Nvunö^üge
der
Alten Geschicht
Von
Dr. Edmund Albricht
Gberlehrer am Königl. Gymnasium zu Dresbeti.
II.
Hlönrische E» eschichte.
Gekünte Ausgabe.
Dresden.
Verlag von Carl Höckner Königl. Hofbuchhändler.
A. Das italische Land.
1. Wame, Grenzen nnd Lage.
1. Der Name Jtalia ging von der äußersten Südspitze der Halbinsel aus, anfangs durch Vermittelung der griechischen Ansiedler, dann mit der Erweiterung der römischen Herrschaft allmählich auf die ganze eigentliche Halbinsel bis zu den Flüssen Macra und Rubicon über, bis er im Beginn der Kaiserzeit endlich auch auf das „cisalpiuifche Gallien" ausgedehnt wurde.
2. Italien ist von scharfen Naturgrenzen umgeben: im Norden von den Alpen, welche indessen trotz ihrer Höhe bei der Menge leicht gangbarer Pässe das Land von jeher weit mehr vor den Einflüssen des nordischen Klimas als vor den Angriffen nördlicher Barbaren geschützt haben; im Westen vom tyrrhenischen (mare Tuscum oder inferum), im Süden vom sicilischen oder ionischen Meere (mare Siculum oder Jonium).
3. Die centrale Lage Italiens innerhalb des Mittel-meeres zwischen den beiden anderen südeuropäischen Halbinseln (etwa vom 46."—36.° n. Br.) bestimmte dasselbe zum Sitz einer Weltherrschaft und znm wichtigsten Schauplatz europäischer Geschichte.
2. Küstenentivickeknng und chebirgsöau.
Unter den Halbinseln Südeuropas nimmt die italische auch in bezug auf ihre wagerechte und senkrechte Gliederung eine mittlere Stellung ein, wodurch ihr von vornherein das Übergewicht über beide gesichert war. Insbesondere aber ruht ihr Vorzug vor beiden in der Anordnung von Hoch- und Tiefland. Für die Geschichte der italischen Hirten-, Gebirgs-und Bauernvölker, namentlich der Römer, ist bis zum Beginn des Kampfes um die Herrschaft des Mittelmeeres lediglich die Bodengestaltung des Binnenlandes bedeutsam geworden. Der Ausbildung umfassenderer Staatswesen .stellt der im wesentlichen einheitliche Bau Italiens durchaus nicht die gewaltigen Hindernisse entgegen, wie derjenige Griechenlands. — Italien zerfällt, von den Inseln abgesehen, in zwei von Natur ganz verschiedene Bestandteile: einen kontinentalen Teil, Oberitalien, und die eigentliche Apenninhalbinsel.
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a) Oberitalien.
Oberitalien ist eine Tiefebene, welche in westöstlicher Richtung vom Po (Padus) durchströmt wird. Sie verdankt ihre Entstehung und den unerschöpflichen Reichtum ihres Bodens wie die hohe Blüte ihrer Kultur den von diesem Strome und seinen Nebenflüssen mitgeführten Sinkstoffen, deren Ab-lagernng durch eine Erhebung des Meeresgrundes unterstützt wurde. Die großen fjordartigen Seen in den tiefen nach Süden gerichteten Thälern des Hochgebirges sind Reste des einstigen Meeres: der Lange See, Lago maggiore (lacus Verbanus), durchflossen vom Ticino (Ticinus), der Eomer-fee (1. Comacinus), durchflossen von der Adda (Addua), der Gardasee (1. Benacus), aus welchem ber Mincio (Mincius) entspringt. Selbständig erreicht die Etsch (Athesis) das adriatische Meer. Die südlichen Nebenflüsse des Po sind weit wasserärmer als die nördlichen, weil sie von dem wasserarmeren Apennin entspringen. Im Osten haben die Flüsse einen Saum von Sandbänken vor ihren Mündungen aufgeschüttet und die abgeschnittenen Meeresteile in träge Lagunen verwandelt.
b) Die eigentliche Apenninhalbinsel.
1. Die Poebene wird von der eigentlichen Halbinsel durch das graue Kalksteingebirge des Apennin geschieden, welcher derselben ihre Gestalt giebt. Der Apennin tritt diesseits des Tanarus aus der südlichsten Gruppe der Westalpen, den Seealpen, umzieht in flachem Bogen den ligurifchen Golf, nähert sich in ostsüdöstlicher Richtung der adriatischen Küste (Nordapennin), streicht, zu beiden Seiten von Parallelketten begleitet, in kurzer Entfernung von derselben in der Richtung nach Südsüdosten hinab (Centralapennin), wendet sich dann, ostwärts der apulischen Ebene Raum lassend, in breiter, plateauartiger Ausdehnung wieder der Küste des tyrrhenischen Meeres zu und läuft endlich fast ganz von Norden nach Süden in die bruttische (jetzt calabrische) Halbinsel aus (Südapennin). Nur in der Mitte, wo sich die Hauptkette zu dem wilden sabelli-schen Gebirgsviereck (Abruzzen) ausbreitet, erreicht sie die Linie des ewigen Schnees (Gran Sasso d’.Italia 2900 m), so daß die Wasserscheide zwischen dem tyrrhenischen und dem adriatischen Meere fast nirgends eine Völkerscheide werden konnte.
2. Der Hauptkamm des Apennin teilt ganz Mittel- und Unteritalien in eine östliche und westliche Hälfte. Auf der
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Westseite, der für das geschichtliche Leben darum auch bevorzugten Stirnseite des Landes (vgl. Griechenland), ist der Raum zwischen der Kammhöhe des Gebirges und dem überdies buchten- und hafenreichen, auch von einer größeren Zahl Inseln begleiteten tyrrhenischen Strande weit breiter, fo daß sich hier in breiten Längsthälern ansehnliche Flüsse haben bilden können, welche in ihrem unteren Lause das vom sogenannten Subapennin durchsetzte ebene Vorland quer durchschneiden: der Arno (Arnus) das etrurische Hügelland, der Tiber (Ti-beris) die latinische, der Voltnrno (Volturnus) die cam-panische Ebene (außerhalb nördlich und südlich von dem letzteren Liris und Silarus). Die Ostseite dagegen ist schmal und von einförmiger, Hasen- und inselloser Küstenbildung bis zu der stumpfen, weitvorspringenden Halbinsel Garganus (dem Sporn des italischen Stiefels); in zahlreichen parallelen Querthälern laufen nur kurze Flüßchen mit starkem Gefälle dem adriatischen Meere zu, bessert öde Küstenlandfchaften auch auf der entgegengesetzten griechischen Seite zum Verkehre nicht einladen.
3. Eine scharfe Trennung macht sich auch bemerkbar zwischen Mittelitalien (Etrurien bis zum Tiber, Latium, Campauien bis zum Silarus im Westen, Umbrien bis zum Äsis, die Gebiete der Sabiner und ber kleinen sabellischen Landschaften um den Fucinus-See, Samnium bis zum Frento im Osten) und Unteritalien (Lucania und Bruttium im Westen, Apulia und Calabria im Osten). Ein Querzug, welcher von der Südseite des Golfs von Neapel aus (Insel Capri) die ganze Breite der Halbinsel durchstreicht und dessen nördlichem Abhange eine Reihe von Vulkanen vorgelagert ist (Vesuv, phlegräisches Gefilbe), scheibet Samnium von ben süb-lichert Lanbschasten. Der Meerbusen von Tarent zwischen ben beiben italienischem Leben ganz sernliegenben Halbinseln Bruttium unb Calabrien lrilbet ben wirtschaftlichen Mittelpunkt berseloen. Hier int Süden öffnet sich Italien ber Einwirkung hellenischen Lebens.
4. Die kürzere calabrische ober messapische Halbinsel schließt sich mit bem japygischen Hügellanb südlich vom Ausidus, dem bedeutendsten der östlichen Küstenflüsse, an die apnlische Ebene an. Mit den steilen Rändern ihres wasser-lofen Kalkbodens behält sie den Charakter ber Einförmigkeit unb Hafenarmut, welcher bie ganze Ostküste kennzeichnet. Die Ebene von Sybaris trennt bie apenninifchen Kalkbilbnngen von
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den Granitmassen Bruttinms. Die längere und gebirgigere
bruttische Halbinsel zerfällt in eine größere Nordhälfte und in eine kleinere von Sicilien abhängige Südhälfte. Der Sila-
wald bildet mit seinen breiten Terrassen und mit seiner ge-
waltigen Wölbung einen würdigen Abschluß der reichgestalteten apenninischen Halbiusel.
e) Die Inseln.
1. Wie die Poebene die kontinentale, so ist Sicilien (TyLvaxQiu) die maritime Zngabe der Halbinsel. Sicilien wird durch die schmale Meerenge von Messina vom Festland getrennt, dem sie sich auch durch die Beschaffenheit der Gesteinbildung anschließt. Ein dem Silagebirge gleichartiger, aus Granit bestehender und im Altertum dichtbewaldeter Gebirgsrücken zieht sich von der Meerenge mit steilem Abfall zur Nordküste auf derselben fort (Nebrodes). An ihn schließt sich das weit niedrigere Hochland von apenninischem Kalk an, welches den größten Teil der Insel erfüllt. Demselben fehlen ebensowohl größere schiffbare Flüsse wie größere Tiefebenen, doch schafft die glückliche Bodenmischung eine außerordentliche Fruchtbarkeit; nur die höher gelegenen Striche waren auf Schafzucht beschränkt. In jeder Beziehung am meisten begünstigt tst, im Gegensatz zum Festland, die Ostseite der Insel. Sie hat die größte uud fruchtbarste (vulkanische) Ebene südlich vom Ätna (3300 m), das ausgedehnteste Flußsystem, vortreffliche Häfen und beherrscht den Sund, welcher das tyrrhenische mit
dem Hauptbecken des Mittelmeeres verbindet.
2. Die Insel ist durch ihren ganzen Bau auf eine maritime Entwickelung hingewiesen. Das Innere wurde durch die
Küste bemustert; von hier aus empfing das Ganze das Ge-
präge seiner Nationalität, indem der Reichtum des gesegneten Landes die Kulturvölker (Phönicier, Hellenen, Römer) in ähnlicher Weise anlockte, wie die Poebene die Barbaren des Nordens. — Im Norden Siciliens liegen die liparischen Inseln vulkanischen Ursprungs; dagegen bestehen die ägatischen Inseln im Westen und das entferntere Malta (Melita) u. a. im Süden aus Kalkstein. Das tyrrhenische Meer wird im Westen durch die beiden Inseln Sardinien und Corsica (fvetum Gallicum) abgeschlossen.
3. Kkima und Wegetation.
1. Das Klima Italiens zeichnet sich wie das oller Küstenländer des Mittelmeeres durch seine gleichmäßige Milde
aus, wozu die geographische Lage, der Schutz der Gebirge vor dem rauhen Nord und endlich die hohe Temperatur des Mittelmeeres zusammen wirken. Doch bei aller Übereinstimmung im allgemeinen wird doch durch die bedeutende Ausdehnung der Halbinsel von Norden nach Süden, ihre wagerechte rrnd senkrechte Gliederung eine große Verschiedenheit des Klimas im einzelnen bedingt. Insbesondere verliert der Gegensatz von Sommer und Winter nach Süden zu immermehr seine Schärfe, während die Zeit der sommerlichen Dürre nach Süden an Dauer zunimmt. Im übrigen sind die klimatischen Unterschiede zwischen der Ost- und Westseite der Halbinsel merklicher als zwischen Norden und Süden, auch ist die Westhälfte vor der östlichen begünstigt durch die reicheren Niederschläge, welche der Apennin und die senchten Westwinde ihr schaffen.
2. Die Vegetation zeigt im Polande und auch noch im Apennin im wesentlichen den Charakter der mitteleuropäischen Sommerflora. An den Küsten und in den Ebenen treten aber schon hier neue fremdartige Typen hinzu (Ölbaum, Pinie, Eypresse, Stechpalme, immergrüne Eiche, Lorbeer, Myrte, Ar-butus u. ct.), welche je weiter südwärts desto mehr zunehmen und etwa vom 40.° ab die gesamte Landschaft erfüllen?) Die Gebirge waren im Altertum mit ausgedehnten Wäldern (Eichen und Buchen oder Tannen, wie das Silagebirge) bedeckt (vgl. den Wolf in Sage und Religion der Römer, die Bedeutung Silvans als Grenzgott). Durch seine ausgedehnten Ebenen begünstigte Italien aber auch den Ackerbau (Weizen, Gerste und Hülsenfrüchte, vor allem auch den aus Griechenland stammenden Wein- und Ölbau), mit welchem die Viehzucht in größerem Umfange sich verband, doch so, daß der Ackerbau in den Ebenen der Westküste, die Viehzucht auf den östlichen Gebirgszügen und den vorliegenden Hochebenen überwog. — Der Bedeutung des Ackerbaues für Italien entsprechend ist seine geschichtliche Entwickelung weit langsamer und stetiger von statten gegangen als diejenige der beweglichen und unbeständigen Griechen, bei denen Seefahrt und Kolonisation die vorherrschende Lebensrichtung waren.
') Viele subtropische Gewächse des heutigen Italiens (Maulbeerbaum, Limone, Orange, Agave, Kaktusarten) fehlten dem Altertum, so auch bie heute so verbreitete Mais- und Reiskultur.
B. Die italische Völkerwelt.
1. Das herrschende Volk in Italien wurden die Italiker. Sie sind der den Griechen am nächsten stehende Zweig des großen arischen oder indogermanischen Völkerstammes und in ihrer Hauptmasse wahrscheinlich von Norden her zu Lande eingewandert. Die vielen ihren später getrennten Stämmen gemeinsamen Elemente des Volkslebens, die Sprachreste und die Ausgrabungen der Gegenwart in Ober- und Mittelitalien weisen darauf hin, daß die Italiker nach ihrer Trennung von den Hellenen und Kelten zunächst in der Poebene längere Zeit eine Einheit bildeten und hier die ersten Grundlagen ihrer nationalen Eigenart ausgestalteten.
2. Die Bevölkerung, welche die Italiker in der Halbinsel vorfanden und unterwarfen, läßt sich ihrer Nationalität nach nicht mehr bestimmen; doch haben sich in Italien die Reste ehemals weiter verbreiteter Völker erhalten. Die Japyg er oder Messapier am Südstrand der Halbinsel erscheinen als ein vor späteren Einwanderern znrückweichendes und schließlich dort zusammengedrängtes Volk wahrscheinlich illyrischen Stammes, welches von Griechenland über das Meer nach Italien gelangt war und hier lange Zeit seine Nationalität bewahrte, bis es endlich hellenisiert, dann romanisiert wurde. Als zweite verdrängte Nation sind die Ligurer anzusehen, welche in geschichtlicher Zeit auf dem noch heute nach ihnen benannten schmalen, gebirgigen Küstenstriche von der Mündung der Rhone bis zu der des Arno eine Zufluchtsstätte gefunden haben.
3. Von der Poebene aus hat die italische Nation infolge von Übervölkerung und von Osten und Norden gedrängt durch Veneter und Etrusker (S. 7) nach und nach die Halbinsel erobert und sich dabei in einzelne Stämme gespaltet, welche in zwei Gruppen erscheinen: die östliche, umbrisch-sabel-lische und die westliche (lateinische) Gruppe.
