— 15 — „Wo ist nun euer Gott, der Welten Lenker?" Ries ein gefangner Römer, „sprich du dort, Du Mann des Kreuzes, sag mir, grauer Denker: Bekämpfst du heute noch mein Zweifelswort? Doch ja, dein Gott vergab ja seinem Henker, Erlösend, sagst du, wirkt sein Leiden fort, Nun — wenn vom Druck nicht, der uns jetzt betroffen, Von welchem sollen wir Erlösung hoffen?" Der Herr erlöst uns aus der Haft der Sünden, Aus keiner sonst; entgegnet ihm der Christ. Doch statt den Grund des Bösen zu ergründen Und wie der Schmerz der Sünde Sold nur ist, Laß mich von jenem Bischof dir verkünden, Den du im bleichen Schwarm dort walten siehst, Wie nimmer müd' er sich zu allen wendet, Verlasf'nen Trost, Arznei Erkrankten spendet. Als einer Wittwe einzger Sohn gefangen An Bord geführt ward von der Sieger Hand, Und Kind und Mutter weinend sich umschlangen, Und tatlos klagend rings die Menge stand: Da trat er vor, der Priester ohne Bangen, Und sprach, zur beutegier'gen Schaar gewandt: ,,Wollt ihr zur Arbeit einen Sklaven haben, Nehmt mich, den Mann, statt diesen zarten Knaben!" Und als der Führer ihm erstaunt die Bitte Gewährt, da streift er ab den Kreuztalar, Und bietet, nicht, als ob er Schmerz erlitte, Nein, lächelnd seinen Arm der Fessel dar, Und hoch die reine Stirn, mit festem Schritte Das Schiff betritt er in der Sklavenschar. Sprich, Zweifler, nun, wen so ein Gott begeistert, Ob dessen Herz ein Übel noch bemeistert!" Der Alte schwieg und sah vertieft vom Rande Des Schiffs, wie Schaum um Schaum vorüberfloß; Da trat zu ihm ein Sohn der Morgenlande Und sprach: „Jehova nur, der Herr, ist groß. Was Titus.einst geraubt im Tempelbrande, Sieh, jene goldnen Leuchter Salomos! Jetzt führt sie jener König aus dem Norden Hinweg, vor welchem Rom ein Spott geworden. Doch diesem auch, und mag er noch so prächtig Am hohen Seestrand thronen, einmal naht Auch ihm die Wolke schwarz und mitternächtig Und tilgt von fremdem Boden fremde Saat.