121 Das eheliche Leben des kronprinzlichen Paares wurde bald ein Borbild für alle Schichten des Volkes. In der Stille zu Potsdam und Sanssouci flössen die Tage im reinsten Glücke dahin. Am liebsten weilten der Kronprinz und die Kronprinzessin auf dem Landgute Paretz. Hier verkehrten sie unge¬ zwungen mit ihren Untertanen und nahmen an ihren Freuden und Leiden teil. Die reinste Freude empfand Luise im Wohltun. Sie half den Armen auf fürst¬ liche Weise; selbst im verdienten Unglück konnte sie ihre Teilnahme nicht versagen. Als Friedrich Wilhelm den Thron bestiegen hatte, schrieb sie der Großmutter: „Ich bin nun Königin, und was mich dabei am meisten freut, ist die Hossnnng, daß ich meine Wohltaten nicht mehr so ängstlich werde zu zählen brauchen." Mit unendlicher Liebe hing die Königin an ihren Kindern. Sie tummelte sich mit ihnen auf den Wiesen zu Potsdam und Paretz, sie be¬ suchte mit ihnen den Weih¬ nachtsmarkt zu Berlin und lehrte sie, allerhand Gemüse zu pflanzen. An ihren Vater schrieb sie einst: „Unsere Kinder sind unsere Schätze, und unsere Augen ruhen voll Zufriedenheit und Hoff¬ nung auf ihnen. Meine Sorg¬ falt ist meinen Kindern ge¬ widmet für und für. Es mag kommen, was da will, in der Vereinigung mit unseren Abb. 34. Königin Luise von Preußen. Kinbprrt Wrhpti hitr rrTitrfsirh (Nach einem Gemälde hon F. Richter. Photographie. Verlag der juuueui lueium lUll giuuiiu) Photogr. Gesellschaft, Berlin.) sein." Der Kunst und ihren Jüngern brachte Königin Luise rege Teilnahme entgegen. Sie unterstützte den unglücklichen Dichter Heinrich v. K l e i st und förderte den Bildhauer Christian Rauch, der eine Zeitlang ihr Kammerdiener gewesen war. Ihr Lieblingsdichter war FriedrichSchiller. Auf ihre Anregung hin suchte man — allerdings vergeblich — den großen Dramatiker kurz vor seinem Tode zu bewegen, seinen Wohnsitz von Weimar nach Berlin zu verlegen. Königin Luise enthielt sich jeglicher Einmischung in die Angelegenheiten des Staates. Dennoch verfolgte sie mit scharfen Blicken die Ereignisse ans dem euro-