Als ältester Stamm der östlichen Gruppe galten die Umbrer, welche, aus Oberitalien und Etrurien durch die Etrusker und Kelten verdrängt, schließlich auf das nach ihnen benannte enge Gebirgsland des nördlichen Apennin und seiner beiden Abhänge beschränkt wurden. Die sabel-lischen Völkerschaften gingen von den Sabinern auf der Hochebene von Amiternum am oberen Aternus (später im Nordosten von Latium) aus (ver sacruin): die Volsker auf beiden Seiten des oberen Liris, die Äquer am oberen Anio, die Herniker südlich zwischen beiden am Trerus und oberen Liris; die Pieenter an den Ostabhängen des Apennin und an der benachbarten adriatischcn Küste, die 4 Abruzzenvölkchen der Marser im Fuciuer-betfen, der Päli gner im Hochthal von Corfiniurn, der Vestiner und
Marrueiner zu beiden Seiten des unteren Aternus. Die mächtigste sabellische Völkerschaft waren die Samniter im centralen Hochland des südlichen Italiens. Von ihnen sind dann wieder und zwar bereits in geschichtlicher Zeit die Samniter der Ebene, nach Westen die Camp an er, nach Süden die Lueaner und von diesen zuletzt die Bruttier ausgegangen, welche alle die überwältigende Macht des Hellenismus erfuhren.
Von der westlichen Gruppe hat nur das Hauptvolk, die Latiner, in der Landschaft südlich vom Tiber ein höheres, selbständiges geschichtliches Leben zu entwickeln vermocht. Alle diesem verwandten Stämme auf der westlichen und südlichen Seite Italiens, die Ausouer in Campanien, die Italer in Bruttium und die Sikeler (später in Sieilien) sind frühzeitig stärkeren auswärtigen Einflüssen erlegen.
4. Diese gewaltige Umwälzung in der Besiedelung Italiens, welche sich unter langen wechselvollen Kämpfen vollzogen haben wird, steht wahrscheinlich in Verbindung mit dem Einbruch der den Italikern vermutlich stammfremden Etrusker. Derselbe erfolgte wohl von Osten und Norden her über die rätischen Alpen und in langen Zwischenräumen. Auf Kosten der Umbrer breiteten sie sich sowohl nördlich des Po (Atrta, Mantua, Melpnm = Mediolanum) als südlich desselben (Fel-sina, das spätere gallische Bououia = Bologna) aus und besetzten das ganze Land zwischen Meer, Tiber und Apennin, welches den etruskischen Namen am längsten, ja in engeren Grenzen bis heute bewahrt hat (Tuscia, Toscana), und endlich auch die cam-panische Ebene (Capua). Aber schon im 6. Jahrh. v. Chr. hatte die etruskische Macht ihre Höhe erreicht; in ihrer weitesten Ausdehnung bewohnten und beherrschten sie ein Gebiet von etwa 3000 DM., das indessen ohne wahrhaften politischen Mittelpunkt blieb (Zwölfstädtebund in Etrurien wie in Campanien).
5. Viel früher als ihre Nachbarn waren sie mit städtischem Wesen vertrant und im Besitze einer vielseitigen Industrie und einer eigenartigen Kunst (Bronzearbeiten, Steinskulpturen, Vasen und Wandgemälde) sowie eines beide italische Meere, sowie die centralen und östlichen Gebiete des mittelländischen Meeres umspannenden Handels, blieben aber in der Ausbildung ihrer hierarchisch-aristokratischen Stammesversassung weit hinter den griechischen Städten Unteritaliens zurück. Die Gräberfunde geben Zeugnis von ihrem Luxus und dem damit einreißenden Verfall. Ihr Einfluß auf die benachbarten Römer blieb bei dem tiefen Gegensatze in dem Wesen beider Nationen im ganzen nur äußerlicher Art (Duodecimalsystem in Maß, Gewicht und Zeitrechnung, Häuser- und Tempelbau, gewisse gottesdienstliche Ceremonien, z. B. Haruspicin und Blitzessühne, königliche Tracht, Gladiatoren- und Faustkämpfe).
6. Der Besitzstand der Etrusker wurde zuerst durch den Einbruch der illyrischen Veneter in das Küstenland nördlich von den Pomündungen (Nachbarn der ebenfalls illyrischen Hist-rer oder Jstrer), dann aber vor allem durch die südwärts flutenden Kelten oder Gallier erschüttert. Diese hatten in frühester Zeit den atlantischen Ocean erreicht und in Gallien, Britannien, Spanien sich ausgebreitet. Seit dem 6. Jahrh, drangen sie infolge Übervölkerung des gallischen Stammlandes, vielleicht auch infolge des Druckes anderer von Norden her-drängender Massen in einer Reihe von Zügen in das Pvland ein (Jnsubrer: Mediolannm, Cenomanen, Boier: Fel-siua = Bononia, Lingonen, Senonen).
7. Weit wichtiger als der Einfluß der Etrusker auf Wesen und Bildung der Latiner und Römer wurde derjenige der stammesverwandten Griechen Unteritaliens (Großgriechenlands).
G. Nom.
I. Die Königszeit.
753 — 510 v. Chr.
1. Die Sage vom Ursprünge Woms.
Latium, eine wellenförmige, vom Tiber und seinen Zuflüssen durchschnittene Ebene, bildet durch ihre Lage und die freilich erst später wirksame Bedeutung des Tiber (S. 19) das einzige natürliche Centrnnl der italischen Halbinsel. Sie verdankt wie das benachbarte etruskische Hügelland ihre Entstehung und ihren einheitlichen Charakter einer vulkanischen Erhebung des Meeresbodens. Gegen die Südgreuze der Ebeue hin erhebt sich, dieselbe beherrschend, etwa eine d. Meile von den Sabiner- uud Vols-kerbergen als natürliche Akropolis der mächtige Ringwall des Albanerge-birgs (mons Albanus, eigentlich nur einer der höchsten Gipfel 954 m, der nördlich vorn gelagerte Teil des umgebenden Ringgebirges hieß Algi-dns, jetzt Monte Cavo).
1. Für das hohe Alter der latinischen Ansiedelung zeugen die Sagen von ihrem Ursprung und den ältesten Landeskönigen, welche in die fernste Urzeit hinaufreichen. Das latinische Land hat nur von geschlossenen Hansen in Besitz genommen und behauptet werden können, die zum Schutze gegen die Malaria und um der Sicherheit ihres Besitzes willen nicht in offenen Weilern und Dörfern der Niederung, sondern in stadtartiger Zusannuensiedelung auf den isolierten oder wie Landzungen von Hochplateaus vorspringenden Tuffhugeln sich niederließen (Lavininm, Autemuä, Cures u. a.). Als die älteste
staatliche Vereinigung galt in Latium der Gaubund von 30 latinischen Städten, an dessen Spitze die Stadt Alba-longa (unter der Höhe des Albanerbergs auf der Terrasse über dem Albanersee) stand. Die 30 Gemeinden brachten alljährlich auf dem Albanerberge an dem latinischen Feste (feriae Latinae) dem Jupiter Lati aris Opfer dar, uud im Anschluß an dieses Buudessest sammelten sich die Vertreter der einzelnen Gemeinden zu gemeinsamer Beratung in der Nähe am Quell der Ferentina.
2. Die geschichtlichen Anfänge Roms sind in tiefes Dunkel gehüllt. Die erst um 200 v. Chr. zu allgemeiner Geltung gelangte Gründungssage, welche die Stadt von Änea s, dem Gründer von Lavinium, der Laren- und Penatenstadt des latinischen Bundes, ableitet, ist unter dem lebhaften Verkehr entstanden, in welchem die Römer mit den Griechen Unteritaliens, insbesondere mit Cuma, standen. Die italischen Städte und Stämme setzten infolgedessen vielfach eine Ehre darein, ihre dunklen Ursprünge an die strahlenden, vielbesungenen griechischen Heroen, vorzugsweise des wohlbekannten troischen Sagenkreises, zu knüpfen. Zum Gründer der latinischen Penatenstadt aber eignete sich kein anderer Held desselben besser als der gefeierte Retter der troischen Penaten (Nävins, Ennius, später Vergilius).
3. Für die römische Sage ist es bezeichnend, daß sie zwei eponyme Gründer Roms nennt, die Zwillingsbrüder Romulus und Remus. Remus heißt griechisch Romus, und Romulus ist der latinisierte Romus. Ihre angebliche Abstammung vom Kriegsgott Mars deutet auf Roms unvergleichliche kriegerische Kraft. Der Name der Mutter schwankt in den verschiedenen Berichten (Jlia, Silvia, Rea u. a.). Die Erzählung von den wunderbaren Schicksalen der Zwillinge bis zum Tode des Amulius, der Wiedereinsetzung des Numt-tor und der Gründung Roms (nach altitalischem Ritus) ist griechischen Ursprungs.
4. Nach der Gründung der Stadt (753) folgt in der Sage der Raub der Sabinerinnen (Sinnbild der Einführung des Conubium) und der Krieg gegen die Sabiner unter Titus Tatius und endlich die Vereinigung derselben mit den Römern zu einer Gemeinde (Qnirites) zunächst unter einem Doppelkönigtnm (die latinischen Ramnes auf dem Palatinns, die sabiuischen Tities auf dem Quiriualis). Der Ausgangspunkt städtischen Lebens ist sicher auf dem Palatinus
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zu suchen, der mittleren bet drei nach ber linken Flußseite gelegenen Anhöhen, an welcher die ältesten Heiligtümer und Kulte der Römer hasteten (Abschaffung der Wände, Stadtmauer im Viereck am Fuße des 52 m hohen Hügels: ältestes pomoerium ber Roma quadrata).
2. Die 4 ersten Könige: das aristokratische Königtum.
1. Die dunkle und widerspruchsvolle Überlieferung über bie Königszeit ist zusammengesetzt aus einheimischen Sagen und Mythen unb einer von Griechen unb späteren Römern willkürlich konstruierten Geschichtserzählung, welche für eine Reihe tmrhnnbener uralter Einrichtungen bes religiösen, staatlichen unb privaten Lebens bie geschichtliche Entwickelung sucht. Sie gruppierte alles, was mau über biefe älteste Zeit zu wissen glaubte, um bie Lebensgeschichte von 7 Königen, als ob Rom sein gesamtes Dasein und Wesen selbständig aus sich selbst erzeugt und nicht schon eine gewisse politisch-religiöse Ausstattung aus altitalischer Zeit mitgebracht habe.
2. In den beiden ersten Königen, Romulus und Ruma Pompilius, hat die Überlieferung die beiben Grunbelemente römischen Wesens personificiert, ben kriegerischen Geist ber Nation unb ihren religiösen Sinn. Die beiben folgenben Könige, Tullns Hostilius und Aucus Marcius, sind nur schwächere Abbilder der beiden ersten. Der kriegerische Latiner Tullus Hostilius erscheint als ber Ökist der Luceres, der friedfertige Sabiner Anens Marcius als der Stifter ber Plebs. Somit repräsentieren bte 4 ersten Könige bie 4 Hanpt-bestanbteile ber alten Bevölkerung Roms, die 3 Stammtribus samt bet Plebs.
3. Romulus ist ber Begründer der Berfafsnng (Gliederung des populus in Tribus und Kurien, Einsetzung des Senates und der Kunatvomitien u. s. w.) und bes Kriegswesens (300 Reiter, Legion von 3000 Fnßsolbaten). Die Art seines Austrittes (Apotheose, vgl. Herkules) unb die Jben-tificierung des göttlich verehrten Quirinus, der obersten Gottheit der quiritischen Sabiner, mit Romulus, dem Heros epo-nymos der palatinischen Römer, erscheint als Ausdruck der Verschmelzung beider Stämme zu Einer Nation.
4. Dem Friedensfürsten und Stifter bes religiösen Cere-ntouialgesetzes Numa Pompilius (aus bem sabinischen Cures, Schwiegersohn bes Titus Tatius) schrieb bie Sage außer ber Ergänzung ber Gründungen bes Romulus (Orbnung bes Gruub-
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besitzes, des bürgerlichen 10monatlichen Mondjahres zum ^monatlichen Sonnenjahr) zn: die Stiftung des Kultus der Vesta (Vestalinnen), der Herdgöttin, die Einführung der flamines, besonderer Opferpriester für die Kulte des Jupiter, Mars und Quirinus, der pontifices zur Leitung des ganzen Kultuswesens und Führung des Kalenders, der augures zur Beobachtung der Zeichen des Götterwillens, der fetiales zur Wahrung der Formen des Völkerrechts, der freien Genossenschaft der salii für den Dienst des Mars (ancilia).
5. Tullus Hostilius bereitet vor allem durch die Zerstörung Albalongas Noms Hegemonie über die latinische Landschaft vor (Horatier und Curiatier; Prozeß des Horatius, erstes Beispiel der Provokation; Mettius Fuffetius) und siedelt die Luceres, angeblich die Albaner (darunter die Geschlechter der Jnlier, Servilier, Quinctilier) als drittes Element des römischen populus auf dem Cälius an.
6. Ancus Marcius, der Tochtersohn des ihm gleich-gesinnten Nnma, gilt der Sage vor allem als der Begründer der römischen See- und Handelsmacht (vgl. jedoch S. 19), welcher das römische Gebiet bis zum Meere ausdehnte und die Hafenstadt Ostia (zugleich 1. Kolonie) baute. Dem Kriege abhold, unterwarf er doch die umliegenden latinischen Städte und verpflanzte ihre Bewohner angeblich als Plebejer nach Rom auf den Aventin (später die Plebejerstadt) und in das Thal zwischen diesem und dem Palatin (Murcia). Auf dem rechten Tiberufer befestigte er den Janiculus, zog ihn in den Bereich der Stadt und verband ihn mit derselben durch eine Pfahlbrücke (pons sublicius).
3. Hloms älteste Verfassung.
a) Das Königtum.
1. Das römische Königtum ist ein lebenslängliches und unverantwortliches Wahlkönigtum. Die Königsgewalt wird nach dem Tode des letzten Inhabers vom Senate in seiner Gesamtheit bewahrt (Interregnum). Der König ist Oberhaupt der Kultus g emeinde und ihr Vertreterden Göttern gegenüber (auspicia publica, Opfer, Tempelbauten, Feste), oberster Kriegsherr mit unbedingter und schrankenloser Gewalt (12 lictores: fasces mit Seilen), ob erster Richter mit unbeschränkter Strafgewalt über Leib, Leben und Freiheit der Bürger (quaestores parricidii); hierbei kann er der Berufung an das Volk stattgeben, ohne jedoch dazn verpflichtet zu sein. Der König hat ferner allein das Recht über öffentliche Angelegenheiten zum Senate und zum Volke zu reden, mit dem er die Gesetze in der von ihm einberufenen Volksversammlung vereinbart, und mit anderen Staaten zu verhandeln. Über die Staatsgelder und über das liegende Gut verfügt er
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allein, wie über die Kriegsbeute. So findet die Hoheit des Staates im
König ihren persönlichen Ausdruck.
2. Den Königsrechten entsprechen die Königspflichten. Der König ist verpflichtet: bei Ausübung der peinlichen Gerichtsbarkeit einen Beirat erfahrener Männer zuzuziehen, deren Ansicht er aber nicht zu folgen Braucht; diesen, den Senat, als sein verfassungsmäßiges Consilium durch Wiederbesetzung der durch den Tod erledigten Plätze vollständig zu erhalten und in wichtigen Staatsangelegenheiten dessen Rat zu hören. Für die Erfüllung dieser Pflichten ist der König nur den Göttern verantwortlich. Ver-
änderungen an der unter Zustimmung des Jupiter (auspicato) festgestellten staatlichen Ordnung konnten nur mit Zustimmung desselben Gottes vorgenommen werden. Hieraus folgt, daß der König bei Änderungen im Bestände des populus (arrogatio, cooptatio) und bei Abweichungen von der Bestehenden Staatsordnung (Staatsverträge, Angriffskrieg, Perduellionsprozeß) verpflichtet ist, unter der hierfür einzuholenden göttlichen Zustimmung mit dem populus in den Kuriatkomitien zu verhandeln. Mithin ist die Souveränität des Königs Beschränkt durch die Notwendigkeit der Zustimmung des Volkes zu gewissen Staatshandlungen.
