Das Rittertum. 87 Abendlandes, so daß der ritterliche Stand sich als einen überall den gleichen Gesetzen der Ehre unterstehenden Orden ansah, der so hoch angesehen war, daß allenthalben auch die Mitglieder des hohen Adels sich regelmäßig in ihn ausnehmen ließen. Über die ritterliche Erziehung sieh S. 84 u. 85. Die Wohnung Ritterliche Ei¬ des Ritters war die Burg,^) in Ober- und Mitteldeutschland durch ziehung. ihre Lage aus Bergvorsprüngen, in Norddeutschland durch Wasser Burg. gesichert, außerdem gewöhnlich mit Graben und Mauer umgeben unb mit Verteidigungstürmen versehen. Die äußerste Umfassungs¬ mauer hieß ber Zingel (baher umzingeln = einschließen), ber Raum dahinter der Zwinger. Den Hauptturm nannte man den Bergfried, das Hauptgebäude, ben eigentlichen Herrenbau, Palas, in bem ber Hauptsaal zur Abhaltung von Festlichkeiten ^ lag.2) Kemenaten hießen bie Frauengemächer. Im Erdgeschoß oder in Nebengebäuden befanden sich bie Gelasse sür bie Dienerschaft, baran reihten sich bie Ställe für Pferbe unb Hunbe sowie Wirt- schastsgebänbe. Die Gemächer waren einfach eingerichtet. Teppiche bebecEten Innere Aus- ben oft steinernen Fußboben unb hingen statt ber Tapeten an ben ^ Wänden, wenn diese nicht etwa bunt bemalt waren. Von ber ' aimiL' manchmal getäfelten Decke herab erhellte ein Kronleuchter ben Saal. Zur Heizung bienten große, offene Kamine. Wegen ber Gefahr einer Belagerung brachte matt nur enge Fenster an, bie offen waren; Scheiben setzte man erst seit bem 15. Jahrhunbert ein. Möbliert waren bie Gelasse mit eichenen Wandbänken, Stühlen, Tischen unb Truhen, bie oft feine Schnitzereien zeigten. Im Verlaufe ber Kreuz¬ züge würben bie aus betn Morgenlande ftamntenben Diwane, Sofas, Balbachine eingeführt. Als Zimmerschmuck verwerthete man Waffen, Wappen unb allerlei Zierat (zinnerne unb silberne Krüge, Kannen, Becher, Teller ?c.). Tas Leben ans der Bnrg war namentlich im Winter, wenn Das Leben ber Sturm burch ben Kamin fegte, recht einförmig, ba bem Ritter auf der Burg. keine anbere Beschäftigungen erlaubt waren als „ritterliche", b. H. Jagb unb Krieg, Landwirtschaft und Pferdehandel. Etwas Abwechselung brachten die vielen Besucher der Burg: Kaufleute, fahrende Leute (d. i. Spielleute), Gaukler (d. i. Seiltänzer, Taschen¬ spieler, Tierbändiger, Kunstreiter u. f. w.), Pilger und Bettler. Hoch ging es her, wenn Verwandte gleichen Ranges, ein frember reifenber Ritter ober ein Minnesänger einkehrten, bann veranstaltete ber Burgherr ein oft mehrere Tage bauentbes Zechgelage, bei welchem ’) Lehmanns Bilder: „Ritterburg". -) Lehmanns Bilder: „Im Rittersaal". Wiener Bilderbogen Nr. 12: Romanische Burganlage. Nr. 55: Gotische Burganlage.