen Besitzes verweltlichte die Kirche allerorten. Kirchliche Mißstände (Babylonische Gefangenschaft der Päpste, Schisma u. a,) zeigten auch in den Rheinlanden ihre Wirkung. Die hohen geistlichen Fürsten legten größeren Wert auf ihre landesherrliche Stellung als auf ihre kirchlichen Pflichten. Als um die Mitte des 15. Jahrhunderts die Reformbestrebungen auf kirchlichem Gebiete nach dem Grundsätze, „daß nicht der Mensch das Heilige, sondern das Heilige den Menschen umgestalten müsse“, ihren Anfang nahmen, war es ein Rheinländer, Nikolaus von Cues, der im Aufträge des Papstes diese Bewegung in Deutschland leitete und unerschrocken die Übelstände und Mißbräuche auf kirchlichem Gebiete aufdeckte und erfolgreich bekämpfte. Er wurde zu Cues an der Mosel 1401 geboren. Nachdem er in Deventer von den Brüdern vom gemeinsamen Leben unterrichtet worden war, studierte er in Heidelberg Theologie und zu Padua Rechtswissenschaft. Dort wurde er 1424 Doktor der Rechte. Darauf begann er in Mainz seine Tätigkeit als Rechtsanwalt. Da er seinen ersten Prozeß verlor, wandte er sich wieder der Theologie zu und wurde 1430 zum Priester geweiht. Später war er Dekan des Kollegiatstifts St. Florin in Coblenz, darauf Propst in Münstermaifeld und Archidiakon und
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Protonotar in Lüttich. Im Jahre 1432 berief ihn der päpstliche Legat als Mitglied des Konzils nach Basel. Nikolaus gehörte zu den hervorragendsten Mitgliedern der Kirchenversammlung, und er war vornehmlich an dem Abschluß der Prager Kompaktaten beteiligt. Der Papst sandte den gelehrten Rheinländer 1438 nach Konstantinopel, damit er dort die Vereinigung der Griechischen- mit der Mutterkirche betreibe. Im Aufträge des Papstes beteiligte er sich auch an den deutschen Reichstagen zu Mainz (1439), Nürnberg (1439), Mainz (1441) und Frankfurt (1442). Der Abschluß des Frankfurter Konkordats (1447), in dem der Papst für Deutschland auf die Annaten (Jahrgelder, die für die Verleihung eines Kirchengutes an den päpstlichen Stuhl zu zahlen waren,) verzichtete und freie Bischofs- und Abtswahl zusagte, war hauptsächlich sein Werk, Im Jahre 1448 wurde Nikolaus Kardinal und im folgenden Jahre Bischof von Brixen, Als päpstlicher Legat machte er 1451 eine Reise durch die Klöster Deutschlands und der Niederlande. In demselben Jahre sandte ihn der Papst nach England, um im Kriege zwischen Frankreich und England zu vermitteln. In den Jahren 1452/53 finden wir Nikolaus in Böhmen, 1454 in Preußen zur Beilegung des Streites zwischen den Deutschordensrittern und ihren Untertanen und 1458 als Vicarius generalis im Kirchenstaate. Er starb 1464 zu Todi in Umbrien. Sein Leichnam wurde in Rom bestattet, sein Herz aber ruht in der Hospitalkapelle zu Cues. Das von ihm und seinem Bruder (1454/56) zu Cues erbaute und reich beschenkte Hospital, in dem 33 Arme kostenlos verpflegt werden, bildet in seinem Heimatort ein herrliches Denkmal seiner Wohltätigkeit. Das Urteil über diesen großen Rheinländer spricht der Abt Johann Trithemius am Ende des 15. Jahrhunderts mit den trefflichen Worten aus: „Nikolaus von Cues erschien in Deutschland wie ein Engel des Lichtes und des Friedens inmitten der Dunkelheit und Verwirrung. Er stellte die Einheit der Kirchenverwaltung wieder her, befestigte das Ansehen ihres Oberhauptes und streute reichen Samen neuen Lebens aus. ... Er war ein Mann des Glaubens und der Liebe, ein Apostel der Frömmigkeit und der Wissenschaft.“
Die durch Luther begonnene Reformation war in den Rheinlanden schon vorbereitet. Ihr Vorläufer war hier
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wie anderswo in Deutschland der H u m a n i s m u s. Im allgemeinen wurde es am Rhein recht schwer, demselben einen festen Boden zu erwerben. Die bedeutendste der beiden rheinischen Universitäten, Cöln, sah auf eine ruhmreiche scholastische Vergangenheit zurück. Sie hatte vor allem die Theologie gepflegt, und ihre geschichtlich begründete Stellung drängte sie ohne weiteres in einen Gegensatz zum auf-keimenden deutschen Humanismus. Im Jahre 1507 versuchte Hermann von dem Busche, ein gelehrter Ritter aus Westfalen, dem Humanismus in Cöln Eingang zu verschaffen. Er fand aber in dem Theologen Gratius einen ihm überlegenen Gegner, dem er weichen mußte. Gratius kannte den Humanismus. Ihm diente er der philologischen Vorbildung zur Theologie, hatte aber für ihn keine selbständige Berechtigung. Durch Pfefferkorn und Reuchlin entstand in Cöln in den Jahren 1507/09 ein Streit um die sogenannten „Judenbücher" (die Schriften außer der Bibel, z. B, den Talmud, die Kabbala); dieser stand im Zusammenhang mit der damals allgemein herrschenden kirchlichen Reformbewegung. Beim Regierungsantritt des Erzbischofs Hermann von Wied (1515) wurde der Kampf besonders heftig. Die Sache Pfefferkorns gegen die Judenbücher vertraten die Dominikaner und die theologische Fakultät in Cöln, die Reuchlins für Beibehaltung derselben seine Freunde, die Humanisten, Der Streit um die Judenbücher wurde der Anlaß zu den „Briefen an die Dunkelmänner“ (dunkel=unberühmt), durch welche die Mönche (besonders die Dominikaner, die wegen der Inquisition vielfach unbeliebt waren) als Beförderer des Aberglaubens und als Aussauger des armen Volkes hingestellt wurden. Inzwischen vermischten sich mit diesen Streitigkeiten diejenigen, die Luthers Thesen veranlaßt hatten. Zu den „Leipziger Disputationen“ sandte die Cölner Universität Dr. Hochstraten. Als Karl V. in Aachen von Hermann von Wied zum deutschen Kaiser gekrönt worden war, kam er nach Cöln. Hier trug er dem Kurfürsten von. Sachsen auf, Luther mit zum Reichstage nach Worms zu bringen, der 1521 stattfand. An diesem beteiligte sich auch der Trierer Erzbischof Richard von Greif fenklau mit seinem Offizial Johann Eck 1). Letzterer verhörte im Aufträge des
1) Dieser Johann Eck ist nicht zu verwechseln mit dem Ingol-städter Professor des gleichen Namens.
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Kaisers Luther, konnte ihn aber nicht zum Widerruf bewegen, Die Folge dieses Reichstages war, daß Luther in den Bann erklärt wurde. Auf des Kaisers Befehl verbrannte man seine Schriften in Cöln, Trier, Mainz und Lüttich. Mit dem harten Urteil des Reichstages zu Worms über Luther war der Erzbischof von Cöln nicht einverstanden.
Die Rheinlande, in denen das geistige und wissenschaftliche Leben seit dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts am kräftigsten pulsierte, beteiligten sich demnach schon von vornherein an dem religiösen Kampfe. Im Vordertreffen stand die Cölner Universität, die unter den deutschen Hochschulen die erste Stelle einnahm.
Nach dem Reichstage zu Worms verließ der Kaiser auf neun Jahre Deutschland. Der Adel hatte gehofft, der jugendliche Enkel Maximilians werde sich auf ihn gegen die übermächtigen Landesfürsten stützen. Da er sich enttäuscht sah, schlugen die Ritter los (1522/23). Einer der fehdelustigsten war Franz von Sickingen, der u. a, die Ebernburg und den Rheingrafenstein bei Kreuznach besaß; auf der Ebernburg war er auch 1481 geboren. Im Jahre 1519 wurde er von Ulrich von Hutten der Lehre Luthers zugeführt. Mit der Stadt Worms, dem Herzoge von Lothringen, der Stadt Metz und dem Landgrafen von Hessen hatte Sickingen schon früher schwere Fehden ausgefochten. Im Jahre 1522 begann er eines nichtigen Vorwandes wegen eine Fehde mit dem Trierer Erzbischof Richard von Greif fenklau. In diesem wollte er einen persönlichen Feind, gleichzeitig aber auch die geistliche und weltliche Fürstenmacht mit einem Schlage treffen. Mit 5000 Reitern und 10 000 Mann Fußvolk fiel er in das Erzstift ein. Blieskastel und St. Wendel nahm er leicht. Dann zog er auf Trier zu. Die Stadt war gut befestigt und besetzt. Sechs Tage belagerte er die Stadt. Dann zog er ab, da er Kunde erhielt, der Kurfürst von der Pfalz und der Landgraf von Hessen rückten zur Hilfe des Erzbischofs heran. Der Erzbischof folgte dem Abziehenden mit seinen Truppen und wehrte einen Angriff Sickingens auf Bernkastel mit 500 Mann ab. Der Ruhestörer war der Reichsacht verfallen. Die verbündeten Kurfürsten von Trier und Pfalz sowie Philipp von Hessen verfolgten ihn im nächsten Frühjahr, Sie belagerten ihn in der Feste Landstuhl und nahmen diese ein, Sickingen fand hier 1523
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seinen Tod, und seine festen Schlösser wurden geschleift. In demselben Jahre starb auch Hutten als Flüchtling. So führte die Erhebung zur Demütigung des Adels und zur Stärkung der landesfürstlichen Gewalt.
Ein gleiches Ergebnis wie die Bewegung des Rittertums hatte auch die sozialistische Bewegung der Bauern. Die Bauernkriege zeigten ihre Früchte in der Form von Brandstiftung, Kirchenraub, Entweihungen und Schändungen gräßlichster Art um 1525 auch in den Rheinlanden. Im Erzbistum Trier, besonders in der Gegend von Saarburgund Blieskastel, fanden Bauernaufstände statt.
Auch die Wiedert ä u f e r machten sich am Rhein bemerkbar. Besonders zahlreich zeigten sie sich im Herzogtum Jülich, wo sie von vielen Adeligen begünstigt wurden. Die später aus dem Herzogtum Vertriebenen fanden größtenteils Aufnahme in Rheydt, Mörs und Crefeld; letztere Stadt verdankt den Täufern (Menoniten) nicht zum geringsten Teile ihr rasches Aufblühen seit dem Ende des 17. Jahrhunderts. Die Wiedertäuferbewegung bereitete die nachfolgenden allgemeinen Unruhen vor. Als der Bischof von Münster vergeblich versuchte, seine Stadt, aus der er vertrieben worden, wiederzugewinnen, erklärten sich der Erzbischof von Cöln und der Herzog von Cleve in Neuß 1534 bereit, zu den Belagerungskosten für einen Monat je 20 000 Goldgulden beizusteuern, und auf dem ,,Tage“ zu Coblenz im Dezember 1534 beschlossen die Kurfürsten von Cöln, Trier, Mainz und der Pfalz mit ihren Landständen, fleißig über die Wiedertäufer, die sich inzwischen in den Rheinlanden vermehrt hatten, zu wachen. In Cöln, Aachen, Essen, Wesel und Mörs begründeten die Wiedertäufer schon bald eigene Gemeinden. Mit ihren Brüdern in Münster standen die Täufer in den Rheinlanden in steter Verbindung.
Als Vorläufer der eigentlich reformatorischen Bewegung finden wir am Niederrhein AlbrechtMünster und Adolf Klarenbach. Ersterer predigte im Jahre 1524 die neue Lehre in A a c h e n. Er wurde aber dort von der Obrigkeit der Städte Maastricht und Wesel angeklagt und zweier Mordtaten wegen hingerichtet. Adolf Klarenbach stammte aus Büscherhof bei Lennep. Er machte den Versuch, die lutherische Lehre im Erzstift Cöln einzuführen. Mit Peter von Fliesteden (bei Bergheim a. d. E. gebürtig)
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wurde er vor das Inquisitionsgericht gestellt. Beide wurden als Ketzer erklärt und durch den Feuertod 1529 in Cöln hingerichtet. Auch die Augustiner in Cöln wandten sich der neuen Lehre zu. Sie wurde jedoch bei ihnen bald unterdrückt.
Nachdem im Jahre 1529 der Reichstag zu Speyer das Wormser Edikt bestätigt und alle religiösen Neuerungen bis zu einem allgemeinen Konzil verboten und 1530 der Reichstag zu Augsburg die Rückkehr zur alten Kirche geboten hatte, meinte der damalige reformationsfreundliche Erzbischof von Cöln, HermannvonWied (1515/52), „daß der Religion und christlichen Reformation halber auf Reichstage oder des Papstes concilia zu warten ein gar vergeblich Ding sei“. Er hielt daher 1536 in Cöln ein Provinzialkonzil ab. Die Vorarbeiten dazu besorgte Gropper. Die Beschlüsse dieser Kirchenversammlung erschienen 1538 in 14 Abteilungen mit 275 Artikeln. Das Konzil suchte die Kirchenzucht auf kirchlichem Boden wiederherzustellen. „Von streitigen Dingen soll der Pfarrer das Volk nur lehren, zu glauben, was die Kirche glaubt". Man hoffte, daß sich allmählich eine hinreichende Anzahl gelehrter Männer fände, die „die allgemeine Kirche Gottes in Leben und Lehre zu reformieren vermöchten“. Das ausführliche Religionshandbuch, „Enchiridion“ von Gropper, das im Anschluß an das Konzil 1538 erschien, fand allgemein Anerkennung. Die Lehre vom Fegfeuer war darin stillschweigend übergangen. Der Verfasser hofft in seinem Buche, daß, „wenn den protestantischen Prädikanten die Ehe und den Laien der Kelch bewilligt werde“, eine Wiedervereinigung zustande gebracht werden könne. Diese Wiedervereinigung war auch des Erzbischofs Wunsch. An den Religionsgesprächen in Worms 1541, die schon nach dreitägiger Dauer abgebrochen wurden, beteiligten sich Gropper und andere Gesandte des Cölner Erzbischofs. Auf dem Regensburger Reichstage desselben Jahres wurden diese Gespräche fortgesetzt, ohne daß sie zu einem befriedigenden Ergebnis führten. Der Reichstag trug den geistlichen Prälaten auf, bis zur Eröffnung eines allgemeinen Konzils Ordnung und Reformen in ihren Gebieten vorzubereiten, „welche zu guter und heilsamer Administration der Kirche zweckdienlich und jedenfalls nicht gefährlich wären“. Unter dem Schutze des Erzbischofs zeigten
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sich bald in den Gebieten des Niederrheins Männer, die teils Luthers Lehren, teils die Anschauungen Zwinglis, Calvins und der Wiedertäufer zu verbreiten suchten. Der Erzbischof rief 1541 den Professor Bucer aus Straßburg, dem man als einem ehemaligen Mönche nicht geneigt war, und 1543 Melanchthon, beide eifrige Anhänger der Reformation, nach Bonn und Cöln, Sie sollten mit Gropper einen Reformplan ausarbeiten, den der Erzbischof ausführen wollte. Gropper aber entzweite sich bald mit ihnen, da er seine auf kirchlicher Grundlage ruhenden Reformpläne nicht durchführen konnte. Trotzdem wurde der Plan ausgearbeitet. Den weitgehenden Neuerungen des Erzbischofs widersetzte sich in Cöln der Rat, unterstützt vom Domkapitel und der Universität. Gropper, der Freund kirchlicher Reform, wurde zum entschiedenen Gegner des Erzbischofs, als er merkte, daß dieser in lutherisches Fahrwasser geriet. Als Melanchthon nach kurzem Aufenthalt in Cöln und mehrfachen Kämpfen mit der Stadtverwaltung, dem Domkapitel und Gropper sich entfernt hatte, mußte auch Bucer die Stadt verlassen, und der Rat sprach sich dahin aus, ,,daß es so bleiben möge, wie es vor vielen Jahren gewesen sei, und bis diejenigen eine Änderung vornähmen, denen es zukomme und gezieme, eine solche durchzuführen". Im Jahre 1545 verbot die Stadt Cöln den Buchhändlern, Schriften gegen die Religion zu vertreiben, und der Rektor der Universität machte bekannt, daß niemand an der Universität immatrikuliert werde, der nicht eidlich versichere, der katholischen Kirche und dem Papste gehorsam zu sein. In demselben Jahre begann Johann Sleidanus (geb. zu Schleiden 1506 oder 1508) sein Geschichtsbuch ,,Commentare über den Stand des Religions- und Gemeinwesens unter Karl V.“ in Straßburg zu schreiben, Wohl kein Geschichtswerk des 16. Jahrhunderts hat einen so tiefgehenden Einfluß ausgeübt, wie Sleidans Werk, das an den protestantischen Gymnasien als Unterrichtsbuch gebraucht wurde und über das noch im 17. Jahrhundert an deutschen Universitäten Vorlesungen gehalten wurden. Im Jahre 1542 ließen sich die Jesuiten in Cöln nieder1). Durch Verbesserung des Jugendunter-
1) Einer der bekanntesten Cölner Jesuiten ist Johann Adam Schall von Bell (1591/1666). Er trat mit 20 Jahren in den Orden ein und wurde ein bedeutender Mathematiker und Naturforscher. 1622 ging er nach China, wo er sogar die Würde eines Mandarinen erlangte.
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richts, durch Seelsorge und durch Polemik bekämpften sie den Protestantismus. Zu den scharfen Gegnern des Erzbischofs Hermann gehörte auch Petrus Canisius. Dieser feurige Redner, fesselnde Lehrer und ausgezeichnete Schriftsteller gehörte bis 1546 der Cölner Universität an. Seine Wirksamkeit erstreckte sich schon damals weit über Cölns Grenzen hinaus. Die Cölner Geistlichkeit und die Universität wandten sich um Schutz gegen die Reformen ihres Kirchenfürsten an Kaiser Karl V., der der Geistlichkeit einen Schutzbrief ausstellte und den Erzbischof mündlich und schriftlich ermahnte, von seinen Neuerungen abzulassen. Da dieser durch Warnungen und Drohungen nicht zu bewegen war, belegte ihn Papst Paul IV. 1546 mit der Großen Exkommunikation. Nachdem Hermann vergeblich eine Rechtfertigung versucht hatte, zog er sich nach Wied zurück, wo er 1552 starb. Durch die Bemühungen des nachfolgenden Erzbischofs Adolf von Schauenburg und der Jesuiten wurden die Unruhen in Cöln gedämpft.
Der Augsburger Religionsfrieden (1555) hatte nur den Landesfürsten die Wahl zwischen dem katholischen und protestantischen Bekenntnis freigestellt. Trotzdem forderten, wie in vielen Gebieten, so auch im Erzstifte Cöln und in den Herzogtümern Jülich, Berg und Cleve, die Landstände (Ritterschaft und Städte) dasselbe Recht für sich. Die Spanier, welche die nördlichen, protestantischen Niederlande bereits verloren hatten, mußten die entschiedenen Gegner dieser Bewegung in den Rheinlanden sein, da ein günstiger Fortgang derselben in den benachbarten Niederlanden ihnen nur Nachteil bringen konnte. So erklärt sich das häufige Eingreifen der Spanier in die rheinischen Angelegenheiten der folgenden Zeit.
Als im Jahre 1566 in Brabant, Flandern und den angrenzenden Gebieten der Bildersturm begann und zur Dämpfung der Unruhen der Herzog Alba aus Spanien nach den Niederlanden kam, wanderten nach Egmonts und Horns Hinrichtung zahlreiche Niederländer aus. Eine große Zahl derselben zog in das Gebiet des Niederrheins, nach Aachen, Jülich und Cöln. In letzterer Stadt sollen im Jahre 1568 gegen 150 flüchtige Familien, 1570 sogar mehr als 1000 Vertriebene gewesen sein. Als Herzog Alba darauf den Niederländern den Besuch der Cölner Universität verbot, weil die
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. o
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Cölner den Flüchtlingen Unterkunft gewährten, erließ der Rat an alle Fremden die Aufforderung, die Stadt zu verlassen. Alle seit vier Jahren Eingewanderte mußten beweisen, daß sie „mit gutem Willen“ von ihrer Obrigkeit geschieden waren und in Cöln die ganze Zeit über ,,der alter warer katholischer religion sich verhalten“, oder sie mußten bi? zum 13. August 1570 sich aus der Stadt entfernen. Wer nicht freiwillig ging, wurde mit Gewalt ausgewiesen. An 2000 sollen damals Cöln verlassen haben. Doch manche blieben noch heimlich, andere kehrten wieder zurück. Im Jahre 1571 gab es in Cöln noch 74 Häuser, in denen Geusen wohnten.
Der Cölner Erzbischof Gebhard Truchseß von W a 1 d b u r g (1577/83) trat 1582 zum Protestantismus über und heiratete die schöne Gräfin Agnes von Mansfeld, die einige Zeit Stiftsdame in Gerresheim gewesen war. Infolgedessen verlor er sein Amt. Er wurde mit Hilfe der Spanier vertrieben, floh zu Wilhelm von Oranien nach Holland und starb als evangelischer Domdechant in Straßburg. An seine Stelle trat als Erzbischof Ernst von Bayern. Dieser sogenannte Cölner Streit — er dauerte fünf Jahre — und die nachfolgenden Parteikämpfe hatten für die Katholiken keine nachteiligen Folgen.
Auch in A a c h e n entstanden zur Zeit der Gegenreformation Unruhen, Die niederländischen Emigranten hatten hier eine protestantische Gemeinde begründet und strebten nach der Regierung der Stadt. Kaiser Rudolf II. belegte die Stadt mit der Acht, zog mit einem Heere heran und stellte den früheren Zustand wieder her.
Im Erzbistum Trier schien Luthers Lehre wenig Eingang zu finden. Die dem Erzstift zunächst liegenden Herzogtümer Lothringen und Luxemburg waren katholisch geblieben, und so drohte von dort dem Katholizismus keine Gefahr. Am meisten fürchtete man damals den Übertritt der Benediktiner im Kloster Prüm. Hier war seit dem 13. Jahrhundert die Klosterzucht stark zurückgegangen, und der Abt Christoph von Manderscheid schien wie seine Verwandten, die Grafen von Manderscheid, der neuen Lehre nicht abgeneigt zu sein. Zwei Mitglieder des Konvents und mehrere Bürger von Prüm waren schon zur Lehre Luthers übergetreten. Nach dem Tode des Abtes Christoph wurde
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im Jahre 1576 die bis dahin reichsunmittelbare Abtei mit dem Erzstifte Trier dauernd verbunden. Die Grafschaften Wied, Sayn, Sponheim, Veldenz und andere kleinere Besitzungen, die unter der Oberhoheit des Trierer Erzbischofs standen, waren bereits der Reformation beigetreten. Im Jahre 1559 trat in Trier Caspar Olevian auf, um Calvins Lehre dort zu verbreiten. Olevian war 1536 in Trier geboren. Er besuchte die dortigen Schulen und studierte dann in Paris Rechtswissenschaft. In Südfrankreich, wo er sich seiner Studien wegen aufhielt, befreundete er sich mit Calvins Lehre. Dann suchte er Calvin selbst in Genf auf. Im Jahre 1559 kehrte er nach Trier zurück. Hier wurde er Lehrer der Jugend in weltlichen Wissenschaften, besonders in Sprachen. Im stillen warb er schon eifrig und nicht ohne Erfolg für Calvins Lehre. Als nun im Sommer desselben Jahres der Erzbischof Johann von der Leyen auf dem Reichstage in Augsburg weilte, predigte Olevian öffentlich. Der Erzbischof verbot ihm von Augsburg aus das Predigen. Als er bald darauf nach Trier zurückkehrte, entstand ein Aufruhr, bei dem der Erzbischof selbst in Lebensgefahr geriet. Olevian wurde mit mehreren seiner Anhänger zur Stadt hinausgewiesen und hierdurch der Bewegung ein Ende gemacht. Olevian ist Mitverfasser des Heidelberger Katechismus.
Die Herzogtümer Jülich- Cleve-Berg, die seit 1539 von Wilhelm dem Reichen regiert wurden, boten der Reformation einen günstigeren Boden. Herzog Wilhelm war ein ausgesprochener Gegner des Zölibats und der geistlichen Gerichtsbarkeit, die das ganze Mittelalter hindurch als ,,Send“ unter der Oberleitung geistlicher Fürsten fast alle Vergehen ahnden konnte. Da aber in seinen Gebieten die neue Lehre des nachhaltigen Schutzes entbehrte, erwarb sie sich nur wenige Anhänger.
Daß die Bewohner der Rheinprovinz im 16. Jahrhundert größtenteils katholisch blieben, war hauptsächlich dem Domkapitel und der Stadt Cöln zuzuschreiben. In einzelnen Teilen aber, besonders in den Herzogtümern Jülich, Cleve und Berg, nahm allmählich die reformatorische Bewegung rascheren Fortgang. In Jülich und Berg war es für den Katholizismus wieder günstig, daß sein Herrscher Wolfgang Wilhelm 1614 zur katholischen Lehre übertrat, während in den zu Brandenburg gehörigen niederrheinischen Besitzungen
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die Reformation durch die Fürsten gefördert wurde. Wie innerhalb der protestantischen Kirche Streitigkeiten zwischen Reformierten und Lutheranern nicht ausblieben, so lebten auch Katholiken und Protestanten fast beständig in Reibereien. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 drohte wegen der religiösen Angelegenheiten zwischen Pfalz-Neuburg und Brandenburg ein Krieg auszubrechen, doch wurden bei der endgültigen Erbteilung zu Cleve (1666) durch einen Neben-Rezeß auch die religiösen Angelegenheiten in diesen rheinischen Besitzungen geregelt. Der Wiederausbruch der Streitigkeiten machte eine neue Regelung notwendig. So kam der „Religionsvertrag vom 26. April 1672“ zwischen Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten, zustande, der den rechtlichen Besitzstand sämtlicher Kirchen und die Grundsätze in bezug auf die Parität der drei Konfessionen (Katholiken, Lutheraner, Reformierte) in religiösen und in bürgerlichen Verhältnissen in eingehender Weise ordnete. Die Katholiken erhielten in den brandenburgischen, die Protestanten in den neuburgischen Teilen das Recht freier Religionsübung, Jeder Fürst hatte das Schutzrecht über seine im ändern Gebiet wohnenden Glaubensgenossen. Alljährlich trat eine gemischte Kommission zusammen, um die etwa vorgebrachten Beschwerden zu untersuchen.
Aber auch der Religionsvergleich hatte noch mannigfache Streitigkeiten im Gefolge, Diese wurden von den Kommissionen der beiden Regierungen geschlichtet, und zwar bis zum Jahre 1712 in besonderen Konferenzen, von da ab durch Gesandte der beiden Regierungen in Cleve und Düsseldorf. Die Zahl der Protestanten in einzelnen Teilen der Rheinlande wurde besonders vermehrt durch die zur Zeit Ludwigs XIV. durch Aufhebung des Edikts von Nantes vertriebenen Hugenotten, die sich teilweise im Gebiete des Rheines ansiedelten.
Im 18. Jahrhundert war am Rhein die Zahl der Protestanten in den einzelnen Landesteilen verschieden. Im Kurfürstentum Cöln wohnten sie hauptsächlich in Odenkirchen und im Gebiete des Grafen von Wickrath. Größer war ihre Zahl in Cleve und Mörs, wo auch viele Adelige dem protestantischen Bekenntnis angehörten. Am zahlreichsten waren die Protestanten im Bergischen Lande vertreten. Hier ge-
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nossen sie völlige Gleichberechtigung mit den Katholiken. In anderen kleineren Gebieten: Wied, Nassau-Saarbrücken u. a. überwog das evangelische Bekenntnis, dem auch die Fürsten angehörten. Im Erzbistum Trier gab es nur wenige Protestanten.
Der größte Teil der Bewohner der Rheinprovinz ist heute noch katholisch. Nach der Volkszählung von 1910 sind 69,03% Katholiken mit 29,46°/0 Evangelischen gemischt.
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VII.
Der Dreißigjährige Krieg am Rhein.
Die Zerstörung der mittelalterlichen Kultur.
Der Augsburger Religionsfrieden hatte die Gemüter der in Deutschland miteinander streitenden Parteien nicht beruhigt. Von den religiös-politischen Kämpfen, deren Höhepunkt der Dreißigjährige Krieg bildet, blieben auch die Rheinlande nicht verschont. Sie sind der Schauplatz der beiden folgenschwersten Vorspiele des großen Krieges: des Cölner Streites (s. o.) und des Jülich-Clevischen Erbfolgekrieges.
Johann III. von Cleve vermählte sich mit Maria, der Tochter Wilhelms III, von Jülich-Berg, und vereinigte so 1511 Cleve, Mark, Ravenstein, — Jülich, Berg und Ravensberg in seiner Hand. Als er 1539 starb, folgte ihm sein Sohn Wilhelm IV., der Reiche (1539/92), der von Konrad von Heresbach, einem der einflußreichsten Gelehrten der damaligen Rheinlande, erzogen worden war. Wilhelm der Reiche vermählte sich 1546 mit Maria, der Tochter des späteren Kaisers Ferdinand I. Bei der Vermählung bestimmte Kaiser Karl V., daß nach dem Aussterben der männlichen Linie die Länder auch in weiblicher Linie sich vererben könnten. Wilhelm der Reiche hatte einen Sohn, Johann Wilhelm, und vier Töchter, Maria Eleonore, Anna, Magdalena und Sibilla. Obwohl Johann Wilhelm schwachsinnig und zuletzt sogar wahnsinnig war, vermählte er sich doch mit Jakobe von Baden. Der Verehelichung gingen lange Verhandlungen voraus, die eifrig von den Räten des Herzogs betrieben wurden. Den Papst, den Kaiser und Spanien wußte man für den Heiratsplan zu gewinnen, um die Länder der katholischen Religion zu erhalten. Als Jakobe aber 1597 „wahrscheinlich eines unnatürlichen Todes“ kinderlos starb, vermählte man Johann Wilhelm 1599 mit der lothringischen Prinzessin Antoinette. Auch diese Ehe blieb kinderlos. Maria Eleo-
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nore wurde die Gattin des Herzogs Albrecht Friedrich von Preußen. In dem Heiratsvertrage wurde bestimmt, daß, wenn Johann Wilhelm kinderlos sterbe, das Land an Maria Eleonore fallen solle. Maria Eleonores Tochter war die Gemahlin Johann Sigismunds von Brandenburg. Die zweite Tochter Wilhelms des Reichen, Anna, wurde die Gemahlin Philipp Ludwigs von Pfalz-Neuburg. Ihr Sohn war Wolfgang Wilhelm. Magdalena vermählte sich mit Johann von Pfalz-Zweibrücken1). Beide Schwestern hatten bei ihrer Verheiratung zugunsten ihrer älteren Schwester auf die Erbfolge verzichtet und sich mit einer Abfindungssumme zufrieden erklärt. Als nun 1609 Johann Wilhelm kinderlos starb, sandte Johann Sigismund seinen Bruder, den Markgrafen Ernst, an den Rhein. Dieser nahm für Brandenburg von den erledigten Ländern Besitz und ließ in Düsseldorf und Xanten das brandenburgische Wappen anheften. Gleichzeitig erhoben Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Johann von Pfalz-Zweibrücken Ansprüche auf die rheinischen Länder. Ersterer stützte sich auf das Erbgesetz, nach dem die Länder den Töchtern und ihren männlichen Erben verbleiben sollten, letzterer suchte den Grund seiner Ansprüche in der Bestimmung des Erbgesetzes, daß das Land an Herzog Wilhelms eheliche Töchter fallen sollte. Auch Karl von Österreich, als Gemahl Sibillas, Sachsen u. a. kleinere Staaten suchten Erbansprüche geltend zu machen. So brach damals der Jülich-Clevische Erbfolgestreit aus,
1) Stammtafel:
Johann von Cleve.
Gemahlin : Maria von Jülich-Berg.
Wilhelm der Reiche.
Gemahlin : Maria von Österreich.
1. Johann 2. Maria Eleo- 3. Anna. 4. Magdalena. 5. Sibilla. Wilhelm. nore. Gemahl: Gemahl: Gemahl:
Gemahlin: Gemahl : Philipp Lud- Johann von Karl
a. Jacobe v. Albrecht wig von Pfalz- Pfalz-Zwei- v. Österreich.
Baden, b. An- Friedrich v. Neuburg. brücken, toinette von Preußen.
Lothringen. |
Anna. Wolfgang
Gemahl: Wilhelm.
Johann Sigismund von Brandenburg.
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dessen Anfänge in den letzten Regierungs jahren Wilhelms des Reichen liegen. Der Kaiser Rudolf drohte, das Land bis zur Beilegung der Streitigkeiten als erledigtes Reichslehen einzuziehen. Um dem vorzubeugen, einigten sich die streitenden Parteien 1609 zu Dortmund zu einer gemeinsamen /erwaltung der Länder. Sogleich ließen sie auch die Stände schwören, dem die Treue zu halten, der in der Folge als rechtmäßiger Herrscher gelten werde. Der Kaiser erkannte diesen Vertrag nicht an und ließ seine Truppen in die jülichschen Länder einrücken, um diese einzuziehen. Erzherzog Leopold nahm am 23. Juli Jülich ein und machte die Stadt zum Stützpunkte seiner Macht. Den Kaiserlichen gelang es, sich in den Burgen Kalkofen bei Aachen und Breitenbend bei Linnich festzusetzen. Am 19. Dezember kam es zu einem ernsten Zusammenstoß der Brandenburger und Pfalz-Neuburger einerseits und des Erzherzogs Leopold anderseits. Letzterer mußte von Düren weichen. Gegen Ende des Jahres war er auf Jülich, Breitenbend und einige andere feste Orte beschränkt. In Breitenbend wurden die Kaiserlichen 1610 von den Brandenburgern belagert und nach einem erbitterten Kampfe zum Rückzuge genötigt. Die Union, die eine Herrschaft der Katholiken über die Länder am Rhein nicht dulden wollte, schloß ein Bündnis mit Heinrich IV. von Frankreich. Der drohende Religionskrieg brach nicht aus, weil der französische König ermordet wurde. Die gemeinschaftliche Regierung führte bald zu Mißhelligkeiten. Der Versuch, Wolfgang Wilhelm mit der Tochter des Kurfürsten zu vermählen, mißlang und verschärfte die Gegensätze. Der Erzherzog Leopold wurde im Laufe des Jahres 1610 mit Hilfe Frankreichs aus Jülich gänzlich vertrieben. Im Jahre 1613 trat Johann Sigismund von Brandenburg zur reformierten Kirche über und erhielt, Hilfe von der Union und den Holländern. Wolfgang Wilhelm trat 1614 in Düsseldorf zum Katholizismus über, vermählte sich mit der Schwester des Herzogs Max von Bayern, dem Haupte der Liga, und erhielt von dieser und den Spaniern Hilfe. Spanische Truppen unter Spinola und holländische unter Moritz von Oranien drangen in Jülich und Cleve ein.
