II. Kurzer Überblick über die weströmische Kaisergeschichte. 9 
bis zur Donau besetzten. Nur der Versuch einer Unterwerfung Ger¬ 
maniens mißlang. Zum Schutze der Rheingrenze legte der Kaiser acht 
Legionen in das Land am linken Rheinufer. Aus deu Befestigungen 
zum Schutze der Donau- und Rheingrenze erwuchsen zahlreiche Römer* 
städte, z. B. Wien, Salzburg, Regensburg, Augsburg, Straßburg/ 
Mainz, Trier, Coblenz, Köln, Tanten. 
Abgesehen von den Kämpfen an den Grenzen des Reichs offen¬ 
barte sich die Wohlthat der kaiserlichen Herrschaft^sür das 
römische Reich in dem inneren Frieden, der den Wohlstand der 
Provinzen, Kunst und Wissenschaft erblühen ließ. In der Hauptstadt 
entstanden so viele Prachtbauten, daß Angustus sich rühmen konnte, 
die Ziegelstadt Rom in eine Marmorstadt umgewandelt zu haben. Die 
römische Litteratur erreichte ihre höchste Blüte, so daß man das Zeit¬ 
alter des Angustus ihr goldenes Zeitalter genannt hat. Damals 
schrieb Livins seine römische Geschichte, feierten den Kaiser die Dichter 
Vergil, Horaz und Ovid. 
Während Augnstns für das Wohl seiner Mitbürger rastlos be¬ 
dacht war, entbehrte er selbst des häuslichen Familienglücks. Seine 
einzige Tochter Julia bereitete ihm solchen Kummer, daß er sie ver¬ 
bannen mußte. Seine dritte Gemahlin Livia brachte ihm die beiden 
Stiefsöhne Drusus und Tiberius zu und bewirkte, daß er den Tibe- 
rius adoptierte.Angustus starb im Jahre 14 nach Christi Geburt. 14 n.Chr. 
Sein Nachfolger Tiberius regierte von 14 — 37. Er nahm 14-37 
sich besonders der Rechtspflege an und sorgte für die Provinzen, die 
sich unter seiner Herrschaft glücklich fühlten. Durch große Sparsamkeit 
sammelte er einen bedeutenden Staatsschatz. Zum Kriege kam es nur 
am Rhein, wo sein Neffe Germaniens die Germanen vergeblich zu 
unterwerfen trachtete. Um Rom ganz in Abhängigkeit zu haben, 
ließ Tiberius seine Garde, die Prätorianer, ein befestigtes 
Lager neben der Stadt beziehen. Als sein Sohn und andere 
Verwandten durch die Ruchlosigkeit des Führers der Prätorianer er¬ 
mordet waren, wurde er von Menschenhaß erfüllt und begab sich aus 
Hang zur Einsamkeit uni) zu größerer Sicherheit nach der kleinen Insel 
Capreä.?) Auf einer Reise fiel Tiberius im Jahre 37 in eine tiefe 
Ohnmacht; feine Begleiter hielten ihn für tot und huldigten dem Cali- 
gnla, einem Sohne des Germaniens. Da erwachte der Kaiser zu all¬ 
gemeiner Bestürzung wieder und wurde nun von seiner Umgebung 
aus Furcht vor Strafe durch Kiffen erstickt. 
Cäsar Calignla regierte von 37 — 41. Anfangs erwarb er sich 37-41 
in hohem Grade die Liebe seines Volkes. Nach einer schweren Krank¬ 
heit zeigte er aber Spuren von Wahnsinn, ließ sich für einen Gott 
erklären und sättigte seinen Blutdurst durch Hinrichtung vieler Uu- 
1) Sieh die Geschlechtstafel am Ende des Buches. 
2) Cap re ä, jetzt Capri genannt, liegt am Eingänge zum Golfe von Neapel.