152 ließen ihr Geschäft ganz ruhen. Nun war die Freude bei den Evangelischen groß. Alle, die bisher aus Furcht ihren Glauben verhehlt hatten, traten nun keck damit hervor und die neue Lehre gewann ungeheuern Anhang. Viel trugen dazu die Prediger bei, die auf dem Felde unter freiem Himmel ihre Reden hielten. Die Zuhörer versahen sich mit Rappieren, Hellebarden und Flinten, stellten Posten aus und verrammelten die Zugänge mit Karren und Wagen. Wer des Weges zog, mußte herbei und zuhören. Solchen Predigten hörten oft an 15,000 Menschen zu und je wackerer auf das Papstthum gescholten wurde, desto größerer Beifall wurde dem Redner zugeklatscht. Am größten war der Lärm in und um Antwerpen; da der Magistrat den evangelischen Bürgern keine Kirche einräumen wollte, so zogen diese mit Weib und Kindern dann und wann auf's Feld und hielten hier ihren Gottesdienst; der Magistrat bat die Statthalterin um's Him¬ melswillen, doch selbst nach Antwerpen zu kommen, oder wenigstens den Prinzen von Oranien zu schicken, der allein das Zutrauen der Bürger be¬ säße. Das Letztere bewilligte sie. Welch' ein Getümmel aber erhob sich an dem Tage, an welchem man Oranien erwartete. Antwerpen schien alle Einwohner ausgegossen zu haben. Die ganze Landstraße wimmelte von Menschen; die Dächer der Landhäuser waren abgedeckt und mit Zuschauern besetzt; und als er endlich heran kam, jubelte Jung und Alt ihm entgegen: „Die Geusen sollen leben!" Andere riesen: „Seht ihn! Das ist der, welcher uns Freiheit bringt!" — Er aber winkte mit stillem Ernste, sie möchten schweigen, und da Keiner gehorchte, rief er halb unwillig, halb gerührt: „Bei Gott! Ihr sollt zusehen, was ihr thut! Es wird euch ein¬ mal reuen, was ihr jetzt gethan habt!" — Als er in die Stadt selbst einritt, wurde das Jauchzen noch ärger. Er aber gab sich gleich die ersten Tage Mühe, die Ordnung herzustellen; denn so warm auch sein Herz für sein Vaterland schlug, so war er doch kein Freund von Unordnungen, die nie zu bürgerlichem Glücke führen. 5. Indessen hatte man am spanischen Hofe berathschlagt, was zu thun sei. Philipp beschloß endlich, zum Scheine etwas nachzugeben, und befahl, daß die Inquisition auf den Fuß hergestellt werden sollte, wie sie unter Karl V. gewesen war. Zugleich gab er der Statthalterin die Weisung, ganz in der Stille Truppen zu werben. Aber seine Nachgiebigkeit kam zu spät. Die Erbitterung des Volks über die Verachtung seiner Religion war endlich so groß geworden, daß ein rasender Haufe zu den Waffen griff und die katholischen Kirchen zu bestürmen begann. Denn es kränkte diese Leute, daß man ihnen kein Gotteshaus bewilligen wollte, während die Ka¬ tholiken unzählige, und zwar prächtig ausgeschmückte hatten. Die Thüren der Kirchen und Klöster wurden erbrochen, die Altäre umgestürzt, die Bil¬ der der Heiligen zerschmettert und mit Füßen getreten. Der Zulauf mehrte sich und binnen wenig Tagen hatte die Zerstörungswuth ganz Flandern ergriffen. Ueberall wurden mit gleicher Wuth die Kirchen verwüstet. Selbst