— 137 — schaft. — Hauptsächlich blickt er auch auf die Jugend und deren Heran¬ bildung; denn „wer die Jugend hat, hat die Zukunft!" Mit ernsten Worten hat er der Schulverwaltung und den Lehrern die Pflicht ans Herz gelegt und wiederholt eingeschärft, die Jugend echt christlich und national zu er¬ ziehen : „Auf dem gläubigen Festhalten an der ewigen Wahrheit des Evan¬ geliums ruht unsere Hoffnung im Leben und Sterben" — und: „Wir sollen nationale junge Deutschen erziehen und nicht junge Griechen und Römer." Der Kaiser ist ein treuer Sohn seiner Kirche, aber er achtet auch jedes andere Bekenntnis; nur der Unglaube ist ihm ein Greuel. Der christliche Glaube und die christliche Lebensanschauung gelten ihm als höchstes Gut; darum ruft er Europa zu: „Völker Europas, wahret eure heiligsten Güter." Daß der Kaiser Deutschlands Machtstellung zu wahren weiß, ist selbst¬ verständlich. Unermüdlich sorgt er für das Heer und die Flotte, nicht um zu kriegen und zu siegen, sondern aus dem Bewußtsein heraus, daß eine starke Wehr des Friedens Unterpfand ist. Überall werden die Inter¬ essen des Landes mit Ruhe und stolzem Bewußtsein gewahrt, und die aus¬ wärtigen Mächte respektieren unsere Ansprüche, wenn oft auch widerwillig. Auf allen Meeren weht unsere Flagge; jede Beleidigung der Deutschen da draußen findet ihre Sühne. Wichtige Stützpunkte für unsern Handel sind geschaffen, so in Afrika, in der Südsee und jüngst auch an der Küste Chinas. So steht Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. stark und mächtig da, uud der Kaiser ist geliebt von feinem Volke, hochgeachtet vom Auslande. Unsere tägliche Bitte für ihn aber lautet: Gott erhalte unfern Kaiser! 4 Kaiserin Auguste Viktoria. Kaiserin Auguste Viktoria entstammt einem alten deutschen Fürstenge- schlechte, dessen Zweige noch jetzt in Dänemark, Rußland, CIdenburg und Griechenland regieren. Der Vater der Kaiserin, Prinz Friedrich von Schles¬ wig -Holstein-Sonderburg-Augustenburg, war vermählt mit der Prinzessin Adelheid von Hohenlohe-Langenbnrg. Der Prinz bewohnte Schloß Dolzig in der Niederlaufitz; dort wurde unsere Kaiserin am 22. Oktober 1858 geboren. Vater und Mutter, die in ihrem Leben auch manche Enttäuschung und manches Leid erfahren hatten, verwandten alle Sorgfalt auf eine tüchtige Erziehung ihrer Kinder. Die junge Prinzessin Auguste Viktoria, so be¬ nannt nach ihren Pathinnen, den späteren Kaiserinnen Auguste und Viktoria, durchstreifte gar gerne mit dem Vater, dessen erkorener Liebling sie war, Wald und Flur, lauschte feinen Erzählungen und gewann den offenen Sinn für ihres Volkes Geschichte und Größe, des Landvolkes Leid und Lust, der Natur Schönheit und Pracht. Von Dolzig siedelten die Eltern nach Gotha über. Die Prinzessin arbeitete dort fleißig an ihrer Ausbildung und lernte bei vielen Ausflügen das herrliche Thüringerland schätzen und lieben. Im Jahre 1869 fiel Schloß unb Herrschaft Primkenau in Schlesien an den Herzog Friedrich. Nun wurde dieser prächtig gelegene Besitz der Prinzessin zweite Heimat. Der Aufenthalt in Primkenau wurde unterbrochen durch