\ — 89 — hatte und sehr angenehm zu erzählen muffte. Peter hörte unermübet zu unb heate ben Wunsch, auch solche Reifen zu machen. Zunächst aber muffte chm Sefort etwa 50 Spielgefährten nach auslänbifchern Muster emexerneren. Peter biente selbst als Gemeiner unb nannte biefe seine Soldaten Potefchnie (Spielgefährten). Balb drängten sich bie Söhne ber vornehmsten Russen zu Peter unb nahmen Dienst in seinem Regiments. Als nun Peter immer mehr heranwuchs, erkannte er bie Herrschsucht feiner Schwester, unb als er gar hörte, bass sie bannt umgehe, ihn ermorben zu lassen, führte er feine Potefchnie gegen ihre Solbaten (bie Strelitzm), ließ sich bie angeblichen Mürber ausliefern unb sperrte bie Schwester in ein Nonnenkloster. . mI. _ §.ii8 Peters Staatsverwaltung und Rersen. Der schwache Iwan starb Mb, unb Peter trat allein bie Regierung an. Zuerst richtete er fern Heer nach europäischer Weife ein. Dann machte er Reifen m bas Innere fernes Lanbes, um sich von beffen Zustande zu überzeugen. Er sah balb ein, dass er, um für bie Bilbung, ben Gewerbefleiß unb Hanbel seines Volkes sorgen zu können, sich in ben Besitz des wichtigen Afow fetzen müsse. Es gelang ihm, diese Stadt ben Türken zu entreißen. Als er heimgekehrt war, unternahmen bie Strelitzm eine neue Verschwörung gegen ihn. Sie wollten in einer Rächt ^euer anlegen unb bei ber Gelegenheit ben vermutlich herbeieilenben Czaren umbringen. Die Verschwörung würbe aber Peter hinter bracht, unb er selbst nahm bie Verfchwornen in bem Hause be§ Staatsraths Sokowuin gefangen. Dieser und mehrere Ver¬ schworn litten eine schmähliche Strafe. Run unternahm Peter feine Reifen ms Ausland. Er ging ohne alles Aussehen über Königsberg, Berlin, Magdeburg und Hannover nach Amsterdam. Nachdem er hier die Werkstätten der Künstler und Handwerker genau kennen gelernt hatte, begab er sich nach dem Dorse Saar- dam, wo er unerkannt als Zimmermann bei bem Schiffbau arbeitete. Im Wmter nahm er in Amftetbam Unterricht in ber Mathematik, Naturfunbe und Anatomie. Dann ging er 1698 nach England, wo er ebenfalls die Werkstätten und ganz besonders die englischen Kriegsschiffe besuchte. Bei einem ihm zu Ehren ange¬ stellten See-Manöver rief er aus: „Ha, fürwahr, wäre ich nicht Czar von Russ¬ land, nichts möchte ich lieber fein, als ein englischer Admiral!" Von Holland und England schickte er Schiffe und Seeleute nach Russland. ■ Peter ging über Dres¬ den nach Wien unb staub im Begriff, nach Rom zu reifen; er muffte aber feinen Reifeplan aufgeben, weil neue Unruhen in Moskau ausgebrochen waren. Mit bem Säbel Augusts II. von Polen schlug er selbst ben Empörern bie Häupter ab, ließ viele foltern unb tobten unb errichtete vor bem Fenster ferner Schwester breißig Galgen, bie sie mit ben mobernben Leichnamen bis zu ihrem Tobe vor Augen haben muffte. Peter hatte nun fürs erste keine Verschwörung zu befürchten. Er verwanbte baher große Sorgfalt befonbers auf bie Vermehrung feines Heeres unb feiner Flotte. Dann legte er verfchiebne Schulen an, ließ Manufakturen einrichten unb bie sibirischen Bergwerke anbauen. Die rohen Sitten der Russen wurden unterdrückt und deutsche Kultur und Kleidung eingeführt. In späteren Jahren reifte Peter noch einmal über Danzig unb Stettin nach Amster¬ dam und von hier nach Paris. §. 119. Peters Kriege und Eroberungen. Um das Jahr 1700 ging Karl XU., König von Schweden, damit um, den König von Polen zu ent* thronen. Dies benutzte Peter, um in Karls Besitzungen einzufallen. Er _ nahm ihm Jngermannland, einen Theil von Livland und Esthland und fing sogleich an, hier eine neue Stadt zu bauen. Tausende von Arbeitern mufften herbeikommen, und in kurzer Zeit erhob sich aus tiefem Morast bie jetzt so schöne unb pracht- 8an ge, Leitfaden. I. 7