^ 3- Dieses Königtum in seiner scharsBegrenzten Machtfülle war nicht die Schöpfung des Stadtgründers oder eines GesetzgeBers, sondern das Er-geBms einer geschichtlichen Entwickelung, eine Entwickelungsstufe des ursprünglichen erBlichen patriarchalischen Königtums einzelner Stämme zur Aristokratie der Geschlechter (vgl. das Interregnum). — Die Königs-tracht war im Kriege der kurze Purpurmantel, die wohl nur im Schnitt von dem späteren paludamentmn verschiedene Trabea, im Frieden die Purpurtoga; über die Insignien S. 14.
d) Die Bürgerschaft: Volksversammlung und Senat.
1. Träger politischer Rechte (ius Quiritium, später civitas Eomana: ius conubii, commercii, gentilitatis auf privatrechtlichem, ius suffragii et honorum, provocationis, sacrorum oder auspiciorum auf staatsrechtlichem GeBiete) und Pflichten (vor allem Heerespflicht) find bis zum Ende der Königszeit einzig und allein die Vollbürger, die wehrhaften Vollfreien (Quirites), die Familienhäupter (patres) der Geschlechter und deren Descendenten (patricii; Tracht: toga und mulleus). Das Patriciat wurde entweder durch Geburt oder durch Verleihung mittels eines Kurienbeschlusses (cooptatio) erworben. Diese alte VollBürgerschast erscheint von Ansang an in eigentümlich fester Weise geschlossen und in die 3 politisch fast Bedeutungslosen tribus der Ramnes, Tities und Luc er es gegliedert; nach ihnen wurde das Heer ausgehoBen (aus jeder TriBus 1000 Mann zur Legion und 100 Mann zu den Reitercenturien).
2. ReBen und iiBer dieser vorgeschichtlichen Einteilung steht die spätere in 30 Kurten, welche den Kern der ältesten Verfassung Bildete. Curia Bezeichnet zunächst das vom Staate anerkannte und ausgestattete Opfer- und Versammlungshaus, dann die dazu gehörige Opfergemeinschaft, welcke zu gemeinsamen Opserfestlichkeiten (sacra publica) in oder vor demselBen zusammentrat. Die AufgaBe der einzelnen unter einem curio stehenden Kurie war es, den Civilstand ihrer Angehörigen (curiales) zu üBerwachen. In ihrer Gesamtheit, nach der natürlichen ABstctmmung in Geschlechter und Hamilien gegliedert, Bildeten sie die Kuriatkomitien (comitia curiata), welche nach Kurien auf Berufung des Königs zusammentraten, doch ledig-
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lich um die Mitteilungen desselben zu hören und auf seine Fragen zu antworten. Ihre geringen Befugnisse (S. 23) wurden noch durch die sakralenFormen, welche die Abhaltung bedingten, durch den Einfluß des leitenden Beamten und die Zustimmung des Senates (patrum auctoritas) erheblich beschränkt.
3. Zwischen dem König und der Bürgergemeinde steht der Senat (patres = pQtricische Familienhäupter), der urspünglich aus den Ältesten der patrieischen Geschlechter bestand. Die Zahl derselben entsprach der Zahl der dem Staate angehörigen Geschlechtsgenossenschaften, so daß mit der Aufnahme neuer Gemeinden die Vermehrung desselben notwendig verbunden war; bald jedoch wurden die Mitglieder vom König ernannt. Als Staatsrat des Königs (regium Consilium, s. o.) wird der Senat bei allen wichtigen Regierungs- und Verwaltungsangelegenheiten, namentlich in den Fallen, wo die Gemeinde befragt werden muß, befragt; doch ist der König an die Befolgung des erteilten Rates nur durch das Herkommen gebunden. Als Hüter der Verfassung hat der Senat Anteil an der Gesetzgebung; bei jedem von der Volksgemeinde gefaßten Beschluß stand es ihm frei, denselben zu bestätigen oder zu verwerfen. (Über das Interregnum s. o. Tracht der Senatoren: latus clavus an der Tunika, roter Schnh.)
Das Verhältnis des monarchischen (Königtum), des oligarchisch-aristo-kratischeu (Senat) und des demokratischen (Volksversammlung) Elements hat die römische Verfassung auch in der ganzen folgenden Zeit bestimmt.
c) Klienten und Plebejer.
1. Die Klienten oder Hörigen sind, wie überall in Italien, aus der in vorgeschichtlicher Zeit unterworfenen einheimischen Bevölkerung erwachsen und durch den Anschluß schutzbedürftiger Fremder fortwährend vermehrt worden. Anfänglich waren sie den einzelnen Geschlechtern zugeordnet, deren Fluren sie gegen einen Anteil des Ertrags bebauen halfen, woraus mit der Zeit eine Art Erbpacht entstand. Sie stehen zu ihnen in einem Treuverhältnis und haben in dem Haupte eines jeden Geschlechts ihren erblichen Schutzherrn (patronus), der sie im Rechtsverkehrs und im politischen Leben vertritt, wofür sie ihm nicht nur Ehrerbietung schulden, sondern auch seine Töchter aussteuern helfen, zur Buße im Falle seiner Verurteilung und zum Lösegeld des in Gefangenschaft Geratenen beitragen. Sie leisten dem Patron Heeresfolge und begleiten ihn im Frieden in die Öffentlichkeit.
2. Dunkel ist die Entstehung der Plebejer, vielleicht aber so zu denken, daß mit der Unterwerfung benachbarter Gebiete, der Lockerung des Geschlechtsverbandes und der Erstarkung des Königtums an die Stelle der Gentilklientel die Königsklientel trat. Die im Kriege unterworfenen Massen wurden, insoweit sie nicht als Patricier durch Kooptation Aufnahme fanden, regelmäßig nicht mehr dem Patronate einzelner Bürger, sondern vielmehr dem Schutze des Königs als des Vertreters der Gemeinde unterstellt. Sie wurden zum großen Teil in ihren nunmehr aber von Mauern entblößten Ortschaften zwar nicht mit Eigentumsrecht, aber mit dem Rechte der Nutznießung gegen Abgabe (possessio auf Widerruf) als Landbauern belassen; der andere Teil der persönlich frei bleibenden, aber politisch rechtlosen Unterworfenen wurde nach Rom übergesiedelt und bildete hier die neue städtische Plebs, bald unansässig, bald mit Äckern ausgestattet.
3. In nicht näher bekannter Weise gehen Plebejer und Klienten schon in der Königszeit allmählich in einander über; wahrscheinlich wurden viele
Klienten durch das Erloschen patrieischer Geschlechter oder durch Freilassung seitens ihrer Patrone der Plebs zugeführt, die sich überdies fortwährend durch den Zuzug Fremder vermehrte.
4. Are 3 tetzlen Könige: das dynastische Königtum.
1. Die weitere Entwickelung des römischen Staates in der zweiten Hälfte des Königtums wird bezeichnet: durch die Erhebung eines aus der Fremde (aus Tarquiuii) eiugewan-derten (und angeblich von dem Bacchiaden Demaratns von Korinth abstammenden) Geschlechtshauptes Tarquinius Pris-cus zur Königswurde, die Behauptung seiner Familie in derselben (etruskische Fremdherrschaft) und durch das erste Einströmen griechischer Kultur in das römische Leben (Apollokult im Zusammenhang mit den sibyllinischen Weissagungen), durch die Einordnung der Plebs in die Gemeinde, den Ausbau der Stadt und durch den Anschluß des römischen Staates an den lati-nischen Bund.
2. Tarquinius Priscus erweitert die Stadt durch großartige Nutzbauten (Kloaken, durch welche die Niederungen zwischen den Stadthügelu: Forum, Velabrum, Cirkusthal, Sub-ura erst bewohnbar wurden, und Beginn der steinernen Ringmauer) uud Prachtbauten (Grundlegung des Jupitertempels auf dem Capitolium, circus maximus in der Niederung zwischen Palatin und Aventin für die Wettkämpse und Wagenrennen beim jährlichen Stadtsest, ludi Romani oder maximi), die Landschaft nach dem Binnenlande zu durch siegreiche Kämpfe mit den Nachbarvölkern (Kolonie Collatia) und baut den Staat aus durch Vermehrung der Bürger innerhalb der bestehenden Tribus uud aus den Plebejern (patres minorum gentium) und Verdoppelung der Rittercenturien (Ramnes, Tities, Lueeres primi et secundi — Vorbereitung der Servianischen Reform), sowie durch den Abschluß des Königtums in seiner Hoheit und äußeren Würde (Insignien: goldener Reif, Scepter, Thron, Purpurgewand, 12 Liktoren mit den Fasces).
3. Servins Tullius, nach der Sage der Sohn des in der Herdflamme erscheinenden Hauslaren der Königsburg und einer latinischen Sklavin, später Schwiegersohn des Königs Tarquinius, schwingt sich begünstigt durch dessen Gemahlin Tanaquil, wahrscheinlich nicht ohne eine gewaltsame Revolution (Ermordung des Tarquinius durch die vom väterlichen Throne verdrängten Söhne des Ancus Marcius) empor; er gilt vor allem als der Reformator der Verfassung im plebejischen Sinne (S. 17). Als die zweite Hauptthat desselben erscheint der
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Abschluß der Stadt zum septimontium (durch Hinzunahme des Viminalis und Esquilinus) durch den agger Servianus und als die dritte die Grundlegung der Hegemonie Roms über Latium durch einen neuen Bundesvertrag, nach dem der auf dem Aventin erbaute Dianatempel zu einem der lati-uischen Bundesheiligtümer wurde.
4. Tarquiuius Superbus vollendet die von Tar-quinius Priscus begonnenen Bauten (cloaca maxima und Jupitertempel auf dem Capitolinns) und befestigt die römische Hegemonie über Latium (latiuische Bundeskolonien Signia und Circeji); aber die Monarchie artet in absolute Gewaltherrschaft aus (Mißachtung der Servianischen Verfassung, von Gesetz und Sitte, Bedrückung des Volkes durch Fron- und Kriegsdienste, Leibwache, Verbindung mit Gewalthabern der Nachbarstaaten — vgl. die griechische Tyrannis). Deshalb unterliegt er einem Aufstande der patricischen Geschlechter (Sp. Lucretius, Vater der Lueretia) im Einvernehmen mit einer Partei innerhalb der eigenen Dynastie (Tarquiuius Collatiuus, L. Junius Brutus) und der Plebs, welcher wahrend der Belagerung der Latinerstadt Ardea in Rom ausbricht (regifugium 510). 510
5. Die Servianische Werfassmrg.
1. Die notwendige Erweiterung der militärischen Dienstpflicht erforderte zunächst eine das ganze Volk ohne Unterschied der Geburt umfassende Einteilung. Neben die alte Tribuseinteilung in 3 abgeschlossene Stammtri-bus mit 30 Kurien, welche fortbestand, trat deshalb eine andere in 4 lokale Tribus. Die Stadt und das angrenzende Landgebiet (z. Z. der Reform etwa 20 ^Meilen) wurde in 4 nach Stadtteilen benannte Bezirke oder Tribus geteilt, Suburbana, Palatina, Esquilina, Collina. Diese bildeten fortan bis in die spätesten Zeiten die tribus urbanae im Gegensatz zu den allmählich aus den ländlichen Gauen, den uralten pagi der Feldmark, erwachsenden tribus rusticae. Die Zugehörigkeit zu einer Tribus, d. h. die vererbliche Heimatsberechtigung in einem solchen Bezirke, verlieh alle politischen Rechte eines Vollbürgers und volle privatrechtliche Selbständigkeit. Dies setzt voraus, daß den in diese Einteilung cirt'bezogenen Plebejern das bisher nur widerruflich belassene Grundeigentum durchgängig, den Klienten das von der gens in Erbpacht gegebene Grundeigentum wenigstens vielfach als volles Eigentum überlassen wurde und zwar als Entgelt für die nunmehrige volle Heranziehung derselben zu den Lasten des Staates.
Nach dieser Tribuseinteilung wurde auch die in Zeiten der Not ausgeschriebene Kriegs st euer (tributum) erhoben; einer regelmäßigen Besteuerung aber waren die Bürger nicht unterworfen, sondern nur die Fremden, Klienten und Freigelassenen, welche nicht in den Tribuslisten verzeichnet waren (aerarii).
2. Die Teilnahme der neuen Bürgerschaft am Staate wurde geregelt nach einer von Zeit zu Zeit gesetzlich zu erneuernden Vermögensschät-
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zung (census) sämtlicher in einer Tribus wohnender, dem römischen Staate angehöriger Freien, der Ansässigen (adsidui oder locupletes) und Nichtansässigen (proletarii), Patrieier nnd Plebejer. Auf Grund ihrer Angaben wurden die Ansässigen in eine der 5 Vermögensklassen eingeteilt, die Nichtansässigen in einer besonderen Liste verzeichnet. Die uns in Geldsummen überlieferten, aber einer späteren Zeit angehörenden Vermögensstufen oder-Klassen waren jedenfalls nicht in Geld, sondern in einem nach der Morgenzahl (ohne Rücksicht auf den Ertragsunterschied) festgestellten Maße von Grundbesitz festgestellt.
3. Da die Neuordnung zunächst und vorzugsweise eine militärische Bedeutung hatte, indem die fortan Patriciern und Plebejern gemeinschaftliche Dienstpflicht nach dem Grundbesitz abgestuft wurde, so schloß sich an die Klaffeneinteilung eine discriptio centuriarum, eine Einteilung der 5 Vermögensklassen in Centurien der Dienstpflichtigen, aus welchen die militärischen Centurien bei der jeweiligen Aushebung gebildet wurden. Die reichsten Besitzer der ersten Klasse dienten zu Roß (18 centu-riae equitum), während die Nichtansässigen (proletarii) als Werkleute (fabri tignarii et ferrarii) oder Spielleute (cornicines et tubicines) oder als Ersatzmänner (accensi) verwendet wurden. Die Zahl der Centurien war in den 5 Klassen verschieden; der 1. wurden 80, der 2.-4. je 20, der 5. ober 30 Centurien zugeteilt. Innerhalb der Klassen wurden die Älteren und Jüngeren, die seniores für den Besatzungsdienst der Hauptstadt, die iuniores für den Felddienst in der Weise geteilt, daß das 45. zurückgelegte Lebensjahr die Altersgrenze bildete. Der Dienst begann mit dem 17. und endete mit dem 60. Jahre. Hieraus ergiebt sich für die erste Zeit aus den 4 Aushebuugsbezirken (tribus) die Aufstellung einer felddienstfähigen Doppellegion von ungefähr 8400 Mann aus den centuriae iuniorum und einer erheblich schwächeren Reservedoppellegion aus den centuriae seniorum. Die Sch lach t ordnnng war die nach altdorischer Art gereihte Phalanx, deren Aufstellung und Kriegsausrüstuug nach den Klassen sich abstuften. Die Leute der 4. und 5. Klaffe traten als letzte Glieder zur Phalanx oder kämpften daneben als Leichtbewaffnete (velites).
4. Da die Servianische Reform zunächst nur den Heeresdienst regelte und nur Eigentumsrechte, nicht politische gewahrte, so war sie nicht eine timokratische Verfassung im strengen Sinne des Wortes wie die griechischen Verfassungen. Zunächst hingen noch alle aktiven staatsbürgerlichen Rechte an der Zugehörigkeit zur Altbürgerschaft, d. h. an der Geburt oder an besonderer Verleihung. Ein timokratisches Element kam erst dann in die Verfassung, als sie später auch Stimmordnuug für politische Entscheidungen wurde. (Vgl. S. 20.)
