— 201 — Winter nachgejagt, hat sie bei klingendem Frost und in knirschendem Schnee geschlagen, zersprengt, endlich auf Schlitten über das Frische Lass verfolgt, sodaß sich die Reste über die Grenze nach Livland flüchteten. And dennoch hat der Kurfürst von all diesen Heldentaten die Früchte nicht ernten können. Denn der Kaiser gönnte ihm den Ruhm nicht und ließ ihn im Stich, Frankreich fiel in Kleve ein, selbst Dänemark stand ihm nicht bei, er blieb gegen die großen Reiche Europas ganz allein. Da hat er endlich 1679 den Frieden zu St. Germain schließen müssen und in ihm noch einmal das ganze Pommern, sein altes Erbland, das er mit so riesigen Mühen und Kosten erobert hatte, den Schweden wieder herausgegeben. Er kriegte nichts als die Kriegskosten für den Schaden, der ihm in Kleve getan war. Das war der größte Schmerz in seinem Leben, und er hat mit Grimm gesagt: „Nicht die fremden Völker haben mir diese Schmach getan, sondern der Deutsche Kaiser. Aber einmal wird aus meinen Gebeinen ein Rächer erstehen." Auch Schlesien, das nach dem Erbvertrag mit den Herzögen von Liegnitz im Jahre 1675 bei deren Aussterben an Brandenburg hätte fallen müssen, hatte der Kaiser schnöde für sich behalten. Der Rächer aber, der einst erstand und dies Schlesien mit Waffengewalt zurücknahm, war Friedrich der Große. Damals hat es das deutsche Land schwer zu fühlen bekommen, daß es keinen treuen Kaiser hatte, der sich um die Ehre des deutschen Namens be¬ kümmert hätte, und daß dem einzigen starken Fürsten, der das tat, dem Großen Kurfürsten, die Lände gebunden wurden. König Ludwig XIV. von Frank¬ reich war nämlich jetzt so übermütig geworden, daß er auch nicht einmal mehr den Schein des Rechts aufrecht erhielt. Er setzte in Metz und einigen andern Städten Beamte ein, die er Reunionskammern, d. i. Wiedervereinigungs¬ kammern nannte. Diese Beamten sollten untersuchen, welche Landesstrecken jemals zu den Gebieten gehört hätten, die ihm in letzter Zeit abgetreten waren, und diese Landesstrecken nahm er dann mitten im Frieden einfach in Besitz. So ist er denn auch i. I. 1681 urplötzlich in dem alten ehrwürdigen Stra߬ burg eingezogen, der wunderschönen Stadt, und hat sie im Einverständnis mit ihrem verräterischen Bischof für Frankreich geraubt. Auch Trier und einige andere Orte hat er besetzt, und das Deutsche Reich konnte nichts anderes tun als Protest einlegen und schelten. 3n einem Vertrage, der dann 1684 mit Ludwig XIV. abgeschlossen wurde, hat der König dann wohl einige Strecken wieder herausgegeben, aber das Elsaß mit Straßburg hat er behalten, und es ist bis 1870 französisch geblieben.