Im Jahre 1612 hatte Kaiser Matthias gegen die emporblühende, aber widerspenstige Stadt Mülheim am Rhein die Reichsacht ausgesprochen. Diese wurde 1614 unter blutigen
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Greueln von den Truppen der Spanier unter Spinola vollzogen. Die spanischen Kriegsvölker bemächtigten sich der Städte Rheinsberg und Duisburg und zogen in Wesel ein. Diese Stadt wurde für die nächsten 15 Jahre der Hauptstützpunkt Spinolas. Die Holländer ließen sogleich ihre Truppen in den nördlichen Teil von Cleve und in die Mark einrücken. Der Krieg drohte nun auszubrechen. Da schlossen Johann Sigismund und Wolfgang Wilhelm 1614 den Vertrag zu Xanten. Nach diesem kam Cleve, Mark, Ravensberg (zum Teil) und Ravenstein an Brandenburg, Jülich und Berg an Pfalz-Neuburg zur provisorischen Verwaltung. Die Spanier und Holländer erkannten diese Abmachung nicht an.
Als im Jahre 1618 der Dreißigjährige Krieg ausgebrochen war, traten 1619 die geistlichen Fürsten am Rhein unter Leitung des Erzbischofs von Mainz der Liga bei. Sie bildeten eine besondere Abteilung derselben. Ihr mächtigster Teilnehmer war der Erzbischof Ferdinand von Cöln, der Bruder des Bayernherzogs, der außer Cöln die Bistümer Lüttich, Münster, Paderborn und Hildesheim besaß. Bisher hatte er im Jülich-Clevischen Erbfolgekriege strenge Neutralität beobachtet. Als er aber der Liga beitrat, setzten holländische Truppen sich auf dem Werde bei Mondorf (unter-halbBonn)fest und erbauten dort eine Schanze, die „Pfaffen-mütz“. Spinola zog im folgenden Jahre über Aachen durch das Erzstift Cöln rheinaufwärts. Dann wandte er sich die Lahn hinauf und bedrohte Frankfurt. Vor dem heranrückenden Unionsheere wich er über den Rhein zurück. Durch * mehrere kleine Gefechte gewann er Kreuznach, Bacharach, Simmern und andere Orte. Ein Teil des Heeres der Union wurde so am Rhein beschäftigt und mußte das Haupt des Bundes, den neuen Böhmenkönig Friedrich von der Pfalz, am Weißen Berge seinem Schicksale überlassen. Als 1621 die Union aufgelöst wurde, wandte Spinola sich gegen die Holländer und setzte sich vorläufig in Wesel fest. Er entsetzte dann Jülich und zog nach Holland, wo er Bergen op Zoom einschloß. Die Belagerung mußte er jedoch aufheben, als Ernst von Mansfeld und Christian von Braunschweig erschienen. Am Rhein hatte inzwischen der Graf vom Berghe, den Spinola hier zurückließ, Goch eingenommen und das Fort Pfaffenmütz zur Übergabe gezwungen. Das Jahr 1624 brachte den Provisional-Teilungsvertrag zu Düsseldorf: der
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Kurfürst von Brandenburg erhielt Cleve, Mark, Ravensberg und das bergische Amt Windeck, der Herzog von Neuburg Jülich, Berg, Ravenstein, Ysselburg und Winickendonk. Dieser Vertrag wurde 1629 zu Düsseldorf auf 25 Jahre verlängert.
Nach mehreren vergeblichen Kämpfen am Niederrhein faßten die Spanier 1624 den Plan, von Rheinberg nach Venlo einen Kanal zu bauen. Sie wollten dadurch den bedeutenden Rheinhandel in die Maas und so auf spanisches Gebiet lenken, um die Holländer dauernd zu schädigen und zu schwächen. Trotz der Hindernisse, welche die Holländer ihnen beim Bau bereiteten, war der Kanal doch 1627 soweit fertiggestellt, daß er von Rheinberg bis Geldern mit flachen Schiffen befahren werden konnte. Da den Spaniern aber bald die Geldmittel zum weiteren Kriege fehlten und ihre Soldaten meuterten, gelang es den Holländern 1629, Wesel zu erobern. Sie nahmen dann Duisburg und Ruhrort ein und vertrieben die letzten Spanier aus Wetzlar, Diese Verluste führten 1630 den Vertrag zu Brüssel herbei; dieser bestimmte, daß die umstrittenen Gebiete (Jülich, Cleve usw.) von Spaniern und Holländern geräumt werden sollten. So zeigten auch die Rheinlande das Gepräge eines dauernden Kriegszustandes. Leere Dörfer und Flecken, deren Bewohner sich vor den zuchtlosen Scharen in dichte Wälder und schützende Gebirgsschluchten flüchteten, waren keine Seltenheiten. Den Freveltaten der Spanier stellten sich die der Holländer „würdig“ zur Seite. Letztere verstanden es auch, unerhörte Rheinzölle zu erpressen und den Rheinverkehr schwer zu schädigen. Die Steuern zur Deckung der Kriegskosten erreichten eine unheimliche Höhe.
Trotzdem auf dem Reichstage zu Regensburg 1629 die Neutralität der pfalz-neuburgischen und brandenburgischen Rheinlande anerkannt worden war, wurden diese mit den übrigen Rheinlanden in der Folgezeit doch zum Schauplatze des großen Krieges. Während Gustav Adolf selbst im mittleren und südlichen Deutschland sich zu schaffen machte und auch 1632 Kreuznach den Spaniern entriß, sandte er seinen Feldherrn Baudissin mit einem Heere ins nördliche Deutschland, wo er große Verwüstungen anrichtete. Im Oktober 1631 brach Baudissin, mit den Hessen vereinigt, in die Rheinlande ein, um die dortigen Fürsten aus ihrer Neutrali-
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tät hinauszudrängen. Zwar versprach er gegen Kontribution rücksichtsvolle Behandlung; doch bezeichneten vor ihm Furcht und Schrecken, hinter ihm Greuel und Verwüstung den Weg, den er zog. Von Altenkirchen aus drang er über den Westerwald auf Siegburg zu. Die Klöster Ehrenstein, Heisterbach, Nonnenwerth und Vilich, die Städte Linz, Andernach, Remagen, Ahrweiler, sowie die Stadt und Abtei Siegburg wurden von den schwedischen Horden schrecklich ausgeplündert. Auch Blankenberg und Windeck im Siegtale nahmen die Schweden ein. Von Siegburg zog Baudissin unter Zurücklassung einer schwedischen Besatzung nach Deutz. Diese Stadt wurde von ihm in Asche gelegt, mit Hilfe der Umwohner aber als schwedisches Lager befestigt. Nachdem Gustav Adolf bei Lützen gefallen war, zog Baudissin mit dem Haupttrupp ab. Schwedische Abteilungen unter dem Oberbefehle Loysons aber setzten sich in Deutz, Siegburg und ändern Orten fest, blieben dort über drei Jahre und verheerten auf zahlreichen Raubzügen die ganze Umgegend. Der noch bis auf den heutigen Tag im Munde des Volkes lebende Vers:
,,Bet' Kinder, bet',
Morgen kommt der Schwed',
Morgen kommt der Oxenstern (Oxenstierna),
Der die Kinder beten lern’“, und die Redensart: „Den (gewöhnlich ist ein dicker Stein gemeint) haben die Schweden liegen lassen“ kennzeichnen die Furcht vor den nordischen Scharen und ihren greuelhaften Verwüstungen und Plünderungen, die nichts schonten, das ihrer Gewalt zugänglich war. Der zeternde Kapuzinerpater in „Wallensteins Lager“ hat recht, wenn er sagt: „Der Rheinstrom ist worden zum Peinstrom“.
Nach der Niederlage der Kaiserlichen bei Hameln (1633) glaubte man, die Schweden würden sich wieder einen Weg an den Rhein bahnen. Der kaiserliche General von Mansfeld sammelte daher in der Nähe von Cöln ein Heer, und da seine Leute Beschäftigung haben wollten, unternahm er eine Rekognoszierung nach Siegburg. Er beschoß die Stadt vom Brückberge aus, ohne die Schweden aus derselben vertreiben zu können. Bei dieser Gelegenheit ging die Aulgasse in Brand, und die Siegburger Töpfer mußten die Stadt verlassen. Die Siegburger Töpferzunft hatte im 16. und zu An-
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fang des 17. Jahrhunderts eine so hohe Blüte erreicht, daß ihre Waren, deren Kunstwert wir noch heute bewundern, durch alle europäischen Staaten vertrieben wurden. Unter den am Niederrhein im 16. und 17. Jahrhundert in Siegburg, Raeren und Frechen hergestellten Töpferwaren standen die Siegburger an erster Steile.
Große Leiden hatten die Rheinlande auch zur Zeit des schwedisch-französischen Krieges zu erdulden. Der Erzbischof Philipp Christoph von T r i e r (1623/52) schloß im Jahre 1632 mit Ludwig XIII. von Frankreich einen Vertrag, durch den er sich unter Frankreichs Schutz stellte. Von Landau aus rückten alsbald 24 000 Franzosen in das Erzstift ein und besetzten die Stadt Trier. Im Jahre 1635 nahmen die Spanier den Erzbischof gefangen, führten ihn nach Luxemburg und plünderten seine Residenzstadt. Erst 1645 kehrte Philipp Christoph wieder in sein Erzstift zurück. Das Jahr 1636 brachte Trier eine Hungersnot, die von der Pest begleitet wurde. Diese Schicksalsschläge forderten zahlreiche Opfer.
Französische und kaiserliche Truppen wechselten in den folgenden Jahren in der Verheerung der Rheingegend ab. In dieser Zeit sehen wir als eifrigen Verteidiger seiner rheinischen Heimat den tapferen Reitergeneral Johann von Werth. Johann oder Jan von Werth wurde wahrscheinlich zu Puffendorf bei Linnich (nach Oidtmann in Linnich selbst) am 6. April 1591 als Sproß eines in der dortigen Gegend seit Jahrhunderten ansässigen Geschlechtes geboren. Nachdem er zuerst in den Dienst des Grafen Spi-nola getreten und durch seine Tapferkeit zum Rittmeister aufgestiegen war, trat er in bayrische Dienste und wurde Oberst. Er focht mit in den Schlachten am Weißen Berge, bei Lützen und bei Nördlingen und wurde in Anerkennung seiner Tapferkeit zum Freiherrn und General ernannt. Johann von Werth wandte sich dann gegen Bernhard von Weimar, den er in seinem Siegeszuge aufhielt, verfolgte die Franzosen sogar bis in die Champagne, kehrte aber von da bald wieder zurück und kam nach Cöln, wo er begeistert empfangen wurde. Er vertrieb darauf die Franzosen aus Ehrenbreitstein, das diese 1632 mit Einwilligung des Erzbischofs von Trier besetzt hatten, und wandte sich dann wieder gegen Bernhard von Weimar und die Franzosen am Oberrhein.
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In der Schlacht bei Rheinfelden (1638) wurde er gefangen genommen, jedoch nach vierjähriger Haft gegen den schwedischen General von Horn ausgewechselt. Der Kaiser übertrug ihm jetzt den Oberbefehl über die ligistische Armee am r^iederrhein. Die Franzosen, Schweden, Hessen und Nassauer bedrängten damals das Erzstift Cöln und das Jü-licher Land. Im Jahre 1642 überfiel Johann von Werth die feindliche Reiterei bei Zons, nahm ihnen 1500 Pferde weg und eroberte Grevenbroich, Bedburg und Düren. Vor Erkelenz wurde er von den Feinden zurückgedrängt; die Franzosen aber mußten den Niederrhein verlassen. Nach mannigfachen Kriegstaten zog der ruhmbedeckte Kriegsheld sich nach Böhmen auf das Schloß Benatek, das der Kaiser ihm 1647 geschenkt hatte, ins Privatleben zurück; dort starb er 1652, Von der Volkstümlichkeit des Helden am Niederrhein zeugt besonders die Sage von ,,Jan und Griet“, die der Cöl-ner Carl Cramer in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts veröffentlichte, und die auch auf dem Denkmal des Feldherrn in Cöln bildnerisch dargestellt ist. Nach dem Friedenschlusse zu Münster und Osnabrück (1648) dauerten in den Rheinlanden die Wirren noch fort bis zum Vertrage zu Cleve 1666. Durch diesen kamen Cleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein an Brandenburg. Jülich und Bert* wurden mit Pfalz-Neuburg vereinigt. Wie sehr die Rheinlande durch den langen Krieg gelitten hatten, bezeugt die Tatsache, daß im Herzogtum Berg die Einwohnerzahl auf ein Fünftel der früheren Bevölkerung zurückgesunken war.
Doch nicht nur der grausame Krieg brachte großes Elend über unser Vaterland und unsere heimatliche Provinz; der furchtbare, jeder Vernunft widersprechende Hexenwahn, den nicht zum geringsten Teile die Gewinnsucht der Richter förderte, verlangte auch in den Rheinlanden seine Opfer. In Cöln erschien 1489 der ,,Hexenhammer“ (Malleus maleficarum), der den Inquisitor Jakob Sprenger, einen Professor der Cölner Universität, zum Mitverfasser hatte, die Richtschnur für die Hexenprozesse bildete und das Vorbild für zahlreiche Werke über Hexen und Dämonen bot. Gegen den Hexenglauben wandte sich schon im 16. Jahrhundert der Leibarzt des Herzogs Wilhelm IV. von Düsseldorf, Johann Weyer (1515/88), Er erreichte es, daß in den niederrheinischen Herzogtümern die
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Hexenprozesse verboten wurden. Der Dreißigjährige Krieg aber ließ sie in den meisten Teilen der Provinz mit erneuten Greueln wieder aufleben. In M.-Gladbach, Hülchrath, Rheinbach, Meckenheim, Cöln, Bonn, Siegburg, Mayen, Trier, Neuerburg und anderen Orten wurden zahlreiche Hexen (in Trier z. B. in der Zeit von 1587/93 nicht weniger als 368) gefoltert und verbrannt. Wenn wir die Akten der Hexenprozesse mit Abscheu lesen, dann muß es uns Rheinländer mit Stolz erfüllen, daß es einer der Unsern war, der dem Hexenwahn den Todesstoß versetzte: der Jesuitenpater FriedrichvonSpee. Dieser ,,liebenswürdigste Mann“, wie ihn Montanus nennt, „der je im Rheinlande gelebt", wurde im Jahre 1591 zu Kaiserswerth bei Düsseldorf geboren. Nachdem der talentvolle Knabe sich in Düsseldorf und Cöln einen ansehnlichen Wissensschatz erworben hatte, trat er schon 1610 in den Jesuitenorden ein. Als er einige Zeit Lehrer der Philosophie in Cöln gewesen war, wurde er seiner großen Rednergabe wegen als Hexenprediger in das Paderborner Land geschickt, um dort sein trauriges Amt zu verwalten. In der Paderborner Gegend war er 1630/31 zum zweitenmal. Ob er auch in Würzburg Hexenprediger war, wie dies vielfach angenommen wird, ist möglich, aber nicht sicher erwiesen. Seine Tätigkeit bot Spee Gelegenheit, die Unschuld der Opfer des Hexenwahnes einzusehen. Er besaß auch den Freimut, seine Ansicht über Hexen offen auszusprechen. Im Jahre 1631 ließ er (freilich zuerst ohne Angabe seines Namens) sein Werk ,,Cautio Criminalis“ erscheinen. In diesem erzählt er: Er habe durch Nachforschungen als Beichtvater der Verurteilten bei keinem etwas gefunden, das das Verbrechen der Zauberei bestätigt hätte. Furcht vor Wiederholung der Folter hätten einfältige Weibsleute zwar anfangs veranlaßt, sich auch vor ihm als Hexen auszugeben. Als er ihr Zutrauen aber erlangt habe, hätten sie unter Schluchzen und Tränen ihre Unschuld beteuert und nur die Bosheit der Richter und ihr eigenes Elend bejammert, hätten bis zum letzten Augenblick Gott als Zeugen ihrer Unschuld angerufen. Die Wiederholung solcher Jammerszenen habe einen solchen Eindruck auf ihn gemacht, daß sein Haar vor der Zeit ergraut sei. ,,Wehe den Fürsten, die statt Völkerhirten zu sein, die unmenschlichen Greuel unter ihren Schutz nehmen! Wehe den Richtern, die aus
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den Hexenprozessen ein Vorrecht und eine Erwerbsquelle gemacht haben!“ ruft er entrüstet aus. Diese Schrift Spees hat den Anstoß gegeben, allmählich dem Hexenwahn ein Ende zu machen. Die letzten Lebensjahre verbrachte Spee im Kloster zu Trier. Als er dort im Jahre 1635 kranke und verwundete französische Soldaten pflegte, ergriff ihn eine tödliche Krankheit. Er starb in demselben Jahre und wurde in der dortigen Jesuitenkirche beigesetzt 2). Im Jahre 1907 setzte man ihm dort ein Denkmal. ,,Friedrich von Spee hat sich, wie Görres sagt, nicht eine, sondern zehn Bürgerkronen verdient.“
So haben die Rheinlande durch den langen Krieg mit seinen Vorspielen und dem furchtbaren Hexenwahn viel gelitten. Lange Zeit hat es gedauert, bis die Wunden geheilt waren.
1) Nicht nur als Kämpfer gegen den Hexenwahn, sondern auch als Dichter hat Spee sich einen ehrenvollen Namen erworben. Seine geistlichen Lieder, die er in „Trutz-Nachtigall und „Geistlich poeti-
sches Lustwäldlein“ vereinigte, zeugen von einem tiefen, kindlich frommen Gemüt und vollendeter Gestaltungskraft.
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VIII.
Die Rheinlande in der Zeit nach dem Dreißigjähr. Kriege bis zur Französischen Revolution.
Die Zeit des Absolutismus und der Aufklärung.
Nachdem Wolfgang, Wilhelm von Pfalz-Neuburg im Jahre 1613 zum Katholizismus übergetreten war und sich mit der Tochter des Herzogs von Bayern vermählt hatte, wohnte das junge Ehepaar in Düsseldorf. 1614 legte Wolfgang Wilhelm hier öffentlich das katholische Glaubensbekenntnis ab, und als sein Vater Philipp Ludwig in demselben Jahre, starb, wurde er dessen Nachfolger in Neuburg und Jülich-Berg, während Sulzbach an seinen Bruder August fiel. Wolfgang Wilhelm suchte in seinen rheinischen Besitzungen, unterstützt von den Spaniern, den Katholizismus wieder in seine frühere Stellung zurückzuführen, stieß aber dabei auf heftiges Widerstreben bei den Protestanten, die von den holländischen Generalstaaten unterstützt wurden. Da der Herzog sich mit den Landständen entzweite, verweigerten diese ihm die Steuer zur Anwerbung neuer Truppen. Das Maß des Elendes, das der Dreißigjährige Krieg für die Rheinlande heraufbeschworen hatte, wurde voll durch den noch fortdauernden Erbfolgestreit, die Hungersnöten und Krankheiten, die der entsetzliche Krieg im Gefolge hatte. Als Wolfgang Wilhelm 1653 starb, folgte ihm sein Sohn Philipp Wilhelm, der 1666 mit dem Großen Kurfürsten den Vertrag zu Cleve schloß: der Kurfürst von Brandenburg erhielt Cleve, Mark und Ravensberg, Philipp Wilhelm Jülich und Berg. Die Entscheidung über Ravenstein erfolgte 1670: es fiel dem Pfalzgrafen unter der Bedingung zu, daß es nach seinem Tode mit Brandenburg vereinigt würde. Der Religionsvergleich von 1672 ordnete die religiösen Angelegenheiten der geteilten Gebiete.
Es kam dem Großen Kurfürsten darauf an, die neuerworbenen Gebiete dem allgemeinen brandenburgischen
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Interesse dienstbar zu machen und jede partikularistische Regung zu unterdrücken. Einer solch absoluten Politik aber widersetzten sich die Landstände, besonders in Cleve, als die Vertreter der territorialen Selbständigkeit. Sie besaßen seit dem Anfänge des 16. Jahrhundert besonderen Anteil an der Landesregierung, und nur schrittweise konnte der Große Kurfürst ihnen ihre Rechte abringen. Im Jahre 1666 huldigten ihm zwar die Stände in feierlicher Weise, doch manche Rechte (die Steuerbewilligung, die Verleihung des provinzialen Bürgerrechts sowie das Versammlungsrecht ohne landesherrliche Genehmigung) behaupteten sie nach Vvie vor. Erst im 18, Jahrhundert drängte der aufstrebende preußische Absolutismus die ständischen Rechte machtvoll zurück.
Die Zugehörigkeit zu Brandenburg-Preußen forderte besonders zur Zeit des Großen Kurfürsten von den westlichen Provinzen schwere Opfer. Bald aber machten sich auch die Segnungen der brandenburgischen Verwaltung bemerkbar, vor allem auf dem Gebiete des Finanzwesens und der bis dahin völlig vernachlässigten Domänenwirtschaft, Im 18, Jahrhundert bildete sich am Niederrhein ein gewisser preußischer Patriotismus heraus, der sich auch während der Fremdherrschaft erhielt.
Um die Mitte des 17, Jahrhunderts saß auf dem erz-bischöflichen Stuhle zu Cöln Maximilian Heinrich. Dieser schloß im Jahre 1658 mit mehreren westdeutschen Fürsten den Rheinbund, dem bald auch der Große Kurfürst beitrat, und der durch den Anschluß Ludwigs XIV. unter französische Führung geriet. Wenn der Rheinbund sich auch 1667 beim Ausbruch der Raubkriege Ludwigs XIV. auflöste, blieb doch der Cölner Erzbischof der Bundesgenosse Frankreichs. Nachdem der Sonnenkönig den Dreibund (Niederlande, England und Schweden) gesprengt hatte, wurden die Rheinlande in den ersten Monaten des Jahres 1672 der Schauplatz großer Kriegsrüstungen. Hier versammelten sich die Reichstruppen des Westfälischen Kreises zum Schutze der Stadt Cöln, die sich dem Bündnisse des Erzbischofs mit Frankreich nicht angeschlossen hatte. Truppen wurden angeworben, Kriegssteuern erhoben, Schanzpfähle und anderer Kriegsbedarf geliefert. Der Marschall Turenne überschwemmte Anfang Juni das Erzstift mit fran-
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. q
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zösischen Kriegsscharen, und der General Montal bezog mit 12 000 Mann bei Kaiserswerth ein festes Lager, das durch den Prinzen Conde mit 3600 Mann verstärkt wurde. Von diesem Lager aus machten die Soldaten Streifzüge in die Herzogtümer Jülich und Berg. Untaten, die den Schwedengreueln des Dreißigjährigen Krieges nicht nachstanden, verübten die zuchtlosen Scharen hier, und die Vorstellungen, welche der Pfalzgraf Philipp Wilhelm dem französischen Könige machte, waren erfolglos. Als gegen Ende des Jahres die französischen Truppen aus Holland zurückkehrten, mehrte sich die Not in den Rheinlanden. Protestanten und Katholiken wurden gleichmääig bedrängt, und durch die grausamsten Mißhandlungen wußten die Franzosen die Habe des Volkes zu erpressen. Die Bewohner flohen in die Wälder und wurden dort oft gleich dem Wilde zu Tode gehetzt.
Im Jahre 1673 nahmen die Franzosen das Erzbistum Trier für sich in Besitz. Es hatte besonders viel unter dem grausamen Kommandanten Vignory zu leiden. Die Bewohner der Stadt Trier mußten 6000 französische Krieger unterhalten. In dem einen Monat September 1673 trieb Vignory nicht weniger als 31 000 Reichstaler Schatzung ein. Nicht weniger als neun Kirchen sanken damals in Trümmerhaufen. In bitterem Schmerz über die gräßlichen Verwüstungen klagt ein zeitgenössischer Schriftsteller, der Abt Alexander Henn von St. Maximin: „Franken, Vandalen und Hunnen sind verwüstend über die alte Treviris hergezogen; aber alles, was sie verbrecherisch an ihr verübt haben, hat an Barbarei und Gottlosigkeit diese Verwüstung übertroffen, welche die Soldaten des Allerchristlichsten Königs von Frankreich, des Nachfolgers des erstgeborenen Sohnes der Kirche, ausgeführt haben.“
Freilich wurde das Erzbistum 1675 von den Kaiserlichen durch den Sieg des Generals Grana 1) bei Conz zurückerobert, doch blieb es von 1684 bis zum Frieden von Ryswick unter französischer Herrschaft. In dieser Zeit wurden die Orte des Moseltals, der Eifel und des Maifeldes wiederholt beraubt und in Brand gesetzt. Coblenz wurde 1689 in Brand geschossen, und der dritte Teil der Stadt sank in Asche.
Auch in den übrigen Teilen der Rheinlande dauerten
1) Zur Erinnerung an diesen Sieg wurde auf der Grana-Höhe ein Denkmal errichtet.
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1673 die französischen Streifzüge fort. Der Herzog von Jülich-Berg schleifte in diesem Jahre die Festung Siegburg, die bis dahin den Franzosen einen guten Stützpunkt bot. Der kaiserliche General Montecuculi belagerte und eroberte Bonn. Der General Spork säuberte das Bergische von den Franzosen, eroberte Deutz und schlug einige französische Heeresabteilungen in die Flucht. Die Kaiserlichen besetzten das Herzogtum Berg, und jeder Ortsbezirk mußte dort monatlich 1000 Reichstaler Kontribution in Geld und Naturalien liefern. Dazu kamen noch die Hand- und Spanndienste beim Festungsbau in Düsseldorf und die vielen Brenn- und Schanzholzlieferungen, durch die große Wälder ausgerottet wurden. Daß unter solchen Umständen die Bürger und Bauern furchtbar zu leiden hatten und gänzlich ausgesogen wurden, bedarf keines weiteren Beweises, besonders da Adel und Geistlichkeit ziemlich abgabenfrei waren. Da der Erzbischof von Cöln 1674 sich wieder mit dem Kaiser aussöhnte, wurden die Franzosen gezwungen, das Erzstift zu verlassen. Die Einquartierung kaiserlicher Truppen dauerte bis 1675. In dem nördlichen brandenburgischen Bezirk Cleve wechselten brandenburgische, französische und niederländische Truppen ab, und erst mit dem Frieden zu Nymwegen wurde die Ruhe in den Rheinlanden wiederhergestellt.
Die von Ludwig XIV. nach dem zweiten Raubkriege eingesetzten Reunionskammern zogen Stadt und Amt St. Wendel, Merzig, den Saargau, Veldenz, Trarbach und andere Besitzungen aus dem Gebiete der Rheinprovinz ein.
Da im Jahre 1685 mit Karl, dem Enkel des Winterkönigs Friedrich I., dessen Geschlecht ausstarb, erbte Philipp Wilhelm die Pfalz und die erledigte Kurwürde. Seit dieser Zeit führen die Herzöge von Jülich-Berg den Titel Kurfürst. Kurfürst Philipp Wilhelm war ein gutmütiger und freundlicher Herr, seinem katholischen Bekenntnis treu ergeben, dabei duldsam gegen Andersdenkende, gerecht und aufrichtig.
Als im Jahre 1688 Wilhelm Egon von Fürstenberg, den Ludwig XIV. zum Erzbischöfe von Cöln machen wollte, vom Kaiser und vom Papste nicht bestätigt wurde und Joseph Clemens von Bayern den erzbischöflichen Stuhl bestieg, ließ der Franzosenkönig seine Truppen wieder ins Erzstift einrücken. Nachdem die blühende Pfalz verwüstet worden
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war, besetzten die französischen Truppen Bonn, Neuß, Rheinberg und nahmen Kaiserswerth ein. Die bereits 1675 in drei Aufgeboten gebildete bergische Landwehr besetzte Siegburg, Düsseldorf und Bensberg. Siegburg wurde von den Franzosen von Bonn aus erstürmt, und diese setzten sich dort fest. Dem Bergischen Lande legten die Feinde 100 000 Taler Brandschatzung auf. Die allgemeine Plünderung des Landes wurde verhindert durch die Landwehr und die Schützen. Bald sollte die Befreiung kommen. Der brandenburgische General von Schöning schlug die Franzosen bei Ürdingen, vertrieb sie aus Neuß und Siegburg und eroberte Kaiserswerth, während Kurfürst Friedrich III.Bonn zur Übergabe zwang. Nach dem Feldzuge nahm Friedrich in Cleve und Düsseldorf dieHuldigung der rheinischen Herrschaften entgegen.
Im Jahre 1690 starb Kurfürst Philipp Wilhelm und ihm folgte sein ihm im Charakter unähnlicher Sohn Johann Wilhelm, der im Munde des niederrheinischen Volkes nicht unbekannte Jan Wellem, der bereits seit 1679 Jülich und Berg verwaltete. Er war wie die meisten Fürsten der damaligen Zeit in französischer Prachtliebe befangen. Trotz seiner kostspieligen Hofhaltung und der dadurch bedingten hohen Abgaben wußte er sich die Gunst seiner Untertanen zu erhalten. Die Stadt Düsseldorf hat ihm viel zu danken. Er legte die Neustadt an, begründete die Gemäldegalerie und berief zahlreiche Künstler in seine Residenz. Johann Wilhelm erbaute auch von 1705/12 das Schloß zu Bensberg, in dem sich seit 1841 eine Kadettenanstalt befindet.
Im SpanischenErbfolgekriege trat der Kurfürst Joseph Clemens von Cöln mit seinem Bruder Max Emanuel von Bayern zu Frankreich über. Zu Anfang des Jahres 1701 rückten französische Truppen in das Erzstift Cöln ein. Der Kurfürst Joseph Clemens ließ mehrere Regimenter Reiterei und Fußvolk in Neuß und Kaiserswerth einrücken, La Croix zog mit einer Freischar nach Zons. Kurfürst Johann Wilhelm hatte sich auf die Gefahr vorbereitet: Pfälzische und bergische Truppen hatten schon vorher bei Mülheim befestigte Lager bezogen. Bei Mülheim und Neuß gegenüber ließ Johann Wilhelm zur Sicherung des Rheinüberganges Schanzen aufwerfen, und als er hörte, die Franzosen hätten unter dem General Grafen von Grammont
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in Neuß einen Plünderungszug in die rechtsrheinischen Gebiete vorbereitet, zog er von Düsseldorf aus mit einem Reiterregiment, seiner Landwehr und einigen holländischen und pfälzischen Bataillonen gegen sie, nahm ihnen die zur Rheinbrücke bestimmten vierzig Schiffe weg und verhinderte den Übergang über den Strom.
Ludwig XIV. und der Kurfürst von Cöln versuchten mit allen Mitteln, den Kurfürsten Johann Wilhelm dem Reiche zu entfremden und für sich zu gewinnen. Doch dieser hatte die vandalische Zerstörung seiner Pfalz (1688) nicht vergessen: „Die giftige Schlange im heißen Afrika ist nicht so verächtlich als ein deutscher Fürst, der in Gefahr nicht treu zum Reiche steht“, war die deutsche Antwort, die er dem Gesandten gab.
Im Jahre 1702 zeichneten sich die bergischen Landschützen, die sich aus Bürgern und Bauern rekrutierten, besonders aus. Bei Mondorf, Zündorf, Mülheim, Wiesdorf, Monheim u. a. 0. hatten sie Schanzen am Rhein aufgeworfen und verteidigten tapfer die Rheinlande gegen die vordrängenden Franzosen. Die Preußen nahmen in diesem Jahre Kaiserswerth ein. Anfang Oktober setzten die in Mülheim lagernden bergischen Truppen mit den Landschützen über den Rhein, um die Franzosen unter Tallard bei Bonn aufzusuchen. Tallard aber hatte bereits den Rhein überschritten, nahm die Burg Lülsdorf und das unbesetzte Mülheim ein und bezog mit dem Kurfürsten von Cöln sein Hauptquartier in Deutz. Von hier aus wurden die Orte der Umgegend ausgeplündert und verwüstet. Was ehedem in der Pfalz geschehen, geschah jetzt am Niederrhein. Im Kloster Dünnwald raubten die französischen Scharen alles, was sie fanden. Sie ließen den Mönchen nicht einmal die notdürftigsten Kleider. In Monheim, Flittard, Schlebusch u. a. 0. gingen viele Häuser in Flammen auf. Die Bewohner, die schrecklich gehetzt wurden, flohen in die Berge.
Nachdem der Kurfürst Johann Wilhelm von den Freveltaten gehört hatte, kehrte er über den Rhein zurück und wandte sich gegen die französischen Horden. Diese zogen sich zurück; wen sie aber von den Bewohnern ergreifen konnten, nahmen sie als Gefangenen mit nach Bonn. Nur gegen ein hohes Lösegeld wurden diese von hier entlassen. Über 200 Gefangene, die in Bonn in enge Räume eingepfercht wurden, starben dort in kurzer Zeit.
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Im April 1703 belagerte Marlborough die Stadt Bonn; Mitte Mai ergab sie sich. Darauf nahm der siegreiche Held Geldern ein und vertrieb die Franzosen vom Niederrhein. In Vereinigung mit dem Prinzen Eugen und den Brandenburgern schlug Marlborough das vereinigte französische und bayrische Heer bei Blindheim und Hochstedt (1704). Der Marschall Tallard fiel mit 9000 Franzosen in die Hände der Sieger. Nachdem Landau, Trier und Trarbach, wo die Franzosen seit Ausbruch des Krieges gewütet hatten, von den Feinden befreit waren, war das linksseitige Rheinland vor den Franzosen sicher. Der Oranische Erbfolgestreit und der ihn abschließende Utrechter Friede (1714) brachten Preußen in den Besitz von Obergeldern. Moers und Crefeld.
Das Erzbistum Trier befand sich während des Krieges bald in den Händen der Franzosen, bald im Besitz der Kaiserlichen, Das Mosel-, Ahr- und Rheintal sowie die Gebiete der Eifel hatten in dieser Zeit von den wilden Kriegshorden viel zu leiden. Zersprengte Burgen, verwüstete und verlassene Dörfer und Städte kündeten nach dem Frieden zu Utrecht auch hier die Schrecken des Krieges.
Auf Johann Wilhelm folgte in Jülich-Berg 1716 sein Bruder Karl Philipp, der seineResidenz von Düsseldorf nach Heidelberg und bald darauf nach Mannheim verlegte. Seit dieser Zeit wurde Jülich-Berg als Nebenland von einem Statthalter verwaltet. Mit dem 82jährigen Karl Philipp starb die Pfalz-Neuburger Linie 1742 aus, und in der Herrschaft aller seiner Besitzungen folgte ihm Karl Theodor von Pfalz-Sulzbach, der auch am Hofe Karl Philipps erzogen worden war und seine Erziehung an den Universitäten Leyden und Löwen vollendet hatte. So gingen 1742 die Herzogtümer Jülich-Berg an Pfalz-Sulzbach über. Kaiser Karl VI. hatte zu dieser Erbfolge 1739 seine Zustimmung gegeben. Dadurch aber entfremdete der Kaiser sich den preußischen König Friedrich Wilhelm I., dem er in dem geheimen Vertrage zu Königswusterhausen 1726 gegen Anerkennung der Pragmatischen Sanktion das Herzogtum Berg zugesichert hatte. Karl Theodor war 18 Jahre alt, als er die Herrschaft antrat.