6. Kulturzustände Wonrs in der Königszeit.
1. Die italische Nation war bereits bei der Einwanderung in Italien mit dem Ackerbau vertraut. In den dem Urwald abgewonnenen Sichtungen richtete sich der Staat mit feinen Ordnungen ein, gesondert und geschützt gegen die Nachbarn durch mächtige Grenzwaldungen (vgl. den eiminischen Wald). Durch die Natur ihrer Landschaft auf Ackerbau und Viehzucht hingewiesen (S. 5), fand der Kern der römischen Bürgerschaft in dem Ackerbau bis in die spätesten Zeiten die einzige eines freien Mannes würdige Quelle des Erwerbs. Die Bevölkerung bildete einen Bauernstand, der in Dör-
fern (vici) oder Landstädten (oppida) seßhaft, von da ans feine Felder bewirtschaftete. Nnr vorübergehend bezog der vornehme und wohlhabende Mann sein städtisches Hans in der urbs, welche außerdem neben den öffentlichen Gebäuden nur die Wohnstätten der eigentlich städtischen Handwerker oder Lohnarbeiter umfaßte
2. In bezug auf die agrarischen Verhältnisse ist für die älteste Zeit Feldgemeinschaft anzunehmen. Das römische Landgebjet zerfiel in eine Anzahl Geschlechterbezirke derart, daß die einzelnen Geschlechter je einen Gau bewohnten, dessen Ackerland wesentlich unter Beihilfe der Klienten gegen einen Anteil vom Ertrage gemeinschaftlich bestellt wurde; als Einzelbesitz verblieb dem Einzelnen nur das heredium, d. h. Hofstelle und Gartenland.
3. Von eingreifenden Veränderungen der agrarischen Verhältnisse muß die Aufnahme der Plebejer in den Staatsverband und ihre Verschmelzung mit den Klienten begleitet gewesen sein. Die Servianische Verfassung setzt bereits Sondereigentum an Grund und Boden voraus, aber Vermutlich war die Ungleichheit desselben im einzelnen viel größer, als sie sich in den Klassen darstellt. Alles nicht aufgeteilte Land wurde als Gemeindegut (ager publicus) behandelt und soweit es nicht für Bauten, Heiligtümer und dgl. zum Nutzen der Gemeinde in Anspruch genommen war, im wesentlichen der Benutzung als Weide (pascua) überlassen.
4. Ganz erheblich stand gegen den Ackerbau das Handwerk zurück. Die Abneigung der Römer gegen dasselbe hat sehr lange bestanden, und noch in der Zeit hochgesteigerter Kultur galt der Grundsatz für den römischen Landwirt, alles was zur Nahrung und Kleidung gehörte, sowie die meisten Geräte im Hause selbst anzufertigen. Eine für die Ausfuhr arbeitende Industrie hat es jedenfalls damals noch nicht gegeben.
5. Darum darf auch der Einfluß der örtlichen Verhältnisse, insbesondere des Tiber auf die Stellung des i aktiven) Handels für die älteste Zeit nicht überschätzt werden, zumal da Rom weder einen Überschuß an Produkten der Landwirtschaft erzeugte, noch (abgesehen von dem in den Salinen von Ostia gewonnenen Salze) im Besitze mineralischer Bodenschätze war. Aber auch die Erzeugnisse der umliegenden Landschaften konnten bei der Gleichartigkeit derselben in Rom nicht zum Austausch kommen (Passivhandel), und zum Stapelplatz für Waren, welche von der See eingeführt, dann weiter nach dem Innern des Landes zn vertreiben waren, konnte Rom deshalb so bald nicht werden, weil hierfür lange Zeit ein entsprechendes Absatzgebiet fehlte. An dem Handel mit den nach Rom eingeführten Erzeugnissen der etruskischen und der griechischen Industrie Unteritaliens blieben die Römer selbst ohne wesentlichen unmittelbaren Anteil (vicus Tuscus in Rom). Die Prägung römischer Müuzen ist denn auch gewiß nicht vor 500 v Chr. erfolgt (vgl. die Stellung der Fremden in Rom: peregrini = hostes).
6. Diesen einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen der ältesten Zeit entsprach der einfache und beschränkte Zustand des privaten Lebens, die Arbeitsamkeit und Genügsamkeit aller Bürger trotz der Unterschiede des Besitzes. Der Bauer lag mit seiner Familie fleißig den Geschäften des Ackerbaues und der Viehzucht ob und trennte sich von denselben nur, wenn ihn die Pflicht gegen den Staat entweder zur Führung der Waffen oder eines friedlichen Amtes abrief. Der Grundcharakter römischen Wesens als eines nüchternen, kernhaften, soldatischen Bauerntums prägt sich vor allem im Familienleben und im Religionswesen aus.
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7. Der Vater (pater familias) herrscht allein und unumschränkt, nur den Göttern verantwortlich und gebunden nur durch Religion und Sitte (fas), nicht durch Rechtssatzungen (ins), über die Familie, auch über die verheirateten Söhne (patria potestas); neben ihm schaltet die ihm in heiliger Ehe (confarreatio) verbundene Frau (matrona) sittsam und thätig als Herrin im Haus. Zur Familie gehören auch die Sklaven (servi, famuli), welche freigelassen werden konnten (libertini), und die Schutzgeuoffen (cli-entes), welche der Hausherr als patronus vertritt (S. 15).
8. Den Grundzug der römischen Religiosität bildet die Furcht vor unbekanntem göttlichen Walten. Von der Geburt bis zum Tode fühlt sich der fromme Bauer in allen Regungen des Lebens umgeben und beeinflußt von einer zahllosen Schar das All durchdringender göttlicher Wesen. Und wie jeder einzelne, so steht jede Familie uud Geschlechtsgemeinschaft, die Gemeinde, das ganze Volk unter der Obhut seines Genius. Nach echt bäurischer Art besteht eine Art gegenseitiger Verpflichtung zwischen Menschen und Göttern, welche dem Menschen die Sorge für die gewissenhafteste Erfüllung aller Verbindlichkeiten auferlegt (religio) und zwar unter peinlichster Beobachtung aller von alters her vorgeschriebenen gottesdienstlichen Formen (cerimoniae) uud aller Zeichen des Götterwillens (omina, prodigia); daher die Abhängigkeit von den Priestern, welche allein im vollen Besitz der hierzu nötigen Kunde sind.
II. Die Zeit der Republik.
509—31 v. Chr.
J. Von dev Gründung dev Republik bis pm Beginn dev punifchen Rviege: WevfusiungsenLwickelung und Vvwevbnng dev PevvschsfL übev Italien.
509- 264 v. Chr.
1* Ständekampf und Aufsteigen Noms zur Vormacht MLttelitaliens 509-366 (358).
1. Aas Mngen der Wteös um wirtschaftliche unb rechtliche Sicherung bis zum Sturz des Decemvirats 509—449.
1 Die Begründung der Republik, a) Konsulat und Diktatur.
1. Das Ergebnis des Sturzes des Königtums war nicht sowohl ein Umsturz der bisherigen Berfassung, als vielmehr eine Umbildung derselben zur patrieischen Aristokratie. Die höchste Gewalt wird beibehalten, aber unter Formen, die ihren Mißbrauch ausschließen: an Stelle des monarchischen Prinzipes tritt dasjenige der Kollegialität. Träger der königlichen Gewalt werden mit denselben Insignien zwei alljährlich in den Centnriatkomitien aus den Patriciern zu wählende und völlig gleichberechtigte Konsuln als oberste magi-
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stratus populi (L. Junins Brutus und L. Tarquinius Colla-tinus, an des letzteren Stelle bald P. Valerius Publicola). Die Kollegialität empfängt ihren wesentlichen praktischen Ausdruck im negativen Sinne durch die Jntercession, d. H. die Verhinderung noch im Vollzüge begriffener Amtshandlungen des einen Konsuls durch das Dazwischentreten des anderen.
Im übrigen war die neue höchste Doppelmagistraiur im Vergleich mit der Königsgewalt außer durch die Kollegialität und durch die Zeit-grenze thatsächlich beschränkt: a) durch die Verantwortlichkeit gegenüber betn Volk nach Ablauf des Amtsjahres; b) durch die Ablösung gewisser priester-licher Funktionen, welche teils auf den lebenslänglichen, aber von jedem politischen Amt ausgeschlossenen rex sacrificulus oder sacrorum, teils auf bett pontifex maximus übergingen, der jenen ernannte; c) durch den Verlust des Rechtes über Leben unb Tob ber Bürger innerhalb ber Bannmeile infolge be§ Provokationsgesetzes bes Valerius, welches, was ein Recht bes Königs gewesen war, den Konsuln als Pflicht auferlegte. Die Führung t>er Geschäfte in der Stadt wechselte monatlich zwischen den beiden Konsuln; nur dem geschäftsführeuden Konsul schritten 12 Liktoren mit den fasces voran (innerhalb ber Bannmeile ohne Beile). Für bie Dauer ihres Amtes ernannten bie Konsuln 2 Quästoreu als ihre Gehilfen unb Vertreter, welche nunmehr mit ihrer ursprünglichen kriminalrechtlichen Thätigkeit (quae-stores parricidii) eine finanzielle verbanden (quaestores aerarii, Verwalter der Staatskasse im Tempel des Satnrnns).
2. Die Konsuln behaupteten unbeschränkt nur deu obersten Heeresbefehl mit dem Recht der Aushebung der Bürger und der Aufbietung der buudesgeuössischen Kontingente, sowie der Ernennung der Offiziere. Aber in gefahrvollen Lagen des Staates riefen die Geschlechter durch Ernennung eines Diktators die volle königliche Gewalt wieder ins Leben. Einer der Konsuln ernannte den Diktator aus den Patriciern unter Ausschluß jeder Jntercession und ohne daß er an die Zustimmung des Senates gebunden war, wenn auch zumeist thatsächlich der Senat über die Notwendigkeit dieses letzten AuZkunstsinittels entschied.
Die Gewalt des Diktators war derjenigen der Konsuln wie aller übrigen Magistrate übergeordnet: a) durch den Wegfall der Kollegialität; b) btirch die Aufhebung der Amtsgewalt der übrigen Beamten, welche ihr Amt nur in seinem Auftrage weiterführten; c) durch die Unabhängigkeit vom Senat und Unverantwortlichkeit diesem gegenüber; d) bnrcki bte Aufhebung bes Provokationsrechtes ber Bürger innerhalb ber Bannmeile (12 Siftoren mit ben Beilen auch innerhalb ber Stadt). Ein wesentlicher Unterschied aber der diktatorischen Gewalt von der konsularischen bestand darin, daß dieselbe ans ein bestimmtes Geschäft, vorzugsweise auf die Führung des Oberbefehls im Kriege, beschränkt war. Aus dem militärischen Charakter des außerordentlichen Amtes erklärt sich auch bie zeitliche, höchstens auf 6 Monate (bie Zeit eines Sommerfeldzuges) unb nicht über die Amtszeit bes ihn ernennenbcn orbentlichen Beamten hinansreichenbe Befristung besselben
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bis zur Erledigung des betreffenden Geschäftes. Für die Dauer seines Amtes mußte sich der Diktator aus den Patriciern einen ihm untergeordneten ma-gister equitum als Reitcrsührer und Stellvertreter während seiner eigenen Abwesenheit zur Seite fetzen.
b) Der Senat.
Die Mitglieder des Senates (nach wie vor 300) werden jetzt von den Konsuln ernannt. Durch Ausnahme einer Anzahl vornehmerer Plebejer in denselben wurden diese in das xsntercsje der Patricier gezogen (patres conscripti — patres et conscripti). Doch behaupteten die Patricier nicht nur die Mehrheit im Senate, sondern dieser patricischen Mehrheit blieben auch die wesentlichen, d. H. selbständigen Befugnisse desselben, das Interregnum und die auctoritas patrum bei Wahl und Gesetzen, vorbehalten. Ein erhöhter Einfluß des Senates entwickelte sich naturgemäß ans dem Umstande, daß die jährlich wechselnden Magistrate dem ständigen Senat gegenüber immer mehr in eine thatsächliche Abhängigkeit gerieten.
Die plebejischen Senatoren galten nicht als eigentliche Senatoren unb hatten auch kein Recht auf die Abzeichen der senatorischen Würde. Ihre Rechte waren darauf beschränkt, auch da, wo es sich um einen bloßen Ratschlag handelte, der an die Patricier gerichteten Umfrage schweigend beizuwohnen und nur bei dem Auseinandertreten ihre Meinung zu offenbaren (peäarii). Nichtsdestoweniger war durch den Eintritt der Plebejer in den Senat der Keim einer plebejischen Aristokratie neben der altpatricischen gelegt
c) Die Volksversammlungen.
Comitia centuriata.
Die bisher nur für militärische Zwecke organisierte Heeresversammlung der Patricier und Plebejer bot die Grundlage einer Gliederung, ans welcher nun auch die politischen Rechte des Gesamtvolkes nach dem Vermögen zur Geltung kamen. Die den Centnriatkomitien von nun an zustehenden politischen Rechte waren im wesentlichen diejenigen, welche einst die Kuriatkomitien besessen hatten: a) die Wahl der obersten Magistrate, b) die höchste Gerichtsbarkeit über Leben und Tod im Falle der Provokation, c) die Gesetzgebung, sowohl bei der Entscheidung über den Angriffskrieg wie bei Verfassungsänderungen.
Doch waren diese Rechte beschränkt: a) durch die lex curiata de imperio, welche den Kuriatkomitien zustand, b) durch den thatsächlichen Einfluß des Senates (auctoritas senatus, Vorbeschluß des Senates), c) burch die ausgedehnten Befugnisse des Vorsitzenden Konsuls (Ausschluß jeder politischen Debatte). Übrigens behaupteten die Patricier auch in den Centnriatkomitien als Mehrheit in den 18 zuerst stimmenden Rittercentu-rien, sowie in ben Centurien ber 1. Klasse und durch ihren Einfluß auf die
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Klienten gegenüber der noch mäßigen Anzahl wohlhabender und ehrgeiziger Plebejer noch lange das entscheidende Übergewicht.
Comitia curiata.
Die Kuriatkomitien wurden, seit sie ihre Hoheitsrechte an die Centnriatkomitien abtreten mußten, für das Staatsleben in Wirklichkeit völlig bedeutungslos, zumal da die wenigen ihnen verbliebenen politischen Rechte mit der Zeit immer mehr zu bloßen Formen herabsauken.
Demnach verblieb ihnen nur die Entscheidung über rein patricische Standesangelegenheiten: arrogatio eines Mündigen durch -einen Patricier, Ausschließung aus dem Verband der Kurien, Genehmigung der transitio ad plebem u. a. Abgestimmt wurde innerhalb jeder Kurie nach Köpfen und darnach der Gesamtwille durch die Mehrheit der Kuriatstimmen festgestellt.
d) Nene Tribuseinteilnng.
Mit der Neuordnung der politischen Volksgemeinde verband sich auch eine Umänderung der von Servius überkommenen Tribuseinteilnng. Die bisherigen 4 städtischen Tribus, an welche das ganze Landgebiet angeschlossen war, wurden auf die Stadt beschränkt (tribus urbanae) und das unterdessen durch Eroberung vermehrte Landgebiet für sich nach der Überlieferung in 17 Bezirke geteilt (tribus rusticae). Von den letzteren haben 16 die Namen patricischer Geschlechter, offenbar solcher, welche den bedeutendsten Besitz darin hatten; die 17. aber ist nach dem eroberten Crustumerium Oustu-mina benannt worden.
