16 Klima des Harzes. Im Brocken und den ihn umgebenden Bergen stellt sich der Granit dar: teils tritt er in zusammenhängenden Massen auf, teils in zahllosen, die Ober¬ fläche der Erde bedeckenden Trümmern. Dieser Kern enthält kein Erz. An denselben schließt sich aber in südlicher, östlicher und westlicher Richtung eine zweite Bergmasse an, die aus mancherlei Gebirgsarten, größtenteils aus Grau-- wacke besteht, und älter ist als der Granit. Hier findet sich der eigentliche Reichtum des ganzen Gebirges, das Metall, und zwar selten gediegen, d. h. rein, sondern meist als Erz, d. H. mit anderen Stössen vermischt; hier finden sich Kupfererze, silberhaltige Bleierze, Eisenstein bald in einzelnen Gängen, bald in Lagern. Aus diesen Erzen werden außer Kupfer, Silber, Blei, Eisen auch etwas Gold, dann Quecksilber, Zink, Wismut, Magnesium, Schwefel, Vitriol u. s. w. gewonnen. (Siehe weiter hierüber in dem Kapitel: Naturerzeugnisse.) 1) Die Lage des Harzes, seine Höhe und selbst die Beschaffenheit seines Bodens bringen ein rauhes Klima und im ganzen eine kalte, nebelige Witterung mit sich. Je tiefer man steigt, desto mehr verliert sich dies. In den Thälern wogen Kornfelder und grüne Laubhölzer, während die nahe gelegenen Gebirgs¬ züge nur von Wiesenmatten bedeckt oder durch Fichten beschattet sind. Gewöhnlich mit Ausgang Oktober rauschen schon die kalten Regen mit Hagelschauern; dicke Nebel und niedrige Wolken wechseln mit Schneegestöber, und der Winter hebt an. Der Sturm häuft die Schneemassen oft zu 6 bis 10 m Höhe, bedeckt damit Berg und Thal und verschüttet die Waldung. Der lange Frost türmt ungeheure Eisberge, und die stehende Kälte härtet die vielen Bäche und Flüsse zu eiserner Festigkeit. Wenn dann auch im Frühjahre die Sonne bereits hoch und warm leuchtet und im Flachlande alles in Grün und Blüte steht, so erkältet noch das zögernde Schmelzen der riesigen Schnee¬ massen den lauen, belebenden Frühlingsodem, und die dichten, großen feuchten Nadel¬ waldungen atmen noch immer kalte Winterluft aus. Aber sobald endlich Ausgang Mai die eisigen Dämme im Hochgebirge gebrochen und die dicken Schneemassen der Waldungen geschmolzen sind, tritt plötzlich Wärme ein, und ohne daß die Anmut des allmählich schaffenden Frühlings bemerklich gewesen wäre, schreitet der Sommer mit seiner üppigsten Vegetation wunderbar rasch herein. Es ist eine herrliche Zeit, wenn der Sommer in den Harz zieht. Die Kraniche, die Amseln, die Schnepfen sind seine Vorboten: alle treuen Begleiter desselben kommen über Nacht angezogen, und auf einmal lebt der Wald von buntem, singendem Gefieder; der Schnee der höchsten 'Berge schwindet, die geschwollenen Flüsse brausen in Jugendkrast dahin, die Bäche tanzen über die Felsen zum Thale hinab, an den Bergen, auf den Hügeln, in den Gründen keimt und sprießt und grünt es mit un¬ glaublicher Schnelligkeit, die Wiesen werden ein bunter Teppich, die Anhöhen bis auf die kahlen Felsen kleiden sich mit zahllosen Blumen. Aber ebenso schnell verschwindet auch der Sommer wieder vor den Schritten des andrängenden Winters. Die angenehme Zwischenzeit des Herbstes ist dem Harze ebenso fremd wie der heitere Lenz. — Der Sommer bringt einzelne sehr heiße,Tage; im ganzen ist er aber doch nur kurz und unbeständig, und selbst der heißeste Tag endet in der Regel in einem frischen, empfindlich kühlen Abend. Deshalb erlischt denn auch im Oberharze nirgends das Feuer im wärmenden Ofen, und fast das ganze Jahr hindurch wird ein¬ geheizt. Ulrici, Das Königreich Hannover, S. 271.