Als im Jahre 1756 Friedrich der Große den dritten Schlesischen Krieg mit Österreich begonnen hatte und 1757 der Reichstag zu Regensburg gegen den „Friedensstörer“ den Reichskrieg beschloß, mußten auch der Herzog
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von Jülich-Berg und die Kurfürsten von Cöln und Trier Hilfstruppen senden. Tanzmusiken, Pfingstnachtsingen, Schwingabende und andere Gelegenheiten, die junge Burschen zusammenführten, boten den Werbern reiche Beute. Wer nicht freiwillig mitging, wurde niedergeworfen, geknebelt und gewaltsam mitgeschleppt. Dabei kam es denn nicht selten zu folgenschweren Schlägereien. Was für Heere auf diese Weise zusammenkamen, läßt sich leicht denken. Das von den Franzosen zumReichsheer entsandte Hilfsheer nahm seinen Zug auf verschiedenen Wegen durch die Rheinlande nach Westfalen und Sachsen. Der Marschall d'Estrees zog vonWesel aus gegen den Herzog von Cumberland und schlug ihn bei Hastenbeck. Zu derselben Zeit zog Soubise, der Mörs, die geldernschen und cleveschen Länder eingenommen hatte, mit einem ändern Teile des französischen Heeres nach Sachsen, Von den Durchzügen der Franzosen hatten die Rheinlande diesmal nicht so zu leiden als früher, denn was die französischen Truppen erhielten, bezahlten sie. Freilich sahen die französischen Scharen auch nicht aus wie ein Kriegsheer: „Haarkräusler, Putzwarenhändler, Zucker-
bäcker und Tanzmeister, Freundinnen und Nebenweiber, Harfenmädchen, Schauspielerbanden, Kunstköche und Bediente, Menagerien von Singvögeln und dressierten Hunden1 bildeten einen großen Teil der bunten Masse, Wenn die Franzosen erklärten, der König von Preußen behalte nicht so viel Land, daß er eine Ziege darauf halten könne, so hat das im Ernst kein Rheinländer geglaubt- Zu Beginn des Krieges erhielt Solingen zahlreiche Waffenbestellungen. Preis und Löhne stiegen infolgedessen bedeutend.
Einer der gefährlichsten Gegner Friedrichs II. im Siebenjährigen Kriege war der Graf Leopold Joseph Maria Daun, dessen Geschlecht aus Daun in der Eifel stammte. Bei Kolin und Hochkirch brachte er Friedrich schwere Niederlagen bei. Er eroberte Dresden und nahm den General Fink bei Maxen gefangen. In der Schlacht bei Torgau unterlag er jedoch den Preußen. Er starb in Wien 1766. — Zu den tüchtigsten Feldherrn Friedrichs des Großen gehörte Friedrich Wilhelm S e y d 1 i t z , der Sieger von Roßbach und Zom-dcrf. In Calcar bei Cleve wurde er 1701 geboren. Er starb im Alter von 72 Jahren in Ramslau bei Breslau,
Nachdem die Franzosen und das Reichsheer bei Roß-
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bach geschlagen worden waren, zogen sie sich nach Westfalen und Thüringen zurück. Hier zwang sie der Herzog Ferdinand von Braunschweig zum weiteren Rückzuge. Unter Führung des Grafen Clermont machten sie erst am Rhein Halt. Clermont besetzte Wesel. Andere Abteilungen zogen nach Kaiserswerth und Düsseldorf. Die Preußen und Hannoveraner unter Ferdinand von Braunschweig verfolgten die Fliehenden. Unweit Cleve überschritt die Armee des Herzogs auf gemieteten Fahrzeugen am 1. Juni 1758 den Rhein. Clermont vermied eine Schlacht und verschanzte sein Heer bei Rheinberg. Von dort vertrieb ihn Herzog Ferdinand und zwang ihn am 23. Juni zur Schlacht bei Crefeld. Hier standen 47 000 Franzosen gegen 33 000 Verbündete. Der Hauptkampf entwickelte sich auf dem linken Flügel der Franzosen in einem Gehölz, in dem auf französischer Seite der General St. Germain befehligte. Ihm wurde das Grenadierkorps zu Hilfe gesandt. Da es jedoch den V^eg verfehlte, blieb der General allein, und als der Erbprinz von Braunschweig mit seiner Infanterie in das Gehölz eindrang, mußten die Franzosen nach dreistündigem, hartem Kampfe weichen. Der Verlust der französischen Armee betrug 4000 Mann. Die Verbündeten hatten 1600 Tote und Verwundete. Nach der Schlacht ging Herzog Ferdinand über die Walstatt, und indem er die verstümmelten Leichname betrachtete, sprach er zu den ihn begleitenden Offizieren: „Das ist das zehnte Schauspiel dieser Art, das ich in meinem Leben sehe. Wollte Gott, daß es das letzte wäre!“ Die Franzosen flohen nach Neuß und Worringen, und nachdem einzelne Scharen der Verbündeten bis nach Brüssel vorgedrungen waren, wurden Düsseldorf und Kaiserswerth eingenommen und Deutz besetzt. Clermont mußte den Oberbefehl niederlegen und Contades trat an seine Stelle. Der Versuch, Düsseldorf und Kaiserswerth zurückzugewinnen, mißlang ihm, und als der General Chevert nach diesem vergeblichen Versuch an Duisburg vorbei gegen Wesel zog, wurde er von dem Hannoverschen General Imhoff zurückgeschlagen. Als aber beim Einfall der Russen im Osten der Herzog von Braunschweig seine Truppen vom Rhein zurückzog, besetzten die Franzosen die verlassenen Festungen Deutz, Düsseldorf und Kaiserswerth. Im Oktober bezogen die französischen Truppen am Rhein Winterquartiere. Vor den rohen Horden war
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diesmal wieder niemand sicher. Viele Bewohner des Ber-gischen Landes flohen aus ihrer Heimat und traten als Freiwillige in das Heer des „Siegers von Roßbach“ ein.
Als im April 1759 der Herzog Ferdinand von Braunschweig die Franzosen unter Broglio bei Frankfurt a. M. bedrohte, wurde ein Teil der am Rhein lagernden Franzosen Broglio zu Hilfe gesandt. Der Marschall Contades erschien anfangs Mai in Düsseldorf. Er errichtete Feldlager in Deutz und Düsseldorf und schrieb Kriegslieferungen aus. Mehrere französische Regimenter brachen bald auf und zogen über Siegburg auf Gießen zu. Die noch auf der rechten Rheinseite im Herzogtum Berg lagernden Franzosen wurden vom Erbprinzen Karl von Braunschweig im Juni auf Herzog Ferdinands Befehl angegriffen. Ein Teil wurde in Elberfeld gefangen genommen. Die übrigen flohen bis über den Rhein. Die hannoverschen Truppen plünderten nun im östlichen Teile der Rheinlande nach Herzenslust, Als der Erbprinz Karl mit seinen Truppen zurückzog, nahmen die Franzosen ihre frühere Stellung wieder ein. Der Sieg der Preußen über das vereinigte Heer Broglios und Contades bei Minden vermochte nicht, die Rheinlande von den Franzosen zu säubern, wenn auch die preußischen Schwarzen Husaren das Land fast bis zum Rhein durchstreiften, — An den Unternehmungen der Reichsarmee gegen Leipzig, Torgau, Wittenberg und Dresden im August 1759 beteiligten sich auch die rheinischen Kontingente,
Im Jahre 1760 drangen die Franzosen wieder nach Westfalen vor. Das sogenannte Fischersche Freikorps aber, das die Avantgarde der Franzosen bildete, wurde bei Duisburg von den Preußen unter Major von Bülow angegriffen und teilweise gesprengt. Doch die Franzosen drangen vor und bezogen ein Lager bei Dortmund. Ende September zog Karl von Braunschweig bei Ruhrort über den Rhein und griff das Fischersche Korps bei Rheinberg an. Der Oberst Fischer entrann nur mit genauer Not der Gefangenschaft. Wie ehedem die Franzosen, so suchten jetzt die Preußen die Rheinlande heim. Anhaltend stiegen damals die Fruchtpreise. Ein Malter Roggen, das bisher 10—11 Gulden gekostet hatte, bezahlte man jetzt mit 18 Gulden,
Französische und preußische Truppen wechselten auf der rechten Rheinseite bis zum Frühjahr 1761 ab. Da führte
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Soubise 40 000 Franzosen durch die Rheinlande nach Westfalen, und wie in früheren Jahren bei den Durchzügen, so mußten auch jetzt die Landbewohner harte Vorspanndienste leisten. Im Herbste kehrten die Truppen aus Westfalen zurück, und im Winter lagen mehrere Regimenter in Düsseldorf, Mülheim und Siegburg im Quartier. Das Fischersche Freikorps hat von allen Truppen das verabscheuungswürdigste Andenken hinterlassen. Bis zum Jahre 1762 bedrängte und plünderte es vorwiegend das Bergische; auch preußische Truppen brandschatzten noch einmal einzelne rechtsrheinische Gegenden, bis der Waffenstillstand von 1762 und der Friede 1763 endlich den Krieg beendete.
Welche Kosten der Krieg gegen den Preußenkönig, in dem das Reichsheer seine ganze Schwäche zeigte, den rheinischen Fürsten verursachte, zeigen die Verhandlungen der Cölner Landstände vom Jahre 1762. Das Wildensteinische Regiment allein — in einer Stärke von etwa 700 Mann — verursachte einen Kostenaufwand von ungefähr 1 500 000 Reichstalern.
Mit Hilfe des preußischen Königs Friedrichs II. und Sachsens kam Karl Theodor von Jülich-Berg und Pfalz 1779 auch in den Besitz von Bayern, dessen Herrscherhaus 1777 ausgestorben war. Im Jahre 1799 starb Karl Theodor, und Jülich-Berg fiel an den Herzog Max Joseph von Pfalz-Zweibrücken. Jülich kam im Luneviller Frieden (1801) an Frankreich, und Max Joseph übergab Berg 1804 an den Herzog Wilhelm von Bayern. Nachdem Max Joseph 1806 König von Bayern geworden war, trat er Berg gegen Ansbach an Napoleon ab.
Die Geschichte des Herzogtums Cleve ist seit dem Jahre 1614 mit der Brandenburg-Preußens verbunden. In den rheinischen Besitzungen Brandenburgs herrschte ein Statthalter. Zu Cleve erwarb König Friedrich I. das Fürstentum Mörs und die Herrschaft Crefeld. Mörs gehörte früher dem Hause Oranien. Als nun 1702 die männliche Linie ausstarb, fiel die Grafschaft an Friedrich, den Sohn der Luise Henriette von Oranien, der Gemahlin des Großen Kurfürsten. Friedrich Wilhelm erwarb 1713 das Oberquartier Geldern, das schon früher zu Cleve gehört hatte und nun in dem Frieden zu Utrecht für die im Spanischen Erbfolgekriege gegen Frankreich geleistete Hilfe vom Kaiser an Preußen abgetreten wurde.
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Die Karte der Rheinlande vom Jahre 1789 bringt uns die Zersplitterung unserer Heimatprovinz klar zur Anschauung, Außer den genannten Kurfürstentümern Cöln und Trier, den Herzogtümern Jülich-Berg und Cleve, dem Fürstentum Mörs und Geldern, die die Hauptmasse des Landes umfaßten, gehörten Teile der Rheinprovinz zum Herzogtum Limburg(Eupen und Herzogenrath), zum Herzogtum Luxemburg, zu Österreichisch-Geldern und zum Kurfürstentum Mainz. Reichsunmittelbar waren auch die Herzöge von Arenberg, die Fürsten von Nassau-Saarbrücken, die Grafen von Blankenheim und Gerolstein, Kesselstatt, Limburg-Styrum, von der Leyen, Manderscheid, Metternich, Nesselrode, Quadt von Wickerath, Salm-Reifferscheidt-Bedbur-Dyk, die Wald- und Raugrafen von Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Grum-bach, Sayn-Wittgenstein, Schaesberg-Sinzendorf, Solms-Braunfels, Solms-Hohensolms, Solms-Sternberg, Walbott von Bassenheim, Wied-Neuwied und Wied-Runkel, sowie die Städte Cöln und Aachen. 75 Herrschaften waren im Besitz der Reichsritterschaft, die in der Mitte zwischen hohem und landsässigem Adel stand. Diesen schlossen sich zahlreiche Unterherrschaften, Lehnsgüter, ritterliche Güter und andere mehr oder weniger freie Besitzungen an.
Außer den weltlichen gab es zahlreiche geistliche mehr oder minder freie Güter: 36 Kollegiatstifter, unter denen das Marienstift zu Aachen und St. Gereon in Cöln die bedeutendsten waren, 12 Damenstifter (als die vornehmsten galten Essen und St. Ursula in Cöln), 20 Benediktiner- (Stablo-Malmedy , Cornelimünster , Werden , Burtscheid , Elten , Deutz, Siegburg, St. Maximin und St. Mathias in Trier, Prüm, Maria Laach) und 6 Zisterzienserabteien (Altenberg , Burtscheid, Düsseltal , Heisterbach , Himmerod, Camp), 9 Niederlassungen der Prämonstratenser (Knechtsteden, Steinfeld u. a.), 15 Klöster der Regulierten
Augustiner-Chorherrn, 9 Klöster der Kreuzherrn, 12 Kollegien und Residenzen der Jesuiten, die bis zur Aufhebung des Ordens 1773 die Akademien zu Trier, Bonn, Cöln und Düsseldorf und die meisten Gymnasien mit Lehrkräften versorgten, 6 Kartäuserniederlassungen, 7 Dominikaner-, 37 Franziskaner-, 23 Kapuzinerklöster und 15 andere Männerklöster. Außerdem hatte der deutsche Ritterorden (katholische Linie) in Coblenz, Waldbreitbach, Alten-Biesen,
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Duisburg, Essen, Saarburg, Saarbrücken u. a. O. und der Malteserorden in Burg a. d. Wupper, Duisburg, Cöln u. a. 0. zahlreiche Besitzungen. Es gab etwa 150 Frauenklöster in den Rheinlanden.
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Der Dreißigjährige Krieg hatte am Rhein eine blühende Kultur zerstört. Aber schneller als viele andere deutsche Gebiete erholten sich die rheinischen Länder von den Schlägen der Vernichtung. Die Hexenverfolgungen zeigen sich vereinzelt auch noch im 18. Jahrhundert in den Rheinlanden, und die Juden, die seit den ältesten Zeiten eine Ausnahmestellung hatten, wurden auch noch im 18. Jahrhundert teilweise mit besonderen Verordnungen bedacht und wohnten in Judenquartieren (Judengassen) zusammen.
Vielfach wurde in Bezug auf das wirtschaftliche und geistige Leben am Rhein das 18. Jahrhundert als eine Zeit der Dunkelheit und Verdummung dargestellt, die hauptsächlich die RegierungdergeistlichenKurfürsten herbeigeführt habe. Hier am Rhein aber war es im allgemeinen nicht schlechter als anderswo in Deutschland.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts waren teilweise völlig verschieden von den heutigen. Industrie und Handel standen im Zeichen des Merkantilismus, der darauf hinauslief, die heimische Produktion durch Schutzzölle und Einfuhrverbote zu stärken. So wurde in Jülich-Berg 1701 die Einfuhr von Eisen- und Stahlwaren verboten. Zum Schutze der Dürener Tuchfabriken wurden die eingeführten Tuche 1714 mit einem Einfuhrzölle von 15% belegt. Zur Förderung der Lenneper Tuchfabriken wurde 1767 der Kleinhandel fremder Kaufleute mit Wolltuchwaren und zum Schutze der heimischen Gerbereien die Einfuhr von Leder aus Cöln und Aachen verboten. Die Cromforder Baumwollspinnerei in Ratingen erhielt 1784 ein Patent auf Kratz-, Spinn- und Handmaschinen. Diese Fabrik war bald imstande, den englischen Waren eine wirksame Konkurrenz zu schaffen.
Das 18. Jahrhundert legte schon den Grund zur heuti-
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gen blühenden rheinischen Industrie. Nur die Schwerindustrie des Niederrhein- und Ruhrgebiets entstand im 19. Jahrhundert. Im Bergischen (Eberfeld, Wermelskirchen, Hückeswagen, Wipperfürth und Mülheim) und in M,-Gladbach, Rheydt, Viersen und anderen Orten befanden sich schon zahlreiche Spinnereien und Webereien. Crefeld beschäftigte gegen Ende des 18. Jahrhunderts gegen 3000 Arbeiter in Seidenfabriken. Düsseldorf besaß seit 1766 die erste Zuckerfabrik. Solinger und Remscheider Stahlwaren erhielten schon Weltruf. In Aachen, Eupen und Montjoie blühte die Tuchindustrie, und Malmedy war berühmt wegen seiner Lederfabriken, dreier Seidenfabriken und einer Glashütte. Die Spitzenindustrie beschäftigte dort gegen 10 000 und die Tabakindustrie 1000 Arbeiter. Das Handwerk gliederte sich noch scharf in Zünfte. Lehr- und Wanderzeit waren genau vorgeschrieben, und erst die Meisterprüfung gab dem Gesellen Selbständigkeit zur Ausübung seines Handwerkes auf eigene Rechnung. Der Übertritt in eine andere Zunft und der Verzug in eine andere Stadt waren nicht gestattet.
Der Dreißigjährige Krieg hatte den Handel am Rhein sehr geschädigt und die Rhein schiffahrt fast vernichtet. Seit dem Ende des Krieges aber war man eifrig bemüht, den Verkehr am Rhein zu heben. Täglich fuhren Last-und Personenschiffe zwischen Cöln und Mainz. In einer 1717 zu Bacharach abgehaltenen Konferenz wurden von den Kurfürsten von Mainz, der Pfalz, Trier und Cöln Verordnungen zur Hebung und Erleichterung der Schiffahrt erlassen: die Leinpfade sollten derart angelegt und unterhalten werden, daß der Schiffahrt kein Hindernis im Wege stehe. Die An- und Abfahrt der Schiffe, die Prüfung und Besoldung der Steuerleute und Schiffer u. a. wurde geordnet. Es sollte Sorge getragen werden, daß der Wassertransport dem Landtransport vorzuziehen sei. Dieser besaß der schlechten Straßen wegen eine untergeordnete Bedeutung, Ein beladenes Schiff legte gegen Ende des 18. Jahrhunderts den Weg von Mainz bis Cöln in etwa vier, den umgekehrten Weg in etwa sechs- bis achtzehn Tagen zurück. Der Mittelund Niederrhein wurde damals von 1000 bis 1200 Schiffen befahren. Die Zölle waren auf dem Rhein recht hoch. Zwischen Bingen und Emmerich gab es Zollstationen in Bingen (Mainzer Domkapitel), Bacharach und Caub (Kurpfalz),
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St. Goar (Hessen), Boppard (Kurtrier), Oberlahnstein (Kur-mainz), Coblenz (Kurtrier), Andernach (Kurcöln), Leutesdorf (Kurtrier), Linz, Bonn und Zons (Kurcöln), Düsseldorf und Kaiserswerth (Kurpfalz), Ruhrort, Orsoy, Rees und Emmerich (Preußen).
Den Rhein aufwärts wurden im 18. Jahrhundert und schon früher besonders Zucker, Kaffee, Reis, Gewürze, Tee, Spezerei- und Materialwaren, Baumwolle, Fische, Elfenbein u. a. befördert und so vom Auslande durch die Vermittelung Hollands in Deutschland eingeführt. Ausgeführt wurden auf der Rheinstraße vornehmlich Holz, Wein, Tabak, Getreide, Obst, Eisenwaren, Mineralwasser, Leinwand und Leder.
Das Münzwesen war im 18. Jahrhundert teilweise noch verwirrter als früher. Am Rhein waren cölnische, hessische, pfälzische, trierische, preußische, französische, spanische und holländische Münzen gültig.
Das Geistesleben stand im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts auch am Rhein im Zeichen der Aufklärung.
In der katholischen Kirche wurden durch den Trierer Weihbischof von Hontheim langjährige Unruhen herbeigeführt. Dieser veröffentlichte im Jahre 1763 unter dem Namen Febronius ein Werk ,,über den Zustand der Kirche und die rechtmäßige Gewalt des Papstes". Ziel seines Strebens war die Wiedervereinigung der getrennten mit der katholischen Kirche. Als Mittel zur Erreichung dieses Zieles sollte ihm „die Entfernung alles Überflüssigen und Gehässigen aus der Kirche“, besonders die Beschränkung der päpstlichen Gewalt dienen. Das Werk des Febronius aber fand zahlreiche Gegner, nicht nur in der katholischen Kirche und der Universität Cöln, sondern auch in mehreren Theologen des Auslandes und bei den Protestanten. Fast zwanzig Jahre lang dauerte der Streit. Da widerrief Hontheim auf Veranlassung des Erzbischofs Clemens Wenzeslaus seine Irrtümer im Jahre 1778. Wirkungslos aber waren Hontheims Ideen nicht geblieben. Der Josephinismus in Österreich, dessen Herrschaft am Rhein anfangs von den geistlichen Fürsten bekämpft wurde, ist eine praktische Ausführung des Febronianismus. Besondere Unruhen erregte am Rhein auch der sogenannte Nuntiaturenstreit. Als zu der seit dem 16. Jahrhundert in Cöln bestehenden
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päpstlichen Nuntiatur und derjenigen in Wien die Nuntiatur in München eingerichtet wurde, fand auf Veranlassung des Cölner Erzbischofs 1785 in Ems ein Kongreß der Abgesandten der Kirchenfürsten von Cöln, Trier, Mainz und Salzburg statt. Dieser Kongreß stellte die E m s e r Punktationen fest. In 23 Artikeln, Punktationen genannt, protestierten die vier Kirchenfürsten gegen jede Nuntiatur in Deutschland. Sie wünschten das Verhältnis zu Rom im Sinne des Febronianismus geregelt und nahmen für sich Rechte in Anspruch (z. B. den Ehedispens), die bisher dem Papste Vorbehalten waren. Auf Grund dieser Emser Punktationen führten während des Streites mit der Kurie (1785/90) auch die rheinischen Kirchenfürsten in ihren Sprengeln Neuerungen ein, ähnlich denen Josephs II. in Österreich. Der Streit aber nahm für den Papst einen günstigen Verlauf. Clemens Wenzeslaus von Trier war der erste, der von den Punktationen zurücktrat. Ihm folgten bald die übrigen Erzbischöfe.
Die Städte Coblenz, Bonn, Cöln und Düsseldorf waren gegen Ende des Jahrhunderts die Mittelpunkte des geistigen Lebens am Rhein, die Pflege-stätten der Kunst , besonders der Musik , und der Wissenschaft. Der Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Trier ließ sich die Hebung des geistigen Lebens seines Volkes besonders angelegen sein. Die Musik fand an ihm einen regen Förderer. Coblenz hatte schon 1785 ein ständiges Theater, das dreimal wöchentlich „spielte“, und das ,,Leseinstitut“, das der Trierer Kurfürst einrichtete, zeigte „beinahe alle Zeitungen und Journale, welche in Deutschland herauskommen“. Clemens Wenzeslaus nahm sich auch mit Eifer der Bildung des Volkes an. Im erzbischöflichen Kollegium zu Coblenz gründete er eine Normalschule. Er sorgte für würdigere Schullokale und ein besseres Gehalt der Lehrer. In den Volksschulen wünschte er die Anwendung der Felbigerschen Methodex). Die Residenz des Cölner Kurfürsten in Bonn bot der Musik eine Pflegestätte. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens erhob der Kurfürst Max
1) In Ehrenbreitstein lebte damals Sophie La Roche (1731/1807), die Jugendfreundin Wielands. Sie war eine vielgelesene Romanschriftstellerin. In ihrem Hause verkehrten Goethe, die beiden Brüder Jacobi und andere Geistesgrößen der damaligen Zeit.
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Friedrich von Cöln die in Bonn bestehende Lehranstalt der Jesuiten zu einer Akademie (1777). Auch das Wohl der Landschulen ließ dieser Kurfürst sich angelegen sein. Seine Schulordnung vom Jahre 1788 läßt sich den Schulordnungen Friedrichs des Großen ebenbürtig an die Seite stellen Zu dem freieren Geist der Bonner Akademie in gewissem Gegensätze stand die alternde Universität Cöln, die in den früheren Jahrhunderten eine so hohe Bedeutung hatte. Die Akademien zu Trier und Düsseldorf und zahlreiche Gymnasien, deren Unterricht fast ausschließlich in den Händen der Geistlichen lag, reihen sich den genannten höheren Unterrichtsanstalten an. Nach unsem heutigen Begriffen war es um das höhere Bildungswesen wenig rühmlich bestellt. Im Volksschulwesen sah es freilich noch trauriger aus. Als die Franzosen 1806 die Herrschaft von Berg antraten, besuchten von den 41 489 schulfähigen katholischen Kindern 22 193 und von 36 266 evangelischen 30 433 die Schule. Die Hauptgründe für den geringen Schulbesuch lagen in der geringen Zahl der Schulen, der Verwendung der Kinder zu Haus-, Feld- und Fabrikarbeit sowie dem Mangel an Einsicht des Wertes einer allgemeinen Volksbildung, Der bauliche Zustand der Schulhäuser war sehr schlecht, und die innere Ausstattung war vielfach noch mangelhafter. Die Lehrer waren im allgemeinen ungenügend vorgebildet und sehr gering besoldet, — Der Cölner Kurfürst Clemens August I, (1 >23/61) erbaute das Rathaus in Bonn und das Brühler Schloß. Letzteres zeigt neben dem vom Kurfürsten Karl Theodor von Berg erbauten Benrather Schlosse (1756 bis 1760) die Ausbildung des R o k o k o s im Rheinlande auf ihrem Höhepunkte.
Der Kurfürst Max Franz von Cöln, der Bruder Josephs II., berief einen der gefeiertsten damaligen Dichter Österreichs, Aloys Blumauer, an seinen Hof nach Brühl, und die Zwillingsbrüder Gerhard und Karl Kügelchen ausBacha-rach, die als Maler sich Ruf erwarben, ließ er auf seine Kosten nach Italien reisen. Als um die damalige Zeit die Fürstenhöfe allenthalben in Deutschland das Drama zu unterstützen begannen und Lessings Ansichten eine Umbildung des Geschmack vorbereiteten, zeigt sich auch am Rheine reges Interesse für das Theater. Die in Bonn gebildete Schauspielergesellschaft sollte nach des Kurfürsten
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Worten zu einer Sittenschule für sein Volk erhoben werden. Auch in Cöln und Düsseldorf zeigt sich ein rascher Aufschwung des Theaters. Schon Ende des 17. Jahrhunderts hielten sich hier vorübergehend englische und italienische Komödianten auf. Seit 1700 fanden Schauspielertruppen sich dort regelmäßiger ein. „Richard III.“ und „Crispus“ von Weise, „Minna von Barnhelm“ und „Emilia Galotti“ von Lessing, Schillers „Räuber“ und „Fiesko“, Opern von Gluck, Piccini, Hiller und Mozart gelangten in Bonn und Cöln zur Aufführung.
In der Residenz der Herzöge von Jülich-Berg in Düsseldorf legte der Landesherr im Einvernehmen mit den Ständen die „Gemäldegalerie“ an, die noch heute den Grundstock der Münchener Pinakothek bildet. Kurfürst Karl Theodor zeigte eine besondere Vorliebe für Poesie, Musik und Malerei. Die Gründung der Kunstakademie in Düsseldorf (1767) ist sein Werk, und wenn diese im 18. Jahrhundert noch nicht zur Blüte kam, so war das nicht seine Schuld, sondern der Grund lag in der Ungunst der Zeitverhältnisse. Die Anlage des Kofgartens (1766) und der Karlsstadt (1787) in Düsseldorf ist ebenfalls dem Kurfürsten Karl Theodor zu verdanken. Düsseldorf, die rheinische Kunststadt, gab uns aber auch schon im vorigen Jahrhundert eine Anzahl hervorragender Dichter: Johann Georg Jacobi, Friedrich Heinrich Jacobi, Goethes Freund, Varn-hagen von Ense und Heine. Im Jahre 1774 finden wir Goethe auf seiner Rheinreise, die er mit Lavater und Basedow antrat, in Coblenz, Bonn, Cöln, Bensberg, Düsseldorf, und 1792 und 1815 besucht er abermals Düsseldorf und den Rhein. Im Jacobischen Kreise finden wir außer Goethe, Herder und Hamann die geistreiche Fürstin Gallitzin und Forster. „Hier entspann sich der interessante Briefwechsel zwischen Heinrich Jacobi und Wieland, Claudius, Lavater, Schiller, Fichte, Wilhelm von Humbold und anderen Größen der deutschen Literatur.“ Als geistreicher Rheinländer ist hier auch der spätere Staatsrat Fischenich in Berlin zu nennen; er war 1768 in Bonn geboren. In Jena verkehrte er als Student freundschaftlich mit Schiller, und später noch stand er mit Charlotte von Schiller in Briefverkehr.
In den rheinischen Städten, vor allem in Cöln, wurde die Zensur der Druckwerke strenge geübt. Der Buch-
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. 10
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handel war infolgedessen gehindert, sich frei und selbständig zu entwickeln, und auch die Rheinländer bevorzugten vor der eigenen deutschen vielfach die französische Literatur, in der man feineren Geschmack und mehr polierte Sitten zu finden glaubte. Dagegen rühmt Joseph Gregor Lang, der Verfasser der ,,Reise an den Rhein“, von den Benediktinern von Maria Laach, „daß sie eine ausgebreitete Literaturkenntnis besaßen, und daß in deren Privatbibliotheken auch die neuere deutsche Literatur durch ihre deutschen Dichter vertreten wäre“.
Zu den damals im Vorfrühling der klassischen deutschen Literatur wirkenden Männern, Rabener, Zachariä und Gärtner, gesellt sich der Cölner Satiriker und Kirchenliederdichter x) Lindenborn (1706/50), der u. a. den „Cölni-schen Diogenes“ schrieb, den „Eilfertigen Welt- und Staats-Bothen“ 2) redigierte und seit 1748 in Bonn die erste Zeitschrift ,,Auszug europäischer Geschichten“ herausgab. Die Bestrebungen Lindenborns sind jedoch für Cöln und die Rheinlande nicht besonders nachhaltig gewesen. In seine Fußstapfen trat später Ferdinand Franz Wallraf (1748/1824), der darauf hinwirkte, die deutsche Sprache in ihre Rechte wieder einzusetzen. Mit den bedeutendsten Männern der damaligen Zeit, Benecke, Blumenbach, Bois-sere, Dalberg, Goethe, Humboldt, Hufeland, stand Wallraf im Verkehr. In der von ihm begründeten „Olympischen Gesellschaft“, ähnlich den Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts, fanden schönwissenschaftliche Unterhaltungen regelmäßig statt. Der Sturm- und Drangperiode gehört Friedrich Müller (1749/1825) an. Er war in Kreuznach geboren, ging aber 1778 nach Rom, wo er im folgenden Jahre zur katholischen Kirche übertrat. Müller war Dichter, Maler und Kupferstecher. Als Dichter (vergl. das Drama „Genoveva“, die Idylle „Ulrich von Kostheim“, „Die Schafschur“) steht er zwar auf dem Boden der Sturm- und Drangperiode, kennzeichnet sich aber auch als Vorläufer der Romantik. Außer der oben genannten gab es in Cöln noch als bedeutendste Zeitung die Kaiserliche Reichs-Oberpostamts-Zeitung, die Vorläuferin der heutigen „Kölnischen Zeitung“.
1) Sein Fastenlied „Heb die Augen, das Gemüte, Sünder, zu dem Berge hin“ hat sich bis heute erhalten.
2) Die erste Wochenzeitung erschien in Cöln wahrscheinlich 1620.
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Auch in Trier, Coblenz, Aachen, Düsseldorf und anderen Orten erschienen größere und kleinere Zeitungen. Alle hatten politisch fast gar keine Bedeutung, da sie unter einer strengen Zensur standen.
Alle Strebungen und Schwächen des 18. Jahrhunderts zeigen ihre Wirkungen am Rhein scharf ausgeprägt. Das Jahrhundert der Aufklärung gab auch Männern wie Cornelius, Beethoven und Görres, die auf die Gestaltung des Geisteslebens im 19. Jahrhundert von entscheidendem Einflüsse sein sollten, ihr Dasein.
Der amerikanische Freiheitskrieg und die revolutionären Strömungen in Frankreich wirkten auch in den Rheinlanden. Durch die geringe Bedeutung der Presse verbreiteten die revolutionären Ideen sich jedoch nur langsam. Als die französischen Zeitungen in Deutschland verboten wurden, übernahmen die Franzosen selbst die Ausbreitung ihrer freiheitlichen Lehren. In Trier, Coblenz, Bonn, Cöln, Neuß, Düsseldorf u. a. 0. bildeten sich revolutionäre Klubs, die es in einzelnen Städten auf mehrere hundert Mitglieder brachten. Biergans und Geich in Cöln, Kretzer in Düren, Eulogius Schneider in Bonn — Schneider floh 1791 von Bonn nach Straßburg und endete 1794 in Paris durch das Fallbeil — waren die Haupthetzer, die es verstanden, den hier und dort herrschenden Unfrieden zu schüren. Als gemäßigte Republikaner wirkten Forster, Görres, Lasaulx und Eickmeyer. So wurden allmählich die kommenden Stürme in den Rheinlanden vorbereitet.
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IX.
Die Rheinlande unter französischer Herrschaft.
Die Französische Revolution und die nachfolgenden Kriege blieben, wie zu erwarten war, in den Rheinlanden nicht wirkungslos. Als die Kunde von denUnruhen in Frankreich über die Grenze drang, empörten sich im Fürstentum Malmedy-Stablo die Bauern gegen ihren Landesherrn und verlangten größere Freiheit. Auf die Bitte des Fürst-Abtes sandte der Erzbischof von Cöln sogleich sechs Kompagnien ab, die die Aufrührer rasch beruhigten. Der Hauptstrom der französischen Emigranten, die infolge der Revolution ihre Heimat verließen, ergoß sich in das Erzbistum Trier. Sie wurden anfangs gern gesehen; denn sie bezahlten bar, und die Preise, besonders die Wohnungsmieten, stiegen in Trier und Coblenz bedeutend. Als aber die königlichen Prinzen in Coblenz ein Emigrationsheer von 20000 Mann sammelten undFrankreich an Österreich und Preußen den Krieg erklärte, wies der Trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus die Emigranten aus. Hin und wieder befanden sich jedoch noch bis zum Jahre 1794 zahlreiche Flüchtlinge im Trierer Erzstifte. Der Cölner Erzbischof Max Franz war vorsichtiger als der Trierer Kirchenfürst. Er erließ scharfe Verordnungen gegen die Emigranten und verweigerte ihnen die Erlaubnis, sein Land zum Herde einer Gegenrevolution zu machen, trotzdem auch er, wie der Kurfürst von Trier mit dem französischen Königshause nahe verwandt war.
