54. Hermann, der Befreier Deutschlands. 117 3. ®Öttevi)stmmmmg. Einst, so hieß es bei den Germanen, wird die Welr untergehen; ja auch die Äsen werden fallen, weil ciitch sie nicht rein ge¬ blieben sind. Wenn das Ende da ist, werden Loki, der Wolf Fenrir und die alte Midgardschlange frei; sie und das ganze Riesengeschlecht stürmen nun gegen die Asenburg. Da rüsten sich die Äsen mit den Seligen zum letzten Kampfe. Odin greift den Wolf Fenrir an, findet aber iu dem grausigen Rachen des Ungeheuers sein Grab. Thor zerschmettert Hänfen von Riesen mit seinem gewaltigen Hammer; er trifft auch der zifcheuden Schlange Haupt; aber im Falle tötet sie ihn durch ihr Gift. Jetzt setzt der Feuernest Surtur Himmel und Erde in Flammen, und alles geht unter in dem Brande der Welt. Das ist die Götterdämmerung. Allvater aber, der auch der Äsen Schöpfer ist, lebt und schafft einen neuen Himmel und eine neue Erde, in welchen kein Übel ist. Die guten Äsen und Helden kehren verjüngt in die Himmelsburg zurück und beginnen ein neues seliges Leben, das kein Ende nimmt. Die Bösen aber bleiben im Höllengrund. 4. Gottesdienst; Feste. Nicht in Tempeln verehrten unsere Vorfahren ihre Götter, sondern auf Bergen und in heiligen Hainen, weshalb ein Gang zum Opferfest auch eine Waldfahrt (Wallfahrt) hieß. Auch Götterbilder gab es wenige, und ein eigener Priesterstand scheint nicht vorhanden gewesen zn sein, sondern Edelinge walteten des heiligen Amts. — Drei Hauptfeste feierten die Deutschen: das Julsest um die Zeit des kürzesten Tages, das Osterfest zur Zeit der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, wo man Freudeufeucr anzündete, und das Fest der Sommersonnenwende am längsten Tage des Jahres. So war dcis Volk der Germanen beschaffen, welches von Gott bestimmt war, das abgestorbene Römerreich zu zertrümmern und, nachdem es selbst das Joch Christi auf sich genommen, auf lange Zeit das leitende Volk in der Geschichte zu werden. 54. Hermann, der Befreier Dentschlands. 1. Drusus; Tibevms. Die Römer hatten die Germanen als sehr ge- jährliche Nachbarn kennen gelernt; deshalb faßte Kaiser Augnstus den Entschluß, f*c zu unterwerfen. Sein tapferer Stiefsohn Drusus unternahm in den Jahren 12—9 v. Chr. vier Feldzüge nach Deutschland. Längs des linken Rheinusers gründete er eine ganze Reihe fester Plätze, aus denen zum Teil später Städte, wie Mainz, Koblenz, Bonn und Köln, entstanden sind. Auf feinem vierten Zuge drang Drusus bis an die Elbe zu Völkern, die noch nie etwas von den Römern gehört hatten. Als er auch den Elbstrom überschreiten wollte, zeigte sich, so wird berichtet, nuf dem jenseitigen User eine germanische Seherin von übermenschlichem Ansehen. Drohend ries sie über den Strom: „Wohin, Unersättlicher? Nicht alles zu sehen dir vom Schicksal beschicken. Kehre um, denn schon bist du am Ziel deiner thaten und Tage!" Wirklich trat der erschreckte Römer den Rückzug an. Unter- !ve9§ stürzte er mit seinem Pferde und starb. Als Leiche wurde er über den Rhein zurückgebracht. — Sein Werk setzte Tiberins, der nachmalige Kaiser, fort; er richtete durch List und Tücke noch mehr aus, als Drusus durch Tapserkeit.