127 gelang es endlich, und als Wittekind dieser Burg zuritt, um zu sehen, wie es stünde, erkannte er bald verdächtige Zeichen und wandte sein Roß um zur Flucht. Die Franken, die ihn erblickt hatten, ver¬ folgten ihn und kamen immer näher. An einer Stelle des Weges, den er auf seiner Flucht passiren mußte, hatten sie einen Verhau gemacht und an diesen kam Wittekind, da waren ihm die Franken auf den Fersen. Sein braves Pferd hieß Hans und Wittekind sprach zu ihm: Hensken spring aver, dann krigstu 'n spint haver, springstu nich aver, freien mi un di de raven. Da sprang Hans hinüber und Wittekind war gerettet. Aber er sah, daß nun Alles verloren und nicht mehr seines Bleibens im Sachsenlande sei, darum floh er weiter und begab sich zu Siegfried, dem Dänenkönig. 6. Wittekind wird Christ. Das Sachsenvolk unterwarf sich aber noch immer nicht dem mäch¬ tigen Karl, sondern kämpfte muthig fort für seine Freiheit, während die Franken unablässig das Land mit Feuer und Schwert verwüsteten. End¬ lich erkannte der König Karl aber doch, daß er mit aller seiner Macht nicht im Stande sei, ein freies Volk zu zwingen, und er gab den Vorsatz auf, den Glauben an Jesum Christum durch Menschenopfer zu erzwingen. In Paderborn hielt er einen feierlichen Reichstag und behandelte hier Alle, die sich ihm unterworfen hatten, sehr wilde und gnädig; auch die beiden Sachsenherzoge, Wittekind und Albion, ließ er einladen und versprach ihnen sicheres Geleit; ja er stellte sogar Geiseln zu dessen Bürgschaft. Da kam der Held Wittekind (785) und freuete sich, den Mann von An¬ gesicht zu schauen, gegen welchen er so lange gekämpft hatte. Karl aber empfing ihn mit hohen Ehren, reiste mit ihm und andern Edeln des Sach¬ senlandes nach Attigny in Frankreich und sprach ihm von der Lehre des Heils so eindringlich und weise, daß Wittekind's Herz von der göttlichen Kraft derselben überwältigt ward. Er nahm die Taufe an und Karl selbst war Pathe. Auch Albion und viele Freie, die auf Wittekind als ihr Vorbild schauten, thaten desgleichen. Eine Legende aber erzählt von Wittekind's Taufe also: Als Wittekind am andern Ufer der Elbe in der Nähe des fränkischen Heeres umher- streifte, ward er von Sehnsucht ergriffen, einmal zu schauen, wie die Christen ihren vielgepriesenen Gott verehrten. Das Weihnachtsfest nahte heran; da hüllte sich Wittekind in Bettlerkleider und schlich sich beim ersten Morgenroth ins fränkische Lager. Unerkannt schritt er durch die Reihen der Krieger, die sich zum Gottesdienste anschickten; dann betrat er die Kirche. Da wurden nicht Pferde noch Rinder geopfert, sondern andächtig kniete Karl mit allen seinen Großen vor dem Altare, um das Sacrament zu empfangen. Der Weihrauchduft wallte empor und die Gesänge der Priester verherrlichten die geweihte Nacht, in welcher die Herrlichkeit des