2. Die Befestigung der Republik nach außen.
1. Der vertriebene König Tar quin ins soll mehrere Versuche gemacht haben, seine Herrschaft in Rom wieder zu erlangen. Zuerst wird eine Verschwörung junger Patricier zu gnnsten des Königtums entdeckt (Hinrichtung auch der Söhne des Brutus). Die Königshabe wird dem Volke preisgegeben, das königliche Ackerland zwischen Kapitol und Tiber dem Kriegsgott geweiht und sortan daselbst die Heeresmusterung gehalten (campus Martins). Darnach bestimmt der König die etruskischen Städte Veji und Tarqninii zum Kriege gegen Rom: in der Schlacht am Walde Arsia fallen Ar uns, sein Sohn, und Brutus im Zweikampfe.
2. Ein zweiter Versuch des Tarquinius, mit Hilfe der Etrusker und zwar des Lars Porfena von Clnfinm, seine Wiederherstellung in Rom zu erzwingen, endet zwar mit einem Siege der Etrusker, doch ohue daß jene eingetreten wäre. Der Anlaß des Zuges ist daher vielmehr zu suchen in dem
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Bestreben der Etrusker eine Verbindung zu Lande durch Latium nach Campanien zu gewinnen. Die Heldenthaten des Höra-tins Cocles, Mucius Scävola und der Clölia sind Züge der Sage, welche an die Tapferkeit des Widerstandes erinnern, während absichtlich verschwiegen wird, daß die Römer sich dem Porsena wirklich unterwarfen und entwaffnet wurden. Doch scheiterte das weitere Vordringen der Etrusker an dem Widerstände der Griechen und Latiner (Seesieg Hierons von Syrakus über die Etrusker bei Cumä 474).
3. Endlich soll Tarquinius die Führer der Latiner gewonnen und mit deren und ihm treu gebliebener Römer Hilfe die Republik zum dritten Male angegriffen, aber in der Schlacht am See Regillus 496 durch den Diktator A. Postumius eine Niederlage erlitten haben (Einzelkämpfe der 493 Anführer wie bei Homer; Dioskuren). 493 schloß Sp. Eas-sius Viscelliuus angeblich mit 30 latinischen Städten auf Grund der Ehe- und Verkehrsgemeinschaft (conubium und commercium), sowie der Verpflichtung zu gegenseitiger Kriegshilfe mit gleicher Teilung der Beute und wechselndem Oberbefehl (foedus aequum) ein neues Bündnis, in welches er dann auch die Herniker (486) ansnahm. Damit verzichtete Rom gänzlich auf die Vorortstellung in Latium.
3. Die Auswanderung brr Plebs und das Volkstribunat 494.
1. Nach dem Tode des vertriebenen Königs begann eine selbstsüchtige und gewaltthätige Adelsregierung, welche die Plebejer als vollständig rechtlos behandelte und sie sehr bald zur Empörung trieb. Die Ursachen derselben lagen mehr auf wirtschaftlichem als auf politischem Gebiete. Wirtschaftlich waren die Plebejer schon darum schlechter gestellt als die Patricier^ weil ihnen die Erlaubnis nicht zustand, etwas von dem Gemeindeland (ager publicus) zu pachten, welches überdies auf ihre Kosten vom tributum befreit war. In politisch er Beziehung fehlte ihnen vor allem das ius bonorum. Wenn der erstere Übelstand besonders hart die ärmeren Plebejer traf, so empfanden den andern vornehmlich die reicheren. Hierzu kam für jene noch die Härte des römischen, von den patrieischen Magisiratert überdies oft zum Vorteil ihres Standes mißbrauchten iLchuldrechtes, welchem die kleineren Grundbesitzer bei der häufigen Kriegsnot und der Höhe des üblichen Zinsfußes nur zu leicht verfielen.
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2, Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, Abstellung ihrer Not durch Verweigerung des Kriegsdienstes während der Kämpfe mit den benachbarten Feinden zu erzwingen, zogen die noch vor der Stadt im Heere vereinigten Plebejer 494 über 494 ben Anw und lagerten sich aus einer der Anhöhen, welche stch am rechten Ufer desselben hinziehen, 3 r. Meilen von Rom m ber Crusturninischen Felbrnark (1. secessio plebis in rnon-tem sacrum). Zur Wiedervereinigung mit den Patriciern ließen sie sich erst dann bestimmen (Menenius Agrippa und die Parabel vom Magen und den Gliedern), als ihnen durch einen feierlich beschworenen Vertrag Amnestie für den militärischen Ungehorsam, eine wenn auch nur vorübergehende Erleichterung der brückenbsten Schulbverhältnisse, vor allem aber die Einsetzung bes Volkstribunates zugestanden worden waren 493. 493
3, Die von ber Plebs zu wählenben tribuni plebis hatten bas Recht, innerhalb der Stadt und des Bannkreises die einzelnen Plebejer aus ihren Anruf gegen die Übergriffe der patricischen Magistrate (bei der Aushebung, der Umlage des tributum und vor Gericht) zu schützen (ius auxilii) unb genoffen zu biedern Behnse für bie Dauer ihres Amtes Unver-i etztich feit ber Person (sacrosanctitas). Unter betn Schutze ber letzteren entwickelte stch bann im Anschluß an den weiteren Stänbefarnpf allmählich nicht nur das Recht, Sonderversammlungen der Plebs (concilia plebis) z u berufen (ius cum plebe agendi), und sie daselbst in ihren eigenen Angelegenheiten Beschlüffe faffen zu lassen, sondern auch das Recht der Jntercesfion (ius intercedendi), fräst dessen die Tribunen auch allgemeine magistratische Handlungen, sei es der Verwaltung oder der Gesetzgebung, zum Schutze der ganzen Plebs vereiteln und welches sie im Falle des Widerstandes der Magistrate mit Gewalt geltend machen sonnten (ms pren-sionis). Außerdem erhielten die Tribunen in den beiden von ihnen selbst ernannten und ebenfalls unverletzlichen t bi len Gehilfen, welche zunächst zu ihnen in einem ähnlichen Verhältnisse standen, wie bie Quästoren zn ben Konsuln.
4. Innere Kämpfe bis zur lex Pablilia 471.
1. Die wirtschaftliche Lage ber Plebs war durch bie jüngste Verftänbigung über bie Schnlbensrage nur für den Augenblick gebessert; die Ursachen der früheren Verarmung bauerten fort, zumal ba bie Grenzfehben mit den Nachbarvölkern fein ©nbe fanden unb feineswegs immer glücklich ver-
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liefen. Die Erhaltung eines mittleren Wohlstandes der Plebejer war nur möglich, wenn den Unbegüterten die Grundlage eines solchen, eigener Grundbesitz, verschafft wurde. Das konnte wenn nicht durch Kolonisation, nur dadurch geschehen, daß die Plebejer Anteil au dem bisher nur von den ohnehin reichen Patriciern (gegen eine nur lässig ober gar nicht eingetriebene ü gäbe) ausgenützten ager publicus empfingen.
l- f“ei" Ackergesetz des angesehenen Patriciers Sp Cass.ns V.scellinns vom Jahre 486, nach welchem Lie, V^^jer Anteil am Gemeindeland, sei es durch Assia-natwn" sei es durch Zulassung zur „Okkupation", bekommen sollten, scheiterte vor allem an dem Widerstände der von den Patriciern beherrschten Kuriatkomitien. Sein Urheber soll nach Nieberlegung des Konsulates von den Quästoren vor den Ku-rlatkomitien des Strebens nach der Alleinherrschaft (perduellio) beschuldigt und von diesen zum Tode verurteilt worden sein. Doch der Gedanke seines Ackergesetzes ist von den Tribunen immer wieder ausgenommen worden und in der nächsten Reit der hauptsächliche Gegenstand des Kampfes zwischen den beiden Ständen geblieben.
H. Die Patricier wußten alle auf die Ausführung dieses Ackergesetzes gerichteten Anstrengungen der Plebejer entweder mit Httse einzelner Tribunen, welche sie zur Jntercession gegen chre Amtsgenossen bestimmten, oder dadurch zu verhindern, daß sie vermöge ihres Einflusses aus die Wahlen immer wieder die unbeugsamsten Vorkämpfer ihrer Standesinteressen als Kon-suln au die Spitze des Staates brachten. Von der Heftigkeit des Parteikampfes zeugt die mit dem Volskerkriege in Verbin-durtg gebrachte Sage von Marcius Coriolanus, einem der tapfeijtcn, aber auch hochfahrendsten Patricier jener Zeit.
4. Das Übergewicht, welches die patricische Aristokratie trotz aller Angriffe der Plebejer behauptete, zeigte sich auch darin, daß sie damals einem ihrer hervorragendsten, aber auch Plebejerfeindlichsten Geschlechter, der gens Fabia, sogar eine Art oligarchischen Regiments einräumte, indem sie von 485 bis 479 alljährlich die Wahl eines Fabiers unter die Konsuln durchsetzte. Der Plan der Fabier freilich, nun auch die Plebs durch Ausführung der lex Cassia agraria für dieses Regiment zu gewinnen, wurde durch ihre eigenen Staudes-genoffen bereitest, unb wahrscheinlich gezwungen, nicht wie bie feslge es schildert, in hochherziger Aufopferung, oerließ das ganze Geschlecht (306 M. mit zahlreichen Klienten) Rom, um
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eine neue Stadt auf dem rechten Tiberufer als Bollwerk gegen das etruskische V eji zu gründen. Im Kampfe mit demselben erlag es am Flüßchen Cremera bis auf einen in Rom zurückgebliebenen Knaben (477).
5. Eine Verbesserung ihrer materiellen Lage konnten die Plebejer unter solchen Umständen erst mit einer Steigerung ihrer politischen Rechte erwarten. Darum gab der Volkstribun Publilius Volero dem Ständekampfe zuerst eme politische Richtung, indem er in der Absicht, vor allem der Plebs unabhängige Vertreter zu sichern, 471 trotz allen Wider- 471 st and es der Patricier (Konsul Appius Claudius) den Antrag durchsetzte, daß die Tribunen und Ädilen in den plebejischen Sonderversammlungen (concilia plebis S. 26) gewählt werden sollten. Damit wurde von selbst die Bedeutung derselben erhöht.
5. Die Rogatio TerentUia u. die Deremviraltzesehgebung 462 — 450.
1. Eiue gesicherte Grundlage für den Rechtsschutz der Plebejer fehlte, so lange die von den patricischen Magistraten allein und darum willkürlich gehaudhabte Rechtsprechung nur auf dem ungeschriebenen Gewohnheitsrecht beruhte. Deshalb beantragte der Tribun Terentilius Harsa 462 die schriftliche Abfassung des Landrechts, nach welchem die Konsuln künftig Recht sprechen sollten. Aber während einer sich stets erneuernden Kriegsnot setzten die Patricier dem Antrage 10 Jahre lang den hartnäckigsten Widerstand entgegen und versuchten vergeblich, die Plebejer durch einige Zugeständnisse zu befriedigen (Verdoppelung der Zahl der Tribunen, Verteilung des auf dem Aventin befindlichen Gemeindelandes an die ärmeren Plebejer zu Bauplätzen).
2. Die in den Schranken des Gesetzes sich haltende Beharrlichkeit der Plebejer siegte endlich, wenn sie auch insofern den Patriciern entgegenkamen, als sie schließlich wenigstens für das erste Jahr auf die Teilnahme an der Gefetzgebungs-kommission verzichteten (Gesandtschaft nach den unteritalischen Griechenstädten und angeblich auch nach Athen). Die de-cemviri consulari imperio legibus scribundis sine provocatione wurdeu 451 vom Volke in Centuriatkomitien als 451 außerordentliche oberste Regierungsbehörde unter Aufhebung des Konsulats wie des Tribnnats gewählt. Das Ergebnis des Gesetzgebungswerkes waren nach dem ersten Jahre des Decemvirats
10 Tafeln, welche mit den 2 von den Decemvirn des folgen-
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450 den Jahres noch hinzugefügten bie „XII tabulae“ bildeten. Sie wurden später zusammen auf dem Forum vor der Senats-kurie aufgestellt und galten bis in die spätesten Zeiten herab als die Quelle des gesamten Staats- und Privatrechts.
Unter den privatrechtlichen Bestimmungen der Zwölftafelgesetze sind für die Geschichte des Ständekampfes wichtig: 1) die Feststellung eines gerichtlich einklagbaren Zinsmaximums von 8'/s % für das 10monatliche, also 10 °/o für das 12 monatliche Jahr; 2) die Wiederholung des strengen alten Schuldrechts; 3) die Erneuerung des Verbotes des conubium zwischen Patriciern und Plebejern. In staatsrechtlicher Beziehung wurde die persönliche Freiheit der Bürger gewahrt durch erneute Verbürgung des Provokalionsrechts und durch das Verbot, über Leben und Tod eines Bürgers anders als in Centuriatkomitien zu richten.
6. Die 2. 89668810 plebis und die Wiederherstellung der alten Verfassung 449.
1. Während des ersten Jahres des Decemvirates scheint sich unter Patriciern wie Plebejern ein Gegensatz zweier Parteien gebildet zu haben. Der ehrgeizige Decemvir Appius Claudius und sein Anhang wollte, verleitet durch den Besitz einer außerordentlichen Machtfülle und die Beliebtheit, deren sich das Decemvirat wegen des Gesetzgebungswerkes und der Milde feines Regimentes erfreute, unter Aufhebung des Tribunales in der Form des Decemvirates ein oligarchisches Regiment begründen- Die andere Partei, welche unter Führung der Horatier und Valerier die Mehrheit der Patricier umfaßte und sich auf die bewährten tribnnicifchen Führer und die Vornehmeren unter den Plebejern stützte, hoffte im Jntereffe der Erhaltung der Aristokratie durch Herstellung gleichen Rechts das wahre Wohl der Gesamtbürgerschaft um so besser zu fördern.
2. Dieser gemäßigteren Partei gegenüber wußte Appius Claudius durch seinen Einfluß auf die Neuwahlen aus Patriciern und Plebejern diejenigen Männer neben sich in das Decemvirat des zweiten Jahres zu bringen, welche er zur Durchführung seines Planes bedurfte. Indem sie nicht nur keine Provokation gestatteten, sondern sich auch verabredeten, nicht gegen einander zu intercedieren, richteten sie eine völlige Gewaltherrschaft auf, welche zwar am schwersten die Plebejer traf, aber auch auf den einsichtigeren Patriciern lastete.
3. Als die Decemvirn aber nach Ablauf des Jahres ihr Amt nicht niederlegten, brachte während eines unglücklichen Krieges gegen Sabiner und Äquer die Ermordung des verdienten und freimütigen plebejischen Militürtribuneu Siccius Den-
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tatus (auf Vorposten gegen die Sabiner) und der ungerechte Richterspruch des Appius Claudius über Virginia, die Tochter eines gegen die Äquer im Felde stehenden angesehenen Plebejers, die Erbitterung des Volkes zum Ausbruch. Beide Heere vereinigten sich auf dem Aventin, und auch in der Stadt erhob sich der Aufstand gegen die Decemvirn (Virginins und Jcilius).
4. Nach vergeblichen Unterhandlungen zwischen dem Senat und den Plebejern zog das vereinigte Heer wiederum auf den heiligen Berg und kehrte erst zurück, nachdem man ihm durch Vermittelung der volksfreundlichen Patricier Valerius und Horatius eine unbedingte Amnestie, Abschaffung des Decem-virats und Wiederherstellung des Tribunals und der Provokation zugestanden hatte 449. Nach Wiederherstellung der 449 Verfassung wurden die abgetretenen Decemvirn von den Tribunen in Anklagezustand versetzt (Selbstmord des Appius Claudius).
