Das Leben iit einem hansischen Kontor. 27 Nur die Achtzehner und Hauswirte durften auf eigene Rechnung Han¬ del treiben, im übrigen handelte jede Familie bei Verkauf und Einkauf nur int Auftrag der iu den Hansestädten wohnenden, hierher handelnden Kauf¬ leute. Diese bildeten iu den Städten die Gesellschaft der Bergenfahrer, miete¬ ten oder kauften anf gemeinsame Kosten einzelne Stuben oder einen ganzen Hof —, denn niemand durfte hier Geschäfte treiben, der nicht wenigstens eine Stube gemietet hatte, — stellten die notwendigsten Diener auf und betrieben, jeder auf eigene Rechnung und Gefahr, ihren Handel. Auch wenn mehrere Kaufleute mit einander ein Schiff befrachteten, blieb jeder unabhängig vom andern. Doch gab es über die Art der Reise, der Laduug, der Landung zc. feste Gesetze, denen jeder sich fügen mußte. Die Vorsteher dieser Gesell¬ schaft waren dafür verantwortlich, daß die hansischen Schiffe nicht auf alle Orte Norwegens fahren und Shetland, die Faröer und Island nur von Bergen aus besuchen durften. Jede Stadt hatte zwar das Recht, nach Bergen zn handeln, doch nur etwa die Hälfte der Seestädte unterhielt hier Fener und Herd, Mannschaft und Wache und eine selbständige Teilnahme an diesem Verkehr. Lübeck und die wendischen Städte erwarben das ent¬ schiedenste Übergewicht. Die Älterleute der Bergensahrergesellschaft in Lübeck hatten das Recht, gewisse Vorschriften im Namen aller zu erlafseu, uud der Hansetag entschied erst über die Angelegenheiten des Kontors, wenn der Senat von Lübeck und die Städte des wendischen Viertels sich darüber nicht einigen konnten. Höchst bedeutsam umreit für die innere Ordnung des Kontors und das Lebeu dieser Tausende vou unverehelichten Männern, die alle im rüstigsten Alter standen und nnter strengen Gesetzen, harter Arbeit und kaum jemals unterbrochener Gefahr im unfreundlich gesinnten Volke aufgewachsen waren, die Prüfungen, denen sich die Lehrlinge unterwerfen mußten. Das „Hänseln", ein Spiel, das seinen Namen wohl vou den Spielen der Hansen erhalten hatte, war im Mittelalter allgemein bekannt. Hier entschädigte das Hänseln, das in verschiedenen Arten und Formen austrat, für die Einförmigkeit der klösterlichen Zucht während des langen, harten Winters, wobei es — was bei eiuer so großen Zahl ungebildeter und in¬ folge der fast täglich vorkommenden blutigen Reibereien mit den Einge¬ borenen den edleren Empfindungen entfremdeter Männer nicht wunder nehmen kann — in der Regel zn argen Mißhandlungen kam, ja man kauu sagen, daß Mißhandlungen der grausamsten Art als notwendige Bestand¬ teile der Spiele angesehen wurden. Das Kontor hatte dreizehn Spiele, die fünf Ämter ihre besonderen. Unter jenen waren die beliebtesten das Ranch-, das Staupen- und das Wasserspiel, die hier in kurzen Zügen geschildert werden sollen. Die älteren Bewohner des Kontors zogen beim erstem iu langer Reihe unter lärmendem Zuruf der bergifchen Bürger in die Schustergasse und füllten hier mitgebrachte Gesäße mit Haaren, Abschnitten von altem Leder und Abfall jeder Art, der in und hinter den Handwerkerbuden aufzutreiben