Die deutschen Spielleute des Mittelalters. 297 „We dit wil hören vortlesen, de schal dem leser drinken gheven“. In „Salomo unb Morolt" wirb erzählt, wie Salomo in bie Gewalt seines Feinbes gefallen. Schon ist ber Galgen errichtet, an bem er hängen soll; Salomo liegt in Fesseln. Da unterbricht sich ber Dichter in seiner Erzählung burch bie Worte: „Darin muß er verlieren sein wertes Leben — man wolle benit bem Leser ein Trinken geben." Daß ber Vorleser für seine Mühe auch noch etwas mehr, als einen Labetrunk erwartete, ersehen wir aus bem Gebichte „Reinhart Fuchs". Wo ba ber Dichter von einem fast unglaublichen Streiche bes Fuchses berichtet, fügt er hinzu: „swer des niht geloubet, der sol darumb niht geben.“ Ein charakteristisches Zeichen ber Spielmannspoesie ist es auch, baß bie Dichter sich unb ihre Stanbesgenossen in berselben gern verherrlichen. Da wirb erzählt von ber trefflichen Kunst, bie bie Fahrenben bei irgenb einem Feste bewährten, von ben Thaten, burch bie sie sich Verbienste er¬ worben. Immer werben bie Fahrenben in ein möglichst günstiges Licht gestellt. In bem Gebichte vom König Rother ist es ein Spielmann, ber mit kluger List bie Königstochter wieber nach Konstautinopel zurückbringt. Ein Spielmann bringt bem Könige bie erste Nachricht von ber Ankunft Rothers unb seiner schrecklichen Riesen. Vor allen Dingen aber vergessen bie Dichter nicht, von ben reichen unb herrlichen Geschenken zn berichten, bie ben Fahrenben bei bieser ober jener Gelegenheit gegeben würben. Sicher sollten sich bie Zuhörer an solcher Freigebigkeit ein Beispiel nehmen. Wenn ben Fahrenben ihr unstätes Waitberleben gleichsam zum Be- bürsnis geworben war, so ist es nicht zu verwunbern, wenn auch unter bett Kreuzfahrern bereu gesimben werben. Solche mögen es gewesen sein, bie im zwölften Jahrhunberte bas, was sie im Morgenlanbe gesehen unb gehört hatten, in ihren Dichtungen mit anbrachten. Die wunberbarften Ausgeburten einer von solchen Erinnerungen aus betn heiligen Lanbe er¬ füllten Spielmannsphantasie sinb uns in einigen erzählenben Gebichten erhalten, in welchen christliche Legenbe, nationale Sage unb eigene Er- sinbttng bes Dichters mit ber orientalischen Scenerie sich zum buntesten Gemälbe vereinigen. Dabei ist bas Ganze oft von einem barocken Humor gefärbt, ber sich in ben größten Unglaublichfeiten unb ben wnnberlichsien Übertreibungen gefällt. Ju bem Gebichte - „Salomo unb Morolt" kommt es bem Verfasser z. B. nicht barauf an, ben Salomo fünfthalbhunbert Heiben mit eigener Hanb totschlagen ober ben Morolt vierzehn Tage lang sich unter Wasser verstecken zu lassen; aber es werben babei boch bestimmte Grenzen inne gehalten, wir bewegen uns wenigstens immer unter Menschen unb in menschlichen Verhältnissen. Der Dichter bebars nicht sofort eines Deus