Die preußische Armee unter dem Herzoge Karl von Braunschweig, die 1792 in Frankreich einfiel, nahm ihren Weg durch das Moseltal. In Coblenz erließ der Herzog an die Bewohner Frankreichs am 25. Juli jenes Manifest, das die Franzosen so sehr erbitterte und ihren Nationalstolz entflammte. Das Emigrantenheer schloß sich der preußischen Armee an. Am 30. September überfiel der französische General Custine Speyer und nahm die Stadt ein. Doch er kehrte
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bald nach Frankreich zurück, um in kurzer Zeit mit einem Heere von 18000 Mann wieder den Rhein zu besuchen. Diesmal nahm er Mainz ein und setzte sich dort fest. Der Trierer Kurfürst floh von Coblenz nach Bonn und von dort nach Münster, In Coblenz fürchtete man einen Überfall durch Custine. Er kam aber nicht dorthin. Wahrscheinlich fürchtete er ein Zusammentreffen mit den preußischen Ersatztruppen, die unter Führung Friedrich Wilhelms II- an den Rhein kamen und am 5. November Coblenz erreichten. Dort hielten die Preußen gute Wacht. Sie sandten Streifabteilungen den ganzen Rhein hinab bis zur holländischen Grenze und verhinderten es, daß die Franzosen schon jetzt den Rhein erreichten. Der Feldzug in die Champagne nahm einen traurigen Ausgang; durch den Widerstand der Franzosen bei Valmy, durch Krankheiten und Mangel an Lebensmitteln wurde der Herzog zum Rückzuge gezwungen.
Die Hinrichtung Ludwig XVI. (21. Januar 1793) veranlaßte den ersten Koalitionskrieg. Jourdans ruhmvoller Sieg bei Fleurus (26. Juni 1794) zwang die Deutschen, das Feld zu räumen. Moreau rückte mit seinenTruppen in das Erzbistum Trier ein, besiegte auf den Pellinger Höhen den kaiserlichen Feldherrn von Blankenstein und hielt seinen Einzug in dieHaupt-stadt des Kurfürstentums. Im Trierer Lande plünderten seine Truppen nach Herzenslust. Der Dom wurde Armeemagazin, Glocken und Bleidächer der Kirchen goß man zu Kanonen und Kugeln um. Kriegskontributionen von fast unerschwinglicher Höhe wurden in Trier und Coblenz mit Gewalt ein-getrieben.
Im Herbste des Jahres 1794 rückten französische Truppen unter Jourdan gegen den Rhein vor. Das kaiserliche Heer unter Clairfait stand anfangs auf der linken Rheinseite im Jülicher Lande. Es erlitt bei Aldenhoven durch Jourdans Truppen mehrere Niederlagen und mußte bei Düsseldorf, Mülheim a, Rh., Bonn und Neuwied über den Rhein zurückgehen. Dann richtete es sich durch Verschanzungen auf der rechten Rheinseite zur Verteidgungsstellung ein. Der Erzbischof von Cöln floh aus seiner Residenz zu Bonn mit seinem Hofstaat und seinen Beamten über Siegburg, Mülheim am Rhein und Düsseldorf nach Recklinghausen. Das linke Rheinufer wurde der Republik angegliedert. Überall wo die Franzosen einrückten, pflanzten sie einen Freiheits-
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baum. Dieser sollte ein Zeichen sein, daß der Frühling der Freiheit seinen Einzug gehalten habe. Doch die Freiheit sollte den Rheinländern recht teuer werden. Am 22. Dezember 1794 wurde den eroberten Ländern eine Kriegssteuer von 25 Millionen Livres auf erlegt. Da es jedoch unmöglich war, diese hohe Summe einzutreiben, wurde sie am 21. März des folgenden Jahres auf 8 Millionen ermäßigt. Seit der Besitznahme durch die Franzosen zeigt sich in allen amtlichen Schriftstücken die republikanische Zeitrechnung1). 1795 kamen die linksrheinischen Länder von Kurtrier unter französische Verwaltung. Preußen schloß 1795 mit Frankreich den Sonderfrieden zuBasel. Gegen das Versprechen der Entschädigung trat es seine linksrheinischen Besitzungen (Cleve, Mörs, Crefeld, Geldern) an Frankreich ab. Gleichzeitig gab es das Versprechen der Neutralität, wenn Frankreich die Demarkationslinie, die 1796 zu Berlin festgesetzt wurde, nicht überschreite2). Seit Clairfait sich auf die östliche Rheinseite zurückgezogen hatte, bildete der Rhein die Verteidigungslinie. Die Preußen hatten ihre Vorpostenkette bis zur Demarkationslinie vorgeschoben. Die französischen Truppen setzten sich in den linksseitigen Rheinlanden fest. Unterhalb Neuß stand die Sambre- und Maas-Armee unter General Jourdan in vier Divisionen. Championette an der Mündung der Erft, Lefebvre, Grenier und Collaud bei Ürdingen befehligten diese. Der linke Flügel der französischen Armee stand Eikelskamp gegenüber auf der linken Rheinseite oberhalb der Ruhrmündung. Etwa 40 000 Mann der Armee Jourdans standen unter Bernadotte
1) Das Jahr I begann am 22. September 1792. Die Monate des Jahres zu je 30 Tagen (drei Dekaden) waren folgende: Vendemiaire (Weinmonat), Brumaire (Nebelmonat), Frimaire (Reifmonat); Nivöse (Schneemonat), Pluviöse (Regenmonat), Ventöse (Windmonat); Germinal (Keimmonat), Floreal (Blütenmonat), Prairial (Wiesenmonat); Messidor (Erntemonat), Thermidor (Hitzemonat), Fructidor (Fruchtmonat). Jeder Monat des französischen Jahres reichte aus einem in den anderen Monat des Jahres nach dem Gregorianischen Kalender. Am Schluß des Jahres wurden fünf bis sechs Schalttage zum Ausgleich eingeschoben.
2) Die Demarkationslinie zog sich von der Yssel rheinaufwärts bis Duisburg, von dort nach Werden, die Grenze der Grafschaft Mark und die Wupper entlang über Homburg, Altenkirchen, Limburg a. d. Lahn nach Frankfurt.
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bei Neuwied. Jourdan verlegte sein Hauptquartier zu Anfang des Jahres 1795 von Crefeld nach Bonn. Das linke Rheinufer war von französischen Truppen besetzt; auf dem rechten standen die Kaiserlichen. Am 30. August machten die Franzosen bei Andernach einen Scheinversuch, den Rhein zu überschreiten. Während sie hier aberdenFeind täuschten, setzte Bernadotte bei Neuwied über den Rhein. Inzwischen wurde der Übergang der französischen Truppen am Niederrhein von Lefebvre bei Eikelskamp vorbereitet und in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1795 auf Gierbrücken, Schiffen und Kähnen ohne Widerstand vollzogen. Die Preußen, deren Vorposten teilweise die Demarkationslinie überschritten hatten, wurden hinter diese zurückgedrängt. Die Kaiserlichen räumten ihr Lager, während wenige Kompagnien gegen 20 000 Franzosen mehrere Stunden lang den Rückzug deckten. An der Angerbrücke bei Spiek wurden die Heere der Republikaner zurückgeschlagen, und die kaiserlichen Truppen zogen in bester Ordnung ab, um sich jenseits der Sieg mit dem Korps des Prinzen von Württemberg zu vereinigen. Die Festung Düsseldorf fiel widerstandslos in die Hände der Franzosen, und ohne Hindernisse überschritten die Reste der vier Divisionen, die jetzt unter Kleber standen, den Rhein. Zwar wies Clairfait die Franzosen jenseits der Sieg blutig zurück. Er verfolgte sie jedoch nur bis zur Agger. Plündernd verteilten sich die Scharen der Republikaner in die Rheingegenden, die sie über fünf Jahre lang mit ihrer Anwesenheit „beehrten“ und gänzlich aussogen. Der junge Advokat Ferdinand Stücker zu Bensberg versuchte im Verein mit dem Vikar Ommerborn die Bildung eines Landsturms, der den kaiserlichen Truppen zu Hilfe kommen sollte. Da das Unternehmen aber mißglückte, trat Stücker als Offizier und Ommerborn als Feldprediger in das kaiserliche Heer ein. Am 2, Juni 1796 schlug die französische Kavallerie die Kaiserlichen bei Altenkirchen. Jourdan drang dann bis zur Lahn vor. Bei Wetzlar wurde er vom Erzherzoge Karl, der nach Clairfait den Oberbefehl über die Reichstruppen führte, geschlagen und zum Rückzuge genötigt. Als aber Moreau den Erzherzog Karl bis nach Ingolstadt zurückdrängte, unternahm Jourdan einen neuen Vorstoß über die Lahn und den Main. Der Erzherzog trieb ihn aber durch den Sieg bei Würzburg über den Rhein zurück.
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Bei einem Gefecht bei Höchstenbach in der Nähe von Altenkirchen wurde der junge General Marceau tödlich verwundet. Er starb in Altenkirchen, wo ihm auch ein Denkmal gesetzt wurde. Jourdan legte bald darauf den Oberbefehl nieder. An seine Stelle trat für kurze Zeit der General Beurnonville. Als es 1797 hieß, Frankreich werde das linke Rheinufer nicht behalten, versuchten republikanisch gesinnte Rheinländer, die linksrheinischen Gebiete in eine selbständige cisrhenanische Republik zu verwandeln. Der größte Teil der Bevölkerung war jedoch für dieses Streben nicht zu gewinnen, und der Plan scheiterte. Den Oberbefehl über die Maas- und Sambre-Armee übernahm Anfang März 1797 der General Hoche. Er hatte anfangs seinen Sitz in Cöln und war zugleich oberster Träger der Zivilgewalt in den französischen Rheinlanden. Aus seinem Hauptquartier in Coblenz forderte er von den eroberten Ländern eine Kontribution von 3 Millionen Livres. Auf Hoche folgte der General Augereau in demselben Jahre. Sein strenges Regiment dauerte nur wenige Wochen. Die französische Regierung war inzwischen zu der Einsicht gekommen, die Verwaltung in die Hände eines Zivil-Kommissars zu legen. Im November 1797 wurde Rudler, ein Elsässer, zum Regierungskommissar aller eroberten Gebiete zwischen Rhein und Maas und Rhein und Mosel ernannt. Als Amtssitz erhielt er Mainz angewiesen. Nachdem auf dem Friedenskongreß zu Rastatt am 9. März 1798 die linksrheinischen Rheinlande der französischen Republik zuerkannt worden, wurden sie in die Departements der Roer (Hauptstadt Aachen), der Saar (Hauptstadt Trier) und des Rheines und der Mosel (Hauptstadt Coblenz) eingeteilt. Jedes Departement zerfiel in Kantone1). Abgesehen von mehrfachen (kleineren) Veränderungen blieb diese Einteilung der linksseitigen Rheinprovinz bis zum Ende der französischen Herrschaft bestehen.
Im September 1798 bot das französische Direktorium alle jungen Leute, die zwanzig Jahre und älter waren, zu den Waffen gegen ihre deutschen Brüder auf. Dieses Aufgebot hatte mehrere Aufstände im Gefolge. Besonders cha-
1) Dep. de la Sarre 34, Dep. de Rhin et Moselle 31, Dep. de la Roer 42 Kantone. In der Kantonal-Einteilung fanden jedoch zahlreiche Veränderungen statt.
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rakteristisch ist der Bauernaufstand in der Westeifel (Ös-ling) an der Luxemburger Grenze. Er wurde vornehmlich durch den seiner Güier beraubten Adel geschürt und nahm einen ziemlich großen Umfang an. Die von den Aufständischen gebildete „Klöppelarmee" aber mußte den französischen Truppen nach mehreren vergeblichen Kämpfen, unter denen die „Schlacht bei Arzfeld“ der bedeutendste ist; unterliegen. Wenn auch der Aufstand der Klöppelmänner keine Erfolge errang, so zeigt er doch die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Fremdherrschaft, und diese Unzufriedenheit weckte allmählich das nationale Empfinden.
An der Spitze der Departements stand bis zum Jahre 1800 eine aus fünf Mitgliedern bestehende Zentral verwaltung. Ein Mitglied derselben wurde von den übrigen zum Präsidenten gewählt; ihm stand ein Generalsekretär zur Seite. Ein Regierungskommissar überwachte die Ausführung der Gesetze. Der Zentralverwaltung unterstanden die einzelnen Kantone mit ihren Gemeinden. Im Jahre 1800 hörten die Kantone auf, Verwaltungsbezirke zu sein. Sie waren von nun ab Friedensgerichtsbezirke. Für die Gemeinden schuf man jetzt größere Verbände, Bezirke oder Arrondissements. Die Departements unterstanden einem Präfekten. Jedes Arrondissement erhielt einen Unterpräfekten und die Gemeinde einen Maire, Generalrat, Distrikts- und Gemeinderat waren dem Präfekten, Unterpräfekten und Maire beigegeben. Die Verwatung war streng zentralistisch geordnet. Sie arbeitete infolgedessen rasch und sicher. Jede Gemeinde mit mehr als 5000 Bewohnern erhielt einen Polizeikommissar, jede mit mehr als 100 000 einen Polizeidirektor. Am 1. März 1799 wurde Rudler von seinem Posten abberufen und der aus dem Elsaß dem Erzherzoge Karl entgegenziehenden Armee unter Jourdan als Kriegskommissar zugeteilt.
Der F riede zuLuneville(9. Februar 1801) sprach die linksrheinischen Rheinlande endgültig den Franzosen zu. Diejenigen deutschen Fürsten (Preußen, Bayern, Nassau, Wied-Runkel und Solms), die durch die Abtretung des linksrheinischen Gebietes geschädigt worden waren, sollten durch säkularisierte geistliche Gebiete und Reichsstädte schadlos gehalten werden. Bereits 1802 erfolgte die Neuregelung , die durch den Reichsdeputations-
hauptschluß am 25. Februar 1803 abgeschlossen wurde. Durch den Reichsdeputationshauptschluß schieden die beiden geistlichen Kurfürsten von Cöln und Trier aus dem Kurfürstenkollegium aus. Für das linksrheinische Cleve, Geldern, Mörs und Crefeld erhielt Preußen in den Rheinlanden die 1802 säkularisierten Abteien Essen, Elten und Werden. Bayern erhifelt Entschädigungen in Süddeutschland, Nassau und Wied-Runkel erhielten u. a. Teile des Erzbistums Cöln. Solms erhielt zwei Abteien, Altenberg und Arensberg, und der Reichs-Erzkanzler (Erzbischof von Mainz), der einzige geistliche Fürst, der als Landesherr anerkannt wurde, erhielt u. a. die Stadt Wetzlar.
Durch Verfügung des Konsuls Napoleon vom 11. Messi-dor XI (30. Juni 1803) wurde in den neuerworbenen linksrheinischen Departements die Verwaltung der französischen Republik durchgeführt.
Im Jahre 1804 besuchte der neue Herrscher seine neu-erworbenen Länder. In Aachen, Cöln, Bonn, Coblenz und Trier bereitete man ihm einen glänzenden Empfang. Als er im September nach Aachen und Cöln kam, spannten sich die Bürger der ehemals freien Reichsstädte vor den Wagen des gefeierten Imperators.
Im folgenden Jahre fiel durch den Vertrag zu Schönbrunn das rechtsrheinische Cleve ebenfalls an Frankreich. Das Herzogtum Berg tauschte Napoleon 1806 gegen Ansbach in Bayern ein und übergab es dann mit dem rechtsrheinischen Teile von Cleve seinem Schwager Joachim Murat. Als 1806 der Rheinbund gestiftet wurde und der deutsche Kaiser seine Krone niederlegte, wurden auch die kleinen Herrschaften an die Rheinbundfürsten ausgeliefert. Das Großherzogtum Berg erhielt damals die ehemals rechtsrheinischen kurcölnischen Gebiete im Bereiche der heutigen Rheinprovinz und die Souveränität über die Herrschaften Limburg-Styrum, Broich, Hardenberg, Gimborn-Neustadt, Wildenberg und die Grafschaft Homburg.
Im Frieden zu Tilsit fielen mit allen linkselbi-schen preußischen Ländern auch Essen, Werden und Elten an Frankreich. Mit ergreifenden Worten nahm Friedrich Wilhelm III. am 24. Juli 1807 von Memel aus Abschied von seinen Rheinlanden.
Am 21. Januar 1808 wurden von dem früheren preußi-
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sehen Besitze auch die Grafschaft Mark mit einem Teile von Lippstadt, das Fürstentum Münster mit Kappenberg, die Grafschaften Tecklenburg und Lingen sowie die Grafschaft und Stadt Dortmund dem Großherzogtum Berg angegliedert. Dafür trat es die Festung Wesel an das linksrheinische Roerdepartement ab. Im Jahre 1808 hatte das Großherzogtum Berg seine größte Ausdehnung erlangt. Es umfaßte 315 Quadratmeilen mit 928 000 Einwohnern und zerfiel in das Rhein-, Sieg-, Ruhr- und Emsdepartement. Nachdem Murat 1808 König von Neapel geworden war, fiel Berg 1809 an Napoleons Neffen Louis Napoleon, den unwürdigen Sohn des Königs von Holland, der diese Länder jedoch nie sah. Napoleon selbst behielt sich die Verwaltung des Gebietes bis zur Großjährigkeit seines Neffen vor, und so wurde Berg mit dem Kaisertum zugleich verwaltet. Der nördlich von der Lippe gelegene Teil von Cleve wurde 1810 vom Großherzogtum Berg abgetrennt und kam zum Lippe-Departement. Dadurch verlor Berg 213 000 Bewohner. Die französischen Rheinlande umfaßten damals folgende Teile: Rhein-, Mosel-, Saar-, Roer- und Lippe-Departement, das Großherzogtum Berg, Teile des Herzogtums Nassau ~) und einen Teil des Erzbistums Mainz 3).
So herrschte in den Rheinlanden-anfangs die Republik, dann der Kaiser Napoleon. Im Jahre 1811 besuchte dieser zum zweiten und letzten Male das Rheinland.
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Sollen Licht und Schatten der französischen Herrschaft gerecht verteilt werden, so ist die Zeit der Republik (1794/99) von der Zeit Napoleons zu scheiden. Die hochgespannten Hoffnungen vieler Rheinländer wurden von der Revolution gänzlich vernichtet. Unter Napoleon aber setzten in den ruhigen Zeiten Entwicklungen ein, die für die Folgezeit reichen Segen versprachen. Diese erklären auch die Verehrung, die man dem Korsen entgegenlsrachte und die noch Jahrzehnte andauerte.
1) Murat verlor 1815 das Königreich Neapel und wurde in Pizzo erschossen.
2) Dierdorf, Altenwied, Neuerburg, Wied-Neuwied, Hohensolms, Solms, Braunfels und Greifenstein.
3) Wetzlar.
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Als die Revolutionsheere im Jahre 1794 an den Rhein kamen und den Bewohnern die ersehnte Freiheit zu bringen vorgaben, wurden sie vielfach mit Jubel empfangen. Diese Freiheit aber sollte dem Volke teuer zu stehen kommen. Schwere Militärlasten wurden vielfach mit Gewalt erpreßt. Cöln, das damals etwa 43 000 Einwohner zählte, bezahlte bis zum Jahre 1798 über 2 Millionen Francs an barem Gel de ohne die Naturallieferungen. Trier und die umliegenden Orte mußten 3, Coblenz und die Orte auf der rechten Rheinseite gar 4 Millionen Livres aufbringen. Für Schanzarbeiten und zur Feuerung wurden stellenweise die Waldungen völlig vernichtet. Vom Herbst 1794 bis Frühjahr 1796 hat die Bevölkerung zwischen Maas und Rhein durch Kriegssteuern, Plünderungen, Erpressungen und Beitreibung des Truppenbedarfs einen Verlust von etwa 23 Millionen erlitten, wie Mitglieder der Zentralverwaltung in Aachen dem Direktorium in Paris vorrechneten. Die Preise der Lebensmittel stiegen bedeutend. In Bonn kostete 1795 ein Malter Korn 32—36 Gulden (etwa 22—24 Rthlr.), das 7pfündige Schwarzbrot 18 Stüber (1 Gulden = 20 Stüber).
Die unverhältnismäßig hohen Preise waren nicht allein in den Kriegskontributionen begründet. Ihr Grund lag vielmehr in der Assignatenwirtschaft, Bereits im Jahre 1789 hatte man inFrankreich zur Steuerung der Geldnot die Kirchengüter eingezogen und sie zur Sicherung des neuen Papiergeldes, der Assignaten, verwendet. Da die Assignaten aber in einer Menge ausgegeben wurden, die dem Werte der eingezogenen Güter gar nicht entsprach, so sanken sie bald im Kurs und wurden später völlig wertlos. Vom Ende des Jahres 1794 bis zum August des folgenden Jahres sank ihr Kurswert in Paris von 22 auf 21/2 Prozent des Nennwertes. Dabei zwangen die Franzosen die Bewohner am Rhein, die „Münze der Freiheit“ zum Nennwert in Zahlung zu nehmen. Abgaben aber nahmen sie nur in gangbaren Metallmünzen. So ist es erklärlich, daß im April 1795 in Aachen ein Pfund Zucker 400, ein Pfund Seife 230 Livres in Assignaten kostete. Die Assignatenwirtschaft hat in Verbindung mit den hohen Kriegsabgaben im Rheinlande unermeßliche Werte vernichtet und die Bewohner auf Jahre hinaus wirtschaftlich ruiniert.
Dazu kam noch, daß bei der Besitznahme der Rhein-
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lande durch die Franzosen die Erwerbsquelle der Industrie, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts schon nicht mehr unbedeutend war, nach und nach völlig versiegte. Nur die Industrie gedieh noch, die unmittelbar von den kriegerischen Begebenheiten Vorteil hatte, wie die Solinger Waffenindustrie. Zufällig gehört hierhin auch die Herstellung des „Cölnischen Wassers“, das die Franzosen als Eau de Cologne in die vornehme Pariser Welt einführten. Durch die Kontinentalsperre Napoleons gegen England, vor allem auch durch die Ausdehnung der Douane (Zollgrenze) bis zum Rhein erhielt die rechtsrheinische Industrie den Todesstoß, und auch die linksrheinische litt sehr. Das Ber-gische Land wurde so gut wie aller seiner Absatzgebiete beraubt. Die Einfuhr bergischer Textilwaren nach Frankreich, also auch auf das linke Rheinufer, wurde verboten, die Zölle auf Eisen- und Stahlwaren stiegen unerträglich. Seit 1808 stieg das Elend der bergischen Industriearbeiter ungeheuer. Die allgemeine Gärung, die in der Folgezeit entstand und 1813 zur Erhebung führte, war im Bergischen die furchtbare Antwort auf die systematische Aussaugungspolitik Napoleons.
Auch auf die linke Rheinseite wirkte der Anschluß an Frankreich in wirtschaftlicher Beziehung vielfach ungünstig. Den Handelsherren wurde es schwer, günstige neue geschäftliche Beziehungen zu Frankreich anzuknüpfen. Bedeutende Zölle aber erschwerten den Verkehr mit Deutschland und anderen Ländern, mit denen die linksrheinischen Handelshäuser bisher in lebhaftem Verkehr gestanden hatten. Die Bedrängnis der Crefelder Seidenfabriken wurde sogar so bedeutend, daß Preußen darauf aufmerksam wurde und versuchte, die Inhaber der von der Leyenschen Fabrik zu bewegen, nach Westfalen überzusiedeln. Sie zauderten noch; währenddessen änderte sich die politische Lage, und so wurde aus den Unterhandlungen nichts. Wenn aber auch die linksrheinische Industrie große Schwierigkeiten zu überwinden hatte, gegenüber der rechtsrheinischen stand sie immer noch recht günstig.
Die Zünfte und Innungen wurden durch die französische Herrschaft im Rheinlande völlig weggefegt. Gewerbefreiheit, freie Konkurrenz und Freizügigkeit traten an ihre Stelle. Daß aber auch diese Neuerungen ein zweischneidiges
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Schwert waren, beweist die gewerbliche und soziale Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts, Bei den fortwährenden Kriegsunruhen und dem wirtschaftlichen Tiefstände kann es nicht auffallend erscheinen, daß eine allgemeine Unsicher-heit um sich griff und daß zahlreiche Räuberbanden ihr Unwesen trieben. Eine dieser Banden machte unter Fetzer die Ruhrgegend und das Niederrheingebiet unsicher, eine andere hielt sich im Westerwalde, eine dritte im Kon-delwalde, um Bad Bertrich und an der Mosel auf. Die bekannteste aber hauste unter Johann Bückler, dem volkstümlichen Schinderhannes, auf dem Hunsrück und an der Nahe. Vom Jahre 1795 bis 1802 und 1803 verbreiteten diese Banden Furcht und Schrecken in ihren Gebieten.
Wie in Frankreich, so setzten die Revolutionäre sich auch am Rhein mit der Religion der Bewohner auseinander. Die Göttin der Vernunft versuchte auch hier an einzelnen Orten (z. B. in Trier) den christlichen Gottesdienst zu verdrängen. Die Dekadenfeiern, die Feste des Ackerbaues, der Freiheit, der Jugend, der Eheleute und der Greise aber fanden beim Volke wenig Anklang. Im Jahre 1798 wurde es den Klöstern verboten, Novizen aufzunehmen. 1802 wurden die Klöster endgültig aufgehoben und ihre Güter meist zu Schleuderpreisen verkauft. Die Beseitigung der öffentlichen Kreuze gab den Bewohnern von Kempen Veranlassung, ,,gar Aufruhr zu erwecken“. Am 1. Mai 1798 führte Rudler die Zivilehe im Rheinlande ein. Napoleon stellte die christliche Religion wieder her. Das mit dem Papste 1801 abgeschlossene Konkordat, nach dem die Geistlichen aus der Staatskasse bezahlt wurden, kam auch im Rheinlande zur Anwendung. Bei der Neueinteilung der Bistümer wurden Cöln und Trier ihrer erzbischöfichen Würde entkleidet. Cöln blieb nicht einmal mehr Bischofssitz. Die Departements der Roer, des Rheines und der Mosel bildeten das Bistum Aachen. Nachdem der letzte Kurfürst von Cöln, Max Franz, im Jahre 1801 in Hetzendorf bei Wien gestorben war, wurde im Jahre 1802 Berdolet zum Bischof von Aachen ernannt. Der neu gewählte Cölner Erzbischof Viktor Anton erhielt keine Gewalt über das linke Rheinufer. Das Bistum Trier umfaßte das Saardepartement. Aachen und Trier waren mit Mainz Suffragane von Mecheln. Die neue Kirchenorganisation wies auf Frankreich als Zentrum hin.
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Die heimische Sprache ließen die Franzosen anfangs den Rheinländern. Öffentliche Ankündigungen und Verfügungen der Verwaltungsbeamten erschienen meist in deutscher Sprache. Die amtliche Gerichtssprache aber war französisch.
Mit besonderer Freude hatte man den Einzug der Republik von mancher Seite begrüßt, weil sie die Preßfreiheit brachte. Die in Cöln erscheinende ,,Reichs-Ober-Amts-Zeitung“ (die heutige Kölnische Zeitung), die ehedem einer strengen Zensur unterworfen war, erhielt bald eine Anzahl größerer und kleinerer Schwestern, die es sich zur Hauptaufgabe machten, die politische Verbrüderung des Franzosen- und Deutschtums zu vollenden. In der Napoleo-nischen Zeit erwachte aber die Zensur mit neuer Schärfe. Nachrichten aus Deutschland durften in den rheinischen Zeitungen nur veröffentlicht werden, wenn sie aus den Rheinbundstaaten stammten. Der Redakteur des „Mül-heimer Anzeigers* mußte zwei Monate ins Gefängnis wandern, weil er russische Kriegsgerüchte verbreitete. Kein Wunder, daß bei dieser „Preßknebelung“ die Zeitungen immer langweiliger wurden und ihre Leserzahl zusammenschmolz.
Durch die französische Herrschaft sollte das Bildungswesen umgestaltet werden. Der Schulverbesserungsplan von 1798, der 1806 auch auf das Großherzogtum Berg ausgedehnt wurde, bestimmte, daß die Knaben von 7—14, die Mädchen von 7—12 Jahren zum Besuch der Primärschulen verpflichtet seien. Die Primärschulen für Knaben zerfielen in zwei Klassen. In der Unterklasse sollte im Lesen und Schreiben, in den Anfangsgründen der französischen und deutschen Sprache, der Dezimalrechnung und der bürgerlichen und republikanischen Moral unterrichtet werden. In der Oberklasse sollten die Regeln der französischen und die Anfangsgründe der lateinischen Sprache, Geographie, Völker- und Naturgeschichte gelehrt werden. Die Primärschulen für Mädchen zerfielen auch in zwei Klassen. Die Unterrichtsziele waren entsprechend der Dauer der Schulpflicht gekürzt. Es war den Lehrern und Lehrerinnen bei Strafe der Entsetzung verboten, ihren Zöglingen Glaubenssätze irgend eines Kultus beizubringen. Die Aufsicht über die Schulen unterstand der Munizipalverwaltung. Das
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Gehalt der Lehrer, das z. B. in Trier 400 Frs.f in Bonn 100 Rthlr. betrug, wurde aus der Munizipalkasse bezahlt. Im Jahre 1812 wurde das Mindestgehalt der Lehrer auf 250 Frs. festgesetzt. In vielen Gemeinden wurde es aber nicht erreicht. Die Eltern der schulpflichtigen Kinder mußten nach ihrem Vermögen zum Unterhalt der Lehrer beitragen. Durch Napoleon wurde der Religionsunterricht wieder eingeführt und nach dem Napoleonischen Katechismus erteilt.
Die Lehrerbildung geschah in der Regel so, daß ältere Lehrer die jüngeren handwerksmäßig ausbildeten. Für das Großherzogtum Berg sollte zu dem bereits früher bestehenden evangelischen Seminar in Wesel ein neues Seminar in Duisburg errichtet werden, es ist aber nie eröffnet worden. Die einzige Weiterbildung der Lehrer geschah in pädagogischen Kursen, ähnlich den Overbergischen in Münster.
In den Städten und größeren Ortschaften traten neben die Primär- Sekundärschulen (Gymnasien). Waren diese mit Internaten verbunden, so hießen sie Lyceen. An Stelle der seit 1655 bestehenden Duisburger Universität sollte eine neue in Düsseldorf treten. Sie blieb aber auf dem Papier stehen. Die Universität Trier, die zuletzt nur noch 46 Studierende zählte, wurde bereits 1798 aufgehoben. Auch die seit 1786 bestehende kurfürstliche Universität in Bonn sowie die alte Cölner Universität hörten auf zu bestehen. Die an ihre Stelle tretenden Zentralschulen kamen nie zu einer Bedeutung.
Es läßt sich nicht verkennen, daß die französischen Schulpläne in vielfacher Beziehung bedeutende Fortschritte gegenüber der früheren Zeit aufwiesen. Der neuen Regierung aber war es nicht beschieden, ihre Bestrebungen mit dem gewünschten Erfolge gekrönt zu sehen. Die Unordnung in dem bunten Gemisch der Territorien war zu groß, die Zeit der neuen Herrschaft zu kurz und andere Aufgaben militärischer und politischer Art zu dringend. So liegt das Verdienst der französischen Verwaltung hier weniger in ihren Erfolgen als in ihren Absichten. Eine wirkliche Förderung des Schulwesens hat die französische Herrschaft nicht gebracht. Wie armselig es damals mit der Volksbildung bestellt war, bezeugt der Umstand, daß in Cöln mindestens drei Fünftel der Bevölkerung des Lesens und Schreibens
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unkundig waren. Von dem am Ende des 18- Jahrhunderts verhältnismäßig blühenden Schulwesen waren nach der französischen Zeit nur noch klägliche Reste vorhanden. Im Jahre 1815 entsprachen nur zwei Gymnasien, in Cöln und Düsseldorf, den Anforderungen der preußischen Regierung.
Während so die Schattenseiten der französischen Herrschaft vorwiegend auf wirtschaftlichem und geistigem Gebiete lagen, machen sich die Lichtseiten in den politischen und rechtlichen Verhältnissen bemerkbar. Mit der Einverleibung der Rheinlande in den französischen Staat hörte die Zersplitterung in zahlreiche kleine Herrschaften auf. Der Rheinländer fühlte sich zum ersten Male als Mitglied eines großen Staates mit reichem politischen Leben. Dadurch entwickelte sich im Gegensatz zum früheren naturgemäßen Partikularismus ein bisher unbekanntes Gemeinbewußtsein, das vor allem durch die Zentralisation der Verwaltung befestigt wurde.
Schon sofort nach der Besitznahme der Rheinlande durch die Franzosen wurde das französische Recht hier eingeführt. In jedem Kanton war ein Friedensgericht, in jedem Departement ein Landgericht oder Tribunal für Straf-und Zivilsachen. Durch Teilnahme des Volkes als Beisitzer bei den Gerichtsverhandlungen und an der Verwaltung (im Gemeinde- und Departementsrat) wurde das Interesse am Staate geweckt. Im Jahre 1810 wurde der Code Napoleon als allgemeines Gesetzbuch auch im Rheinlande eingeführt. Das Napoleonische Recht war dem Rheinländer gewissermaßen aus der Seele geschrieben. Es bildet jedenfalls den Hauptteil der französischen Errungenschaften und wurde in vielen Teilen erst im Jahre 1900 durch das Bürgerliche Gesetzbuch abgelöst. Das französische Recht begründete die Gleichheit aller Bürger vor dem Staate und seinen Gesetzen. Das ist der napoleonische Gleichheitsgedanke gegenüber dem alten Klassenstaate. Dazu kommt die Gleichheit der Abgaben und aller ändern Bürgerpflichten sowie die von Napoleon gebrachte völlige Gleichberechtigung der Konfessionen. Diese Errungenschaft der Gleichheit ist nicht etwa eine Folge der Einwirkung des republikanischen Frankreichs, sie ist das Ergebnis der Herrschaft Napoleons. Sie erklärt auch die große Verehrung, die die Rheinländer dem Korsen entgegenbrachten.
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. 1 1
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Mit dem Maßstabe moderner nationaler Ideen darf man diesen Na poleonkult nicht messen. Von einem Nationalbewußtsein konnte zu damaliger Zeit nicht die Rede sein. Das Weltbürgertum des Klassizismus herrschte. Die Romantik sollte erst das Nationalbewußtsein wecken. Das aber war damals noch nicht geschehen. Daher ist es auch unrecht, den breiten Massen des rheinischen Volkes einen Vorwurf daraus zu machen, daß sie der Napoleonszauber gefangen hielt. Sie verdankten eben dem Korsen viel: er beendete die Schreckenszeit der Republik, ohne die alten Zustände der Kleinstaaterei wieder zurückzuführen, er sicherte dem Volke die Gleichheit, er brachte die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, ihm dankte es ein gemeinsames Recht und Teilnahme an Rechtsprechung und Verwaltung.
Neben der Franzosenfreundlichkeit und der Napoleonsverehrung, die weite Kreise der rheinischen Bevölkerung beherrschte, darf auch die Kehrseite nicht unbeachtet bleiben. Von Anfang der französischen Herrschaft ab gab es in den breitesten Massen des Volkes eine mächtige Gegenströmung gegen die Franzosen, die ihre Hauptursache in der Anhänglichkeit an den alten Herrschaften, an der geschichtlichen deutschen Vergangenheit hatte. Aus allen Teilen des Rheinlandes, aus dem Trierischen, dem Cöl-nischen, aus Jülich-Berg und aus den früheren preußischen Teilen haben wir zahlreiche Beweise dafür.
