— 6 — Staatliche Einrichtungen. Bei den alten Deutschen unterschied man Freie, Unfreie und Halb fr eie. Die Freien (Frilinge> hatten einen unabhängigen Grundbesitz, durften Waffen tragen und an den Volksversammlungen teilnehmen. Die vornehmsten unter den Freien hießen Edelin ge (selige)1). Aus ihnen wurden auch die Könige und Herzoge gewählt. Unfreie oder Knechte (Schalke) waren die Kriegsgefangenen und deren Nachkommen. Die Halbfreien (Laten) oder Freigelassenen bildeten eine Mittelstufe zwischen den Freien und Unfreien; sie waren persönlich frei, nahmen aber an der Verwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten keinen Anteil. 2Bo ein Quell, ein Hain oder sonst eine Stelle geeignet erschien,- legten unsere Vorfahren ihre Wohnungen an. Mehrere Familien bil¬ deten eine Gemeinde oder Markgenossenschaft, ein offenes Dorf, das sich weit ausdehnte, da die einzelnen Höfe ober Häuser voneinander getrennt lagen. Mehrere Gemeinben bitbeten eine Hunbertfchciftr mehrere Hundertschaften einen Gau; aus mehreren Gauen setzte sich der Stamm zusammen. An der Spitze standen bei den O st g e r - manen als Richter und Feldherren die Könige, die auf der Volks¬ versammlung aus einem berühmten Geschlechte gewählt und auf den Schild erhoben wurden. Bei den Westgermanen war der Vor¬ steher eines Gaues im Frieden ein Fürst (Vorderster, Häuptling); in Kriegszeiten wurde ein Herzog, d. h. Heerführer, gewählt. Die Ver¬ waltung und Regierung übte die Volksversammlung oder das Thing aus, das bei Voll- und Neumonb unter freiem Himmel auf ber Thing- ober Malstätte abgehalten wurde. Die Volksversammlung wählte die Könige und Herzöge, beschloß über Krieg und Frieden und entschied über neue Gesetze. Das Gerichtsverfahren war recht einfach. Kläger und Be¬ klagte konnten ihre Aussagen durch Eid es Helfer bekräftigen. Rich¬ ter und Schöffen fällten das Urteil. Für gewisse Vergehen standen Strafen fest. Vaterlanbsverräter unb Feige würben an einem Baume aufgeknüpft ober in einem Sumpfe lebendig begraben. Der Totschlag konnte durch eine Geldsumme, das Wer geld (Manngeld), gesühnt werden, welches an die Stelle ber früheren Blutrache trat. Ge¬ ringe Vergehen würben mit Bußen in Vieh, später in Gelb bestraft Kriegswesen. In Kriegszeiten wurde in sämtlichen Gauen der Heerbann aufgeboten. Alle freien Männer hatten die Pflicht, die Waffen zu ergreifen (Allgemeine Wehrpflicht). Als Waffen bediente *) Von 21bat = Geschlecht.