2. Morn Sturz des Decernvirats bis zur politischen Gleichstellung der Wleöezer 449 - 366.
1. Leges Valeria e-Horatiae 448.
1. Auch die zweite Auswanderung der Plebs brachte derselben eine Bestätigung und erhebliche Erweiterung ihrer politischen Rechte. Die neuen Konsuln, ihre bewährten Freunde Valerius und Horatius, kamen ihren Wünschen 448 mit 448 einer Reihe von Gesetzesvorschlägen entgegen, um das Regiment
der patricischen Aristokratie gegenüber den oligarchischen Bestrebungen einzelner Adelsgeschlechter zu sichern.
2. Durch das erste ihrer von den Centnriatkomitien angenommenen Gesetze wurde den plebejischen Beamten, den Tribunen und Ädilen, für die Zeit ihrer Amtsführung die Unverletzlichkeit von neuem bestätigt. Das zweite bestimmte, daß niemand irgend einen Magistrat ohne Provokation wählen und daß, wer es thäte, sein Leben verwirkt haben sollte (gegen die Wiederkehr rechtloser Zustände wie unter der Decemviralgewalt). Das dritte und für die weitere Entwickelung des Tribunales und darum auch der ganzen Verfassung wichtigste Gesetz bestimmte, daß Beschlüsse der eoncilia plebis (plebiscita) für das ganze Volk verbindlich sein sollten.
3. Infolgedessen begannen die Konsuln sehr bald das ganze Volk tributim zu berufen. Diese comitia tributa wählten die magistratus minores und stimmten nach Tribus über Ge-
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setzesvorschläge der Konsuln ab. Die concilia plebis wählten nach wie vor die Beamten der Plebs.und entschieden über Gesetzesvorschläge der Tribunen (plebiscita). Da aber die Patricier in den Tribntkomitien der großen Masse des Volks gegenüber von ihrem Stimmrecht nur wenig Gebrauch machten, so wurden beide, comitia tributa und concilia plebis, als Versammlungen des niederen Volkes betrachtet. Den comitia centuriata verblieb ihre besondere Befngnis für die Wahl der magistratus maiores, Kriegsbeschluß und höchste Strafgerichtsbarkeit.
4. Mit der erhöhten Bedeutung der Plebs für die Gesetzgebung hängt die Verfügung der Konsuln zusammen, nach welcher bie Senatsbeschlüsse von nun an im Cerestempel unter Aufsicht ber Äbilen aufbewahrt werben sollten. Auch scheint es von jetzt an den Tribunen gestattet worden zu sein, regelmäßig an den Sitzungen des Senates teilzunehmen.
2. Die Militärtridunen und die Censur 445.
1. Bald richtete sich ber freilich von ihren Stanbesge-nossen nicht immer unterstützte Ehrgeiz ber vornehmen Plebejer auf volle bürgerliche Gleichstellung (ius bonorum): bie Plebs ging von ber Verteibigung zum Angriff über. Die erste Vorbebingnng zur Erlangung bes ius bonorum für die Plebejer war aber bie Aufhebung ber stänbifchen Abgeschlossenheit ber Patricier, unb biese beruhte aus bem Vorrecht des ius coDubii, auf welches sich wiebernm das patricifche Vorurteil von ber alleinigen Gültigkeit ber patricifchen sacra
445 in Familie unb Staat grünbete. Deshalb stellte 445 ber Tribun Can ulejus ben Antrag, baß bte Ehen zwischen Patriciern unb Plebejern volle Rechtsgültigkeit haben unb bemuach bie Kinber dem Stande des Vaters folgen sollten; derselbe wurde nach heftigen Erörterungen über das altpatricische Recht, Aufpicien anzustellen, zum Gesetz erhoben.
2. Dagegen ging der zweite, von 9 Tribunen, worunter wieder Canulejus, gestellte Antrag ans die Zulassung der Plebejer zum Konsulat nur mit der wesentlichen Änderung durch, daß es gestattet sein sollte, statt der Konsuln Militär-tribnnen mit konsularischer Gewalt aus beiden Ständen zu wählen (tribuni militum consulari potestate) d- H. bas ben Plebejern bereits zugängliche Militärtribunal ausnahmsweise mit konsularischer Gewalt auszustatten. Die Ent-scheibung aber, ob Komitien zur Wahl von Konsuln ober (3—6) Konsulartribunen zu halten seien, würbe allein bem Senat an-
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heimgegeben und überdies durch Gründung der Censur eine der politisch wichtigsten Befugnisse des Konsulates, die Abhaltung des Census, deu Patriciern vorbehalten. Mit dem Schatzungsgeschäft (census), d. H. der Anlegung der Tribusregister und der Klassen- und Centurieneinteilung sicherten sich die Patricier den größten Einfluß aus die Gestalt und den Charakter der Cen-turiatkomitien und Tributkomitien. Damit war die Musterung der Ritter und später auch die des Senats mit einem tiefgreifenden Sittenrichteramt, sowie die Aufstellung und die Aufsicht über den Staatshaushalt verbunden.
3. Aber die Patricier behaupteten sich trotz alledem in ihrer Machtstellung: die für 444 gewählten 3 Konsulartribunen, worunter einer Plebejer war, wurden schon nach wenigen Monaten genötigt abzudanken, und wenn auch in der Folge öfters noch Konfulartribnnen eintraten, so war doch erst 400 unter ihnen wieder einmal ein Plebejer. Daß seit Wiederherstellung des Konsulats unter den Patriciern der alte gewalt-thätige Sinn nur zu bald wieder obenaufkam, bekundete das Schicksal des edelmütigen plebejischen Ritters Sp. Mälius. Bei einer furchtbaren Hungersnot benutzte er seinen Reichtum, um die Not der Armen in selbstloser Weise zu lindern. Des Strebens nach der Alleinherrschaft beschuldigt, fiel er, wohl nicht von der Hand des C. Servilius Ahala, des Reiterobersten des angeblich gegen ihn bestellten Diktators L. Quinctins Cincin-natns, sondern vielmehr als das unschuldige Opfer feines Edelmutes durch Meuchelmord im Aufträge des Senates (439).
4. Einen weiteren Fortschritt machten die Plebejer, indem sie 421 bei Verdoppelung der Zahl der Quästoren es durchsetzten, daß ihnen der Zugang zu diesem Amt gestattet wurde; doch wurden erst 409 wirklich 3 plebejische Quästoren gewählt. Seitdem gab es 2 quaestores urbani, welche ihre richterlichen Vollmachten mit der Zeit verloren und nur noch die Verwaltung des Ärars unter sich hatten, und 2 Quästoren, welche die Konsuln ins Feld begleiteten und hier für die Verpflegung des Heeres sorgten.
3. Abwehr der Gallier und Ausbreitung der römischen Herrschaft in Latium und Südctrurien.
1. In dieser und der nächsten Zeit trat das politische Interesse völlig zurück hinter der patricischen Eroberungspolitik, welcher die Plebs nach Wiederherstellung der inneren
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Ordnung schon um der Vermehrung des Gemeindelandes willen eifrig diente. Die von der Überlieferung mit allerlei Sagen zum Ruhme römischer Tapferkeit ausgeschmückten, in der That aber keineswegs immer siegreichen Kämpfe mit Sabinern, Volskern, Äqnern (auf dem Algidns: Diktator L. Quinc-tins Ein cinnatns 458) und Vejentern hatten mit dem unzweifelhaften Siege Roms geendet (Kolonien Sigma, Veliträ, Suessa Pornetia, Ardea, Circeji u. a.), dessen Überlegenheit sich nun auch seinen Verbündeten, den Latinern und Hernikern, gegenüber fühlbar machte. Mit der Einnahme Tarraunas (406) war die alte Grenze des latinischen Bundes zurückerobert.
2. Roms erstarkende Kraft konnte sich nun mit Entschiedenheit nach Ablauf des letzten (20 jährigen) Waffenstillstandes gegen die mächtige Etruskerstadt Veji aus dem rechten Tiberufer kehren. Sie wurde indessen angeblich erst nach 10 jähriger Belagerung (405 — 396) durch den Diktator M.
396 Furius Camillns bezwungen (Ableitung des angeschwollenen Albanersees durch einen Emissär: Minengang in den Tempel der Juno zu Veji. Einführung des Soldes infolge des Winterdienstes, equites equo privato). — Schon waren die Römer im Begriff, über den ciminischen Bergwald hinaus nordwärts vorzudringen, als sie durch das gallische Unglück mit einem Male weit zurückgeworfen wurden.
3. Der Niedergang der etruskischen Macht wurde, abgesehen von der Uneinigkeit innerhalb des etruskischen Städtebundes, gefördert einmal durch das Übergewicht der griechischen, besonders der sy r a kus a uisch e n Seemacht (474 Schlacht bei Eumä) und dann zu Lande sowohl durch den Einbruch der Kelten von Norden her nach Etrurien selbst wie durch das Vordringen der von diesen gedrängten sabelli-schen Völkerschaften nach Campanien (Fall Capuas und Cumäs c. 420).
4. Die Kelten oder Gallier hatten schon im 6. Jahrhundert die Alpen überschritten und die Poebene den Etruskern entrissen. Gegen Ende des 5. Jahrhunderts drangen sie über den Apennin weiter nach Etrurien vor. Die Se-nonen belagerten unter ihren^ Häuptling oder Brennus Clusium im Nordosten Etruriens (Gesandtschaft des römischen Senates), nach dessen Falle ihnen das Tiberthal offen lag. Am Bache Allia, welcher 3 M. oberhalb Roms in den Tiber mündet, erlag das römische Heer dem wilden Ungestüm der Barbaren wie der klugen Berechnung ihrer An-
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sichrer (dies Alliensls 18. Juli 390). Der größte Teil 390 der Besiegten floh nach Veji. Das wehrlose Rom fiel in die Hände der Sieger und sank in Schult und Asche (Opfertod der patricischen Greise auf dem Forum); doch trotzte Kapitol und Burg, wo sich ein Rest waffenfähiger Mannschaft um den Senat geschart hatte, ihren Stürmen. Nach 7 monatlicher Belagerung zogen die Gallier, durch Hungersnot und Seuchen erschöpft, mit ihrer Beute und dem römischen Lösegelde (Bren* ims: vae victis!) nach ihrer überdies durch einen Einfall der Veneter bedrohten Heimat zurück. Die zerstörte Stadt wurde, nachdem das schon nach der Eroberung Vejis aufgetauchte Verlangen der Plebs, Rom mit dem wohlgebauten Veji zu vertauschen, durch den Senat (Camillus) abgewiesen war, allerdings eilig und unordentlich, wieder aufgebaut?)
5. Von jetzt an übernahmen die Römer mit der Abwehr der sich noch mehrmals (bis 349) wiederholenden Raubzüge keltischer Gefolgschaften an Stelle der Etrusker den Schutz der italischen Kultur. Nachdem sie sich an den fremdartigen Gegner und seine tumultuarische Kampfesweise gewöhnt hatten, gewannen die eben m diesen Kämpfen verbefferten römischen Waffen und die allmählich veränderte römische Taktik fast regelmäßig die Oberhand über die zuchtlose Tapferkeit der Barbaren?) Übrigens wurde die kriegerische Tüchtigkeit der Römer mittelbar auch dadurch gesteigert, daß sie gerade in der Zeit ihr Bürgerheer zweckentsprechender organisierten, wo das seit der 2. Hälfte des 5. Jahrh, bei allen Völkern des Mittelmeers aufkommende Söldnerwesen die besten Kräfte derselben,
*) Alles übrige dürfte der Sage angehören: Die Absendung der 3 Fabier und ihre völkerrechtswidrige Beteiligung am Kampfe, die Rettung des Kapitols durch das Geschrei der Gänse und Manlius Capitolinus, bie Vernichtung der abziehenden Gallier und die Wiedergewinnung des bezahlten Lösegeldes durch den aus der Verbannung zurückberufenen Camillus.
2) Die phalangitische Heeresordnung des Servius löste sich damals allmählich in die spätere offene Manipularstellung mit ausgiebigerer Verwendung der Wurfwaffen auf, deren Einführung von der Überlieferung dem Camillus zugeschrieben wird, die aber erst in den Samniterkriegen ihre volle nationale Entwickelung erfuhr (hastati, principes, triarii nach Altersklassen mit je 15 manipuli zu 2 centuriae). Schon während der Gallierkriege kam der gestählte Helm (galea) gegeü den Hieb der langen keltischen Schwerter, der Eisenbeschlag am großen Schild (scutum), der jetzt für alle Glieder eingeführt wurde, in der Fechtweise das Parieren der gallischen Schwerter mit dem Speere (pilum) auf. Die Stoßlanze (hasta) wurde ouf das 3. als Reserve geltende Treffen der Triarier beschränkt.
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insbesondere der kriegerischen Hirtenstämme der Kelten und Samniter, auswärts verbrauchte.')
6. Zunächst allerdings hatte der Fall Roms die verhängnisvolle Folge, daß sich die benachbarten Völker erhoben, um sich der Herrschaft des wehrlosen Roms zu entziehen. Zum Glück blieben seine Feinde auch jetzt getrennt, so daß sie nacheinander geschlagen werden konnten (Camillus se-cundus a Romulo conditor urbis Romanae), vor allem bie abermals abgefallenen Latiner und Herniker, mit denen 358 3 5 8 das frühere Bünbnis erneuert wurde. Eine Reihe la-tinischer Städte (Präneste, Tusculum) büßte ihre Erhebung mit bem Verluste ihrer Selbstänbigkeit, ebenso Cäre in Sübetrnrien (civitas sine suffragio 343). Schließlich reichte Roms Machtgebiet bis über bas Vorgebirge von Circeji hinaus. Wie mit den Samnitern schon vorher (354), so trat Rom 348 auch mit Karthago in ein Vertragsverhältnis, welches seiner Hegemonischen Stellung in Latium Ausbruck gab. Durch bas Zusammenwirken mit ben in ihrem Rücken vor-bringenben Samnitern würben auch bie Volsker endlich überwältigt. Rom war unbestritten bie Vormacht Mittelitaliens. Unb diese Erfolge waren bie Frucht ber enblichen Beenbigung bes inneren Zwiespalts.
4. Die Acinisch-SextiSche Gesetzgebung.
1. Eine weitere Folge bes Gallierkriegs unb ber unaufhörlichen Kämpfe mit ben Nachbarvölkern war eine schwere wirtschaftliche Not namentlich bes kleinen Bauernstanbes gewesen. Der Druck ber unerschwinglichen Schulbenlast wurde erhöht burch bie unbarmherzige Anwendung der Schulgesetze, wie durch wiederholte ungerechte Steuererhebungen. Schon um den Staub bes Bürgerheeres ben äußeren Gefahren gegenüber auf ber bisherigen Höhe zu erhalten, war eine Neuorbuung ber zerrütteten Grunbbesitze unb Gelbverhältnisse nötig.
2. Die Not bes Volkes hatte ihm zwar schon einmal einen Freund unb Verteibiger in bem Patricier M. Manlius Capitoliuus erweckt, welcher neben bem ihm persönlich wie politisch verfeinbeten Camillus, bem Haupte ber streng oligai> chischen Partei, ber bebeutenbste Mann ber damaligen Zeit war.
*) Der kriegerische Sinn der Römer dieser Zeit spiegelt sich besonders deutlich in der Sage vom Opferlod des M. Curtius wieder (3ß2). Vgl. die Sagen von den wunderbaren Zweikämpfen des T. Manlius Torquatus und M. Valerius Corvus mit gallischen Riesen.
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Allein seine hochherzigen Bemühungen (Loskauf von Schuldgefangenen) hatten ihm nur das Schicksal des Sp. Cassius und Sp. Mälins bereitet (384).