Wenn auch im allgemeinen das rheinische Wirtschaftsleben unter der französischen Herrschaft stark zurückging, so schließt das nicht aus, daß die französische Zeit in mancher Beziehung auf das Wirtschaftsleben befruchtend einwirkte. Am 12. Dezember 1808 wurde die Leibeigenschaft im Rheinlande aufgehoben, und der 11. Januar 1809 brachte die Beseitigung des Lehnswesens. Auch die sogenannten Stockgüter, die Bauernmajorate, wurden aufgehoben. Die französischen Gesetze geboten die gleiche Teilung des elterlichen Erbes unter die Kinder, In den ruhigeren Zeiten widmete die Regierung der Hebung des Ackerbaues und der Viehzucht, des Obst- und Weinbaues, sowie der Forstwirtschaft besondere Sorgfalt,
Der Förderung des V erkehrs dienten zahlreiche von Napoleon neu angelegte oder verbesserte Straßen, wenn diese auch an erster Stelle Militärstraßen waren. Als einige
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der wichtigsten Napoleonsstraßen seien hier die Straßen Aachen—Prüm—Trier, Aachen—Crefeld—Ürdingen, Venlo-Wesel.Cöln—Siegburg—Altenkirchen—Frankfurt und Cöln-Coblenz—Bingen genannt. Ein genialer Gedanke Napoleons war die Kanalverbindung der nördlichen Provinzen seines Reiches mit den rechtsrheinischen Ländern. Die Ausführung des Planes blieb freilich in den Anfängen stecken, da Napoleon gestürzt wurde. Den Handelsverkehr zu Wasser erleichterte die Aufhebung der Wasserzölle bedeutend. An die Stelle der Rheinzölle trat seit 1803 die Oktroigebühr. Wenn sie auch nicht wesentlich niedriger war als die früheren Zölle, so brauchte sie doch nur einmal entrichtet zu werden, und der Verkehr wickelte sich so schneller ab. Das Postwesen, das durch die Revolutionskriege fast völlig vernichtet worden war, wurde von Napoleon wieder neu eingerichtet und der Generalinspektion in Aachen unterstellt.
Licht und Schatten verteilen sich während der französischen Herrschaft recht ungleichmäßig. Zur Zeit der Republik zeigt sich nur Schatten, und wenn es auch zur Zeit Napoleons an Lichtblicken nicht fehlt, wenn auch manche Gaben des Korsen dauernde Errungenschaften waren, so hörten doch die ungünstigen Wirkungen keineswegs auf: die Industrie lag danieder, die Kriegskontributionen dauerten fort, und die Aushebungen drückten das Volk schwer. Die glücklichsten und hoffnungsfreudigsten Jahre waren 1810 und 1811. Diese sind es auch, die die große Zahl der Napoleonsverehrer erzeugten. Vor allen war es der Präfekt Lezay-Marnesia (1806/10), der die Rheinländer besonders durch seine Sorge für die Bodenkultur für Frankreich zu gewinnen verstand. Aber schon gegen Ende des Jahres 1811 zeigte sich in den Rheinlanden und in allen Ländern zwischen Rhein und Elbe große Unzufriedenheit, die Hieronymus Bonaparte auch nach Paris berichtete und deren Ursache er richtig in der wirtschaftlichen Not des Volkes sah. Als daher Napoleon im Jahre 1812 in Rußland vom Strafgerichte Gottes ereilt wurde, schlug auch für das Rheinland die Stunde der Befreiung.
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Im Angesichte der Flammen von Moskau erhob sich der kühne Gedanke, das alte Europa wiederherzustellen. Wie sehr die französischen Behörden auch alle Nachrichten über
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den Untergang der großen Armee auf den Eisfeldern Rußlands unterdrückten, das Unglück Napoleons blieb den Rheinländern nicht unbekannt.
Als Napoleon im Januar 1813 eine neue Truppenaushebung anordnete, widersetzten sich in manchen Orten die jungen Leute der Aushebung; zuerst in Wermelskirchen und Lennep, dann auch in Duisburg und Pallien bei Trier. In Bensberg, Lindlar, Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl und ändern Orten des Bergischen Landes scharten sich zahlreiche junge Leute zusammen und suchten als „Klöppelrussen die Befreiung vom Drucke der Franzosen zu erkämpfen. Die französischen Truppen aber bezwangen die Aufständischen; manche von ihnen wurden in Remscheid und Solingen, in Siegen und Trier standrechtlich erschossen. Wenn auch diese Aufstände in erster Linie eine Folge der wirtschaftlichen Notlage, der strengen Truppenaushebungen und der hohen Kriegssteuern waren, so zeugten sie doch auch von dem deutschen Empfinden der Beteiligten, und wenn wir die Helden von 1813 feiern, gebührt auch jenen tapfern rheinischen Rekruten eine Dankesträne.
Die Schlacht bei Leipzig brach die französische Herrschaft in Deutschland, auch am Rhein. In der Konvention von Leipzig (21. Oktober 1813) einigten sich die Verbündeten über das Schicksal der deutschen Länder, die damals keinen Herrscher hatten. Zur vorläufigen Verwaltung dieser Gebiete, zu denen auch der größere Teil der Rheinlande gehörte, wurde ein Zentral-Verwaltungs-Departement unter dem Direktor Stein, dem früheren preußischen Ministerpräsidenten, eingerichtet. Die früher preußischen Landesteile (Cleve, Geldern, Mörs, Crefeld, Elten, Essen, Werden) wurden wieder von Preußen verwaltet und dem Gouvernement „zwischen der Weser und dem Rhein“ mit dem Sitz in Münster“ zugeteilt. Die altbergischen Bestandteile des Großherzogtums Berg und die kleineren angrenzenden Herrschaften verwaltete seit dem 25. November 1813 der Generalgouverneur Justus Grüner (geb. 1777 in Osnabrück, gest. 1820 in Wiesbaden), der seinen Sitz in Düsseldorf nahm. Seine Aufgabe war es, die Volkskräfte des Bergischen Landes für die völlige Befreiung Deutschlands zu entfachen und die Einverleibung des Gebietes in den preußischen Staat vorzubereiten. Bereits am 29. November forderte Grüner die deutschen Jünglinge und Männer des Bergischen Landes
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zum Kampfe für Deutschlands Freiheit auf. Sein Aufruf war nicht wirkungslos: das kleine, ausgesogene Gebiet stellte in kurzer Zeit 1000 Freiwillige und 8000 Mann Linientruppen, trotzdem die Blüte seiner Jugend und Männer in den Kriegszügen Napoleons in Spanien und Rußland ihr Leben hatte lassen müssen. In den Kirchen des Bergischen Landes wurden Gabentische aufgestellt, und die Geistlichen forderten nicht vergebens auf, für das Heer beizusteuern. Es zeigte sich hier ein Opfermut, der sich dem der altpreußischen Provinzen würdig an die Seite stellt, und bereits am 15. Dezember 1813 schrieb Grüner, „daß wohl von keiner deutschen Provinz mehr Beweise von Vaterlandsliebe und wahrem deutschem Sinn gegeben worden seien, als von den biedern, braven Bewohnern des Bergischen Landes“. Am 25. Dezember erließ Grüner einen Aufruf zur Bildung des bergischen Landsturmes. Gegen Ende des Jahres standen von Neuwied bis Duisburg 12 000 Landsturmleute in wohlgeordneten Grenzwachen am Rhein, und wenn auch zu Anfang Januar 1814 die Versuche mißlangen, das linke Rheinufer zu erreichen, so hielt doch der bergische Landsturm treu die Wacht auf der rechten Rheinseite.
Als Blücher in der Neujahrsnacht 1814 den Rhein bei Caub überschritten hatte, war das linke Rheinufer bald von den Franzosen gesäubert. Die Erhebung der Rheinlande, die im Bergischen Lande begonnen hatte, ergriff bald das ganze rheinische Volk. Daß dies so rasch geschah, war nicht zum mindesten das Verdienst des „Rheinischen Merkur“, den Josef Görres seit dem 23. Januar 1814 in Coblenz herausgab. Der gewaltige Feuerkopf verstand es, mit seiner Donnerstimme die Meinung des rheinischen Volkes zu bestimmen. Grimmer Haß gegen den Usurpator Napoleon und glühendeLiebe zu seinem deutschenVolke führten seine Feder.
Bald waren die Rheinlande frei. Nach einer kurzen getrennten Verwaltung wurden die Länder nördlich von der Mosel dem General-Gouvernement vom Mittel- und Niederrhein mit dem Sitz in Aachen zugeteilt. Generalgouverneur wurde der preußische Staatsrat Sack (geb. 1764 in Cleve, gest. 1831), der seit dem 1. Juli 1815 den Titel Oberpräsident führte und diese Stellung bis zum 23. März 1816 innehatte. Die südlich von der Mosel gelegenen Gebiete fielen dem österreichischen und bayrischen Gouvernement mit dem Sitze der Verwaltung in Kreuznach zu.
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X.
Die Rheinprovinz unter preußischer Herrschaft.
Die einheitliche Entwicklung der Rheinlande im 19. Jahrhundert.
Der Wiener Kongreß vereinigte am 10. Februar 1815 die Rheinlande mit dem preußischen Staate. Nicht ohne Widerstreben nahm Preußen von der Rheinprovinz Besitz. Friedrich der Große hatte sich mit dem Gedanken getragen, sich seiner rheinisch-westfälischen Besitzungen zu entledigen. Für die Schaffung einer geographisch abgerundeten preußischen Großmacht, die er sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, waren sie ihrer getrennten Lage wegen nur hinderlich. Ebenso paßten sie wenig zur staatlichen und gesellschaftlichen Fügung der ostelbischen Gebiete: am Rhein war die Scheidung der Stände in abhängige Bauern, Großgrundbesitzer und Bürger der Stadt weniger scharf als im Osten. Die Bauern waren hier größtenteils bereits im 18. Jahrhundert frei, und da die Gewerbe schon vielfach aus der Stadt aufs Land gewandert waren, so war hier auch der Gegensatz zwischen Stadt und Land ziemlich ausgeglichen.
Am 5. April erließ Friedrich Wilhelm III. von Wien aus den „Aufruf an die Einwohner der mit der preußischen Monarchie vereinigten Rheinlande“, und am 15. Mai ließ er sich in Aachen huldigen.
Die Länder und Ländchen, die 1815 mit Preußen vereinigt wurden, waren a): das Herzogtum Cleve, die Grafschaft Mörs, die Grafschaft Obergeldern, die Herrschaft Crefeld, die Abteien Essen, Werden und Elten, das Herzogtum Jülich-Berg, Wildenburg, Gimborn-Neustadt, Kurcöln, Kurtrier, die freien Städte Cöln, Aachen und Wetzlar, das Fürstentum Aremberg, die Grafschaften Schleiden, Reiffer-scheid, Manderscheid, Nassau-Saarbrücken, Solms-Brauns-
1) Es sind hier nur die Hauptgebiete genannt.
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fels, Hohensolms, die Grafschaft Katzenellenbogen, die Abteien Cornelimünster und Malmedy, Teile des Herzogtums Lothringen, Luxemburgs und Limburgs und Teile der pfälzischen, rheingräflichen und mainzischen Länder mit einer Einwohnerzahl von rund 2 Millionen1).
Innerhalb des Gebietes der heutigen Rheinlande gehörten Birkenfeld zu Oldenburg, St. Wendel, Baumholder und Grumbach als Fürstentum Lichtenberg zu Sachsen-Koburg und Meisenheim zu Hessen-Homburg.
Die Grenzregulierung gegen Luxemburg und die Niederlande, bei der Moresnet bis auf den heutigen Tag neutral blieb, war am 1. Januar 1818 abgeschlossen. Die Festlegung der Grenze gegen Frankreich zog sich hin bis zum Jahre 1833.
Aus den rheinischen Besitzungen wurden anfangs zwei Provinzen gebildet: Die Provinz Niederrhein mit den Regierungsbezirken Coblenz, Trier und Aachen, und die Provinz Jülich-Cleve-Berg, die aus den Regierungsbezirken Cöln, Düsseldorf und Cleve bestand. Coblenz und Cöln wurden die Sitze der beiden Oberpräsidenten. Oberpräsident der Provinz Niederrhein in Coblenz wurde von Ingersleben, der Cölner Oberpräsident war der Graf zu Solms-Laubach. — Der erste Oberpräsident der Rheinprovinz war jedoch Sack. (s. o.) —
Nachdem die Bezirke Düsseldorf und Cleve 1821 zu einem Regierungsbezirke vereinigt worden waren, wurden die beiden Provinzen Niederrhein und Jülich-Cleve-Berg 1824 zu der heutigen Rheinprovinz mit der Hauptstadt Coblenz verschmolzen. Im Jahre 1834 wurde das koburgische Gebiet als Kreis St. Wendel und 1866 das homburgische Oberamt Meisenheim als Kreis Meisenheim den preußischen Rheinlanden einverleibt.
Das Rheinland war jetzt preußisch. Jahre lang hatte es unter der Herrschaft der Franzosen gestanden. Mancher-lei Beziehungen waren in der Zeit der Fremdherrschaft ge-
1) Nach Schulteis betrug dieselbe 1817:
In der Provinz Jülich-Cleve-Berg: In der Provinz Niederrhein:
1. Reg.-Bez. Cleve . . 216 731 1. Reg.-Bez. Aachen 310 619
2- .. Düsseldorf . 379 902 2. „ Coblenz 359 204
3- « Cöln . . . 338 416 3. ,, Trier . 302 901
935 049 972 724
Gesamtsumme : 1 907 773.
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knüpft worden, erfreuliche und nachteilige. Die Sympathien für Frankreich waren zwar durchaus nicht so allgemein, wie vielfach angenommen worden ist, besonders die letzten Jahre hatten durch den fast andauernden Kriegszustand die Unzufriedenheit mit dem Regiment Napoleons und die Sehnsucht nach Frieden geweckt; aber viel jährige Beziehungen hatten doch Verhältnisse geschaffen und Gewohnheiten herausgebildet, deren Abbruch oder Umgestaltung Schwierigkeiten bot. Diejenigen, die im Jahre 1815 im kräftigsten Mannesalter standen, waren in der Franzosenzeit groß geworden, sie waren in die napoleonischen Zustände -mit ihren ruhmreichen Erfolgen hineingewachsen. Der große Umschwung war dann zu rasch gekommen, man konnte sich in ihn noch nicht hineinfühlen. Das erklärt die gemischten Gefühle der Rheinländer beim Übergange an Preußen. Die neue Herrschaft trug für den Rheinländer etwas Fremdartiges an sich. Unbekannt war sie ihm zwar nicht. Am Niederrhein hatte ein schönes Stück Land (Cleve, Geldern, Mörs und Crefeld) bereits seit zwei Jahrhunderten unter brandenburgisch-preußischer Herrschaft gestanden, Aber diese Herrschaft war als streng und nüchtern bekannt. Dazu machten sich auch konfessionelle Verhältnisse geltend: Die Rheinlande waren zum größten Teile katholisch, während Preußen überwiegend dem evangelischen Bekenntnis angehörte. Die Einrichtung der katholisch-theologischen Fakultät an der neugegründeten Bonner Universität (1818) sowie die Neuordnung der katholisch-kirchlichen Verhältnisse (1821) übten eine günstige Wirkung auf die katholischen Rheinländer aus. Der Gegensatz zwischen dem katholischen Rheinlande und dem evangelischen Preußen ist als Hindernis der politischen Verschmelzung der neuen mit den alten Staatsteilen vielfach überschätzt worden. Man war sich zwar des Gegensatzes bewußt. Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts und die Toleranz der französischen Zeit hatten aber den konfessionellen Gegensätzen ihren schroffen Charakter genommen. Durch strenge Ordnung, Fleiß und Redlichkeit flößte die preußische Verwaltung schon bald allgemeine Achtung ein, wenn auch von einem innigen Verhältnis noch nicht die Rede sein konnte.
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Die Französische Revolution hätte die Frage der Teilnahme des Volkes am politischen Leben aufgerollt. Die Stein-Hardenbergischen Reformen waren auch von der Absicht getragen, den Staat auf einen neuen Pfeiler, auf die Teilnahme der Nation, zu stützen, und in den Freiheitskriegen hatte das deutsche Volk seine politische Mündigkeit bewiesen. Während der Verhandlungen des Wiener Kongresses bemühte sich Preußen um die Verleihung der Verfassung an die Völker der verschiedenen deutschen Staaten, und es war wesentlich sein Verdienst, wenn die Bundesakte von 1815 ausdrücklich bestimmte, daß die einzelnen Staaten Verfassungen erhalten sollten. So galt Preußen damals nicht nur als der Staat, der die nationale Wiedergeburt Deutschlands in den Freiheitskriegen begründet hatte, sondern man betrachtete es auch als den Schöpfer der Idee des Verfassungsstaates. Dessen war man sich auch am Rhein bewußt, und dieses Bewußtsein förderte in den politisch regsamen Kreisen den Anschluß des Rheinlandes an Preußen.
Bei der Besitznahme versprach der König den Rheinländern, daß sie fortan in dreifacher Weise an der Repräsentation des Volkes teilnehmen sollten: sie sollten Provinzialstände erhalten, sie sollten an der für den ganzen Staat zu schaffenden Volksvertretung teilnehmen, und die Steuern sollten fortan unter Zuziehung des Volkes festgesetzt werden. Die Erfüllung dieser Beschlüsse aber verzögerte die preußische Regierung anfangs, als aber nach der Gründung der Heiligen Allianz (1818) und den Karlsbader Beschlüssen (1819) die Reaktion sieghaft vordrang, verweigerte sie dieselbe. Während die süddeutschen Staaten in den Jahren nach 1815 eine Verfassung erhielten, blieb in Preußen der absolutistische Staat bestehen. Die Verordnung über das Staatsschuldenwesen (17. 1. 1820) und die Einrichtung der Provinziallandtage mit beratender, aber nicht beschließender Stimme (5. 6. 1823) befriedigten die Wünsche des Volkes nicht. Die Verfolgung der Demagogen — auch E. M. Arndt in Bonn wurde seiner Professur entsetzt, und Josef v. Gör-res floh — entfremdete das Volk seinem Könige immer mehr. Die Julirevolution 1830 in Paris gab dem Streben nach politischer Freiheit einen neuen Schwung, und die politische Poesie nährte die Hoffnung auf den kommenden
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Völkerfrühling. Nach der Julirevolution kam es zu einigen Arbeitertumulten in Aachen, Elberfeld u. a. 0. des Bergi-schen Landes. Die Ursache dazu war neben der allgemeinen Abneigung des arbeitenden Volkes über die Mahl- und Schlachtsteuer vornehmlich die Unzufriedenheit der Fabrikarbeiter über die Einführung der Maschinenarbeit, über Arbeiterentlassungen und Lohnabzüge, Es waren also mehr wirtschaftliche als politische Gründe, die diese Unruhen herbeiführten. Im übrigen blieb die Julirevolution am Rhein wirkungslos. Der Cölner Kirchenstreit von 1837 trug auch zur Erregung der Gemüter nicht unwesentlich bei, und die stete Furcht, das liebgewonnene französische Recht verlieren zu müssen, gab dem Freiheitsstreben am Rhein neue Nahrung, Wenn auch die liberalen kaufmännischen Kreise, die in Preußen den Begründer des Zollvereins verehrten, einen engen Anschluß an das große Staatsganze erstrebten, so befanden auch sie sich doch vorläufig noch in der Oppositionsstellung zur preußischen Regierung, Sie wünschten ein Aufgehen der Rheinprovinz in den preußischen Staat, aber unter Beteiligung des Bürgertums an der Gesetzgebung.
Der im Jahre 1840 drohende Krieg mit Frankreich löste am Rhein eine lebhaft aufflammende patriotische Begeisterung aus, und Nikolaus Beckers feuriges Rheinlied ,,Sie sollen ihn nicht haben den freien deutschen Rhein“ war dem Rheinländer aus der Seele geschrieben. Diese patriotische Begeisterung war zum großen Teile auf die Hoffnung gegründet, die der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. erweckte. Der neue König besaß für das Rheinland viel Zuneigung. Von ihm erwartete man eine rasche Lösung der Verfassungsfrage, und die Amnestie Arndts, seine begeisternden Worte bei der Grundlegung zum Weiterbau des Cölner Domes sowie die Milderung der Preßzensur bestärkten die Rheinländer in dieser Erwartung. Je mehr aber die Lösung der Verfassungsfrage ins Stocken geriet, desto mehr wuchs auch am Rhein die Unzufriedenheit des Volkes über getäuschte Hoffnungen. Diese Unzufriedenheit wurde noch in den Arbeiterkreisen durch die sich steigernde soziale Frage genährt, aus der man in den vierziger Jahren noch keinen Ausweg wußte, und unbesonnene Hetzer verstanden es, den Unwillen des Volkes immer mehr zu schüren. Als nun im Februar 1848 in Paris eine neue Revolution
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ausbrach, die die Märzrevolution in Berlin auslöste, entstanden auch am Rhein Unruhen.
Da berief Friedrich Wilhelm IV, die Vertreter des preußischen Volkes zur Nationalversammlung nach Berlin, um dort die Verfassung zu beraten. In dieser Versammlung wirkten rheinische Abgeordnete mit denen der ändern Provinzen, Diese Zusammenarbeit erhöhte nicht unbedeutend das Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen den Rheinlanden und dem übrigen Preußen, Da die Versammlung aber zu keinem Ergebnis führte, weil die einzelnen Parteien sich sehr heftig bekämpften, so löste sie der König auf und gab dem Volke die Verfassung, die 1850 verkündigt wurde. Gleichzeitig mit der preußischen tagte in Frankfurt am Main die deutsche Nationalversammlung, Sie wollte ein einiges Deutschland mit einem Kaiser an der Spitze begründen, Aus der Rheinprovinz nahmen an dieser Versammlung unter anderen die Bonner Professoren Arndt und Kinkel teil; auch der Dichter Wolfgang Müller von Königswinter, August und Peter Reichensperger und Mevissen aus Cöln waren hervorragende Mitglieder dieses ersten deutschen Parlaments,
Die Frankfurter Nationalversammlung wählte Friedrich Wilhelm IV. zum Deutschen Kaiser. Der König lehnte die Krone ab, und die Nationalversammlung wurde aufgelöst, ohne daß sie ihr Ziel erreicht hatte. Dieser Mißerfolg rief in vielen Teilen Deutschlands neue Unruhen hervor. Wie in Sachsen, Baden und der Pfalz, so gärte es auch am Rhein mächtig. Die Demokraten wollten das einmal Errungene nach Kräften lesthalten. Am 8, Mai 1849 erklärten in Cöln Abgeordnete von 303 Städten und Dorfgemeinden, daß sie bei dem von Preußen erhobenen Konflikt treu auf der Seite der Nationalversammlung verblieben. Diese Versammlung in Cöln hatte mancherlei Aufstände zur Folge, Der bekannteste ist der ,,Zug der Freischärler" vom 11, Mai 1849, Unter Kinkel, Annecke und Schurz zog man frühmorgens von Bonn aus, um das Zeughaus in Siegburg zu plündern und in den Besitz von Waffen zu kommen. Der Plan war verraten. Eine Abteilung Dragoner folgte den Auszüglern und sprengte sie auseinander. Wegen seiner kläglichen Niederlage auf halbem Wege ist dieser Zug oft belacht worden, Der Anführer Kinkel floh und trat in die Reihen der
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pfälzischen und dann badischen Freischärler ein. In Gefangenschaft geraten, wurde er vom Kriegsgericht in Rastatt zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt, aber von seinem Freunde Karl Schurz (geboren 1829 zu Liblar) aus dem Zuchthause in Spandau befreit. 15 Jahre verbrachte Kinkel im Exil in London, dann erhielt er eine Professur in Zürich, die er bis zu seinem Tode 1882 innehatte. Karl Schurz wanderte 1852 nach Amerika aus. Hier wurde er nacheinander Rechtsanwalt und Gesandter, General und Journalist, Redakteur und Senator. Er brachte es sogar bis zum Staatssekretär des Innern, und nur deshalb, weil er kein eingeborener Amerikaner war, wurde er nicht Präsident. Schurz starb im Jahre 1906. Im Jahre 1913 errichtete man ihm in New-York ein Denkmal. Erfolgreicher als der Zug der Freischärler unter Kinkel war der unter dem Advokaten Schily aus Trier nach Prüm. Die Kompagnie des Landwehrbataillons, die das Zeughaus verteidigen sollte, ging zu den Plünderern über, und so wurde das Prümer Zeughaus am 18. Mai 1849 erstürmt. In den unruhigen Maitagen 1849 brach auch in Aachen, Cöln, Elberfeld, Düsseldorf, M. Gladbach, Essen u. a. 0. offener Aufruhr aus, denn die Landwehr weigerte sich dort, der Einberufung durch das preußische Ministerium zu folgen. Wie anderswo, so endeten auch bald am Rhein die Unruhen, um einer natürlichen Entwicklung Raum zu geben. Wenn in den bewegten Tagen von 1848 und 49 sich auch viel Idealismus zeigte, so war der ergebnislose Ausgang doch von vornherein vorauszusehen. Nicht einmal das Ziel, das man erreichen wollte, war den meisten klar, geschweige denn, daß man imstande war, die Mittel dazu bereitzustellen. Eins aber hatte diese Zeit doch gelehrt: auf diesem Wege konnte kein einiges Deutschland geschaffen werden. Für die Rheinländer hatte die Bewegung bei allen Schattenseiten doch einen besonderen Vorteil: sie waren durch das gemeinsame politische Streben ihren preußischen Brüdern näher gerückt, sie waren weiter in Preußen hineingewachsen.
Nachdem der Prinz von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I., im Jahre 1849 den Aufstand in der Pfalz und in Baden bezwungen hatte, wurde er am 15. September desselben Jahres Militärgouverneur von Rheinland und Westfalen: er wohnte von 1850—58 in Coblenz. Diese
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Zeit brachte ihn und seine edle Gemahlin Augusta den Herzen der Rheinländer so nahe. Die herrlichen Rheinanlagen, der Evangelische Frauenverein, das Evangelische Stift und der Verein St. Barbara zu Coblenz, die Kinderbewahranstalt und das Knabenwaisenhaus Kemperhof bei Coblenz, das Hospital und das Waisenhaus in Ehrenbreitstein, die Armenschule von St. Andreas und die Flora in Cöln, die Taubstummen-Anstalt in Aachen und der Königin Augusta-Verein in Wesel sind teils eigene Gründungen der damaligen Prinzessin von Preußen, teils sind sie unter ihrem Protektorate ins Leben getreten. In den Rheinanlagen zu Coblenz steht ein prächtiges Denkmal der ersten deutschen Kaiserin, und am deutschen Eck erhebt sich das wuchtige Monument Kaiser Wilhelms I., das die Rheinprovinz, ,,an der sein Herz gehangen und mit der er gelebt und gelitten“, ihrem Beschützer setzte.
Seit der Einverleibung der Rheinlande in das Königreich Preußen hat das Hohenzollernhaus stets innige Fühlung mit dem Rhein behalten. Friedrich III., Wilhelm II., der jetzige Kronprinz, sowie die Prinzen Eitel Friedrich und August Wilhelm vollendeten ihre wissenschaftlichen Studien an der Bonner Universität, und wie sehr der Kaiser die Rheinländer in sein Herz geschlossen hat, beweist seine häufige Anwesenheit am Rhein und seine lebhafte Teilnahme, die er allenFragen entgegenbringt, die unsere Rheinprovinz betreffen.
Die Kriege von 1864 und 1866 forderten auch aus den Rheinlanden ihre Opfer. Nach dem am 12, Juni 1866 zwischen Frankreich und Österreich abgeschlossenen Vertrage sollten im Falle einer Niederlage Preußens die Rheinlande an Frankreich fallen. So hat Preußen bei Königgrätz den Rhein verteidigt.
In besonders große Gefahr kam die Rheinprovinz beim Ausbruch des Französischen Krieges 1870. Das erste Gefecht des glorreichen Feldzuges fand in ihrem Gebiete bei Saarbrücken statt. Oberstleutnant von Pestei wußte mit drei Schwadronen der 7. rheinischen Ulanen und einem Bataillon Vierziger die Franzosen vierzehn Tage lang zu täuschen. Am 2. August kam es zum Gefecht. Die preußischen Truppen räumten gegen die zehnfache französische Übermacht allmählich ihre Stellung und zogen über
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die Saar zurück. Napoleon verstand es, den „Sieg“ in Paris als Reklamemittei gewaltig aufzubauschen. Diese Siegesbotschaft hat man nachher mit Recht ins Lächerliche gezogen. An der Erstürmung der Spicherer Höhen bei Saarbrücken beteiligten sich in hervorragender Weise die rheinischen Regimenter Nr. 39, 40 und 53, und bei Gravelotte zeichneten sich die Regimenter Nr. 28, 29, 39 und 69 aus. Die ,,W achtamRhein“ bewährte sich im Französischen Kriege glänzend. Das Blut, das die rheinischen Truppen in den drei großen Kriegen vergossen, wurde der Kitt, der die früheren Gegensätze zwischen den Rheinlanden und Preus-sen endgültig beseitigte. Die Rheinländer begrüßten ebenso begeistert wie die übrigen Deutschen Wilhelm I. als den ersten Deutschen Kaiser.
Wie beim Ausbruch des Französischen Krieges von 1870, so war es auch beim Beginne des Weltkrieges von 1914/15 die „Wacht am Rhein“, die den begeisterten Schwur der Millionen deutscher Krieger in die volkstümliche Form kleidete. Man war sich sogleich darüber klar, daß das gewaltige Ringen zwischen dem Deutschen Reiche und Frankreich dem Besitze des Rheines galt, der bereits im 16. Jahrhundert, dann unter Ludwig XIV, und unter Napoleon der Angelpunkt der französischen Politik war. Er ist uns gesichert. Durch die Tapferkeit unseres Heeres und die Weisheit seiner Führung ist unsere schöne Heimatprovinz von den Schrecknissen des Krieges verschont geblieben, und „solang ein Tropfen Blut noch glüht, noch eine Faust den Degen zieht, und noch ein Arm die Büchse spannt, betritt kein Welscher deinen Strand“.
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Das Jahrhundert 1815/1915 hat ein festes Band gewoben, das die Rheinlande mit Preußen und dem Deutschen Reiche verbindet. Es hieße aber nur die eine Seite der Entwicklung des Rheinlandes im letzten Jahrhundert berücksichtigen, wenn wir uns mit dieser Erkenntnis begnügen wollten. Seit der Vereinigung mit Preußen und ganz besonders seit der Wiederaufrichtung des neuen Deutschen Reiches hat das wirtschaftliche Leben am Rhein einen Aufschwung genommen, der die frühere Entwicklung weit hinter sich läßt.
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Das 19. Jahrhundert kennzeichnet sich in unserem Vaterlande auf wirtschaftlichem Gebiete besonders dadurch, daß Deutschland aus einem Landwirtschaftsstaate zum Industriestaate wurde. Während im Jahre 1850 noch etwar 65°/0 der deutschen Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt waren, beschäftigt sie heute kaum mehr als 25°/0, und während Gewerbe und Industrie damals etwa 20°/o der Bewohner nährten, leben von ihr heute mehr als 40°/0. In der Rheinprovinz entfielen 1907 von 100 Bewohnern sogar 55 auf die Industrie, 14 auf Handel und Verkehr und nur 18 auf die Landwirtschaft.
So ist die Zahl der Bewohner, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind, im letzten Jahrhundert andauernd zurückgegangen. Daß trotzdem die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft nicht sank, sondern bedeutend stieg, erklärt sich daraus, daß die Landwirte heute zahlreiche Maschinen gebrauchen, die man früher nicht kannte. Dadurch ersparen sie nicht nur Arbeitskräfte, sondern der Boden wird auch besser bearbeitet und ertragreicher. Vor allem aber steigern die künstlichen Düngemittel die Bodenerträge.
Im Rheinlande überwiegt der mittelbäuerliche Besitz (5—20 ha). Er umfaßt etwa die Hälfte der gesamten Ackerbaufläche der Provinz, während auf den Parzellen- (bis 2 ha) und den Kleinbesitz (2—5 ha) etwa 1/5 und auf den großbäuerlichen Besitz (20—100 ha) ebenfalls x/s entfällt. Das übrige ist Großbetrieb.
Im Jahre 1909 war der Reinertrag der wichtigsten Nähr-früchte für Menschen und Vieh im Rheinlande folgender: Roggen 571 964, Weizen 188 957, Winterspelz 6 430, Sommergerste 62 924, Hafer 585 094, Kartoffeln 2 557 337 und Wiesenheu 710 077 Tonnen.
Die Steigerung der Viehzucht im 19. Jahrhundert zeigt folgende Übersicht:
1828 1883 1900 1911 1913
Pferde 113 731 149 347 191 499 210 735 215 274
Rindvieh 704 425 968 480 1158 423 1155618 1214 207
Schweine 234 657 434 603 893 545 1085 177 1227 223
Schafe 656 778 331 359 174 136 96 584 100 155
Ziegen 53 565 247 312 303 173 303 586 313 106
(1907)
Neben dem Getreide- und Kartoffelbau und der Vieh-
zucht werden auch der Rübenbau (etwa 20 000 ha Anbau-
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fläche), der Gemüse- und Gartenbau am Vorgebirge und bei Neuß, der Obst- und Beerenbau, der Tabakbau (1909 = 161 ha), der Weinbau am Rhein, an der Mosel, Saar, Nahe und Ahr (1907 = 13 447 ha) besonders gepflegt. In der Viehzucht spielt die Milchwirtschaft eine bedeutende Rolle. Etwa 56% der erzeugten Milch dienten 1911 dem unmittelbaren Gebrauch. Auf den Kopf der Bevölkerung entfällt in der Rheinprovinz ein jährlicher Milch verbrauch von 120 bis 125 Liter.
Das landwirtschaftliche Vereinswesen ist im Rheinlande gut entwickelt. Der Landwirtschaftliche Verein für Rheinpreußen (gegründet 1833) zählte 1910 über 100 000 unmittelbare und mittelbare Mitglieder, der Rheinische Bauemver-ein (gegr. 1882) hat etwa 52 000, der Trierer Bauernverein (£e£r* 1884) über 28 000 und der Bund der Landwirte (gegr. 1893) im Rheinlande 11 000 Mitglieder. Die gesetzliche Vertretung der rheinischen Landwirtschaft bildet die Landwirtschaftskammer in Bonn, die in Verbindung mit den Vereinen bestrebt ist, die Landwirtschaft zu fördern. 44 Landwirtschaftliche Winterschulen und zahlreiche Ländliche Fortbildungsschulen sorgen für die Fachausbildung der jungen Landwirte.
