die allergemeinste Sorte von Leuten. Dahin rechnet man die Leute mit, so die Kausmannswaren an Ort und Stelle bringen, wie die Kranichfahrer in Hamburg und die Strandträger in Stralsund. Man wird auch nicht leicht gröbere Leute als diese antreffen. Indessen sind die hiesigen ihnen nicht in der Grobheit gleich. Jene werden einen Menschen, der sie nicht gewahr geworden, um und um laufen oder fahren und dabei ein grobes Maul haben; diese aber sind bescheidener. Es wird hier in der Messe alles auf einer Bahre getragen, man sieht deren zwei und zwei gehen. Große Fässer müssen freilich gefahren werden. Damitz sie sich in ihrem Gange nicht von jemand, der ihrer nicht ansichtig geworden, dürfen aufhalten lassen, rufen sie alsdann: „Vorgesehen!" Da man ihnen denn sogleich ausweicht. Wir haben uns oft auf diese Art Platz gemacht, wenn wir durch eine enge Gasse gingen und geschwind durchwollten. Ich pflegte in dieser Zeit fleißig auszugehen. Ein solcher Zusammenfluß von Menschen aus allen Teilen der Welt, so mancherlei Aufzüge, so mancherlei Be¬ schäftigungen, die sonst verschlossenen, nun geöffneten und belebten Gewölbe konnten das Auge auf sich ziehen und belustigen, auch zu manchen Betrachtungen Anlaß geben. Der Dresdner Hos hielt sich gewöhnlich zur Meßzeit in Leipzig auf. Man sagte, daß die Stadt mit einer jährlichen ansehnlichen Summe sich diese Ehre von dem Könige ausgebeten, um dadurch die Fremden noch mehr in ihre Mauern zu locken, ihr Ansehen bei ihnen desto vorzüglicher und ihren Gewinn desto einträg¬ licher zu machen. Jhro Majestäten bezogen das Appelsche Haus, welches mit dem Rathause in der Ferne gleichsam einen Winkel des Marktes ausmachte, die übrigen des Hofes aber die nächsten Häuser. Weil nun täglich offene Tafel gehalten wurde, pflegte ich auch dahin zu gehen, um eine Kenntnis der Hofart zu erlangen, soweit es zu solcher Zeit möglich, da alles wegen der Menge Zuschauer gezwungen und beinahe stumm hergeht und nur die Mienen, Manieren, Gewohnheiten zu beurteilen übrig bleiben. Beide Königliche Majestäten speisten an einer Tafel in Gesellschaft des Premier¬ ministers Grafen Brühl, einiger Hofdamen und ein paar anderer Herren. Der Kurprinz und Prinz Xaver speisten in einem andern Zimmer an einer andern Tafel, an welche auch der päpstliche Nuntius und andere Herren Minister gezogen wurden. Das, was mich in meinem Urteil von diesem Hofe bestärkte, waren die Hofnarren, die man hier alsdann sowohl auf der Gaffe als um die Tafel sah. Es waren damals drei, wo nicht mehr. Einer hieß Joseph, der andere, wo ich nicht irre, Hänschel, und des dritten Name ist mir entfallen. Es kann sein, daß sie zuweilen mit scharfsinnigen Einfällen, Belustigungen und in einem wohlangebrachten Scherz die Wahrheit sagen können, das aber, was ich von ihnen gesehen und gehört, hat mir so schlecht geschienen, daß ich mich darüber gewundert, wie große Leute an dergleichen Belustigungen oder Belehrungen einen Geschmack finden können. Der Hofnarr Joseph . . . war ein großer, vierschrötiger Kerl. Er hatte in der Kleidung ein Abzeichen vor den andern, trug einen spitzgetürmten Filzhut, der einen runden, zwei Finger breiten Rand hatte und schwarz war, ein scharlachrotes Wams, kurz im Leibe und kurz von Schoß und unten eng, fast wie ein Frauenzimmer¬ futterhemd , dessen Nähte alle mit breiten, goldenen Tressen besetzt waren, große schwarze samtne Pluderhosen, an den Seiten und hinten gleichfalls mit Gold besetzt. Wenn er auf der Gasse ging, pflegten die Kinder ihm wohl nachzurufen: „Joseph! Joseph!" Seine Einfälle, die ich bei der Königlichen Tafel von ihm gehört, und durch welche er ein Lächeln bei beiden Majestäten erregte, waren in meinen Ohren plump, grob und gemein . . .