— 228 — harrte in ihrer Weigerung. Sie wurde deßhalb in die Acht er¬ klärt uud Moritz voi^ Sachsen mit der Vollstreckung derselben be¬ auftragt. In der Seele des neuen Kurfürsten waren indessen verräterische Pläne zur Reife gelangt. Nachdem er sich die Unter¬ stützung Heinrichs II. von Frankreich, des Sohnes uud Nachfolgers Franz I. (seit 1547), durch die Abtretung der deutschen Reichsstädte Camb ray, Metz, To ul und Verdun erkauft, wandte er seine Waffen gegen den Kaiser, um die Freilassung seines Schwiegervaters nnd Glaubensfreiheit für die Protestanten zu er¬ zwingen (1552). Während die Franzosen in Lothringen vordrangen, brach er selbst, in Verbindung mit Wilhelm von Hessen, Philipps Sohn, und dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg- Kulmbach, in Franken ein, und der bedrängte Kaiser, der in seinem unerschütterlichen Vertrauen auf Moritzens Treue alle War¬ nungen aufmerksamerer Beobachter zurückgewiesen hatte, sah sich ge¬ nöthigt, durch seinen Bruder Ferdinand Unterhandlungen mit ihm anzuknüpfen. Während diese bereits im Gange'waren/brach Moritz plötzlich ans, um den gichtkranken Kaiser in Innsbruck zu über¬ fallen. Nur eine schleunige Flucht rettete den Bedrohten vor der Schmach der Gefangenschaft. Nach einem mühevollen nächtlichen Zuge^ durch die engen Gebirgspässe der Tyroler Alpen, wobei Diener mit Fackeln der kaiserlichen Sänfte vorangingen, gelangte Karl nach Villach in Kärnthen, wo er ben Ausgang der angeknüpften Unter¬ handlungen abzuwarten beschloß. Den Kurfürsten von Sachsen hatte er vor seiner Eutsernuug von Innsbruck seiner Hast entlassen. Ferdinand schloß mit Moritz und seinen Bundesgenossen den Pas- sauer Vertrag (1552), durch welchen der Landgraf von Hessen seine Freiheit wieder erhielt und den Protestanten, bis zur endgül¬ tigen Entscheidung ihrer Religionsangelegenheit durch einen, inner¬ halb sechs Monaten zusammenzuberufenden Reichstag, völlige Re¬ ligionsfreiheit und gleiche Rechte mit den Katholiken zugestanden wurden. Diesem Vertrage ertheilte Karl V., wenn auch mit schwe¬ rem Herzen, seine Zustimmung, und so würde für den Augenblick die Ruhe in Deutschland hergestellt gewesen sein, wenn nicht Albrecht vnn Brandenburg, der von dem Passauer Vertrag Nichts wissen wollte, zur Befriedigung seiner Raublust, ben Krieg gegen bie ka¬ tholischen Reichsstände aus eigene Rechnung fortgesetzt hätte. Wäh¬ rend» Karl V. in einem fünften Kriege gegen Frankreich vergebens be- müht war, bie abgetretenen Reichsstäbte wieber zu erobern, zog Moritz von Sachsen gegen den Ruhestörer zu Felde. Bei Sievershau¬ sen, aus der Lüneburger Haide, wurde Albrecht besiegt, Moritz aber tödtlich verwundet; er starb zwei Tage nach der Schlacht, 32 Zahre alt (1553).