Die Anfänge der rheinischen Industrie liegen vor dem 19. Jahrhundert, Die Sammet- und Bandwebereien in und um Elberfeld und Barmen, die Kleineisenindustrie, die sich um Solingen und Remscheid vereinigt, die Crefelder Seidenfabrikation und die Tuchwebereien im Bezirk Aachen wurden bereits vor dem Einfalle der Franzosen ins Rheingebiet begründet. Die Schwereisenindustrie des Rheinlands aber, die sich in den Kohlengebieten der Saar, der Wurm und vor allem im Ruhrkohlengebiet entwickelte, ist ein Erzeugnis des 19. Jahrhunderts. Typisch für die Entwicklung der Großindustrie ist das Werden der Kruppschen Gußstahlfabrik in Essen. Der Begründer der Weltfirma Krupp ist Friedrich Krupp. Er erwarb im Jahre 1811 ein Grundstück mit einem durch Wasser getriebenen kleinen Hammerwerk an der Berne in Altenessen. Im folgenden Jahre errichtete er einen Schmelzbau an der Stelle der heutigen Gußstahlfabrik. Dort bereitete er Gußstahl, dessen Einfuhr aus England infolge der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre verboten war. Friedrich Krupp starb schon
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1826, ohne einen wesentlichen Erfolg erzielt zu haben. Sein 14jähriger Sohn Alfred übernahm die Leitung der väterlichen Werkstatt unter sehr ungünstigen Bedingungen, Damals waren in der Werkstatt nur sechs Arbeiter beschäftigt, deren Zahl in den nächsten Jahren nur unwesentlich stieg. Im oahre 1835 wurde es nötig, ein größeres Hammerwerk und eine Werkstatt mit Dampfbetrieb einzurichten. 1843 stellte Krupp die ersten Gewehrläufe und 1847 das erste Geschützrohr her. Im Jahre 1849 begann er mit der Herstellung der Wagenfedern und -achsen aus Gußstahl; Loko-motivkurbelwellen, Schiffsachsen und Eisenbahnradreifen traten bald hinzu. Krupps Werke feierten die ersten Triumphe auf der Londoner und Pariser Weltausstellung von 1851 und 1855. Die Zahl der Arbeiter betrug 1848 erst 98; 1856 war sie auf 1000 gestiegen. Die wirtschaftliche Krisis von 1857, die schlimme Folgen für den Kohlenbergbau und die Eisenindustrie nach sich zog, wurde durch die Erfolge Alfred Krupps in Essen weniger schwer empfunden. Die preußische Heeresverwaltung machte 1859 bei Krupp die erste Bestellung auf Gußstahlgeschütze. Im Jahre 1861 besuchte König Wilhelm I. zum zweiten Male die Gußstahlwerke; bei diesem Besuche wurde ihm auch der in demselben Jahre aufgestellte große Dampfhammer ,,Fritz“ vorgeführt. Im Jahre 1863 betrug die Arbeiterzahl schon über 4000. 1860 begann der fürsorgliche Arbeitgeber den Bau
der ersten Arbeiterkolonie. Nach 1870 wuchs der Umfang der Werke gewaltig. Die Zahl der Arbeiter stieg 1872 auf 15 000. Als 1873 fünfundzwanzig Jahre verflossen waren, seit Alfred Krupp das Werk allein übernommen hatte, brachte er an dem Häuschen, aus dem das große Werk sich entwickelt hatte, eine eherne Tafel an. Darauf sind die Worte zu lesen: ,,Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein, dann bringt Arbeit’Segen, dann ist Arbeit Gebet.“ Diese Worte bilden den Wahlspruch des eigentlichen Begründers der weltbekannten Essener Gußstahlwerke. Als im Jahre 1887 Alfred Krupp starb, beschäftigten die Werke über 20 000 Mann. Friedrich Krupp, der Sohn des Verstorbenen, führte die Werke im Geiste des Vaters weiter. Besonders den bestehenden Wohlfahrtseinrichtungen (Arbeiterwohnungen, Konsumanstalt, Kranken- und Erholungshaus, Badeanstalt, Bildungsanstalten, Beamten- und Arbei-
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. 10
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ter-Pensions-Wittwen- und Waisenkasse, Betriebskrankenkasse, Arbeiter- und Invalidenstiftung, Lebensversicherungsverein, Spareinrichtungen u. a.) ließ Friedrich Krupp seine Fürsorge angedeihen. Die Reichsarbeiterversicherungen, die 1883 ihren Anfang nahmen, fanden in den Kruppschen Wohlfahrtseinrichtungen in mancher Beziehung ihr Vorbild. Seit dem Jahre 1890 werden von der Firma Krupp auch Panzerplatten hergestellt. Dies geschah in größerem Maße, nachdem 1893 das Grusonwerk in Buckau bei Magdeburg in Krupps Besitz übergegangen war. Im Jahre 1902 wurde die Germaniawerft in Kiel erworben. In demselben Jahre starb Friedrich Krupp. Unter seiner Leitung war die Zahl der Arbeiter auf 42 000 angewachsen. Nach seinem Tode wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 180 Millionen Mark umgewandelt. Sämtliche Aktien aber sind im Besitze der Familie Krupp.
Heute sind folgende Werke im Besitz der Firma Krupp: das Gußstahlwerk in Essen mit den Schießplätzen in Essen, Meppen und Tangerhütte, die Friedrich Alfredshütte in Rheinhausen, das Stahlwerk Annen, das Grusonwerk in Buckau und die Germaniawerft in Kiel. Dazu kommen die Kohlenzechen ,,Sälzer und Neuack“ in Essen sowie „Hannover“ und ,,Hannibal” in Hordel bei Bochum, zahlreiche Eisengruben in Deutschland und Bilbao (Nordspanien), die mittelrheinischen Hüttenwerke in Engers, Neuwied und Sayn und eine Reederei in Rotterdam. Die Kruppschen Werke liefern die verschiedensten Arten Eisen und Stahl, Eisenbahn- und Schiffsmaterial, Maschinen und Maschinenteile, Geschütze, Munition und Gewehrläufe, Panzer, Kriegsschiffe, Dampfer aller Art und viele andere Gegenstände aus Eisen, Stahl und Bronze. Die Zahl der Arbeiter und Beamten betrug im Jahre 1913 über 79 000. Von diesen beschäftigte die Gußstahlfabrik in Essen allein über 37 000. Die Gesamtzahl der Werksangehörigen betrug 1910 228 666.
Die Durchschnittslöhne auf der Gußstahlfabrik geben ein Bild von dem Ansteigen der Löhne in der rheinischen Industrie. Sie betrugen 1853 : 1,33 Mk., 1875 : 3,89 Mk., 1887 : 3,71 Mk., 1902 : 4,52 Mk. und 1912 : 5,69 Mk.
Im Geschäftsjahre 1912 verbrauchten die gesamten Werke: 1 100 000 t Roheisen, 2 000 000 t Kohlen, 2 500000t Erz, 63 200 000 cbm Wasser, 6 388 000 000 cbm Gas und
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140 000 000 Kw. elektrische Kraft. Die Bilanz vom 30. Juni 1912 wies in Aktiva und Passiva 575 000 000 Mk. auf.
In ähnlicher Weise wie die Kruppschen Werke entwickelten sich von Mülheim an der Ruhr aus die Werke AugustThyssens (geb. 1842 in Eschweiler), den man nicht mii Unrecht den Spiritus rektor der modernen rheinisch-westfälischen Industrie genannt hat. Es gibt kaum ein größeres industrielles Unternehmen der neuesten Zeit, bei dem Thyssen nicht eine bedeutende Rolle spielt. Es seien hier nur neben der Gewerkschaft Deutscher Kaiser die Aktiengesellschaft für Hüttenbetrieb in Meiderich, dasOber-bilker Stahlwerk in Düsseldorf, die Eisenhandelsgesellschaft in Duisburg, die Transportkontore in Rotterdam und Bruckhausen und das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk in Essen genannt. Mehr als 25 000 Arbeiter und Beamte sind auf Thyssens Werken beschäftigt. Als August Thyssen gegen Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit einem Kapital von 8000 Talern ein kleines Eisenwerk in Duisburg gründete, ahnte wohl kein Mensch, daß in kaum 40 Jahren sein Besitzer den Namen eines deutschen Stahlkönigs verdiente. Eine eiserne Willenskraft und ein unermüdlicher Arbeitstrieb sind das Geheimnis dieser Entwicklung.
Wenn von deutscher Industrie die Rede ist, so denkt man zunächst an die rheinisch-westfälische Industrie Saarbrücken und Malstatt-Burbach, Aachen, Stolberg, Eschweiler, Eupen, Düren, Cöln, Elberfeld, Barmen, Düsseldorf, Duisburg, Mülheim a. d. Ruhr, Crefeld und M. Gladbach sind die Mittelpunkte der rheinischen Industriegebiete.
Begünstigt durch den bequemen und billigen Floßverkehr entwickelte sich in der Nähe des Rheinstroms eine rege Holzindustrie. In Oberstein und Idar bieten Schmucksteinschleifereien zahlreichen Arbeitern guten Verdienst. Trierer Sand- und Kalkstein, Niedermendiger Lava und Brohler Tuffe sind wertvolle Baumaterialien, und Westerwälder Basalt liefert gutes Straßen- und Strombaumaterial. Aachen, Kreuznach, Salzig, Rhens, Gerolstein, Neuenahr, Hönningen, Honnef, Roisdorf und zahlreiche andere Orte liefern weitbekannte Heil- und Tafelwässer und als vielbenutztes Nebenprodukt Kohlensäure, und die Margarinefabrikation am Niederrhein ist die bedeutendste ihrer Art.
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Die Ausstellung in Düsseldorf 1902 gab ein deutliches Bild von dem hohen Stande der heimischen Industrie und Gewerbe, „Sie war eine Ruhmestat von solcher Kraft und Schönheit, daß sie noch Millionen Herzen mit einem Heimatstolz erfüllen wird, der die Grundkraft aller volkstümlichen Taten ist.“
Neben der Industrie zeigt das Rheinland ein lebensfähiges Handwerk. Zwar ist mancher Handwerkszweig im Laufe der Jahre durch die Industrie verdrängt worden, anderseits bildet die Industrie aber auch eine wichtige Nähr-quelle für die Handwerker. Baugewerbe, Nahrungsmittelund Luxusgewerbe sind heute in ihren Schicksalen eng mit der Industrie verknüpft, während anderseits das Handwerk auch innige Berührungspunkte mit der Landwirtschaft aufweist. Wie aber allerwegen, so muß auch hier das Handwerk seine Zukunft in der Qualitätsarbeit sehen und die Ausbildung seines Nachwuchses in diese Richtung hineinleiten.
Ein Vergleich der Zahlen der Personen, die 1882 und 1907 in den wichtigsten Gewerbezweigen beschäftigt waren, spiegelt den gewerblichen Aufschwung der Rheinprovinz in den letzten Jahrzehnten deutlich wieder1): Im Bergbau, in Hütten und Salinen (122 664) 239 067, in der Stein- und Eisenindustrie (38 293) 91 159, in der Metallbearbeitung (67 553) 160 040, in der Maschinenindustrie (29 137) 122 624, in der chemischen Industrie (167 533) 174 707, im Nahrungsund Genußmittelgewerbe (60 694) 113 306, im Bekleidungsgewerbe (90 077) 113 062, im Baugewerbe (45 870) 170 359, im Handelsgewerbe (81 284) 233 109 und im Verkehrsgewerbe (13 894) 44 828.
Der Aufschwung von Landwirtschaft und Industrie wäre im letzten Jahrhundert nicht möglich gewesen ohne den gleichzeitigen Aufschwung des Verkehrs. Um das Jahr 1800 gab es in ganz Preußen kaum 70 km ausgebaute Straßen. Auch in den rheinischen Kleinstaaten war der Wegebau wenig gefördert worden. Nach dem Muster der römischen Feldherren erbaute Napoleon im Rheinlande zahlreiche gute Straßen, die vornehmlich als Heerstraßen der schnellen Beförderung der Truppen dienen sollten und
1) Die in Klammern stehenden Ziffern bezeichnen die Zahl von 1882, die ändern die von 1907.
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daher eine möglichst gerade Richtung nahmen, ohne auf den Verkehr besondere Rücksicht zu nehmen. Im Jahre 1816 betrug die Länge des Straßennetzes bereits 1650 km. Unter preußischer Regierung nahm der Straßenbau einen mehr dem Verkehr dienenden raschen Fortgang; 1831 maß das Netz ausgebauter Straßen bereits mehr als 2200 km, heute ist es auf die vierfache Länge angewachsen.
Zu den besseren Landstraßen kamen im 19. Jahrhundert auch bessere Wasserstraßen. Die Hauptwasserstraße des Rheinlandes ist naturgemäß der Rhein. Der Rheinverkehr war im 18, Jahrhundert durch die hohen Rheinzölle noch sehr erschwert. Nachdem die Rheinprovinz 1815 an Preußen gefallen war, begann man allmählich damit, den Rhein abgabenfrei zu machen. Die Rheinschiffahrtsakte von 1831 ermäßigte den Rheinzoll, die revidierte Rheinschiffahrtsakte von 1868 machte die Schiffahrt auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen völlig frei. Zu der Befreiung der Rheinschiffahrt kam im 19. Jahrhundert auch die Umgestaltung der Betriebskraft der Schiffe. Im 18. Jahrhundert waren Segel und Pferde die einzigen Triebkräfte der Schiffe; diese wurden im 19. Jahrhundert durch die Dampfkraft ersetzt. Das erste Dampfschiff fuhr im Jahre 1816 in fünf Tagen von Rotterdam bis Cöln. Im Jahre 1822 wurde die Niederländische Dampfschiffahrts-Gesell-schaft gegründet; ihr folgte 1827 die Cölnische und bald darauf die Düsseldorfer. Die beiden letzteren wurden 1853 zur Cöln-Düsseldorfer Rheinschiffahrts-Gesellschaft vereinigt. Sie befördert neben den Waren jährlich mehr als 11/2 Millionen Personen.
Seit dem Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts treten die Eisenbahnen den Schiffen als Verkehrsmittel zur Seite. Die erste rheinische Bahnstrecke wurde im Jahre 1838 zwischen Düsseldorf und Erkrath eröffnet. In den folgenden Jahren baute man diese Strecke bis Elberfeld weiter; sie wurde 1841 demVerkehr übergeben. Gleichzeitig entstand die Rheinische Bahn Cöln-Düren-Aachen und die linksrheinische Bahn. Im Jahre 1847 vollendete man den Bau der Cöln-Mindener Strecke, der 1859 die Cöln-Gießener folgte. Im Jahre 1876 wurde zuerst die Cöln-Trierer Strecke befahren. Das Bahnnetz der Rheinprovinz mißt heute gegen 4000 km. Im Jahre 1859 wurde
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die erste feste Rheinbrücke bei Cöln erbaut. Heute verbinden in der Rheinprovinz elf feste und zwei Jochbrücken die beiden Rheinufer.
Der Aufschwung der Großindustrie der letzten vier Jahrzehnte übte auf den Verkehr einen gewaltigen Einfluß aus. In der Zeit von 1885—1898 wuchs der Güterverkehr auf dem rheinisch-westfälischen Bahnnetz von 44 auf 87,7 Millionen Tonnen, der Verkehr auf dem Rheine bei Emmerich von 4,4 auf 11,9 Millionen Tonnen. Die Jahre 1898 bis 1907 brachten den Bahnverkehr von 87,7 auf 157,1, den Schiffsverkehr von 11,9 auf 22,9 Millionen Tonnen. Der Verkehr im Duisburger Hafen übertraf im Jahre 1907 mit 21 Millionen Tonnen den des Hamburger Hafens um 3 Millionen Tonnen. Weizen, Reis, Südfrüchte, Fische, Holz, Wolle, Flachs, Baumwolle, Garn, Rohseide, Eisenerze, Kupfer und Petroleum werden in großen Mengen ins Rheinland eingeführt, Steinkohlen und Koks, Eisen- und Stahlwaren, Maschinen, Seiden-, *Woll- und Baumwollwaren, Tuche, ein, Obst, Bier, Zucker u. a. werden ausgeführt.
Den großen Aufschwung der Rheinprovinz im 19. Jahrhundert erkennt man überzeugend, wenn man in dieser Zeit die Entwicklung der rheinischen Städte überschaut. Nach der Volkszählung von 1816 beherbergten 124 Städte der Rheinprovinz zusammen 450 000 Einwohner, weniger als heute Cöln. Nur vier Städte besaßen mehr als 20 000 Bewohner: Cöln nicht ganz 50 000, Aachen 32 000, Düsseldorf und Elberfeld etwas über 20 000. Duisburg und Essen zählten damals wenig über 4000 Einwohner. Die neue wirtschaftliche Blüte des Deutschen Reiches nach dem Französischen Kriege und der besondere Aufschwung der Industrie seit der Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bedingten dann das ungeahnte Wachsen der deutschen, vor allem der rheinischen Städte. Während 1816 nur etwa ein Fünftel der Bevölkerung der Rheinprovinz in den Städten wohnte, beherbergen sie heute mehr als die Hälfte der rheinischen Gesamtbevölkerung. In der Zeit von 1892/1909 wuchs die aus den rheinischen Städten fließende Einkommensteuer von 17 auf 46 Millionen Mk. jährlich. Aus der Rheinprovinz fließt heute rund 20°/o der Gesamteinkommensteuer des preußischen Staates. Am 1. Januar 1913 waren in den 223 Sparkassen der Rheinprovinz auf
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2 040 903 Sparkassenbücher 2 837 607 000 Mk. Spargelder eingelegt, während die Provinzen Ost- und Westpreußen, Posen und Schlesien zusammen 1 697 987 000 Mk. Spargelder aufwiesen.
Der steigende Volkswohlstand wirkte selbstredend auf die stete Zunahme der Bevölkerung günstig ein. Im Jahre 1815 betrug die Gesamtzahl der Bewohner der Rheinprovinz noch nicht 2 Millionen; 1843 war sie auf 2 649 508 angewachsen, 1890 betrug sie 4 710 391. Im Jahre 1900 zählte man 5 760 000, und die letzte Zählung von 1910 ergab eine Bevölkerungsziffer von 7 121 140. Von diesen wohnen
3 929 797 in Städten, 3 191 343 auf dem Lande.
Wie das Wirtschaftsleben, so nahm auch das Geistesleben in den Rheinlanden im 19. Jahrhundert einen bedeutenden Aufschwung. Als Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1818 auch im Westen die allgemeine Schulpflicht einführte, fehlte es in den Rheinlanden an Schulen und Lehrern. In Trier hatte V. J. D e w o r a (1774/1837) schon zur Zeit der Franzosenherrschaft (1810) nach dem Muster Overbergs in Münster eine Normalschule errichtet. Durch Kurse von kürzerer oder längerer Dauer (6 Wochen bis x/2 Jahr, seit 1818 bis 1 Jahr) suchte er die Lehrer für ihren Beruf tauglicher zu machen und junge Leute dem Lehrerstande zuzuführen. Deworas Normalschule, die durch die Kriegsunruhen 1813 und 1814 eingegangen war, wurde 1816 als Lehrerseminar wieder eröffnet. Im Jahre 1816 wurde auch das Seminar zu Neuwied gegründet, dem 1820 das in Mörs folgte. Das Jahr 1823 brachte das katholische Seminar in Brühl, und als zu diesem 1840 das in Kempen trat, wurde das Hilfsseminar in Trier aufgehoben. Um den Lehrern hinreichend Gelegenheit zur Ausbildung zu geben, entstanden im Laufe der Jahre 27 Lehrer- und 3 Lehrerinnenseminare. Hervorragende Pädagogen wie Diesterweg, Dörpfeld und Kellner wirkten und wirken heute noch nachhaltig auf Lehrer- und Volksbildung ein.
Die Zahl der öffentlichen Volksschulen der Rheinprovinz betrug nach dem Statistischen Jahrbuch für 1912 5227. In diesen werden 1 214 000 Kinder von 21 333 Lehrpersonen unterrichtet. Auf jede Lehrkraft entfallen demnach rund 55 Kinder. Im Jahre 1882 unterrichteten 9496 Lehrkräfte 671 364 Schulkinder in 4316 Schulklassen. Auf
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jede Lehrkraft entfielen demnach damals 71 Kinder; das ist 16 mehr als 1912. Die Zahl der Kreisschülinspektoren der Kheinprovinz beträgt 128, von diesen sind 76 im Hauptamte, 52 im Nebenamte beschäftigt.
Artbildung der Schüler bestehen zahlreiche Fortbildungsschulen. Hilfsschulen dienen dem Unterricht und der Erziehung Schwachbegabter Schüler, und Mittelschulen führen in größeren Städten den Lehrplan der Volksschulen weiter aus. Zahlreiche Fachschulen dienen den gewerblichen Berufen und der Landwirtschaft. Neun Taubstummenanstalten und die Blindenanstalten in Düren und Neuwied übernehmen die geistige Ausbildung der Vier-sinnigen. Das Fürsorgeerziehungsgesetz übt auch in der Rheinprovinz seine segensreiche Wirkung aus. 17 788 Zöglinge wurden in der Zeit vom 1. April 1901 bis 31. März 1913 der Fürsorgeerziehung überwiesen.
Auch das höhere Schulwesen der Rheinprovinz ist wohl geregelt. Im Jahre 1912 zählte man 62 Gymnasien, 10 Progymnasien, 13 Oberrealschulen und 23 Realschulen. In Bitburg und Cleve befinden sich sechsklassige Landwirtschaftsschulen, in Bensberg ist eine Kadettenanstalt, und zahlreiche höhere Knabenschulen in kleineren Städten und Flecken dienen den Gymnasien als Unterbau. In 105 höheren Mädchenschulen wurden 1912 31 831 Schülerinnen
unterrichtet. Nach regem Wettbewerb der Städte Düsseldorf, Duisburg, Cöln und Bonn erstand 1818 die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, die heute von rund 4000 Studenten besucht wird. Mit der Universität Bonn ist die ,,Landwirtschaftliche Akademie in Poppelsdorf verbunden, die 1911 520 Studierende aufwies. Die Technische Hochschule in Aachen zählte 1912 605 Studenten, die Handelshochschule in Cöln gegen 1300 Studierende. Außer den an anderer Stelle genannten Gelehrten, die die Rheinprovinz zu den ihren zählt, seien hier noch zwei neuere Geschichtsschreiber genannt: H. v. S y b e 1 (1817/95 — „Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I.“ und „Geschichte der Revolutionszeit von 1789/1800), dessen Wiege 1817 in Düsseldorf stand, und der Freiburger Professor Fr. X. Kraus (1840/1901 — „Altchristliche Inschriften der Rheinlande", „Kunstgeschichte“, „Dante, sein Leben und seine Werke“, „Cavour“), dessen Heimat Trier ist.
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Zur Zeit der französischen Herrschaft im Rheinlande waren die kirchlichen Verhältnisse sehr zerrüttet worden. Durch die Bulle „De salute animarum“ des Papstes Pius VII. vom Jahre 1821, die 1823 der Staatsanzeiger als bindendes Statut veröffentlichte, wurden die Verhältnisse der katholischen Kirche in Preußen und den Rheinlanden neu geordnet. Das Bistum Aachen wurde aufgehoben, Cöln wurde wieder Erzbistum, und Trier, Münster und Paderborn teilte man ihm als Suffraganbis-tümer zu. An den Wirren und Kämpfen, die im 19. Jahrhundert die katholische Kirche zu bestehen hatte, war die Rheinprovinz stark beteiligt. In den zwanziger und dreißiger Jahren machte der sogenannte Hermesianismus in der katholischen Kirche hier am Rhein viel von sich reden. Sein Begründer, der Professor Hermes in Bonn, suchte die katholischen Glaubenswahrheiten durch die Mittel der neuen deutschen Philosophie mit der Vernunft in Übereinstimmung zu bringen und sie als durch dieselbe beweisbar darzustellen. Seine Ansichten wurden 1835 von der Kirche verworfen.
Nachdem Clemens August von Droste-Vischering 1836 Erzbischof von Cöln geworden war, nahm der schon vorher begonnene Streit wegen der gemischten Ehen eine schroffe Form an. Der Erzbischof kam infolgedessen in Haft. Als Preußen 1838 nachgegeben hatte, legte sich der Streit. Die durch das Vatikanische Konzil 1870 veranlaßte Absplitterung der Altkatholiken von der katholischen Kirche nahm in den Rheinlanden einen verhältnismäßig großen Umfang an. Nach einer Professorenversammlung in Nürnberg, an der mehrere Bonner Hochschullehrer teil-nahmen, fand in Königswinter eine Laienversammlung statt. In Cöln wurde am 4. Juni 1873 Professor Reinckens zum ersten Bischof der Altkatholiken in Deutschland erwählt. Zu seiner Konsekration in Rotterdam begleiteten ihn zahlreiche Glaubensgenossen aus Cöln, Bonn, Düsseldorf, Ür-dingen und Emmerich. Bonn ist noch heute der Sitz des altkatholischen Bischofs. Der Kulturkampf der 70er Jahre warf auch seine Schatten ins Rheinland. Er brachte den Erzbischof Paulus Melchers von Cöln und den Bischof Eberhard von Trier in die Verbannung und eine Anzahl Geistlicher ins Gefängnis.
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Die evangelischen Christen der Rheinprovinz schließen sich zur Provinzialgemeinde zusammen, an deren Spitze der General-Superintendent in Coblenz steht. Die Provinzialgemeinde gliedert sich in die Kreisgemeinden, die aus den einzelnen Pfarrgemeinden sich zusammensetzen, und an deren Spitze Superintendenten stehen. Diesen zur Seite steht die Kreissynode, die sich aus den Pfarrern und je einem Mitgliede des Presbyteriums der Pfarrgemeinden zusammensetzt. Neben dem General-Superintendenten steht die Provinzialsynode. Sie besteht aus den Superintendenten und je zwei Mitgliedern jeder Kreissynode und tritt in der Regel alle drei Jahre einmal zusammen. Die Provinzialsynode untersteht dem Konsistorium in Coblenz, dessen Spitze der Oberpräsident bildet.
Das Gesundheitswesen ist in der Rheinprovinz wohlgeordnet. Im Jahre 1912 zählte man 3535 Ärzte, 321 Zahnärzte und 663 Apotheken. Auf einen Arzt kommen mithin 2270 Einwohner gegen etwa 5000 im Jahre 1840.
Unter den bildenden Künsten entwickelten sich im Rheinlande im letzten Jahrhundert besonders Baukunst und Malerei, Erstere tritt uns am deutlichsten im Ausbau des Cölner Domes, letztere in der Entwicklung der Düsseldorfer Malerakademie entgegen.
Der Bau des Cölner Domes hatte seit 1560 vollständig geruht. Der immer mehr in Trümmer sich verwandelnde Bau ist in dieser Zeit der Zersplitterung des Deutschen Reiches, die herbeigeführt wurde durch die wachsende Zwietracht, ein Sinnbild der Geschichte des deutschen Vaterlandes. Zur Zeit der Revolutionskriege wurde der Dom, ebenso wie der in Trier, ein Heumagazin der Franzosen; das bleierne Kirchendach und viele bronzene Grabdenkmäler schmelzte man zu Kriegszwecken ein. Napoleon hatte für die Domtrümmer nur einen flüchtigen Blick der Bewunderung, für den Auf- und Weiterbau aber keine Mittel.
Deutschlands Zersplitterung hatte den Bau in Trümmer sinken lassen, Deutschlands Einheit erhob ihn aus den Trümmern und setzte sich in der Vollendung des Kunsttempels ein hervorragendes Denkmal. Die Freiheitskriege weckten das deutsche Nationalbewußtsein wieder. Männer wie Forster, J. v. Görres und die Brüder Boissiree wiesen
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auf die Schönheit des Domes hin und vermittelten das Verständnis für seine herrlichen Formen. Die preußische Regierung bewilligte eine jährliche Unterstützung von 10 000 Talern, die durch Einführung einer Kathedralsteuer unter Erzbischof Spiegel verdoppelt wurde, und so konnten die Restaurationsarbeiten beginnen. Seit 1833 wurden diese von Zwirner geleitet. Die von Görres und Boissiree angeregte Begeisterung für den Dombau wurde immer mächtiger; 1842 bildete sich unter dem Protektorate König Friedrich Wilhelms IV. der Zentral-Dombauverein, dem der hochherzige König einen jährlichen Zuschuß von 30 000 Talern zuwandte. Lewin Schücking, Gustav Pfarrius, Reichens-perger, Weyden u. a. wußten durch Wort und Schrift die Begeisterung für den Dombau ins Volk zu tragen und zu nähren. König Ludwig von Bayern unterstützte eifrig durch Geldbeiträge und andere Schenkungen den Bau, und nun konnte der geniale Zwirner rüstig Weiterarbeiten.
Am 4. September 1842 wurde im Beinsein des Königs und anderer Fürsten der Grundstein zum Weiterbau des Domes gelegt. Die Rede des damaligen Erzbischofs Kardinals Geissel ist ein rednerisches Meisterwerk, das die Bedeutung des Bauwerkes uns vor Augen führt. Die Worte des Preußenkönigs waren ein Widerhall der Gefühle des deutschen Volkes.
Nach Zwirners Tode übernahm Voigtei 1861 die Leitung des Dombaues, Ihm war es vergönnt, das Werk zu vollenden. Die Dombau-Lotterie, die der Bausumme jährlich mehr als eine halbe Million Mark zuführte, ermöglichte den raschen Fortgang der Arbeit; der Krieg von 1870/71 entzog dem Bau eine Anzahl Kräfte. Nach dem Frieden wurde mit erneuter Kraft und erhöhter Begeisterung weiter gearbeitet. Aus 22 eroberten französischen Geschützen wurde die 540 Zentner schwere Kaiserglocke gegossen. Im Jahre 1880 kamen die beiden großen Türme durch mächtige, kunstvolle Kreuzblumen zum Abschluß, nachdem seit der Grundsteinlegung 632 Jahre verflossen waren. Die im 19. Jahrhundert verarbeitete Bausumme betrug mehr als 20 Millionen Mark.
Am 15. Oktober 1880 wurde die Vollendung des herrlichen Bauwerkes in Gegenwart des deutschen Kaisers Wilhelm, der Kaiserin Augusta und anderer deutscher Fürst-
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lichkeiten festlich begangen. So steht nun der Dom, der Anziehungspunkt sämtlicher Besucher unseres herrlichen Rheinstromes, vollendet da.
Die unter sachkundiger Leitung stehende Denkmalpflege in den Rheinlanden ist bestrebt, die heimischen geschichtlichen Kunstwerke vom Untergange zu retten und der Nachwelt zu überliefern. Sie entfaltet besonders seit ihrer Neuordnung im Jahre 1891 eine fruchtbare iätigkeit. Die Provinz wendet jährlich gegen 200 000 Mk. für die Denkmalpflege und die Provinzialmuseen in Bonn und Trier auf.
Nicht nur die Baukunst, sondern auch die Malerei fand in den Rheinlanden einen guten Nährboden. Unter den Pflegestätten deutscher Kunst steht neben Berlin und München unsere rheinische Künstlerstadt Düsseldorf als Kunstmittelpunkt nicht an letzter Stelle.
Die Anfänge der Düsseldorfer Kunst reichen über zwei Jahrhunderte zurück. Kurfürst Johann Wilhelm (1690/1716) sammelte mit gutem Geschmack zahlreiche Bilder und begründete in kurzer Zeit die Düsseldorfer Galerie. Das wichtigste aber war, daß er Künstler an seinen Hof nach Düsseldorf zog und so ein reges künstlerisches Schaffen förderte. Kurz aber war diese erste Kunstblüte. Heute finden wir nur geringe Spuren derselben. Das Denkmal Johann Wilhelms von Gabriel von Grupello (1710 oder 1711 errichtet) ist aus jener Zeit uns überkommen. Die heutige Düsseldorfer Akademie ist eine Gründung des Kurfürsten Karl Theodor (1742/1799). Wilhelm Lambert Krähe, den der Kurfürst zum Inspektor der Bildergalerie berief und dessen Kunstsammlungen den Grundstock der heutigen akademischen Galerie bilden, richtete in Düsseldorf eine Zeichenschule ein. Aus dieser entstand schon unter Karl Theodors Regierung die Akademie. Im 18. Jahrhundert fristete diese aber nur ein kärgliches Dasein. Sie ist das Bild der zerfallenden deutschen Kunst im zerrissenen Reiche. Die berühmte Düsseldorfer Bildergalerie, die der eigentliche Halt der Kunstschule gewesen war, wurde 1805 nach München gebracht, wo sie sich heute noch befindet.
Die Düsseldorfer Kunst war mit dem Schluß des 18. Jahrhunderts scheinbar zu Grabe gestiegen, aber schon war der Mann in Düsseldorf geboren, der seiner Vaterstadt
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neuen Glanz verleihen und eine echt nationale Kunst begründen sollte: Peter Cornelius. 1783 wurde Cornelius in Düsseldorf als der Sohn des Akademie-Inspektors, der ein fleißiger, aber weniger begabter Künstler war, geboren. Er war Schüler der Düsseldorfer Akademie. Künstlerische Entwürfe und Arbeiten für den Broterwerb: Kalenderzeichnungen, Porträts, Kirchenfahnen u, a, beschäftigten den jungen Cornelius schon früh.
Unter dem Einflüsse Goethes wurden zur damaligen Zeit in Weimar die berühmten Konkurrenzarbeiten auf dem Gebiete der Malerei ausgeschrieben; an diesen beteiligte sich auch Cornelius. Seine Arbeiten „Odysseus und der Cyklop“, „Herkules in der Unterwelt“ und ,,Anchises weigert sich zu fliehen“, die nach Weimar wanderten, fanden nicht Goethes Beifall. Durch die Bekanntschaft mit Bois-siree und Wallraf aus Cöln, welche die Fähigkeiten des jungen Künstlers zu würdigen wußten, erhielt Cornelius den Auftrag, das Chor und die Kuppel des Domes zu Neuß auszumalen. Diese Arbeiten, die nicht mehr erhalten sind, beschäftigten ihn 1806/08. Aus dem Jahre 1809 ist noch ein Bild von ihm erhalten: „Pallas Athene unterweist in der Webekunst“. Nach dem Tode der Mutter verließ Cornelius 1809 Düsseldorf, um sich zunächst nach Frankfurt a. M. zu begeben. Mit diesem Jahre setzt eine entscheidende Wendung im Leben des Künstlers ein. Jetzt beginnt er das zu werden, was er später war, ein Bahnbrecher und Vorbild.
Von Frankfurt, wo Cornelius die später so berühmten, Goethe gewidmeten „Faustblätter“ zu entwerfen begann, begab er sich nach Rom. Hier trat er einer Künstlervereinigung, den „Klosterbrüdern“, bei, die in ihrem Streben nahe mit den Romantikern in der Literatur verwandt sind.
Als Cornelius 1818 vom Kronprinzen Ludwig von Bayern als Maler der Glyptothek gewonnen wurde, trug ihm die preußische Regierung fast gleichzeitig die Direktorstelle an der Düsseldorfer Akademie an. „Seine Liebe zur Heimat und seine Anhänglichkeit an den preußischen Staat“ ver-anlaßten ihn, letztere Stelle anzunehmen, doch verbrachte er den Sommer stets in München mit Malerarbeiten an der Glyptothek beschäftigt. Von seinen Schülern Hermann, Götzenberger und Förster entstanden unter seiner Beihilfe in dieser Zeit die Wandgemälde in der Aula der Bonner
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Universität: Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie. Im Jahre 1824 folgte Cornelius dem Rufe als Direktor der Münchener Akademie. Sein größtes, selbst ausgeführtes Freskogemälde ist das „Jüngste Gericht“ in der Ludwigskirche in München. Friedrich Wilhelm IV. rief den Künstler nach Berlin. In den Kartons zum Campo santo erstieg Cornelius den Höhepunkt seiner Kunst. Er starb in Berlin 1862, Sein Nachfolger in Düsseldorf wurde Scha-dow (geboren 1787 zu Berlin, gestorben 1862 zu Düsseldorf), der die Akademie zu hohem Glanze erhob.