3. Indessen Manlius' Untergang hatte eine dumpfe Gärung hinterlassen. Allerlei Drangsale, Seuchen, Mißwachs, Kriegsnot kamen hinzu, sie zu mehren. Der allgemeinen Not und dem erneuten Übergewichte der Patricier ein Ende zu bereiten, stellten die Tribunen Licin ins Stolo und Sextius Lateranus, beide aus vornehmem plebejischen Hause, trotz
des Widerspruches ihrer 8 Kollegen i. I. 376 folgende 3 Ge- 376 setzesanträge:
a) Von den Schulden sollte nach Abzug der bereits bezahlten Zinsen vom Kapital der Rest des letzteren in gleichen Raten binnen 3 Jahren abgezahlt werden.
b) Vom Gemeindeland sollte niemand mehr als 500 Jugern okkupieren, d. h. in vorläufigen, widerruflichen Besitz nehmen. Hieran schloß sich eine Bestimmung über die höchste Zahl von Sklaven, die jeder neben den freien Arbeitern auf seinem Landgute beschäftigen könnte. Anf das Weideland aber sollte niemand mehr als 100 Stück großes und 500 Stück kleines Vieh treiben dürfen.
c) Das Konsulartribunat sollte abgeschafft, das Konsulat als die alleinige ständige oberste Magistratur wiederhergestellt und die notwendige Teilnahme der Plebejer an demselben gesichert werden.
4. Aber erst nach 10 Jahren der erbittertsten Kämpfe, welche zeitweilig fast anarchische Zustände hervorriefen, drangen die immer wieder zu Tribunen gewählten Antragsteller 367 durch, indem sie als Vertreter der vornehmen Plebejer auch gegenüber der niederen Plebs auf der Annahme des ganzen ungetrennten Antrags bestanden (Camillus: Tempel der Con-cordia). Einer der beiden Antragsteller, Sextius, wurde selbst
für das Ji 366 zum Konsul gewählt/) 366
5. Als Gegenleistung forderten und erhielten die Patricier für sich das neubegründete Amt der Prätnr mit den vom Konsulat abgetrennten richterlichen Befugnissen und den Eintritt in die Ädilität, indem zu den bisherigen 2 plebejischen Ädilen noch 2 curulische (die sella curulis, ein Vorzug der höheren Magistrate) ans dem Patricierstande hinzu-
’) Der materielle Notstand der Plebs freilich konnte durch die Licinisch-Sextische Gesetzgebung doch nicht mit einem Schlage und nicht dauernd gebessert werden, zumal da die allgemeinen Ursachen zur Verarmung des größeren Teiles der Plebejer trotz wiederholter Aussendung von Kolonien und trotz auch noch später vom Staate gelegentlich gewährter Erleichterungen (Herabsetzung des Zinsfußes 347, Aufhebung der Schuldknecht-schaft 326) auch fernerhin wirksam blieben (Unruhen 342, 3. secessio plebis in Janiculum 287).
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gefügt wurden (für Marktaufsicht und Polizei. Ausrichtung des Stadtfestes); doch schon im folgenden Jahre wurde zugegeben, daß die curulische Ädilität in jährlichem Wechsel von Patriciern und Plebejern bekleidet würde.
5. Der völlige Ausgleich.
1. Die politische Gleichstellung der beiden Stände war bereits mit der Annahme des betreffenden Liciuisch-Sex-tischen Gesetzes im wesentlichen entschieden, wenn es auch den Patriciern bei der Lauheit der plebejischen Menge, namentlich durch Mißbrauch der dem Wahlleiter zustehenden Macht, noch öfter gelang, 2 patricische Konsuln wählen zu lassen. Trotz aller Ränke erhielten die Plebejer in rascher Folge Zutritt auch zu den übrigen patricischen Ämtern, 300 selbst zu den Kollegien der Augurn und Pontifices. Am Ende blieben sie nur von den politisch bedeutungslosen Priesterämtern der Fla-mmes, Salier, Feüalen, Vestalinnen und des Opferkönigs ausgeschlossen.
2. Die gesetzgeberische Befugnis des Volkes erfuhr, wohl im Zusammenhang mit der inneren Bewegung und mit den erheblichen Änderungen der römisch -latinischen Zustände in dieser Zeit, eine erneute Sicherung und Erweiterung durch die leg es Fubliliae Pbilonis des plebejischen Diktators
339 Publilius Philo i. I. 339, welche nicht nur die Verbindlichkeit der Beschlüsse der Tributkomitien aufs neue einschärften, sondern auch für die Beschlüsse der Centuriatkomitien und wohl auch der Tributkomitien die Notwendigkeit der Bestätigung durch die Kuriatkomitien aufhoben.
3. Von charakteristischer Bedeutung für die ganze bisherige innere Entwickelung des römischen Staates war es, daj( diese durchgreifende Umgestaltung int wesentlichen ohne gewaltsame Umwälzung sich vollzog. Die Regierung des Staates aber lag fortan trotz aller demokratischen Formen thatsächlich in den Händen des allmählich neu sich bildenden Standes des patricisch-plebejischen Amtsadels (uobilitas); denn der Senat, der sich nunmehr vorzugsweise aus den gewesenen höheren Beamten zusammensetzte, erhob sich nach und nach zu der Stellung der eigentlichen Regierungsbehörde, die in allen Staatsangelegenheiten, insbesondere aber in Sachen der Religion, Der auswärtigen Beziehungen und der Finanzen, die oberste Leitung in Anspruch nahm und die Magistrate zu ausübenden Organen herabdruckte.
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2. Die Erwerbung der Herrschaft über Italien
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1. per 1. Saumiterkrieg 342—340.
1. Durch die Ausbreitung ihrer Macht nach Süden bis zum Liris waren die Römer den Wohnsitzen der Samniter und der sabellischen Völker in Campanien nahe gekommen.
Die Samniter hatten sich trotz allen Handelsverkehres mit Tarent in ihren Bergen heimische Sitte und Kraft bewahrt, die ausgewanderten Stämme der sabellischen Gruppe dagegen, namentlich die Campaner, in dem milden Klima der Ebene und unter griechischem Kultureinfluß die heimische Art eingebüßt und dem Kerne ihrer Nation sich völlig entfremdet; ihre kriegerische Kraft verzehrte sich auf Söldnerzügen in griechischem oder karthagischem Dienste. Während der latinische Bund die Kelten nach der Poebene zurückdrängte, hatten die streitbaren Bergsamniter ihr Machtgebiet gegen die griechischen Städte und Staaten Unteritaliens ausgedehnt und nach der Einnahme von Lucauien und Bruttium auch den Besitz der fruchtbaren campanischen Ebene ins Auge gefaßt. Ihre Kämpfe mit den Campanern zogen zuletzt auch die Römer in die füditalifchen Verwickelungen.
2. Samnitifche Heerhaufen bedrängten das sidicinische Teannm südöstlich vom unteren Liris. Umsonst riefen die Sidiciner die Hilfe der Campaner von Capua an, die Ca-puaner wurden geschlagen, und die Samniter warfen sich jetzt auf die campauische Hauptstadt. In ihrer Bedrängnis boten die Capuaner den Römern gegen ihre Hilfe die Unterwerfung ihrer Landschaft an, und die Römer gingen darauf ein trotz des mit den Samnitern bestehenden Bündnisses. Hieraus entsprang eine lange Reihe erbitterter Kämpfe, in deren Verlauf nach und nach die sämtlichen noch unabhängigen Stämme und Städte der italischen Halbinsel ihre Selbständigkeit verloren.
Der Sieg mußte endlich den Römern zufallen, weil sie ihrem gefährlichsten Gegner, den Samnitern, zwar nicht an Tüchtigkeit unb Tapferkeit, wohl aber durch die strenge Einheit ihrer militärischen und politischen Organisation überlegen waren.
3. Der 1. Samniterkrieg (342—340) wurde in 342-340 Campanien geführt. Zwei römische Heere waren dem Untergänge nahe, aber nach einem verzweifelten Kampfe schlug der römische Konsul M. Valerius Eorvus die bisher siegreichen Samniter am Berge G aurus unweit Enmä, und das andere
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Heer wurde aus einem Engpaß in Feindesland durch die heldenhafte Tapferkeit des Tribunen P. Decius Mus gerettet. Nach einer zweiten Niederlage der Samniter bei Suessnla schlossen diese, deren Aufmerksamkeit damals auf den Kampf der Tarentiner gegen die benachbarten Lucaner gerichtet war, und die Römer, die einen Aufstand der Latiner zu befürchten hatten, rasch Frieden. Diese behielten Capua, jenen wurde freie Hand gegen Teanum und gegen die Volsker am oberen Liris ae-lassen.
2. Der Latinerkrieg 340—338.
1. Die Erwerbung Capuas sicherte die Herrschaft Roms über das latimsche und volskische Land auch von der cam-panischen Seite her. Offenbar unter dem Eindruck des Ständeausgleichs in Rom und zur Wahrung ihrer ehemaligen föderativen Selbständigkeit forderten die Latiner jetzt das volle Bürgerrecht und gleichen Anteil an Konsulat und Senat. Von den stolzen Römern abgewiesen, begannen sie den Krieg 340- 338 (3 4 0—338), in welchen Capuaner (mit Ausnahme des Adels) und Volsker auf ihrer, Herniker und Samniter auf Seite jener fochten. Die Siege der Römer am Vesuv 340 (Kons. T. Manlius Torguatus: Hinrichtung des Sohnes; Opfertod des P. Decius Mus) und bei Trifanum (unweit des Meeres bei Minturnä) hatten die allmähliche Eroberung der einzelnen latinischen und volskischen Städte und die Unterwerfung der Campaner zur Folge.
338 2. Der latinifche Bund wurde aufgelöst (338):
die Befugnis zu allgemeinen Versammlungen (concilia), zu gegenseitiger Eheschließung (conubium) und civilrechtlichem Verkehr (commercium) den Städten untereinander genommen und eine jede einzelne in ein bestimmtes, aber keineswegs gleiches Rechtsverhältnis zu Rom gesetzt. Die meisten latinischen und auch campanischen Städte erhielten wie Cäre, manche mit erheblichem Verluste ihres Gebietes, die civitas sine suffragio; die bisherigen latinischen Bundeskolonien behielten eigenes Bürgerrecht, waren aber fortan von Rom unmittelbar abhängig (S. 43)?) Die neue römifch-famnitische Grenzlinie wurde durch Aulage starker Festungen gesichert (334 Eales zwischen Capua und Teanum, 328 Fregellä am oberen Liris; Besetzung Soras auf famnitischem Boden).
3) So wurde das bisher seemächtige Antium römische Bürgerkolonie; mit den Schiffsschnäbeln seiner zum Teil verbrannten Schiffe schmückte man die Rednerbühne auf dem Forum (rostra).
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3. Der 2. Samniterkrieg 326—304J
1. Die samnitische Bauernschaft hatte, mit den Kämpfen ihrer südlichen Stammesgenossen, der Lncaner und Bruttier gegen die reichen, aber durch innere Fehden geschwächten Griechenstädte Unteritaliens beschäftigt, der planmäßigen Begründung der römischen Militärmacht auf ihrer westlichen Grenze ruhig zugesehen. Der Tod des von den Tarentinern zu Hilfe gerufenen Alexander von Epirus, der bereits mit den Römern in Verbindung getreten war, befreite sie von einer großen Gefahr und gab ihnen wieder freie Hand gegen jene. So entstand jetzt aus einem Angriffe der Römer gegen die griechische Doppelstadt Paläopolis-Neapolis, deren Bewohner durch die Samniter unterstützt wurden, dann aber auf Grund der römischen Anerbietungen der samnitischen Besatzung sich
mit List entledigten, der 2. samnitische Krieg (326—304), 326—304 in dem es sich um die Herrschaft Italiens handelte.
2. Gleich von Anfang an traten auf römischer Seite die beiden Helden dieses Krieges hervor, der eiserne Diktator L. Papirius Cursor und dessen kühn aufstrebender Magister equitum Qu. Fabius Rullianus. Die Römer waren entschieden im Vorteile, und schon 322 baten die erschöpften Samniter 'um Frieden und Erneuerung des alten Bündnisses.
Da aber die Römer vollständige Unterwerfung forderten, rafften sie sich noch einmal zu verzweifelter Gegenwehr zusammen.
Ihrem trefflichen Führer Gavius Pontius gelang es wohl, das ganze römische Heer auf dem Marsche quer durch Sam-nium nach dem den Römern befreundeten und angeblich von der samnitischen Hauptmacht belagerten Luceria in Apulien in den Caudinischen Engpässen 321 zu einem schmachvollen 321 Vertrage zu nötigen (Eandinisches Joch). Jedoch Senat und Volk verwarfen denselben unter Preisgabe der Konsuln und der Geiseln.
3. In den nächsten Jahren sicherten sich die Römer nach wechselvollem Kampfe den Besitz Apuliens durch die Einnahme und Kolonisierung von Luceria, das wirklich in die Gewalt der Samniter gefallen, und den Besitz Campaniens, der durch die Niederlage im Passe von Lautnlä im Volskerlande 315 ernstlich bedroht worden war, durch die Kolonien Suessa und Interamna, sowie durch den Bau einer Militärstraße von Rom nach Capua (via Appia 312).
4. Bereits schickten sie sich an, nun auch in das Gebirge von Samnium selbst vorzudringen, als sich 311 die Etrusker
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utib dann auch die Umbrer für die Samniter erhoben. Aber es gelang Rom seine Gegner einzeln zu schlagen. Auf dem neuen nördlichen Kriegsschauplätze brach der junge Qu. Fabius Rullian us durch den ciminischen Wald in das Herz Etruriens ein, schlug die Etrusker 310 am vadimonischen See und nochmals 309 bei Perusia und zwang sie wie gleich nachher auch die zum Gewaltmarsch auf Rom gesammelten Aufgebote der Umbrer durch einen Sieg zum Frieden.
5. Inzwischen waren die verzweifelten Versuche der Samniter, ihren nordischen Bundesgenossen die Hand zu reichen, ebenfalls gescheitert. Ihre prachtvoll gerüsteten Kerntruppen 309 erlagen 309 bei Song ul a (wahrsch. bei Ardea) dem alten von seinem Feinde Fabius zum Diktator ernannten Papirius Cursor. Die verspätete Erhebung der kleinen sabellischen Völker Mittelitaliens blieb für sie so nutzlos wie der leicht niedergeworfene Aufstand der Herniker und Äquer. Mit dem Verluste der samnitischen Hauptstadt Boviannm war der Krieg 304 zu Ende. Die Samniter suchten und erhielten den Frieden auf der Grundlage eines foedus aequum.
4. Der 3. Samniterkrieg 298—290.
1. Ermutigt durch die Gärung, welche infolge der Anlage neuer Kolonien (Alba, Sora) unter den betroffenen Völkern entstand, durch einen neuen Einbruch der Kelten Norditaliens nach Etrurien und durch neue kriegerische Verwickelungen der Römer mit den Etruskern, wagten die Samniter t. I. 298
298-290 eine letzte Erhebung (298—290), indem sie alle Italiker und selbst die Gallier zur Rettung der gemeinsamen Freiheit gegen Rom in die Waffen riefen. Aber schon im ersten Kriegsjahre wurden die Lucaner gezwungen vom Kampfe abzustehen, und die erprobten Konsuln des nächsten Jahres, der patricische Qu. Fabius Rullian us und der plebejische P. De eins Mus der Jüngere, gewannen auf famnitischem Boden das Übergewicht.
2. Aber anss höchste stieg die Gefahr für Rom, als sich 296 ein samnitisches Heer (unter Gellins Egnatius) mit den Etruskern, sowie mit umbrischen und gallischen Scharen (Senonen) vereinigte. Doch infolge des Einmarsches eines römischen Heeres in Etrurien trennten sich zu-nächst die Etrusker von den Galliern. Diesen Augenblick benutzten die Konsuln Fabius und D ec ins, um zu beiden Seiten des Tiber nordwärts nach Umbrien vorznbrechen. Ihr
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glänzender Sieg bei Sentinum (am oberen Ästs) über bie Samniter, Gallier unb Umbrer i. I. 295 (Opfertob bes 295 Decius) löste ben Kriegsbunb, brachte Etrurien in bie Hanb ber Römer unb brach bie Kraft ber Samniter für immer.
