146 Schulwesen im Reformationszeitalter. zucker für schwindsüchtige Leute, zugerichtet aus etlichen Trosttropfen des 39. Psalmen. Ich will berichten: 1) Was alle Gott liebenden Herzen bei allen Krankheiten und demnach auch bei der Schwindsucht sollen wissen und bedenken. 2) Wie sich ein frommes christliches Herz bei der Schwindsucht löblich soll verhalten, damit es Gott nicht erzürne, fondern desto mehr seiner Gnade sich zu trösten habe. Der Schluß der Predigt lautet: „Suchet Herfür die Kräuselein und Näglein eures Gedächtnisses, ich als ein geistlicher Apo¬ theker will mit Gottes Hilfe und Beistand eure Herzen füllen, daß sie von Lehr und Trost unten nnd oben voll fein sollen. Amen." Ein andermal predigt Herberger über „die blutsaure Bauersarbeit unsers Heilands Jesu Christi, des allerarbeitsamsten Bauers des geistlichen Kirchenackers der werten Christenheit." Im 17. Jahrhundert finden wir auch die Moralpredigten, die einzelne Sünden und Laster strafen, wie die des Mag. Andreas Schuppius (1605) „von der Menschen Haaren Ursprung, rechten Gebrauch und Mißbrauch" und vom „Tabakrauchen", worin er behauptet, daß der Tabak ein ver¬ fluchtes Unkraut, dadurch jetziger Zeit die größte Abgötterei geschieht, daß die Tabaksbrüder und Tabaksschwestern alle, ja alle vom Teufel betrogen sind. „Und erschrecklich", sagt er, „ist's, daß sich auch die Herren Geistlichen und andere, die geistlich sein wollen, vom Satan durch dies Unkraut be¬ trügen lassen und so zu sagen Tag und Nacht daran saugen und davon schnupfen, ja wohl, wenn sie ins Bett gehen und frühe wieder aufstehen, die Pfeife anzünden und anstatt des Morgen- und Abendsegens ihrem Gott zu Ehren (dem Teufel mein’ ich) ein Opfer dadurch bringen." 20. Schulwesen im Reformationszeitalter. (Nach: Dr. H. Heppe, Geschichte des deutschen Volksschulwesens. Gotha. 1858. Bd. I. S. 1—38. Dr. H. Gräfe, Deutsche Volksschule. 3. Aufl. Jena. 1879. Bd. III. S. 215 — 259.) Rillen Nachrichten nach stand es zu Anfange des 16. Jahrhunderts um das Schulwesen in Deutschland nicht gut. Die allerdings zahlreichen Kloster-, Dom- und lateinischen Stadtschulen waren großenteils herunter¬ gekommen, ohne rechte Aufsicht, mit unwissenden, trägen, wohl gar sitten¬ losen Lehrern besetzt. Der Unterricht war geistlos, ohne Anregung, fast nur Forrnenwefen und Wortkram. Die Jugend der unteren Klaffen des Bürgerstandes und der Bauern blieb fast ganz ohne Unterricht. Selbst die dürftige kirchliche Belehrung, die ihr nach zahlreichen Beschlüssen und Ver¬ ordnungen gebührte, wurde ihr durch die Unwissenheit und Trägheit der Geistlichen verkümmert. Diesen Zustand des Schulwesens hat Luther in mehreren Stellen seiner Schriften in ergreifender Weife geschildert. So schreibt er z. B. in feiner