Schadow begründete 1829 den „Kunstverein für die Rheinlande , der die Düsseldorfer Schule volkstümlich und ihre Kunstwerke zu einem Erziehungsmittel des Volkes machte. Die Zahl der Mitglieder des Vereins beträgt gegenwärtig über 8000. Hübner, Bendemann („Die trauernden Juden und „Jeremias auf den Trümmern Jerusalems“), Köhler, Hildebrandt, Sohn, Mücke und Lessing (Wandgemälde aus dem Leben Friedrich Barbarossas in Schloß Heltorf bei Düsseldorf), Schröder und Stilke (Wandgemälde in Stolzenfels), C. F. Lessing (Lenore, Ezzelino im Kerker, Hus im Verhör) und der Geschichtsmaler Rethel (Hannibals Zug über die Alpen, Bonifatius, Kaiserbilder im Römer in Frankfurt a. M.: Philipp von Schwaben, Karl V., Maximilian I. und II., Totentanzbilder — von den Bildern im Rathaussaale zu Aachen, zu denen er sämtliche Kartons entwarf, führte er aus: Die Eröffnung der Gruft Karls des Großen, der Sturz der Irmensul, die Schlacht bei Cordova und Karls des Großen Einzug in Mailand —-) sind hervorragende Schüler Schadows. Nicht mit Unrecht bezeichnet man die Aachener Fresken Rethels als „das Hauptwerk deutscher Monumentalmalerei“.
Tüchtige Schüler Schadows in der kirchlich-katholischen Malerei sind Deger, A. und K. Müller und Frz. Ittenbach, deren Hauptwerke die Apollinariskirche in Remagen birgt, die von 1843/57 ausgemalt wurde. Degers „Kreuzigung“ und „Auferstehung“ und K. Müllers „Geburt Marias“ und „Vorbildliche Frauen“ sind die Hauptzierden der Kirche. Wenn die Bilder auch verschiedenen Motiven entsprungen sind, so erzeugen sie doch eine einheitliche Stimmung; sie sind ein ehrenvolles Zeugnis der vier bedeutendsten katholischen Maler des 19. Jahrhunderts,
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Deger malte später noch die Kapelle auf Schloß Stolzenfels aus, und K. Müllers später geschaffene Bilder „Die hl. Familie bei der Arbeit“ und „Die hl. Familie auf der Rast“, sowie Ittenbachs: „Unsere liebe Frau vom Herzen Jesu“, sind in Reproduktionen fast durch die ganze Welt verbreitet.
Den katholisch-religiösen Malern stellt sich der protestantische Maler Eduard von Gebhard (Kreuzigung, Der ungläubige Thomas, Auferweckung des Lazarus, Die Jünger in Emaus und Wandgemälde in der Friedenskirche zu Düsseldorf) würdig an die Seite.
Auf dem Gebiete der Genremalerei erlangten Schrödter (Rheinisches Wirtshaus, Don Quichote-Bilder, Auerbachs Keller), Hasenclever (Selbstbildnis, Bilder zu Kortüms Job-siade, Die Weinprobe und Die entzweiten Spieler), Rudolf Jordan (Bilder aus dem Fischerleben), Hübner (Die Weber, Das Jagdrecht), Jakob Becker (Landleute vom Gewitter erschreckt), Böttcher (Abend am Rhein, Sommernacht am Rhein, Auszug zur Weinlese), Ludwig Knaus (Leichenzug im Walde, In tausend Ängsten, Leichenbegängnis im Winter), Benjamin Vautier (Der Gast in der Herrenstube, Bange Stunden, Am Brunnen, Im Trauerhause, Antiquitätensammler, Die letzte Fahrt, Fruchtlose Strafpredigt), Wilh. und Karl Sohn einen weitreichenden Ruf. Andreas Achenbach (Gebirgslandschaft, Festtag in Ostende, Mondnacht) und Oswald Achenbach (Bilder aus Italien) sind Düsseldorfs bedeutendste Landschaftsmaler. Wilhelm Kamphausen (Parade in Potsdam, Das Dragonerregiment Anspach-Baireuth, Blüchers Rheinübergang und Kaiser Wilhelms Einmarsch in Frankreich), Emil Hünten (Rekognoszierung bei Bois commun, Die 39er bei Gravelotte), Peter Janssen (Wandgemälde in der Aula der Universität Marburg), Fritz Roeber (Heinrich IV. Empfang bei den Bürgern Cölns und Ein toller Tag König Wenzels) und Th. Rocholl (Episode aus der Schlacht bei Vionville, Nachzügler bei siegreicher Attake, Waldrast), gehören zu den bedeutendsten Ge-schichtsmalern der neueren Zeit. Im letzten Jahrzehnt hat die Düsseldorfer Kunst einen bedeutenden Aufschwung genommen, und wenn nicht alle Anzeichen trügen, geht sie einer neuen Blüte entgegen. Namen wie Liesegang, Claren-bach, Wille, Nikutowski, Bretz, Hermanns, Mühlig, E. Kampf, Schreuer u. a, bürgen dafür.
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Neben der Malkunst blühte im letzten Jahrhundert im Rheinlande auch die Dichtkunst, besonders um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Außer Arndt, Schenkendorf, Freiligrath und Smets, die keine geborenen Rheinländer sind, wären neben Heine und Nikolaus Becker, dem Dichter des Rheinliedes ,,Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“, von den Rheinpoeten besonders Simrock, W. Müller und E. Rittershaus zu nennen.
Karl Joseph Simrock wurde zur Zeit der Franzosenherrschaft 1802 in Bonn geboren. Irotzdem seine Erziehung von französischen Einflüssen nicht frei blieb, entwickelte sich seine Persönlichkeit zu einer ausgeprägt deutschen. Nachdem er das französische Lyzeum in Bonn besucht hatte, gehörte er zu den ersten Schülern der neugegründeten Bonner Hochschule. Er studierte die Rechte, deren Studium er später in Berlin fortsetzte. August W. von Schlegels Vorlesungen über deutsche Sprache und Literatur in Bonn und Lachmanns Vorlesungen in Berlin, die Simrock eifrig besuchte, blieben auf ihn nicht ohne Einfluß. Schon als 25jähriger Jüngling gab er 1827 seine Übersetzung des Nibelungenliedes heraus, die von dem Dichterfürsten Goethe als wohlgelungen bezeichnet wurde und die uns dies größte Heldengedicht deutscher Zunge wieder lebendig machte. Mit dieser Arbeit betrat Simrock das Gebiet, das er später so fleißig und erfolgreich bebaut hat. Ihm ist es vor allem zu danken, daß die alten Volks- und Kunstepen: Nibelungenlied, Gudrun, der arme Heinrich, Parzival, Titu-rel u. a., die er übersetzte und zu dem sogenannten „Heldenbuche vereinigte, dem deutschen Volke wieder zugänglich wurden. Im Jahre 1850 nahm Simrock eine ihm angebotene Professur in Bonn an. Bis zu seinem Tode 1876 hat er der Wissenschaft treu gedient. Sein Grab fand er auf dem alten Bonner Kirchhofe, Zahlreiche junge Männer haben als Schüler zu seinen Füßen gesessen, und noch mehr haben aus seinen zahlreichen Schriften gesunde Wissenschaft getrunken, Aus der großen Zahl seiner Schriften seien hier außer dem Heldenbuche seine „Deutsche Märchen“, „Deutsche Sagen“, „Die Rheinsagen“, „Die deutschen Sprichwörter“, „Das deutsche Rätselbuch“, „Das deutsche Kinderbuch“, „Die deutschen Volkslieder“, „Die deutschen Kriegslieder“, „Die deutschen Weihnachtslieder“, „Walter von der Vogel-
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weides Gedichte“, „Die deutsche Mythologie“, „Das malerische und romantische Rheinland“ genannt. Durch seine Schriften hat Simrock das deutsche Nationalgefühl zur Zeit der deutschen Kleinstaaterei neu belebt und mächtig mitgearbeitet an der Einigung des Vaterlandes, die er noch im rüstigen Alter 1871 miterlebte. In Anerkennung der hervorragenden Verdienste wurde 1903 dem Dichter, Sammler und Forscher im Hofgarten in Bonn in der Nähe des Arndtdenkmals ein prächtiges Monument errichtet: eine panzer-gewaffnete Frauengestalt reicht der Herme des Dichters den verdienten Lorbeerzweig.
Mit Simrock geistig nahe verwandt, mit ihm aber auch eng befreundet ist Wilhelm, oder wie er sich zum Unterschiede von dem gleichnamigen Dessauer Dichter nannte; Wolfgang Müller von Königswinter. In dem reizenden Siebengebirgsstädtchen am Fuße des weltbekannten Drachenfels stand 1816 seine Wiege. In Bonn studierte er nach dem Wunsche des Vaters Medizin; hier lernte er Simrock und die nachher durch ihre Dichtungen und demagogischen Umtriebe berühmt gewordenen Kinkel und Freilig-rath kennen. In Berlin vollendete Müller seine Studien, ging dann nach Paris, wo er einige Zeit mit Heinrich Heine verkehrte. Beim Tode seines Vaters kehrte er nach Deutschland zurück und ließ sich in Düsseldorf als Arzt nieder. Die Stadt Düsseldorf sandte ihn 1848 als ihren Vertreter ins Vorparlament und darauf als Abgeordneten zur Nationalversammlung zu Frankfurt, Im Jahre 1853 siedelte Müller nach Cöln über, legte bald seine Berufstätigkeit nieder und lebte ganz der Wissenschaft und seiner Muse, In Cöln hauchte er 1873 auch seinen Dichtergeist aus; seine sterblichen Überreste ruhen auf dem Kirchhofe Melaten bei Cöln.
Wolfgang Müller ließ schon 1841 seine „Jungen Lieder“ erscheinen, die mehrmals ihre Fahrt durch Deutschland hielten. Ihnen folgten seine Epen „Rheinfahrt“, „Maikönigin“, „Der Rattenfänger von St. Goar“, „Prinz Minnewein“ und „Johann von Werth“, deren Schauplatz der Rhein ist, und seine „Gedichte“. Von letzteren brauchen wir nur „Schwert und Pflug“ und „Der Mönch von Heisterbach“ zu nennen, um seinen Dichterberuf zu rechtfertigen. Den Rheinreisenden bekannt sind seine „Sommertage im Siebengebirge“, die er seiner engeren Heimat widmete. In seiner
Kreuzberg, Geschichtsbilder aus dem Rheinlande. J3
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Geburtsstadt Königswinter wurde ihm, dem Sänger des vielgenannten Liedes ,,Mein Herz ist am Rhein“, 1896 ein Denkmal errichtet, das mit seinen Liedern ihn der Nachwelt erhält.
Bedeutender als in politischer Beziehung ist Gottfried Kinkel (1813/82) als Poet geworden. Sein Epos ,,Otto der Schütz“ und seine erzählende Dichtung „Der Grobschmied von Antwerpen“ sowie seine Balladen „Dietrich von Berne“ und „Petrus“ und seine lyrischen Gedichte („Abendstille“, „Die Auswanderer des Ahrtals“ u. v. a.) sichern ihm eine bleibende Stelle in der Literaturgeschichte. Der von ihm und seiner Gattin Johanna Mockel 1840 in Bonn begründete „xMaikäferbund“ bildete vielfach den Nährboden der übrigen rheinischen Dichter.
In Düsseldorf begründete Karl Lebrecht Immermann (der dort seit 1827 Landgerichtsrat war) einen literarischen Kreis, der besonders durch Immermanns Leitung der Düsseldorfer Musterbühne (1834/37) für die Entwicklung der dramatischen Literatur bedeutungsvoll wurde. Immermanns bedeutendste Werke (Merlin, die Epigonen, Münchhausen, der Oberhof) entstanden in Düsseldorf.
Im Wuppertale bildete sich in den vierziger Jahren die sogenannte „Wuppertaler Dichtergruppe“, als deren bedeutendste Mitglieder E. Rittershaus und Friedrich R o e b e r, der Vater der beiden Maler Fritz und Ernst Roeber, gelten. Emil Rittershaus (1834/97), lebte als Kaufmann in Barmen. Neben seinen „Gedichten“ fand besonders seine Gedichtsammlung „Am Rhein und beim Wein“ in den Rheinlanden willkommene Aufnahme. Ihm errichtete man in Barmen ein Denkmal. Friedrich Roeber (1819/1901) ist als Dramatiker („Tristan und Isolde“, „Appius Claudius“, „Kaiser Heinrich IV.“, „Kaiser Heinrich V.“, „Sopho-nisbe“, „Kurfürst Friedrich III.") in der Gesichichte der deutschen Literatur eine nicht unbekannte Persönlichkeit, — Wenn auch die Poeten der Rheinlande nicht Sterne erster Größe am literarischen Himmel sind, so nehmen sie doch unter den deutschen Dichtern des 19. Jahrhunderts eine hervorragende Stelle ein.
Daß am Rhein auch heute noch der Trieb zu poetischem Schaffen rege ist, bev/eisen die von Fastenrath im Jahre 1898 begründeten Cölner Blumenspiele, die alljährlich auf
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den ersten Maisonntag zahlreiche deutsche Dichter und Dichterinnen zu edlem Wettstreit laden. Das beweisen aber auch die Namen Rudolf Herzog, Josef Lauff, Herbert Eulenberg, Wilhelm Schmidt-Bonn und Nanny Lambrecht, die in der literarischen Welt einen guten Klang haben.
Im Jahre 1915 sind hundert Jahre verflossen, seitdem das Rheinland mit der Krone Preußens vereinigt wurde. Wenn wir dieses Jahrhundert hier noch einmal überblicken, so können wir uns der Erkenntnis nicht verschließen, daß diese Zeit für unsere Provinz ein Jahrhundert der Entwicklung auf politischem, wirtschaftlichem und geistigem Gebiete war, wie keines seiner Vorgänger. Während sich das Rheinland und Preußen anfangs ziemlich fremd und kühl gegenüberstanden, sind sie sich allmählich näher gerückt: sie lernten sich gegenseitig verstehen und richtig werten. Heute ist das Rheinland so gut preußisch wie deutsch, es läßt sich von keinem Teile unseres Vaterlandes an Vaterlandsliebe und Opfermut übertreffen, es wirkt im Ganzen und seine Bedeutung wird im Ganzen erhöht.
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I. Anhang.
Die Verwaltung der Rheinprovinz.
Die Rheinprovinz, die gegenwärtig fünf Regierungsbezirke mit 70 Kreisen umfaßt, bildet, wie jede preußische Provinz, einen selbständigen Verband mit Selbstverwaltung1). Die rheinische Provinzialordnung datiert vom
1) Der Regierungsbezirk hat keine besondere Selbstverwaltung; doch nimmt der Bezirksausschuß, der aus dem Regierungspräsidenten, zwei vom König auf Lebenszeit ernannten und vier vom Provinzialausschuß aus den Eingesessenen des Regierungsbezirks gewählten Mitgliedern besteht, eine ähnliche Stelle im Regierungsbezirk ein, wie der Kreisausschuß im Kreise, — Der K r e i s ist wieder ein Seibstverwaltungsverband. An der Spitze des Landkreises steht der L a n d r a t, den der König auf Vorschlag des Kreistages ernennt. Den Landrat vertritt einer der auf sechs Jahre vom Kreistag gewählten zwei Kreisdeputierten oder für kürzere Zeit der Kreissekretär, Der Kreistag wird aus drei Wahlverbänden der Großgrundbesitzer, der Landgemeinden und der Städte auf; je sechs Jahre gewählt. Die Zahl der Mitglieder beträgt 25—50. Alle drei Jahre scheidet die Hälfte aus. Der Kreistag hat den Landrat zum Vorsitzenden und wird auch von ihm einberufen. Er beschließt in öffentlichen Sitzungen über die Angelegenheiten des Kreises; er wählt die Kreisdeputierten und die Mitglieder des Provinziallandtages. Der Kreisausschuß, dessen sechs Mitglieder auf sechs Jahre gewählt werden, wird vom Landrat geleitet; er führt die Beschlüsse des Kreistage, die er auch vorbereitete, aus, ernennt die Kreisbeamten und besorgt auch die Geschäfte der Staatsregierung. In den Stadtkreisen entsprechen dem Landrat, Kreisausschuß und Kreistag der Landkreise Oberbürgermeister, Stadtausschuß und die Stadtverordneten - Versammlung. In den Landgemeinden, die sich auch selbst verwalten, steht an der Spitze der Vorsteher bzw. Bürgermeister, in den Stadtgemeinden der Bürgermeister resp. Oberbürgermeister, Ihnen zur Seite steht auf dem Lande der Gemeinderat, in den Städten die Stadt verordneten-Vers a m m 1 u n g (bei 2500 Einwohnern — 12, bei 5000 — 18, bei 10 000 — 24, bei 20 00 — 3 Mitglieder). [Unter den 132 Städten der Rheinprovinz hat nur Rheinberg einen Magistrat.] Gemeinderat und Stadtverordnete werden nach dem Dreiklassensystem öffentlich auf sechs Jahre gewählt. Alle drei Jahre scheidet ein Drittel aus.
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1. Juni 1887. Selbstverwaltungsbehörden der Provinz sind der Provinziallandtag, der Provinzialausschuß und der Landeshauptmann. Sitz der Provinzialbehörde ist Düsseldorf.
Der Provinziallandtag besteht zur Zeit aus 204 Abgeordneten 1), die in den Landkreisen vom Kreistage, in den Stadtkreisen von der Stadtverordneten-Versammlung auf sechs Jahre gewählt werden. Mindestens alle zwei Jahre wird der Provinziallandtag durch Verordnung des Königs nach Düsseldorf einberufen. Den öffentlichen Sitzungen wohnt als Königlicher Kommissar der Oberpräsident bei. Die Staatsregierung überweist dem Provinziallandtage die Gesetzentwürfe, welche die Provinz betreffen, zur Begutachtung. Er beschließt über die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Provinz (Straßenbau, industrielle Anlagen u. a.), über das Landarmenwesen, über das Blinden-, Taubstummen-, Idioten- und Besserungswesen, über Museen und andere Anstalten der Provinz; er stellt den Provinzialhaushaltsetat fest, bestimmt die Zahl, die Besoldung und die Anstellungsart der Beamten, wählt den Landeshauptmann sowie die oberen Beamten und den Provinzialausschuß. Er kann Anträge und Beschwerden an die Staatsregierung richten, und er kann Statuten und Reglements für den Provinzialverband erlassen. Diese dürfen selbstverständlich den Staatsgesetzen nicht widersprechen. Auf Antrag des Staatsministeriums kann der König den Provinziallandtag auflösen. Der Provinzial-Ausschuß besteht aus 13 Mitgliedern und dem Vorsitzenden2). Diese werden auf sechs Jahre vom Provinziallandtage gewählt. Der Provinzial-Ausschuß führt mit dem Landeshauptmann, der ebenfalls von dem Provinziallandtage gewählt wird, die Verwaltungsgeschäfte der Provinz. Er bereitet die Vorlagen des Provinziallandtages vor und führt dessen Beschlüsse
1) Für jeden Kreis mit weniger als 40 000 Einwohnern wird ein Abgeordneter, für jeden Kreis mit 40 000 und mehr Einwohnern werden zwei Abgeordnete gewählt; erreicht die Einwohnerzahl 80 000, so werden drei Abgeordnete gewählt; für jede fernere Vollzahl von 50 000 tritt ein Abgeordneter hinzu. Trier sendet 31, Coblenz 27, Cöln 35, Aachen 20 und Düsseldorf 91 Mitglieder.
2) Die Mitglieder und der Vorsitzende haben je einen Stellvertreter.
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aus; er ernennt auch die Beamten, soweit diese nicht vom Provinziallandtage ernannt werden. Der Landeshauptmann, der nach der ^X/^ahl durch den König Bestätigt und vom Oberpräsidenten vereidigt und in sein Amt eingeführt wird, ist der oberste Provinzialbeamte und vertritt den Provinzialverband in allen Angelegenheiten. 19 Landesräte sind dem Landeshauptmann zur Unterstützung beigegeben. Die staatliche Aufsicht über die Verwaltung der Provinz führt der 0 b e r p r ä s i d e n t, der seinen Sitz in Coblenz hat und dem Ministerium des Innern unterstellt ist. Der Oberpräsident wird bei der Ausübung der allgemeinen Landesverwaltung durch den P r o v i n z i a 1 r a t mit sechs Mitgliedern unterstützt. Dieser besteht aus dem Oberpräsidenten als Vorsitzendem, einem vom Könige ernannten höheren Verwaltungsbeamten und fünf erwählten Mitgliedern des Provinzialausschusses. Der Oberpräsident ist V orsitzender des Provinzialschulkollegiums, dem die Aufsicht über die höheren Schulen und Lehrerseminare, der Blinden- und Taubstummenanstalten obliegt, des Konsistoriums, der obersten Provinzialbehörde der evangelischen Kirche und des Medizinalkollegiums, welches das Gesundheitswesen der Provinz leitet.
Der Etat der Rheinprovinz wies für das Jahr 1913 in Einnahme und Ausgabe über 39 Millionen Mk. auf. Die Einnahme setzt sich in der Hauptsache aus Staatszuschüs-s«n, Reinerträgen der Landesbank, der Feuerversicherung und der Provinzialeisenbahnen sowie aus besonderen Provinzialsteuern zusammen. Die Ausgaben werden durch die oben genannten mannigfachen Aufgaben bedingt.
Die Rheinprovinz und das Fürstentum Birkenfeld bilden den Bezirk der Oberlandesgerichte Cöln und Düsseldorf mit den elf Landgerichten Saarbrücken, Trier, Coblenz, Aachen, Bonn, Cöln, Elberfeld, Düsseldorf, M. Gladbach, Crefeld und Cleve; der Stadt- und Landkreis Essen, die Kreise Rees, Ruhrort, Duisburg und Mülheim a. d. Ruhr mit den Landgerichten Duisburg und Essen gehören zum Oberlandesgericht Hamm, die Kreise Wetzlar und Neuwied, der größte Teil des Kreises Altenkirchen (links von der Sieg) und ein Teil des Kreises Coblenz mit dem Landgerichte Neuwied zählen zum Oberlandesgericht Frankfurt.
In elf rheinischen Städten bestehen Gewerbe-
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g e r i c h t e, in 20 Handelskammern. Oie Bergbehörden der Rheinprovinz unterstehen dem Oberbergamt Bonn, mit Ausnahme der Kreise Rees, Essen, Duisburg und der nördlich von der Düsseldorf-Schwelmer Straße gelegenen Teile der Kreise Düsseldorf und Elberfeld, die zum Oberbergamt Dortmund gehören. Die Verwaltung der fiskalischen Gruben und Hütten führt die Königliche Bergwerksdirektion zu Saarbrücken.
In militärischer Beziehung verteilt sich die Rheinprovinz auf das VII. westfälische und das VIII. ursprünglich rheinische Armeekorps; sie umfaßt außerdem einzelne Teile des XVI., XVIII. und XXI. Armeekorps. Sitz des
VII. Korps ist Münster, der Kommandierende General des
VIII. Korps wohnt in Koblenz. Das VIII. Armeekorps umfaßt die 15. und 16. Division. Zur 15. Division gehört die
29, und 80. Infanterie-Brigade (Inf.-Rgt. 25 und 161, 65 und 160), die 15, Kavallerie-Brigade (Kürassier-Rgt, Nr, 8 und Husaren-Rgt. Nr 7) und die 15, Feld-Artillerie-Brigade (Feld-Art,-Rgt, Nr. 59 u. 83). Zur 16. Division gehört die
30. u. 31. Infanterie-Brigade (Inf.-Rgt. 28 u, 68, 29 u, 69), die 16, Kavallerie-Brigade (Jäger-Rgt. zu Pferde Nr. 7 u. 8) und die 16. Feld-Artillerie-Brigade (Feld-Art.-Rgt. Nr. 23 u. 44). Außerdem gehört zum VIII. Armeekorps die Ma-schinengewehr-Abt. Nr, 2, die Festungs-Maschinengewehr-Abt, Nr. 7, das Schleswig-Holst. Fuß-Art.-Rgt. Nr. 9, das 1. Rhein. Pionier-Bat. Nr. 8 mit Scheinwerferzug, das 3. Rhein, Pion.-Bat. Nr. 30, das Telegrafen-Bat. Nr. 3, das Luftschiffer-Bat. Nr. 3, das Flieger-Bat. Nr. 3, die Festungs-Fernsprech-Komp. Nr. 6, die Radiostation in Cöln, das Rhein. Train-Bat. Nr. 8, die Unteroffizierschule in Jülich, der Truppenübungsplatz Elsenborn und der Fußartillerie-Schießplatz Wahn. Vom VII. Armeekorps ist in der Rheinprovinz die 14. Division garnisoniert. Zu ihr gehört die 27., 28. und 79. Inf.-Brigade (Inf.-Rgt. Nr. 16 u. 53, 39, 159, 56 und 57), die 14. Kavallerie-Brigade (Husaren-Rgt. Nr. 11 und Ulanen-Rgt. Nr. 5), die 14. Feld-Art.-Brigade (Feld-Art.-Rgt. Nr. 7 u. 43). Vom 16. Armeekorps kommt auf die Rheinprovinz die zur 34. Division (Metz) gehörige 86. Inf.-Brigade (Inf.-Rgt. Nr, 30 u, 73) und die 45. Kavallerie-Brig. (Husaren-Rgt. Nr. 13 u. Jäger-Rgt. zu Pferde Nr. 13). Zum XVIII. Armeekorps gehört das Bezirkskommando Wetzlar.
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Das XXI. Armeekorps wird von Saarbrücken aus kommandiert. Von ihm gehören zur Rheinprovinz von der 31. Division die 32. Infanterie-Brigade (Inf.-Rgt. Nr. 70 u. 174), die 31. Kavallerie-Brigade (Dragoner-Rgt. Nr. 7 und Ulanen-Rgt. Nr. 7), die Landwehr-Insp. Saarbrücken, die Bezirkskommandos zu Kreuznach, Saarbrücken und St. Wendel, ferner von der 42. Division die 42. Feld-Art.-Brigade (Feld-Art.-Rgt. Nr. 8 u. 15).
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II. Anhang.
Aus der Literatur zur rheinischen Geschichte.
I. Zeitschriften:
1. Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. Cöln
1865 u. ff.
2. Archiv f. d. Gesch. des Niederrheins. 7 Bde. 1832—1870.
3. Aus Aachens Vorzeit. Aachen 1890 u. ff.
4. Beiträge zur Gesch. des Niederrheins. Düsseldorf 1886 u. ff.
5. Beiträge z. Gesch. der Stadt u. d. Stifts Essen. Essen 1881 u. ff.
6. Jahrbücher des Vereins v. Altertumsfreunden. Bonn 1842 u. ff.
7. Mitteilungen des Rhein. Ver. f. Denkmalpflege u. Heimatschutz,
Düsseldorf 1897 u. ff.
8. Picks Monatsschrift. I.—VIII. 1875/81,
9. Rheinische Geschichtsblätter. Bonn 1895 u. ff.
10. Trierer Archiv, Trier 1898 u, ff.
10a. Trierer Jahresberichte der Gesellschaft für nützliche Forschung, 1874 u. ff.
11. Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Trier
1882—1914.
12. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Aachen 1880 u. ff.
13. Zeitschrift d. Bergischen Geschichtsvereins. Elberfeld 1863 u. ff.
II. Einzelschriften:
14. Aldenhoven u. a., Führer durch das Städtische Museum Wall-
raff-Richartz in Cöln. Cöln.
15. Aldenhoven, Geschichte der cölnischen Malerschule. Lübeck
1902,
16. Arnold, Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme.
Marburg. 2. A. 1881,
17. Asbach, Zur Geschichte und Kultur der römischen Rheinlande.
Berlin 1902.
18. Averdunk, Geschichte der Stadt Duisburg bis 1666. Duisburg
1894.
19. Averdunk, Duisburg u. der Niederrhein zur französ. Zeit. Duis-
burg 1907.
20. Beiträge zur Geschichte des Herzogtums Cleve. Festschrift.
Cöln 1909.
21. Beckmann, Heinrich Lindenborn, der cöln.Diogenes. Bonn 1908.
22. Bender, Illustrierte Geschichte der Stadt Cöln. Cöln 1912.
23. Bensel, Niederrheinisches Geistesleben im Spiegel clevischer
Zeitschriften des 18. Jahrhunderts. Bonn 1912.
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24. Bergk, Zur Geschichte u. Topographie der Rheinlande in röm.
Zeit. Leipzig 1882.
25. Bettingen, Geschichte der Stadt und des Amtes St. Wendel.
St. Wendel 1865.
26. Binterim u. Mooren, Die Erzdiözese Cöln bis zur französischen
Staatsumwälzung. Bd. I u. II. Düsseldorf 1892/93.
27. Binz, Doktor Johann Weyer, ein rhein. Arzt, der erste Be-
kämpfer des Hexenwesens. Bonn 1885.
28. Brandt u. Most, Heimat- und Wirtschaftskunde f. Rheinland u.
Westfalen. Essen 1914.
29. Clapp, Die Rheinschiffahrt. Inaug.-Diss. Berlin 1910.
30. Clemen, Die romanischen Wandmalereien im Rheinlande. Düs-
seldorf 1905.
31. Clemen und Renard, Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.
9 Bde. Düsseldorf 1891 u. ff. .
32. Cramer, Das römische Trier. Gütersloh 1911.
33. Cramer, Römisch-germanische Studien. Leipzig 1913.
34. Cramer, Rhein. Ortsnamen in vorröm. u. röm. Zeit. Düsseldorf
1901.
35. Crecelius, Beiträge zur Bergisch-Niederrheinischen Geschichte.
Elberfeld, o. J.
36. Deutschmann, Die Rheinlande vor der Französischen Revolu-
tion, Neuß 1902.
37. Diel, Friedrich von Spee. Freiburg 1872.
38. Drouven, Die Reformation in der Cölnischen Kirchenprovinz,
Neuß und Cöln.
39. Dumont, Geschichte der Pfarreien der Erzdiözese Cöln. 5 Bde.
Cöln 1886/96.
40. Düsseldorf, Geschichte der Stadt in 12 Abhandlungen. Fest-
schrift, Düsseldorf 1888.
41. Enders, Gottfried Kinkel im Kreise seiner Jugendfreunde, Bonn
1913.
42. Ennen, Geschichte der Reformation im Bereiche der alten Cöl-
ner Kirchenprovinz. Cöln 1849.
43. Fischer, Reinald von Dassel, Cöln 1860.
44. Funcke, Beiträge zur alten Geschichte der bergischen Haupt-
stadt Wipperfürth. Crefeld 1889.
45. Gissinger, Geschichte der Stadt Euskirchen. Festschrift. Eus-
kirchen 1902.
46. Gothein, Geschichtliche Entwickelung der Rheinschiffahrt im
19. Jahrhundert. Leipzig 1903.
47. Hantersweiler, Chronik der Stadt Wesel. Wesel 1881,
48. Haagen, Geschichte Aachens. Aachen 1873,
49. Hansen, Gustav Mevissen. 1815/99. 2 Bde. Berlin 1906.
203
50. Hashagen, Das Rheinland und die französische Herrschaft.
Bonn 1908,
51. Hecking, Geschichte der Stadt und ehemaligen Herrschaft St,
Vith. St. Vith 1875.
52. Heider, Zur Entwicklung der rhein. Landwirtschaft im 19. Jahr-
hundert. Cöln 1911.
53. Heinekamp, Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart. Siegburg
1897.
54. Hermanns, Gesch. von Benrath u. Umgebung. Düsseldorf 1889.
55. Hermes, Über das Leben und die Schriften des Johannes von
Trittenheim. (Programm.) Prüm 1901.
56. Hettner, Führer durch das Provinzial-Museum in Trier. Trier
1903,
57. Hölterhoff, Vaterlandskunde zunächst für die Rheinprovinz,
Solingen 1828.
58. Joesten, Kulturbilder aus dem Rheinlande. Bonn 1902.
59. Joesten, Literarisches Leben am Rhein. Bonn 1899,
60. Jülich, Histor. Reminiszenzen der Veste Jülich. Jülich 1889.
61. Kaufmann A., Cäsarius von Heisterbach. 2. A, Cöln 1862.
62. Kaufmann L., Bilder aus dem Rheinlande. Cöln.
63. Kessel, Geschichte der Stadt Ratingen. 2. Bd, Cöln u. Neuß
1877.
64. Keussen, Die Stadt u. die Herrlichkeit Crefeld. Crefeld 1859/67.
65. Klein, Geschichte von Boppard. Boppard 1909.
66. Kleinen, Die Einführung des Christentums in Cöln und Um-
gegend. (Programm.) 2 Teile. Cöln 1888/89.
67. Koch, Geschichte der Stadt Eschweiler und der benachbarten
Ortschaften. Eschweiler 1882.
68. Koenen, Gefäßkunde der vorrömischen, römischen und fränki-
schen Zeit in den Rheinlanden. Bonn 1895.
69. Koepp, Die Römer in Deutschland. Bielefeld 1905.
70. Koepper, Literaturgesch. des rhein.-westf. Landes, o, J. (1897). 7J, Krach, Vluyn. Seine Geschichte bis zum Anfänge des 19. Jahrhunderts. Crefeld 1908.
72. Kraus, Die christl. Inschriften im Rheinlande. Heft 1 u 2. Frei-
burg 1890/94.
73, Krupp 1812/1912, Festschrift, Jena 1912.
74- Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins. 4 Bde. Düsseldorf 1840/58.
75. Lamprecht, Skizzen zur rheinischen Geschichte. Leipzig 1887.
76. Lau, Entwickelung der kommunalen Verfassung und Verwal-
tung der Stadt Cöln bis zum Jahre 1396. Bonn 1898.
77. Lehner, Das Provinzialmuseum in Bonn. Heft 1, Die römischen
Skulpturen. Bonn 1*>05.
204
78. Lehner, Führer durch das Provinzial-Museum zu Bonn. Bonn.
79. Lempens, Geschichte der Stadt Elberfeld. Elberfeld 1888.
80. Leonardy, Geschichte des Trierischen Landes u. Volkes. Trier.
81. Lesser, Erzbischof Poppo von Trier. Leipzig 1888.
82. Lindner, Anno II., der Heilige. Leipzig 1869.
83. Linnich, Historische Nachrichten über die Stadt Linnich. 1863.
84. Mackes, Aus dem alten Neuwerk. Viersen 1913.
85. Marx, Geschichte des Erzstiftes Trier. Trier 1864.
86. Mestwerdt, Das clevische Land seit der Vereinigung mit Bran-
denburg. 2 Teile. Cleve 1909/10.
87. Montanus, Die Vorzeit. Sagen und Geschichte der Länder
Cleve, Mark, Jülich-Berg und Westfalen. Elberfeld.
88. Much, Deutsche Stammessitze. Halle 1892.
89. Müller, Anno II., der Heilige. Leipzig.
90. Nießner, Rheinland und Westfalen während der Sturmjahre
1848/49. Aachen 1906.
91. Quetsch, Geschichte des Verkehrswesens am Mittelrhein. Frei-
burg 1891.
