— 258 — Einbruch der Nacht wurde Marsch geschlagen und gegen 8 Uhr marschierte alles zum Torfe hinaus. Nun kam auch das Eutritzscher Lager durch den hiesigen Herren¬ hof, von welchem der Zug bis gegen 10 Uhr dauerte, welcher seinen Weg über Volkmarsdorf nach dem Thonberge nahm, wo sie bivakierten und ihre höllischen Feuer anzündeten. Auf dem Turme übersähe ich selbige und hatte einen furchtbar schönen Anblick, vom Kohlgarten, den Thonberg entlang bis gegen Stötteritz, Probst¬ heida, Stünz und Connewitz. Nach der Hohenleine zu zeigte sich ein großes Feuer, welches ich für Wachtfeuer der Russen hielt. Es ist eben halb 1 Uhr, da ich dieses niederschreibe und zur Zeit ist hier Alles ruhig. — In gctösevoller, furchtbar schauerlicher Mitternacht sitze ich eben hier, um die Geschichte des verflossenen Tages, des 14. Octobers, niederzuschreiben. Umsonst übernehme ich aber dieses Geschäft, indem ich's nicht vermag, alle die ausgestandenen Drangsale mit Worten zu schildern. Morgens gegen 4 Uhr begann das Geräusch der Wagen und Reuter unter unsäglichem Getöse. Ein Zug von etwa 6 Stunden von Militär aller Art durch den hiesigen Hof nach Mockau, Eutritzsch etc. machte die Begebenheit des Vormittags aus. Über Eutritzsch hatte sich alles in Schlachtordnung gestellt und — es erfolgte nichts. Dafür brüllte aber schon gegen 10 Uhr der Kanonendonner über Probst- heyda nach Wachau zu unaufhörlich und nur erst der Abend brachte selbigen zum Schweigen. Gegen Abend, etwa gegen 4 Uhr, kanonierte man auch gegenseitig bei Seehausen, welches aber auch der Abend zum Schweigen brachte. Überm Tannenwald stand ein Dorf in Flammen; dasselbe wurde man auch gegen Störm- tal zu gewahr. Nun brach die Nacht und mit ihr erst das grause Schrecken ein. Noch in der Abenddämmerung sahen wir die Scharen von der Mockauer Straße zurückkehren und unser Dorf wurde von Militärs aller Art, die Brot und Fourage vergeblich suchten, gleichsam überschwemmt. Man suchte Brot, aber das war eben das, was man nun nicht mehr in zureichendem Maße finden konnte. Indes unter dem Vorwande, nach Brot zu suchen, drangen diese Scharen fast ohne Ausnahme in die sonst friedlichen Wohnungen ein und raubten alles, was ihnen nur irgend zuträglich schien. Das Hülfsgefchrei der Einwohner des Dorfes war fürchterlich, und das Heulen des Sturmwindes vermischte sich mit dem Geschrei der Familien so unmelodisch, daß die gräßlichsten Mißtöne daraus entstanden. Lange noch wird das Angstgeschrei vor meinen Ohren ertönen, das vorzüglich die kaiserliche Garde veranlaßte. Man muß selbst hören und sehen, wenn man sich einen Begriff von dieser schauerlichen Szene machen will, wo jene Menschen mit Ungestüm und ohne alle Schonung und Billigkeit forderten, was doch die Menschen nicht mehr geben konnten. Auch die ärmsten Dorfbewohner waren nicht frei von dergleichen Un- erhörlichkeiten. Es wurden Türen eingeschlagen, Fenster zerbrochen, Menbles zer¬ schlagen, um nach Befinden herauszuholen . . . Meine Fleischer und ihr Kommissär, die mit dem Abend wieder bei mir einquartierten, waren meine Schutzengel. Ohne sie mußte ich aus dem Hause flüchten. Denn unmöglich kann ich sie zählen, die Menschen alle, die glimpflich und unglimpflich mein Haus betraten und Lebensmittel aller Art, besonders aber Brot forderten. Mit guten oder bösen Worten wurden sie aber allzumal von meinen Fleischern und besonders vom Kommissär abgewiesen und mir widerfuhr kein Leides. Diese Tour ging von Abend an bis 1 Uhr des andern Morgens. Die Letzten waren die Hartnäckigsten. Man wollte absolut Brot, was ich doch nicht geben konnte, und da ich nicht gab, durchsuchte man alle Winkel so genau, als sie wohl nicht leicht durchsucht werden könnten. Ich glaubte meinen ganzen Mundvorrat in meinen Taschen verwahrt zu wissen, und siehe da, ein Militär