— 145 — Das Mtlerlum. 1. Erziehung des Nitters. Die Zeit der Kreuzzüge war die Blüte¬ zeit des Rittertums. Dasselbe hatte sich aus dem Reiterdienste hervor¬ gebildet. Die Reiter oder Ritter waren die Hauptmacht im Kriege. Sie kämpften zu Roß, waren mit Panzer, Schild und Helm, mit Lanze und Schwert bewehrt und daher den gemeinen Kriegern, die zu Fuß dienten, weit überlegen. Mit der Zeit bildeten die Ritter einen be¬ sonderen Stand. Ritter konnte nur werden, wer von Rittern abstammte. Die Erziehung der Rittersöhne war ganz kriegerisch. Schon mit dem siebenten Jahre wurde der Knabe in das Schloß eines andern Ritters gebracht, dem er als Page oder Edelknabe dienen sollte. Hier lernte er Zucht und Gehorsam, übte sich im Reiten und Fechten, säuberte die Waffen seines Herrn, wartete ihm bei der Tafel auf, begleitete ihn auf die Jagd und auf Reifen. Im vierzehnten Jahre wurde er wehr¬ haft gemacht, d. h. mit dem Schwerte umgürtet. Dadurch trat er in den Stand der Knappen, war nun Waffenträger feines Herrn und durfte ihn überallhin begleiten, zum heitereu Kampffpiel wie in den Ernst der Schlacht. Treue Anhänglichkeit an seinen Herrn war die erste Pflicht; im Kampfe hatte er ihn zu schützen und selbst sein Leben für ihn einzusetzen. Nach siebenjährigem Knappendienste, gewöhnlich mit dem 21. Jahre, wurde der Jüngling zum Ritter geschlagen. Zu dieser Feierlichkeit mußte der Knappe sich besonders vorbereiten. Er empfing das heilige Abendmahl und leistete dann das Rittergelübde: Er gelobte, stets die Wahrheit zu sagen, das Recht zu behaupten, die Kirche und ihre Diener, sowie die Witwen, Waisen uud Bedrängten zu schützen. Dann empfing er die Abzeichen der Ritterwürde: „goldene Sporen, Panzer, Arm- uud Beinschienen, Helm und Schild", zuletzt erhielt er von einem bewährten Ritter drei leichte Schläge mit dem Schwerte aus die Schulter, das war der oft genannte Ritterschlag. Zuweilen wurden nach einer Schlacht gleich mehrere Jünglinge, die sich ausgezeichnet hatten, zu Rittern geschlagen. 2. Die Turniere. Zur Pflege und Erhaltung des ritterlichen Sinnes dienten besonders die Turniere. Das waren festliche Kampf- spiele, welche den Rittern Gelegenheit gaben, Proben ihrer Tapferkeit und Gewandtheit vor einer schaulustigen Menge abzulegen. Der Turnierplatz war mit Schranken umgeben, hinter denen das Volk stand. Die Fürsten, Edelfrauen und Fräulein faßen auf reichverzierten Schaubühnen. Das Schmettern der Trompeten und das Wirbeln der Trommeln verkündete die Ankunft der Ritter. Auf schnaubenden Rossen, in strahlender Rüstung, mit wehenden Helmbüschen ritten sie paar- wets in die schranken. Hier hielten sie. Nun rief ein Herold das erste Fechterpaar zum Lanzenstechen auf. In vollem Galopp und mit eingelegter Lanze sprengten die Kämpfer aufeinander los, und wer durch einen gewaltigen Stoß feinen Gegner aus dem Sattel hob, galt WollschlLger, Weltgeschichte. 10