— 216 - Angst und denken: „Wenn wir sie so nahe herankommen lassen, dann werden wir vielleicht nachher nicht schnell genug mit ihnen fertig. Wir wollen lieber recht¬ zeitig anfangen." And bauz, mit einem Mal schießen sie los. Natürlich treffen sie keinen, denn die Feinde sind noch viel zu weit weg. Aber die haben nun die Schüsse gehört, merken, daß wir im Hinterhalt liegen, rücken aus, und wir kriegen keinen einzigen von ihnen. Das wäre nicht passiert, wenn die Leute alle dem Befehl des Offiziers gehorcht hätten. Ein ander Mal liegen wir wieder im Hinterhalt. Wir haben unsere Patronen schon verschossen. Der Offizier sagt: „Laßt sie nur dicht herankommen, dann brechen wir mit einem Mal mit lautem Hurra- geschrei hervor, und während sie noch recht erschrocken sind, stechen wir sie mit unserm Bajonett alle nieder." Nun sind die Feinde dicht heran, und der Offizier kommandiert: „Auf! Marsch, marsch, hurrah!" Zwanzig springen auch richtig an und stürzen den Feinden entgegen. Zwanzig andere aber denken: „Das ist ja eine Dummheit, wir sollten sie doch erst vorüber lassen und ihnen in den Rücken fallen." Wie nun die fünfzig Feinde, die da ankommen, sehen, daß ihnen da bloß zwanzig Männekens entgegenlaufen, erschrecken sie Überhaupt garnicht, sondern legen ganz ruhig ihre Flinten an und schießen die zwanzig Gehorsamen tot. Dann aber denken sie: „Wir wollen doch mal zusehen, ob da nicht noch mehr im Graben liegen." Sie kommen heran, finden alles und schießen die Ungehorsamen auch tot. So sind wir alle umgekommen. Das wäre wieder nicht passiert, wenn alle das getan hätten, was der Offizier befahl. So sieht man, im Kriege kommt alles darauf an, daß nicht einer klüger fein will als der andere, sondern daß alle tun, was der Offizier befiehlt. Wenn da einer klüger sein will und gehorcht nicht, dann kann es ihm sehr leicht passieren, daß die andern umkommen und er selber mit. Das ist nun aber garnicht so leicht. Wenn einer im Schlachtfeld steht und die Kugeln pfeifen und der Offizier kommandiert: „Auf, marsch, marsch", dann kommt auch einem vernünftigen Menschen leicht die Angst. And wenn er dann doch aufspringen soll und vorwärts laufen, gerade in den Kugelregen hinein, dann muß er schon so an das Gehorchen gewöhnt sein, daß es ihm einfach ganz unmöglich scheint, etwas anderes zu tun, als was der Offizier befiehlt. Ein solches Heer, das so an den Gehorsam gewöhnt ist und aufs Wort nach rechts oder nach links oder geradeaus geht, schießt oder wacht, geduldig stillhält oder rasend drauf losstürmt, wie es der Offizier befiehlt, das wird immer am leich¬ testen allen andern über werden. Man sagt, es hat Mannszucht. Und nur ein Heer, in dem stramme, eiserne Mannszucht herrscht, kann siegen. Daran muß