— 72 — Den mannigfachen Erleichterungen der ärmeren Bürger, welche außer¬ dem auch durch Kolonisationen (S. 73) versorgt wurden, standen kostspielige Ehrenleistungen der Reichen, Leiturgien, gegenüber, welche dem Staate Ausgaben ersparten. Unter den regelmäßigen, sämtlich zur Feier von Fest¬ lichkeiten und zur Ergötzung des Volkes bestimmten Leiturgien war die bedeutendste die Choregie, die Bezahlung, Beköstigung und Ausstattung des Chores für die theatralischen Aufführungen. Die vorzüglichste und kost- spieligste Art der Gymnasiarchie war die Lampadarchie, die Be¬ streitung der Kosten für die Fackelläufer. Hierzu kam noch die Hestiasis, die Bewirtung der eigenen Phyle an Staatsfesten. Die außerordentliche Liturgie der Trierarchie verlangte von dem durch die Strategen bestellten Trierarchen die Ausrüstung und die Besehligung eines vom Staate samt der Löhnung für die Schiffsmannschaft gestellten Kriegsschiffes. Direkte Vermögenssteuern erhob der Staat nur im Kriegsfälle, deren Ausschreibung dann durch Volksbeschluß angeordnet wurde. 3. Seine äußere Politik stützte Perikles, seitdem er den festländischen Bund und notgedrungen auch seine panhelle- nischen Bestrebungen aufgegeben hatte, auf den großen athe¬ nischen Seebund, welcher seit 445 etwa 300 Staaten unfc) Städte umfaßte und in 5 Steuerbezirke (den ionischen, hellespontischen, thracifchen, karischen und Jnselbezirk) gegliedert war. Aus der Vorstandschaft Athens war infolge der Lässig¬ keit der meisten Verbündeten (S. 66) eine wirkliche Herrschaft geworden, namentlich nach der Verlegung des Kriegsschatzes von Delos nach Athen (454). Die regelmäßige Verfassungsform der Bundesstädte war die Demokratie; auch hatten die Athener in vielen derselben stehende Besatzungen, deren Befehlshaber auf die Verwaltung nicht ohne Einfluß waren. Am bittersten aber empfand man in nicht wenigen Staaten die Entziehung der Gerichtshoheit in allen wichtigen Rechtshändeln. Doch galt die athenische Herrschaft für unerschütterlich, seitdem eine Er¬ hebung von Samos 440 durch Perikles energisch nieder¬ geworfen worden war. 4. Unter athenischer und spartanischer Führung standen die beiden Hälften Griechenlands, der festländische und der See¬ bund, mit gesteigerter Eifersucht einander gegenüber. Deshalb erblickte Perikles die nächste Aufgabe Athens in der Samm¬ lung und Organisation seiner Kräfte für den bevorstehenden unvermeidlichen Kampf. Um die Stadt vollständig gegen die Peloponnesier zu sichern, setzte er den Bau einer dritten mitt¬ leren Verbindungsmauer zwischen Athen und Piräus durch, durch welche die Vereinigung beider zu einer gewaltigen Doppel¬ stadt vollendet wurde (Baumeister Kallikrates). Eine Flotte von 60 Trieren kreuzte während des größten Teiles des Jahres