— 167 — und sagte: „Ei, das sind feine Bübel!" denn er war ein Nürnberger, und zum Vater sprach er: „Willst du mit den Kindern herauskommen, so geh alsbald fort; denn die Kroaten werden über eine Stunde herein¬ kommen, so wirst du mit deinen Kindern schwerlich leben bleiben!" In¬ dessen besinnt er sich und spricht: „Ja, ich habe aber noch keine Beute gemacht; ich will dich wohl hinausführen, aber ich muß erst Beute machen," und wollte wieder hinweg gehen. Da fielen wir ihm zu Füßen und baten, er solle uns doch nur mitnehmen; wir wollten gern, wenn er uns nach Gommern, zwei Meilen von Magdeburg gelegen, bringen würde, zweihundert Taler geben. Aber er sagte, er müsse erst Beute haben, wir sollten nur an dem Orte bleiben, er wolle noch ein paar Häuser absuchen, bis er Beute habe, hernach uns holen, schwur und vermaß sich hoch, er wolle wiederkommen. Weil er nun so gar hart darauf bestand, daß er Beute haben müsse, so spricht unsere Magd, er solle mit in ihr Haus gehen, da sei eine Hucke mit Kleidern und Geld und anderen Sachen ihres Mannes, die wolle sie ihm geben, wenn er uns hinausführe. Der Vater bat auch die Magd, sie möge diese letzte Treue an uns tun und den Soldaten wiederbringen. So ging der Soldat mit der Magd davon. Wir hatten schon verzagt, daß sie würden wiederkommen können, befahlen uns Gott und krochen wieder unter das alte Dach. Da hörten wir erst, wie es in unserem Hause herging. Kisten und Kasten horten wir aufschlagen, sahen auch durch die Ziegel, wie die armen Leute, unsere Nachbarn, gestoßen und gemartert wurden, und glaubten uns alle Stunden des Todes. In solcher Angst blieben wir eine gute halbe Stunde. Als nun die Magd mit dem Soldaten wieder in das Haus kam, was wir nimmermehr vermutet, steht der Soldat im Hofe und ruft nach dem Boden zu : „Herr Oberstadtfchreiber, kommt herunter!" Diese Worte waren dem Vater wie ein Messer, so ihm würde in den Leib gestoßen, indem er nicht aussinnen konnte, wer ihn doch kennete;1) er vermeinte endlich in der großen Angst, er sei verraten worden, sie hätten die Magd gemartert, daß sie gesagt, wo die Leute int Hause und wer sie seien. „Ach, daß es Gott erbarme!" sagte er mit Tränen, „ich bin verraten, nun werden wir gewiß an die rechte Angst gehen." Der Soldat aber ries fort, er solle bald kommen. Daraus gesegneten sich Vater und Mutter, vermeinten, wir würden entweder sterben oder doch eins von dem andern kommen, und gingen tn großer Angst und Todesfurcht hinunter. Aber als wir hinunter in den Hof kamen, stand unser Soldat bei der Magd und empfing uns. Das ganze Haus war voll Soldaten, Pferde und der¬ gleichen. Etliche wollten auch stracks aus den Vater los, aber der Soldat nahm sich unser an, sagte, wir seien seine Gefangenen und ließ uns nicht antasten. Also gingen wir um zehn Uhr ungefähr aus dem Hause hinaus. Wir Kinder nahmen einander Paar um Paar bei den Händen und gingen auf des Vaters ernste Bedrohung geschwind vor den Eltern her und dem Soldaten nach. J) Den Titel des Friese hatte die Magd arglos verlauten lassen.