— 83 - Das ist der Max von Habsburg auf lust'ger Gemsenjagd;*) Seht ihn auf Felsen schweben, wo's kaum die Gemse wagt! Der schwingt sich auf und klettert in pfeilbeschwingtem Lauf, Hei, wie das geht so lustig durch Kluft und Wand hinauf! Jetzt über Steingerölle, jetzt über tiefe Gruft, Jetzt kriechend hart am Boden, jetzt fliegend durch die Luft! Und jetzt? — Halt ein, nicht weiter! jetzt ist er festgebannt, Kluft vor ihm, Kluft zur Seite, und oben jähe Wand! Der Aar, der sich schwingt zur Sonne, hält hier die erste Rast, Des Fittigs Kraft ist gebrochen und Schwindel hat ihn erfaßt; Wollt' Einer von hier zum Thale hinab ein Stieglein baun, Müßt', traun, ganz Tyrol und Steyer die Steine dazu behau'n. Wohl hat die Amm' einst Maxen erzählt von der Martinswand, Daß schon beim leisen Gedanken das Aug' in Nebeln schwand; Und ob sie wahr erzählet, ersehn nun kann ers hier; Daß er's nie weiter plaudre, gesorgt ist schon dafür. Da steht der Kaisersprosse, Fels ist sein Throngezelt, Sein Scepter Moosgeflechte, an das er schwindelnd sich hält; Auch ist eine Aussicht droben, so weit und wunderschön, Daß ihm vor lauter Schauen die Sinne fast vergehn. Tief unten liegt das Innthal, ein Teppich lustig grün, Wie Fäden durch's Gewebe, ziehn Straß' und Strom dahin. Die Bergkolosse liegen rings eingeschrumpft zu Haus Und schaun, ein Friedhof voll Hügel, zu Maxen mahnend auf. Jetzt stößt er, Hülfe rufend, mit Macht hinein in's Horn, Daß es in Lüften gellet, als dröhnte Gewitterzorn; Ein Teufelchen, das kichert im nahen Felsenspalt: Denn nicht zum Thale dringet des Hülseruss Gewalt. In's Horn nun stößt er wieder, daß es fast platzend bricht; Ho, ho, nicht so gelärmet! da hilft das Schreien nicht! Denn liebte ihn sein Volk nicht, was er auch bieten mag, Herr Max er bliebe sitzen bis an den jüngsten Tag! Was nicht das Ohr vernommen, das hat das Aug' ersehn; Die unten sahn ihn schweben auf pfadlos steilen Höhn, Gebet und Glocken rufen für ihn zum Himmelsdom, Von Kirche zu Kirche wallfahrt der bange Menschenstrom. Jetzt an dem Fuß des Felsens erscheint ein bunter Chor, Ein Priester inmitten, weisend das Sakrament empor. Max sieht nicht das bunte Wimmeln auf ferner Thalesflur, Er sieht das blitzende Glänzen der Goldmonstranze nur. *) Max pflegte zu sagen: „Wie übel wär's um die Welt bestellt, wenn Gott nicht das Beste bei der Regierung thäte; denn das geistliche Regiment ist jetzt mit einem tollen Pfaffen (Papst Julius II.) und das weltliche mit einem verwegenen Gemsenjäger besetzt." 6*