Mag auch die Höhe der Abgaben Mißmut und Unzufriedenheit im Volke erregt haben, mag endlich auch das Streben der Gilden, Anteil am Ratsregimente zu gewinnen, eine gewisse Berechtigung gehabt haben, in solch verbrecherischer und mordgieriger Weise aber gegen den Rat zu wüten, wie es damals geschah, war im höchsten Maße verdammenswert. Man machte das Haus des ersten Bürgermeisters der Altstadt, des greisen Tile von Damm, das Haus zu den „sieben Türmen," durch Brand dem Erdboden gleich und vernichtete alles, was in demselben an Geräten und Kostbarkeiten sich sand. Außerdem ließ man vier Ratsherren, unter ihnen die beiden ersten Bürgermeister der Altstadt, den schon genannten Tile von Damm und Kort Döring, auf dem Alt¬ stadtmarkte durch Henkershand hinrichten, während vier andere in ihren Häusern und vor dem Rathanse des Sackes erschlagen wurden. Man trieb sogar die Angesehensten aus den Geschlechtern aus ihrer Vater¬ stadt, beraubte sie ihrer Besitzungen und besetzte die Raisherrenstellen m allen Weichbildern, mit Ausnahme der Alteuwiek, mit den Wort¬ führern der Gilden. Aber wahrlich, solch ein Frevel durfte nicht ungestraft bleiben! Aus dem Hansabunde ausgestoßen, von zahlreichen Feinden bedrängt, geriet die Stadt in Armut und Not. Nun baten die Abgesandten derselben in wollenem Bnßgewande, entblößten Hauptes und barfuß im Hansasaale zu Lübeck demütig um Verzeihung, erbauten zur Sühne der Unthaten neben dem Rathanse die St. Autorskapelle, nahmen die Vertriebenen wieder in die Stadt aus und besetzten den Rat der Altstadt mit „Rentnern, Kaufleuten und ehrwürdigen Leuten." Da wurde die Stadt auf dem Tage zu Lübeck im Jahre 1379 wieder als Glied des Bundes anerkannt. Und wenn auch eine gleiche Frevelthat den Platz nicht wieder ent¬ weiht hat, Unruhen und „Uplope" hat er noch öfter geschaut. Und dennoch waren jene Zeiten des spätern Mittelalters die glorreichsten, die die Geschichte unserer Stadt aufzuweisen hat, und wohl ist der Wunsch berechtigt, daß gleiche Opfer-freudigkeit und gleiche Liebe zur Vaterstadt auch in unseren Tagen in den Herzen unserer Mitbürger leben möchten. otto Hohnstein. 42. Die Einführung der Reformation in Brannschweig. Wenn die Städte genannt werden, die in Norddeutschland der lutherischen Lehre zuerst ihre Thore geöffnet haben, dann ist auch Braunschweigs Name dabei. Im Jahre 1521 hatte hier zuerst Gott¬ schalk Kruse, ein Mönch des Ägidienklosters, der in Erfurt und Witten¬ berg studiert und an letzterem Orte unter Melanchthon und Karlstadt die Magisterwürde erlangt hatte, den jüngern Brüdern des Klosters das Evangelium Matthäi im Sinne der Wittenberger Reformation erklärt. Er ward indes durch ein auf dem Salzdahlumer Landtage im Jahre 1522 erlassenes Edikt, welches die lutherische Ketzerei im Lande Braun¬ schweig bei schwerer Strafe verbot, bewogen, sein Kloster und die Stadt