92. Rademacher, Führer durch das prähistorische Museum in Cöln
a. Rhein. Cöln 1910.
93. Reichensperger, Erlebnisse eines alten Parlamentariers im Re-
volutionsjahre 1848. Berlin 1882.
94. Renard, Cöln. (Berühmte Kunststätten Bd. 38.) Leipzig 1907.
95. Rothert, Rheinland und Westfalen im Wechsel der Zeit. Düs-
seldorf 1900.
96. Ruhrort, Geschichte der Stadt. Ruhrort 1882.
97. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata. Trier.
98. Schaarschmidt, Zur Geschichte der Düsseldorfer Kunst, beson-
ders im 19. Jahrhundert. Düsseldorf 1902.
99. Schaumburg, Die Begründung der brandenburgisch-preußischen
Herrschaft am Niederrhein. Wesel 1859,
100. Scheins, Urkundl. Beiträge zur Gesch. der Stadt Münstereifel,
Münstereifel 1894.
101. Schmidt, Geographie und Geschichte des Herzogtums Berg, der
Grafschaft Mark und des Ruhrdepartements. Aachen.
102. Schmitz, Geschichte der Stadt Rheydt. Rheydt 1897.
103. Schneider, Beiträge zur alten Geschichte und Geographie der
Rheinlande. Düsseldorf,
104. Schöneshöfer, Geschichte des Herzogtums Berg. 2. A. Elber-
feld 1908..
105. Schölten, Die Stadt Cleve. Cleve 1879.
106. Schorn, Eiflia sacra. 2 Bde. Bonn, 1887/88.
107. Schulteis u, Fabricius, Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz,
108. Schultz, Von rheinischer Dichtung. 1909,
205
109. Schurz, Lebenserinnerungen. Bd. 1. Berlin 1906.
110. Simons, Geschichte der Jüiichschen Herrschaft Bollheim. Eus-
kirchen 1907.
111. Spenrath u. Mooren, Altertümliche Denkwürdigkeiten der Stadt
Xanten. Crefeld 1837/38.
112. Stollwerck, Kirchen- und Profangeschichte der Stadt Ürdingen
und der umliegenden Ortschaften. Ürdingen 1881.
112a. Stolz, Düsseldorf. Bd. 32 der Stätten der Kultur. Leipzig 1914.
113. Stramberg, Rheinischer Antiquarius, Coblenz,
114. Thun, Die Industrie am Niederrhein. I. u. II. Leipzig 1879.
114. Tücking, Geschichte der Stadt Neuß. Düsseldorf u. Neuß 1891.
115. Vollheim, Die provisorische Verwaltung am Nieder- und Mittel-
rhein. Bonn 1914.
116. Wegeier, Beiträge zur Gesch. der Stadt Coblenz. Coblenz 1881.
117. Wentzke, Justus Grüner, der Begründer der preuß. Herrschaft
im Bergischen Lande. Heidelberg 1913.
118. Werth, Geschichte der Stadt Barmen. Barmen 1908.
119. Wolff, Geschichte der Stadt Calcar. Frankfurt a. M. 1893.
120. Zuccalmaglio, Kleinere Schriften. Bonn.
206
Namen- und Sachverzeichnis.
(Die Ziffern bezeichnen die Seite.)
A.
Aachen 27. 36, 37, 38, 53, 56, 73, 74, 110, 114.
Absotutismus 128.
Achenbach 191.
Ackerbau, siehe Landwirtschaft!
A n pnah 4x
Adolf I.—VII. v^n Berg 75/78, 86, 87 Adolf von Cöln 66, 77.
Adolf v. d. Mark 80.
Adolf von Nassau 68.
Aduatuker 15.
Aducht von der 97.
Agrippa 11, 17.
Agrippina 17.
Agritius 40.
Ahrweiler 43, 95.
Akademie für prakt. Medizin 184. Albertus Magnus 87.
Albrecht von Brandenburg 92, 93. Albrecht Friedrich v. Preußen 118. Aldekerk 101.
Alemannen 22, 24, 34.
Aliso 18.
Aldenhoven 149.
Allenbach 8.
Altenrath (Siegkreis) 5, 9. Altenberg 77, 86, 87.
Altenkirchen 14.
Altfred 43.
Altkatholiken 185.
Amalarius 49.
Amel 97.
Amphitheater 26.
Amsivarier 33.
Andernach 2, 4, 11, 23, 30, 3, 37, 54, 66 77. 92, 95, 97, 123, 142. Anna von Jülich-Cleve-Berg 119. Anneke 171.
Anno von Cöln 58, 65.
Antoinette von Lothringen 118.
Ara Ubiorum 17.
Aremberg 8.
Arndt 170.
Arnold, Erzbischof v. Trier 63. Arnold ü. u. III. v. Cleve 79, 86. Arnulf von Kärnthen 38.
Arzfeld 153.
Athanasius 40.
Aufstand in Flandern 113. Augustus 17, 19, 21, 26.
Ausonius 30.
Ausstellungen in Düsseldorf 180.
B.
Bacharach 5, 7, 11, 87, 95, 121,141 Balduin III. von Cleve 79.
Balduin von Trier 53 u. ff. Baesweiler 74.
Baseler Friede 150.
Basilika 26.
Bataver 15, 17, 18, 19, 21. Baudissin 122.
Bauernkriege 110.
Baukunst 86, 104.
Becker, Jakob 191.
Bedburg 5, 125,
Bedburg b. Cleve 79.
Beethoven 175.
Befreiungskrieg 163 u. ff. Begräbnisart 7, 13, 32, 49. Bendemann 190.
Benedikt von Amann 93.
Benrath 28.
Bensberg 132, 145, 151, 164. Berdolet 158.
Bergheim (Sieg] 28.
Berg Herzogtum 75 u. ff. 154. Berndorf bei Hillesheim 8. Bernkastel 11.
Bertrich 17.
Besseringen (Kreis Merzig) 9.
Biewer (Kreis Trier) 9. Bildungswesen 30, 49, 60, 87, 100, 143, 144, 159, 183.
Bingen 7, 23, 30, 70, 141.
Birk (Siegkreis) 9.
207
Birkclm 97.
Birresborn 5.
Birten 63.
Bitburg 11, 29.
Blankenberg a. d. Sieg 123. Blankenheim i. d. Eifel 27, 139. Blankenstein, kaiserl. Feldherr 149. Blieskastel 109, 110.
Blumauer, Aloys 144.
Bohemund, Erzbischof v. Trier 65. Boissiree 146.
Bonifatius 42.
Bonn, 5, 11, 23. 30, 31, 38, 39, 52, 67, 77, 87, 92, 104, 126, 134. Bonosus
Boppard 11, 23, 30, 36, 87, 94, 147. Börfink 8.
Böttcher 191.
Brauweiler 58.
Breitenbend bei Linnich 120.
Brohl 21.
Broich 151.
Bronzezeit 6.
Brühl 91.
Brukterer 15, 33.
Brunnen 27.
Bruno, Erzbischof v. Cöln 55 u. ff.
59, 60, 65.
Bruno, Erzbischof v. Trier 63. Buchdruck 103, 145. Buchenlochhöhle bei Gerolstein 3. Buch Weinsberg 102.
Büllingen 47.
Burg a. d. Wupper 76, 84. Burtscheid 139.
Butzbach, Johann 101.
C.
Calbeck (Krs. Geldern) 9.
Calcar 79, 104, 135.
Caligula 20.
Camp bei Mörs 86, 139.
Canisius, Peter 113.
Caninefaten 34.
Carden a. d. Mosel 41.
Cäsar 1, 15 16.
Cäsarius von Heisterbach 86. Cäsarius von Meilendonck 43. Cassius 39.
Castra Vetera 18, 19, 21, 23, 26. Caub 11, 141.
Championette 150.
Chartularium Prumiense 43. Chatten 18, 20, 33, 35. Chlodewiech 25, 34, 35. Christentum 39.
Christoph v. Manderscheid 114. Civilis 21.
Claudius 20, 22.
Cleingedank 97.
Clemens August, Erzb. v. Cöln 144. Clemens August v. Droste-Vischering 185.
Clemens Wenzelaus v. Trier 142, 143. Clerfayt 149, 151.
Clermont 136.
Cleve, Stadt- und Herzogtum 5, 11, 16, 38, 78 u. ff.. 116, 129, 138. Cleverland 78.
Cobem a. d. Mosel 41.
Coblenz 13, 19, 23, 26, 30, 36, 38, 41, 87, 92, 94, 110, 130, 152. Cochem 84.
Code Napoleon 161.
Collaud 150.
Cöln 5, 7, 13, 17, 18, 20, 21, 22,23, 24, 25, 26, 27, 28, 30, 31, 36, 38, 44, 61, 66, 77, 87, 91, 95, 96, 97, 100, 104, 109, 126.
Cölner Dom 67, 87, 186.
Cölner Domschule 56, 60.
Cöln, Entwickelung der Stadt im Mittelalter 67 u. ff.
Cöln, Erzbistum 31, 34, 40, 41, 42, 52, 55, 65 u. ff.
Cölner Malerschule 104.
Colonia Trojana 26.
Commodus 22.
Constantin 24, 26, 40.
Constantius 24, 25.
Contades 137.
Cordei 5, 28.
Comelimünster 38, 43, 74, 86, 130. Cornelius 189,
Crefeld 110, 136.
Cues 106, 107.
D.
Dagobert I., 62.
Daun 8, 11, 43.
Daun, Karl Maria, Graf von 135. Deger 190.
Delbrück (Krs. Mülheim Rhein) 9. Demarkationslinie 150. Denkmalpflege 187.
Departements i. d. Rheinlanden 152, 153.
Deutz 36, 37, 86, 123, 136.
Dewora, V. J. 183.
Dichtkunst, siehe Literatur. Diesterweg 183.
208
Dietrich III. bis Dietrich X. von Cleve 79, 80, 85.
Dietrich Holzschuh 72.
Dietrich von Mörs, Erzbischof von Cöln 90.
Dietzenlei bei Gerolstein 8. Dinslaken 7, 80. Diokletian 39.
Disibod 41.
Domitian 21,
Domitius Corbulo 20.
Dörfer 8, 12, 27, 46. Dörpfeld 183.
Dormagen 21.
Drachenfels 84. Dreißigjäkriger Krieg 118. u, ff. Drusus 17, 18, 23. Duisburg 9, 36, 38, 53, 58, 80, 95, 103, 121.
Dünnwald 20, 133.
Düren 36, 37, 47, 73, 94f 120, 125. Düsseldorf 3, 9, 16, 28, 78, 136. Düsseldorfer Kunst 188.
E
Eberhard von Franken 53 n. ff. Ebernburg bei Kreuznach 84, 109. Eburonen 15, 16.
Echternach 43, 59 Eck, Johann 108. Efferen 97. Ehrenburg a, d. Mosel 84. Ehrenbreitstein 92.
Ehrenstein bei Asbach 123. Eickelskamp 150.
Eifel 13. Eisenbahnen 181.
Eisenzeit 1,
Elberfeld 42,
Elten 9, 18, 43, 79, 139, 154.
Eltz an der Mosel 34.
Emigranten 148. Emmerich 5, 9, 11, 16, 79, 97, 101 142. Emser Punktation 143. Engelbert von Berg 76. Engelbert I. von Cöln 66.
Engelbert II. von Cöln 67.
Engelbert von Trier 63. Erkelenz 125, Erpel 91, 93.
Erziehung, siehe Bildungswesen ! Eschweiler 47.
Essen 43. Essenberg 14.
Eucharius 39.
Eumenius 80.
Eupen 14.
Euskirchen 5, 43.
Ezo 58.
F.
Febronius 142.
Ferdinand, Erzbischof v. Cöln 121. Ferdinand, Herzog v. Braunschweig 136.
Ferschweiler Plaetau 18,
Fliegenberg bei Altenrath (Siegkr.) 13.
Fliessem 29.
Fliesteden, Peter 110.
Flittard 133.
Florentius 39,
Florinsabtei Coblenz 63,
Franken 22, 24, 25, 33 u. ff,
Franz von Sickingen 119. Französische Revolution 148. Französischer Krieg 173.
Frechen bei Cöln 124.
Friedrich I., Barbarossa 65, 76. Friedrich II,, Kaiser 66.
Friedrich II., König v, Preußen 134, Friedrich III, Kaiser 92.
Friedrich v. Oberlothringen 55. Friedrich Wilhelm IV. 171.
Friesdorf bei Bonn 27.
Galba 20.
Gallien u. Gallier 10, 12, 13, 15, 17, 24, 25, 41. Gaue 44, 45.
Gebhard Truchseß v. Waldberg 114, Gebhardt 191,
Geich 147,
Geissel, Kardinal von 187,
Geld 28, 97, 156.
Geldern 139, 150, 154, 168. Gemäldegalerie in Düsseldorf 149. Gerberga 53, 54.
Gereon 39.
Gerichte 45, 57, 61.
Gerhard I., II,, IV. v. Jülich 72 u, ff. Gerhard II. von Berg 78.
Gerhard von Riel 87.
Gericus 43.
Germanen 10, 12, 16, 17, 18, 20, 21, 24. 25.
Germanicus 19,
Gerolstein 3, 27, 139.
Gerresheim 44.
Gesta Trevirorum 40.
Gewerbe 28, 47, 83, 99.
Geyer 97,
Gimborn-Neustadt 154.
Giselbert 51 u. fl.
Gladbach, München 74, 126. Gladbach, Bergisch 20.
Glas 27.
Glaubensboten 41.
Goar, der hl. 41.
Goar, St. 12, 30, 104, 142.
Goch, 16.
Godesberg 84.
Görres 147, 165, 169.
Gottfried v. Niederlothringen 55, 56. Gräber, siehe Begräbnisart! Grammont 133.
Grana 130.
Gratian 25, 30.
Gratius 108.
Grenier 150.
Grevenbroich 125.
Griet bei Cleve 79, 80. Grimmlinghausen 5, 26.
Grin, von 97.
Gropper 110 111.
Großgrundbesitz 29, 36, 44, 61. Grumbach 139.
Grüner 164, 165.
Grupello, Gabriel von 188. Gugerner 19.
Güldenberg b. Altenrath (Siegkr.) 8, Gummersbach 164.
Gutenfels 84.
Gymnasium 101, 144, 160, 184.
H.
Haag bei Geldern 84.
Hadrian 22.
Haltern 18.
Hallstattzeit 7.
Hamborn 86.
Hamm 3.
Hammerstein 84.
Handel 13, 14, 29, 48, 61, 82, 97, 141, 157.
Handwerk 46, 99, 141, 180.
Hanse 83, 97.
Hardefuist 97.
Hardenberg 154.
Harmonius 30.
Hasenclever 191.
Hatto von Mainz 37, 51.
Hausbau 26.
Heerdt 1.
Heine 145.
Heinrich I. 51 u. ff.
Heinrich II. 58, 79.
Heinrich III. 58.
Heinrich VI. 79.
Heinrich IV. von Limburg 77. Heinrich von Luxemburg 63. Heinrich von Molmark 66. Heinrich von Veldeke 84,
Heinrich der Wütende 58, 59, Heinsberg 81,
Heisterbach 76, 86, 123, 139, Helena, die heilige 40.
Hennot, Postmeister 100.
Heribert von Rothenburg 65. Herkuleskult 31.
Hermann von Berg 75.
Hermann von Hessen 91,
Hermann von Weinsberg 102. Hermann von Wied 108, 111. Hermesianismus 185.
Hermeskeil (Kreis Trier) 7, 8. Heumar (Kreis Mülheim a. Rh.) 9. Hexenprozesse u. Hexenwahn 125. Hieronymus 41.
Hildebrandt 190.
Hilden 14.
Hillesheim 8, 95,
Himmerod 86, 139.
Hirsauer Annalen 100,
Hirzelin 97,
Hoche 152,
Hochwald 8, 9.
Höchstenbach 152.
Hochstraten, Dr. 108.
Höfe 45.
Hohenstaufen 62 u. ff. Höhlenbewohner 4.
Homburg, Herrschaft 81, 154. Honnef 91.
Hontheim 142.
Horn von 97,
Hübner 190, 191.
Huissen 50.
Hülchrath 126.
Humanismus 106.
Hundertschaften 44.
Hünten 191.
I J.
Jacobi Gebrüder 145.
Jacobe von Baden 148.
Janssen, Peter 191.
Jesuiten 112.
Igel bei Trier 26, 32, 44.
Imhoff 136.
Immermann 194.
210
Immergrath 14.
Industrie 28, 48, 83, 140, 157, 176. Johann I.-III. von Cleve 78, 80, 118. Johann Butzbach 101.
Johann Eck 108.
Johann von Pfalz-Zweibrücken 119. Johann Sigismund v.Brandenburgl 19 Johann Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg 132.
Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg II. 132, 133.
Johann von Werth 124.
Johann von Xanten 86.
Jordan 190.
Jost, Jan 104.
Jourdan 150.
Josef Clemens von Cöln 132. Ittenbach 190.
Juden 140.
Judenbücher, Streit um die 108. Julian 24, 25, 73, 94, 120, 121. Jülich 38, 72 u. ff. Jülich-Clevischer Erbfolgestreit 118. Jülicher Fehde 94.
Klarenbach, Adolf 110. Klöppelarmee 153.
Klöppelrussen 164.
Klöster 42, 46, 60, 86.
Knaus 191.
Knechtsteden 86, 139.
.Köhler 190.
Königshöfe 35.
Königswinter 91, 93,
Konrad von Franken 51.
Konrad von Hochstaden 67. Konrad der Rote 51 u. ff. 55. Kontinentalsperre 157.
Krähe, Lambert 188.
Krane, von dem 97.
Kraus, F. X, 184.
Kretzer 147.
Kreuznach 36, 43, 121, 165. Kreuzzüge 72, 76, 78, 79, 85. Krupps Gussstahlfabriß 176. Kügelchen, Gebrüder 144. Kunibert 41.
Kunstakademie z. Düsseldorf 145. Kurverein zu Rhense 64.
K.
Kaiserpalast 26.
Kaiserswerth 41, 73, 80, 97, 126, 129, 132, 136, 142.
Kalkhofen bei Aachen 120. Kamphausen 191.
Kappellen bei Geldern 103.
Karl von Braunschweig 148.
Karl der Dicke 38.
Karl der Große 35, 36, 40.
Karl der Kahle 37.
Karl der Kühne 30,
Karl der Martell 36.
Karl von Oberlothringen 36.
Karl IV. 64.
Karl Theod. v. Pfalz-Sulzbach 134, 145.
Kartstein 3, 5.
Kastor 41,
Katz, Burg 84.
Keldenich a, d. Urft 11.
Kelten 1, 10, 15.
Kempen 106, 158.
Kerpen 73.
Kesselstadt 139.
Kettwig 76.
Killburg 7,
Kinkel 171, 172, 194.
Kirche, siehe Religion ! Kirchenbauten, siehe Baukunst! Kisselbach 100.
L
Lahneck 84.
Landskron 66.
Landwirtschaft 5, 11, 27, 46, 61, 162, 175.
Lang, Josef Gregor 146.
Langenfeld 28.
Lasault 149,
La Tene-Zeit 8.
Laudersdorf 27.
Laurensberg 47.
Lefebvre 120.
Lehnsherrschaft 50, 62 u. ff., 102. Lehrerseminare 160.
Leidenhausen 9.
Lennep 110.
Lessing, C, F. 190,
Leutesdorf 142.
Leyen, von der 139.
Lesay Marnesia 163.
Liber aureus 43.
Liebenstein 84.
Limburger Erbfolgestreit 67/68. Limburg-Styrum 139.
Limes 22, 23.
Lindenborn 146.
Linn bei Crefeld 84.
Linnich 37, 48, 120.
Lintorf 14.
Linz 11, 13, 70, 91, 93, 104, 123, 142. Literatur 88.
211
Lochner Stephan 104.
Lohmar (Siegkreis) 9,
Lollius 17.
Lothar I. 37.
Lothar II. 7.
Lothringen Herzogtum 37, 50 u. ff. Lubentius 41.
Ludger 43.
Ludwig der Bayer 64.
Ludwig der Deutsche 37.
Ludwig der Fromme 43.
Ludwig das Kind 38.
Ludwig III. 38.
Ludwig IV. 38.
Lülsdorf 133.
Luneville (Friede) 153.
Lyskirchen 97.
M.
Magdalena v. Jülich-Cleve-Berg 119. Mainz 17, 18, 21, 23, 41, 70. Malerschule zu Cöln. 104.
Malmedy 11, 38, 42, 139. Manderscheid 139.
Mansfeld Agnes von 114.
Mansfeld kaiserl. General 123. Marceau 151.
Maria Eleonore 110.
Maria Laach 59, 87, 101, 146. Marlborough 134.
Marquardt von Prüm 43, 49. Martin von Tours 41. Martyrologium 47.
Marxburg 84.
Maternus 39.
Matronenkult 31.
Matthias, Kloster St. 42, 139. Maus, Burg 84,
Max Heinrich, Erzb. v. Cöln 129. Max Josef v. Pfalz-Zweibr. 138. Maximilian I. 40, 139.
Maximianus 24.
Maximin, Erzbischof 40, 41. Maximin, Kaiser 23.
Maximin, Kloster 42.
Mayen 6, 126.
Meckenheim 6, 125.
Meer bei Neuß 86.
Mehren (Kreis Daun) 7.
Meierhöfe, Karls d. Gr. 47, Meisenheim 167.
Meister Wilhelm 104.
Menagier 11, 15, 16.
Merkator 102.
Merzig 131.
Mesenich 27.
Metternich 139.
Mettlach 42, 49.
Mevissen 171.
Mithraskult 31.
Mockel, Johanna 94.
Mondorf bei Bonn 121, 133.
Monheim 133.
Montal 130.
Montjoie 141.
Montecuculi 131.
Morbach (Hochwald) 9.
Moreau 149.
Moresnet 167.
Moriner 17.
Mörs 110, 116.
Moyland bei Cleve 84.
Mücke 190.
Mülheim a. Rh. 120, 133.
Mülheim a. d. Ruhr 76.
Müller, A. u. C. 190.
Müller, Friedrich 146,
Müller, Wolfg. v,, Königswinter 171. 193.
Münster, Albrecht 110.
Münstermaifeld 106,
Münstereifel 43, 60,
Munterlei bei Gerolstein 8.
Münzen 29, 49, 82, 98, 142.
Murat 155.
Muspad 14.
N.
Napoleon 154 u. ff. Nationalversammlung, deutsche 171. Neandertalerfund 2.
Nennig 26, 27, 31.
Nervier 15.
Neumayen 32,
Neundorf 47.
Nesselrode 139.
Nettersheim 27.
Neuss 5. 11, 19, 21, 23, 26, 27, 30,
39, 87, 92, 110, 136.
Neusser Krieg 90.
Neuwied 7, 13, 43, 149.
Nicetius 41.
Nideggen 67, 73.
Niederbieber 22, 31.
Niedergermanien 21.
Niederpleis (Siegkr.) 9, 13.
Niederrhein 67.
Nikolaus von Cues 106.
Nonnenwerth 123.
Normannen 38.
Nuntiaturenstreit 142.
Nymwegen 19. ©eorg-Eckert-lnstrtut für internationale Uchulbuchforschung Braunsciiwaig SchulbuchbibliotheW
212
O
Obergeldern 134, 166. Obergermanien 21, Oberhausen 5.
Oberlahnstein 142.
Oberweis 27.
Oberwesel 11, 23, 30, 36, 95. Olevian, Kaspar 115,
Oliverius Scholastikus 86. Olympische Gesellschaft 146. Ommerborn 151.
Opladen 7, 14.
Orsoy 142. Otto I. 53. Otto II. 56. Otto III. 57. Otto IV, 66, 79,
Otto, Graf von Lothringen 54, Otzenhausen 8.
Overstolz 97,
P.
Pallion bei Trier 164. Pantaleonskirche in Cöln 56. Pantaleonskloster 60,
Paulin 40.
Pelegrin, Erzbischof von Cöln 65. Peter von Amiens 86.
Petilius Cerealis 21.
Pfahlbauten 6.
Pfahlbrücke, Cäsars 16.
Pfalzdorf (Kr. Cleve) 9.
Pfalzen 37, 48.
Pfalzgraf v. Aachen 57, 58. Pfalzkyll 5.
Pfarrius, Gustav 187.
Pfefferkorn 108.
Philipp Christoph, Erzbischof von Trier 124.
Philipp von Heinsberg 66.
Philipp Ludwig von 119.
Philipp von Schwaben 6, 19. Philipp Wilhelm v. Pfalz-Neuburg 116, 128, 138,
Pickliessem 27,
Pipin der Ältere 36,
Pipin der Mittlere 36, 41,
Pipin der Kleine 41,
Plektrudis 41,
Poppo, Erzb, v, Trier 62/63.
Porta nigra 26.
Porta Paphia 26.
Post 30, 99, 163,
Postumus 23.
Prähistorie 1 u. ff.
Prähistorisches Museum i. Cöln 10. Presse 159,
Probus 24.
Provinzialmuseum Bonn 2, 5, 11, 19, 49.
Provinzialmuseum Trier 7, 49.
Prüm 36, 37, 38, 42, 49, 60, 74, 86, 114, 139, 172.
Q
Quadt von Wickrath 139.
R.
Raeren 124.
Ratingen 14, 78.
Räuberbanden 158.
Raubkriege Ludwigs XIV, 129, Raubritter 77, 85.
Rauschenberg 28.
Raversbeuern 27.
Recht 161 Rees 59, 66, 142,
Reformation 106 u. ff.
Reginar 51.
Regino 42, 43, 49.
Registrum Prumiense 43. Reichensperger 171. Reichsdeputationshauptschluß 153. Reichswald bei Cleve 75. Reifferscheid 166.
Reinald von Dassel 65, 87.
Reinald von Geldern 67.
Reinhold von Cleve 78.
Reinckens 135.
Religion 12, 31, 158, 170, 185. Remagen 11, 23, 25, 30, 36, 73, 91, 95, 100, 123.
Reuchlin 108.
Reunionskammer 131.
Rheydt 110.
Rheinbach 43, 126.
Rheinberg 66, 132.
Rheinbrohl 23.
Rheinbreitbach 20, 93. Rheinbund 154.
Rheindaelen 9.
Rheineck 84.
Rheingrafenstein 84, 109. Rheinischer Merkur 166. Rheinischer Städtebund 67, 70,
Remaklus 42,
Remscheid 164.
Pfalz-Neuburg Remmesweiler (Kr. St, Wendel) 9, Rethel 190.
Rheinberg 121, 122.
Rheinstein 84,
Rheydt 141.
Rheurd 107.
Rhoden bei Euskirchen 31. Ribuarier 34, 35.
Richard von Greiffenklau 108, 109 Richbod 49.
Rictius Varus 30.
Ringwälle 8.
Ritterorden 85.
Rittershaus, Emil 194.
Rittertum 84.
Rocholl 191.
Rodungen 46, 61.
Roeber, Fritz, Maler 191.
Roeber, Friedrich, Dichter 194. Roisdorf bei Bonn 7.
Rolandseck 84.
Römer 15 u. ff.
Rudler 152.
Ruhrort 76, 112, 142.
Ruprecht von der Pfalz, König 74. Ruprecht von der Pfalz, Erzbischof von Cöln 72.
Rütger von Tomberg 79.
S.
Saalburg 22.
Saarbrücken 5, 36.
Saarburg 5, 110.
Sarresdorf 27.
Sack 167.
Salm-Kyrburg 139. Salm-Reifferscheid-Bedbur-Dyck 139.
Salm-Salm 139.
Sayn 115.
Sayn-Wittgenstein 139.
Schadow 190. Schaesberg-Sinzendorf 139.
Schall von Bell 112. Schauspielwesen 31.
Scherfgen 97.
Scheuerbusch b. Wahn (Siegkr.) 6, 13 Scheuern 43.
Sohlebusch 9, 133.
Schlegel, A. W. v. 192.
Schleiden 43, 112.
Schiffahrt 11, 20, 23, 29, 141. Schmuck 32.
Schneider 147.
Schreck (Siegkr.) 9.
Schröder 140.
Schücking Lewin 187.
Schulen, siehe Bildungswesen!
213
Schurz, Karl 172.
Schwarzerden (Kr. St. Wendel) 31. Schweinschied (Kr. Meisenheim) 31. Schwemmlingen (Kr. Merzig) 5. Severus, Alexander 23.
Seydlitz 135.
Sickingen, Franz von 109. Siebenbürgen 84.
Siebenjähriger Krieg 135.
Siegburg 9, 14, 58, 59, 65, 86, 123, 126, 171.
Siegfried von Westerburg 67, 73, Sigbert von Cöln 34, 35,
Simmern 103, 121.
Simrock 35, 192.
Sinzig 26, 73, 81, 91, 95.
Sleidanus 112.
Sohn 190, 191.
Soester Fehde 90.
Solingen 164.
Solms-Braunfels 139. Solms-Sternberg 139. Solms-Laubach 107.
Sooneck 87,
Soubise 135.
Spanischer Erbfolgekrieg 132.
Spee, Friedrich von 126.
Spicherer Höhen 174.
Spiegel, Kardinal, Erzbischof von Cöln 97.
Spiek 151.
Spinola 120.
Sponheim bei Kreuznach 115. Spork 131.
Sprache 30, 32, 159.
Sprenger, Jakob 125.
Stablo 38, 42.
Städte 26, 87, 94, 182.
Stahl 27.
Stedingerkrieg 79.
Steinebergerlei bei Daun 7, 8. Steinfeld 139.
Steinzeit 1 u. ff.
Sternberg 84,
Stilicho 25.
Stolzenfels 84.
Strahleck 84,
Strassen 13, 14, 28, 163, 180, Stücker, Ferd. 151,
Sugambrer 15, 16, 17, 18, 19, 33. Swidbert 41.
Syagrius 25, 35.
Sybel 184,
T.
Tacitus 1, 11, 23.
Tallard 133.
214
Tenchterer 15, 17, 29, 33.
Terra sigillata 27.
Thalfang 5.
Theater, siehe Schauspielwesen! Thebäische Legion 39.
Thermen, römische 26,
Tholey (Kr, Ottweiler) 9, 41. Thomas von Kempen 100. Thommen 47.
Thurn (Kr, Mülheim Rhein) 9. Thyrsus 39.
Thyssen August 179,
Tiberius 17, 19,
Tilsiter Friede 154.
Tongefäße 10, 28, 48.
Töpferwaren und Töpferzunft 123. Trajan 22, 29.
Trarbach 121, 134.
Trassem 6.
Treverer 10, 11, 15, 17, 21, 27. Trevererdorf bei Coblenz 27, 104, Trier 6, 7, 11, 13, 21, 24, 25, 26, 27, 30, 31, 34, 36, 38, 44, 94, Trier, Erzbistum 37, 39, 40, 62, 100, 114, 126, 164.
Trithemius 100.
Troisdorf (Siegkreis) 9, 14. Tungern 15,
Turenne 129.
Turniere 84, 85.
U.
Ubier 14, 15, 16, 17, 19, 21. Uedem (Kr. Cleve) 9.
Uexheim 5.
Ungarn 53, 55.
Universitäten 71, 100.
Unkel 77, 91, 93.
Ürdingen 92, 150.
Urmitz 5, 6, 7.
Ursulus 30.
Usipeter 15, 17, 29, 33.
V.
Valentinian 25.
Valerius 39.
Varus 19.
Vautier 191.
Veleda 21.
Veldenz 115, 131.
Verbundbrief in Cöln 71.
Verkehr 11, 28, 61, 82, 180. Vespasian 21.
Vignory 130.
Viersen 141.
Viktor, der heilige 39. Vilich 123,
Villen, römische 27. Vinxtbach 21.
Vitellius 20,
Voigtei 187. Völkerwanderung 34. Völklingen 36.
W.
Wachtendonk 101.
Wadgassen 5, 36, 86.
Wahn und Wahnerheide 8, 9. Waldalgesheim bei Bingen 12. Waldbreitbach 139.
Waldbröl 164.
Waldesch 100.
Wallerfangen 7, 8.
Wallraf 146.
Walbott von Bassenheim 85, 139. Wandalbert von Prüm 47. Wasserleitung, römische 27. Weberkrieg in Cöln 71, 97,
Wedau bei Duisburg 9.
Weingarten bei Euskirchen 27. Weeze bei Goch 101.
Weiskirchen 9.
Weissenturm 5.
Welschbillig 27.
Wendel, St. 41, 109, 131. Wendelinus 41.
Werden 43, 73. 80, 86, 139.
Werner Rolewink 100,
Wesel 11, 37, 79, 97, 101, 100, 121, 136.
Westerwald 13.
Wetzlar 120.
Werden bei Cöln 32,
Weyden 187.
Weyer, Johann 125.
Wickrath 116.
Wied 115.
Wiedertäufer 110.
Wied-Neuwied 139.
Wied-Runkel 139.
Wiesdorf 133.
Wildenberg 154.
Wilhelm II. u. III. von Berg 77, 78. Wilhelm Egon v. Fürstenberg, Erzb.
von Cöln 131.
Wilhelm von Gennep, Erzbischof von Cöln 60.
Wilhelm von Holland 70.
Wilhelm II.—'VII. v. Jülich 72 u. ff. 85, 86.
215
Wilhelm I.—III., Herzog von Berg 77, 78.
Wilhelm I., Deutscher Kaiser 172. Wilhelm der Reiche 49, 118. Willibrord 4.
Windeck a. d. Sieg 76, 123. Wintersdorf a. d. Sauer 7. Wipperfürth 78, 164.
Wissenschaft siehe Bildungswesen! Wittlich 27.
Wolgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg 115.
Wöllstein bei Kreuznach 100. Wollscheid (Kr. Wittlich) 9. Worringen 67, 136.
Würselen 47.
X.
Xanten 18, 19, 23, 26, 30, 31, 38, 39, 66, 95, 101, 104, 121.
Z
Zell 8.
Zons 91, 95, 125, 132. Zülpich 35, 36, 38, 52, 73. Zündorf a. Rh. 133. Zünfte, siehe Handwerk! Zwentibold 50, 63.
Zwirner 187.
Inhalt.
Seite
Vorwort zur II. und I. Auflage.................................. III
Einleitung: Die ältesten Bewohner der Rheinlande ... 1
I. Die Römer am Rhein......................................... 15
II. Die Rheinlande zur Zeit des Frankenreiches .... 33
III, Die Rheinlande, ein Teil des Herzogtums Lothringen , 50
IV, Die reichsunmittelbaren Herrschaften am Rhein im spä-
teren Mittelalter und die rheinische Kultur zur Zeit
der Hohenstaufen........................................ 62
V. Das absterbende Mittelalter und die anbrechende Neuzeit in den Rheinlanden..................................... 89
VI, Die Reformation in den Rheinlanden........................ 106
VII, Der Dreißigjährige Krieg am Rhein........................ 118
VIII, Die Rheinlande nach dem Dreißigjährigen Kriege bis zur
Französischen Revolution............................... 128
IX. Die Rheinlande unter französischer Herrschaft . . . 148
X. Die Rheinlande unter preußischer Herrschaft . . . 166
1. Anhang: Die Verwaltung der Rheinprovinz...................... 196
2. Anhang: Literatur zur rheinischen Geschichte .... 201
Namen- und Sachverzeichnis...................................... , 206
ill