Roms Kaiserzeit. 155 An anderen Werken zeigt sich eine mehr allegorische Richtung (das Kolossalbild des Nil im Vatikan). Wie frei und groß aber noch diese Zeit in der Nachbildung älterer griechischer Werke war, beweisen die Kolossalgestalten der rossebändigenden Dioskuren. Voll Anmut und Hoheit ist die Statue einer schlafenden Ariadne. Ein neuer Antrieb kam in die idealistische Plastik durch Hadrian, dessen Vorliebe für das Griechentum vielfach Veranlassung zur Nach¬ bildung älterer Werke gab. Die Antinousstatuen waren der letzte und schönste Ausdruck des künstlerischen Empfindens am Ausgange der antiken, sterbenden Welt. Sie verherrlichen den jugendlichen Freund des Kaisers, der für seinen Gebieter einen geheimnisvollen Opferrod in den Fluren des Nil gestorben war. Vorzugsweise auf römischer Sitte und Anschauung beruhte die Porträtplastik. Schon in der althergebrachten Sitte der Ahnenbilder gab sich die Richtung auf Festhalten der individuellen Züge der Gestalt zu erkennen. Während der Grieche nur eine Jdealplastik hatte, wollte der Römer die Persönlichkeit in voller Lebenswirklichkeit dargestellt sehen, entweder im Friedenskleide oder in voller kriegerischer Rüstung. Mit dem Eindringen griechischer Sitte bürgerte sich auch die hellenische Tracht ein. Die Kaiser stellte man dar in der Gestalt des Jupiter oder anderer Götter, ihre Gemahlinnen mit den Attributen der Juno oder Venus. Unermeßlich ist die Zahl der Statuen und Büsten der Kaiser und ihrer Verwandten, die, trotz aller Idealisierung, im Charakter der Persönlichkeit dargestellt wurden. Die Porträtbüsten im Kapitolinischen Museum sind eine der inhaltvollsten Illustrationen zur römischen Geschichte. Mit der Porträtbildung ging die historische Darstellung Hand in Hand (Reliefs am Bogen des Titus und der Trajanssäule). Eine merkwürdige Gattung von Denkmälern, die den Kreis der römischen Plastik um ein bedeutendes erweiterte, sind die Sarkophagen- reliess, größtenteils fabrikmäßige Arbeiten, aber interessant, weil in ihnen eine Fülle antiker Kompositionen der früheren Epochen nach¬ gebildet sind. Auch die Malerei ging von den Griechen zu den Römern über. Die ersten Arbeiten mögen dekorativer Natur gewesen sein. Besonders beliebt war die Bildnismalerei, und schon gegen das Ende der Republik war eine Künstlerin Lala in diesem Fache tätig. Die Ausgrabungen von Herkulanum und Pompeji haben uns von einem wichtigen Zweige der römischen Malerei reichliche Anschauung gebracht. Das Museum von Neapel bietet eine Übersicht des Schönsten und Bedeutendsten dieser Wandmalerei.