3. Nach weiteren 5 Jahren helbenmütigen, aber ungleichen Kampfes würbe ber Krieg burch bie Siege bes M. Curius Dentatus mit ber Erneuerung bes alten Bünb- i i nisfes zwischen ben Römern unb Samnitern 290 beenbigt. 290 Der Senat aber, ber bereits im Jahre vorher bnrch Anlage ber gewaltigen Festungskolonie Venufia (20,000 Kolonisten) an ben Grenzen Apuliens, Lucauiens unb Samniums bie Einschließung bes letzteren vollenbet unb zugleich bessen Verbindungen mit Tarent zerschnitten hatte, fuhr fort, burch immer neue Kolonien bie nunmehr sicher begrünbete Herrschast Roms über bie italische Halbinsel zu befestigen.
5. Der Farentirnsche Krieg und die Unterwerfung Italiens.
1. Unaufhaltfam brangen bie römischen Waffen unb bas römische Ackergebiet nach Norben unb Norbosten vor. Die Sabiner, welche sich zu spät erhoben hatten, unterwarf M. Curius Dentatus; sie erhielten bas beschränkte römische Bürgerrecht unb verloren einen großen (nun mit römischen Bauern besetzten) Teil ihrer Mark (Uneigennützigkeit bes Felbherrn). Die sen onischen Gallier büßten ben Versuch, im Bunbe mit einigen freigebliebenen Etruskerstäbten ihre bei Senlinum gefallenen Lanbslente zu rächen, trotz anfänglichen Erfolges mit völliger Vernichtung; bie Kolonie Sena Gallica bahnte ber römischen Herrschaft ben Weg zum abria-tischen Meere (283). Ein gegen Rom heranziehenbes Heer von gallischen Bojern, Etruskeru unb flüchtigen Seno-nen würbe 283 am v abimonifchen See aufgerieben unb nach einiger Zeit auch bie Unterwerfung ber Etrusker vollendet. Schon rückte Roms Macht auch ben Griechenstäbten bes Sübens in bebrohliche Nähe. Der Besetzung Thuriis, betn bie Römer bereitwillig Schutz gegen bie Lucaner gewährten, folgte ber Anschluß ber griechischen Küstenstäbte Kroton, Loeri, Rhegium an bie römische Buubesgenofsenschaft.
2. Auch bie letzte selbständige Macht Unteritaliens, bie reiche Hanbels- unb Industriestadt Tarent, war nicht nur burch bie gewaltige Römerfkstuug Venusia in ihrer Nähe bebroht, sonbern auch ihre See- und Hanbelsherrfchaft burch bas Vorbringen ber Römer nach Samnium, Apulien, Lucauien
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schwer geschädigt und durch die römischen Stationen in @enu und Thurii im Halbkreis umklammert. Nunmehr mußte es sich rächen, daß ber auf das Wohlleben gerichtete Sinn der tarentinischen Bürgerschaft und die ebenso unftäte als kurzsichtige Politik der herrschenden Demokratie es über eine mittelbare Beteiligung am Kampfe gegen Rom durch Aufwiegelung ber italischen und gallischen Völker nicht hatte kommen lassen, so lange eine nachdrückliche Unterstützung derselben und die aus kurze Zeit toieber eintretenden Zerwürfnisse in Rom selbst noch Aussicht auf Erfolg boten.
3. Die mit Furcht gemischte Erbitterung über diese aussichtslose Lage der Dinge verleitete das tarentinifche Volk im Herbst 282 eine römische Flotte von 10 Schiffen im jähen Überfall zur Hälfte zu vernichten, als bieselbe wiber den Ver-trag von 304 bas lacinifche Vorgebirge nmsegelnb in beit Hasen von Tarent eingelaufen war. Die Führer ber Kriegspartei trieben bas Volk bahin, Thurii zu überfallen unb bie römische Besatzung wie bie bortige römische Partei zu vertreiben. Eine römische Gesanbtschaft, welche maßvolle Genugthuung forberte, wurde in gröblicher Weise beschimpft (L. Postum ins). Unfähig jedoch aus eigener Kraft den Krieg mit Rom aufzunehmen, riefen die SEarentiner den größten Feldherrn der Zeit, den König Pyrrhus von Epirus zu Hilfe, der nach dem Verluste Maeedoniens in einem abenteuerlichen Leben im Osten bisher vergeblich eine seinem Thatendurst und seinem Ruhme genügende Stellung zu gewinnen gesucht hatte. Er kam mit einem vorzüglichen Heere, um als Verteidiger des Hellenentums gegen die „Barbaren" im Westen ein großes hellenisches Reich zu begründen.
4. Die Niederlage, welche die Römer bei Heraclea 280 am Siris 280 durch die thematische Reiterei und epirotische Phalanx (Elefanten) erlitten, führte dem König sofort die bisher noch zögernben Feinbe Roms zu, vor allen bte fübitalifcheu ©täbte (Meuterei in Rhegium unb Bunb ber bortigen eampa-uischen Besatzung mit ben Mamertinern von Eapua). Während ber Aufstanb in ben sabellischen Kantonen von Bruttium bis zum nörblichert Samnium emporloderte, drang Pyrrhus plündernd durch Eampanien über Anagnia im Hernikerlande bis nach Präneste vor, kaum 4 Meilen von Rom. Doch in verödeter Landschaft zwischen den Legionen in Rom, denen in Cam-paitien, die ihn in der Flanke, und denen in Samnium, die ihn im Rücken bebrohten, in bet Mitte Italiens vom Süden wie
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vom Meere abgeschnitten, mußte er sich zum Rückzug nach Campamen entschließen, wo er seine Winterquartiere nahm. Seine Friedensanträge wurden in Rom abgewiesen (Gesandtschaft des Cineas: Appius Claudius Cäeus; Uneigennützigkeit des Fa-bricius).
5. Ohne Nachschub aus der Heimat, welche damals dem Einbrüche der Kelten (Galater) erlag, sah sich der König auf die Werbungen unter den tapferen Jtalikeru angewiesen. Demgemäß verwandelte er auch seine Taktik in der Weise, daß er seiner Schlachtlinie zu der Phalanx im Centrum Kohorteufor-mation auf den Flügeln gab, um die Massenwirkung jener mit der Beweglichkeit dieser zu vereinigen. In der Absicht, die Verbindung Roms mit seiner wichtigsten südlichen Stellung Venusia zu zerschneiden und durch das aufständige Samniterland, im Rücken frei, vorzurücken, brach er im Frühling des folgenden Jahres nach Apulien auf. Der zweite Sieg jedoch, den er
bei Asculum am Rande der apulischen Ebene in einer furcht- 279 baren zweitägigen Schlacht über das Heer der beiden Konsuln') errang, war ebenso teuer erkauft wie der erste und blieb ohne nachhaltigen Vorteil für ihn, zumal da nun auch noch die Karthager ihren Handelsvertrag mit Rom in ein Verteidigungsbündnis verwandelten.
6. Da folgte Pyrrhns 278 unter Zurücklassung einer Besatzung in Tarent dem Hilferuf der von den Karthagern arg bedrängten Syrakusaner (sein Sohn Enkel des Agathokles). Unterstützt durch eine allgemeine Erhebnng des gefährdeten Griechentums, bemächtigte er sich in kurzem fast der ganzen Insel, entfremdete sich aber bald durch sein herrisches Auftreten die ebenso mißtrauischen, wie zuchtlosen Griechenstädte. Im Begriff den Krieg nach Afrika hinüber zu tragen, zog er es darum vor, feinen bedrängten italischen Bundesgenossen zu Hilfe zu eilen; denn während seiner Abwesenheit hatten die Römer m Lncanien, Bruttinm und den abgefallenen Griechenstädten die verlorene Macht wiedergewonnen. Um zunächst den verzweifelt kämpfenden Samnitern Erleichterung zu schaffen, führte Pyrrhns seine Hauptmacht nordwärts gegen den Konsul M. Curtus Dentatus, der ihm aber 275 bei Beneventum 275 (Maleventum) eine vernichtende Niederlage beibrachte und ihn
zur Heimkehr zwang (f 272).
') Der eine Konsul war P. Deciu s Mus, dessen Vater bei Sen-tinum, dessen Großvater am Vesuv den Weihetod gestorben toar.
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7. Mühelos sonnte Rom nun die unglücklichen Bundesgenossen des Pyrrhns vollends unterwerfen; 272 ergab sich auch Tarent. Mit der Überwältigung und furchtbaren Züchtigung der empörten Legion zu Nhegium und der Besiegung der Picenter, Sallentiner (Brundnsium) und Sarsinaten in Um-266 brien 266 war die Eroberung Italiens vollendet (Kolonien Paestum in Lucanien, Ariminum im ager Galliens, Beneven-tum in Samninm u. ct.). Rom trat nunmehr als ebenbürtige Großmacht ein in den Kreis der großen politischen Beziehungen, welche das Mittelmeer, die Machtgebiete der Karthager und hellenistischen Könige des Ostens, umspannten (Gesandtschaft der ägyptischen Lagiden 273).
6. Die Einigung Italiens und die Grundlegung der italischen Nationalität.
1. An die Stelle des aufgelösten klinischen Bundes trat zunächst ein erweiterter, festgefügter italischer Bundesstaat unter der Hegemonie Roms, die sich jedoch immer mehr zur thatsächlichen Oberherrschaft ausbildete. Die Ausbildung einer solchen unb damit auch die Entwickelung eines gewissen italischen Nationalgefühls wurde gefördert, abgesehen von der Stammesgemeinschaft, durch die verschiedene Rechtsstellung der einzelnen Bundesglieder zu Rom, durch die Umbildung der übrigens selbständigen lokalen Verfassungen in römischaristokratischem Sinne, durch die planmäßige Anlage von Militärkolonien und Militärstraßen, durch die allmähliche Ausbreitung römifch-latinischer Sprache und Sitte (269 Centralisierung der Silberprägnng in Rom: Denar im Werte der attischen Drachme), vor allem aber durch den gemeinsamen Heeresdienst und die gemeinsam geführten Kriege. Rom als Vormacht lag die Vertretung nach außen, die Führuug im Felde, die Schlichtung innerer Streitigkeiten unb die Sorge für Aufrechterhaltung des Lanbfriebens ob.
2. Die Glieber des italischen Bundes waren:
a) Römische Bürger.
1. Das volle römische Bürgerrecht hatten sowohl die römischen Bürgerkolonien, wie diejenigen latinischen und sabinischen Gemeinden, denen dasselbe erteilt worden war.
2. Nur ein beschränktes Bürgerrecht (civitas sine suffragio) genossen die Munieipien (municipia), welche zwar alle Lasten der römischen Bürger (bes. Steuerzahlung u. Heeresdienst) zu tragen, aber bei kommunaler Selbstverwaltung nur deren privatrechtliche Privilegien (conu-bium und commercium), nicht das aktive und passive Wahlrecht (ius suf-
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fragii et honorum) und vielfach auch feine eigene Gerichtsbarkeit hatten (praefecturae). Nach und nach jedoch haben auch sie, wie die einheimische Bevölkerung der Kolonien, das römische ÜBoIIBürgerrecht erlangt.
b) Satin er (nomen Latinum, socii nominis Latini).
Hierzu gehörten außer einer Anzahl latinischer Städte die zahlreichen coloniae Latinae, ursprünglich vom Latinerbunde gegründete Kolonien und Glieder desselben, später von Rom allein (doch nicht bloß von römischen Bürgern) nach den außerlatiuischen Gebieten (zn neuen Städteanlagen) ausgehende Kolonien latinischen Rechtes (commercium u. conu-bium). Sie bilden selbständige Gemeinden (Münzrecht) und dienen als pere-grini in besonderen alae und cohortes. Die ihnen früher eingeräumte Vergünstigung, durch Übersiedelung nach Rom das römische Bürgerrecht zu erwerben, ist seit 268 auf die gewesenen Magistrate beschränkt worden, c) Bundesgenossen (civitates foederatae, socii).
Die mchtlatmischen Bundesgenossen hatten sich ebenfalls ihre Selbständigkeit und zwar in einem besonderen Vertrag (foedus) bewahrt (Münzrecht, Befreiung vom Dienste in den Legionen, eigene städtische Verwaltung und Gerichtsbarkeit^ doch ist dieselbe meist durch einzelne Bedingungen beschränkt und ihre Stellung dadurch thatsächlich zu einer unterthänigen geworden. Alle waren zur Stellung einer ebenfalls vertragsmäßig festgestellten Anzahl von Hilfstruppen ober Schiffen und Matrosen verpflichtet.
2. Don dev Mnigung Italiens bis jnv Begründung dev römischen Welthevvschsft: Borne Wlüle ale
Wepnblik.
264- 133 v. Chr.
1. Die (^rwerbunH der Vorherrschaft über die westlichen Mittelmeeri ander 264 - 200.
Die karthagische Großmacht.
1. Karthago (von ber alten Phönieierstabt Tyrus her im 9.Jahrh, gegrünbet: Sage von Dibo-Elissa) bankt seine Größe zunächst seiner für ben Ackerbau wie für ben Hanbel unvergleichlich günstigen Lage. Unter dem Gegenbruck bes unaufhaltsam im Westen sich ausbreitenben Hellenentums gelangte bie Stabt zu festerer politischer Gestaltung unb erwarb nach unb nach weite Strecken bes libyschen Binnenlanbes, sowie bie Herrschaft über alle anberen phönieifchen Pflanzungen Afrikas, weiterhin bes ganzen westlichen Mittelmeerbeckens mit seinen Inseln (bes. ©teilten u. Sardinien).
2. Als Haupt eines weitverzweigten Hanbelsstaates unb Koloniesystems (befestigte Hanbelsstationen) hatte Karthago jeben Mitbewerb fremder Hanbels- unb Seemächte in ben westlichen Gewässern (Phokäer, Massa-liDten, Syrakusaner, Etrusker) zurückgedrängt unb bamit eine Großmachtstellung zur See erlangt, mit ber sich um 300 höchstens Ägypten unter ben Ptolemäern messen konnte. Außer bem Warenumsatz mit dem Inneren Afrikas (Karawanen), wie mit den Küsten des westlichen Mittelmeers und den diesseitigen des atlantischen Oeeans und einem großen Teil des Zwischenhanbels zwischen bem Westen unb Osten bilbeten eine hochentwickelte Jnbustrie, Bodenkultur und Viehwirtschaft (Sklavenarbeit), dazu die Tri-
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fcute der unterworfenen ackerbauenden libyschen Stämme und der abhängigen nomadischen Hirtenstämme Afrikas, endlich die Einkünfte aus Monopolen und Zöllen aller Art unerschöpfliche Quellen des Reichtums.
3. Die Verfassung Karthagos hatte sich zu einer Plutokratie entwickelt. An der Spitze des Staates standen 2 anfangs auf Lebenszeit gewählte, später jährlich wechselnde, rechenschaftspflichtige ©uffetcn, welche den. Vorsitz im „Rate der (28) Ältesten" führten; nur wenn dieser und der Senat sich nicht einigen konnten, entschied die Volksversammlung, welcher sonst nur die Wahl der Behörden zustand (Käuflichkeit der Ämter). Doch konnte das Volk, eine besitzlose, unruhige und zuchtlose Masse (Dienst der Astarte und des Baal; Moloch: Menschenopfer), ohne bäuerlichen oder gewerblichen Mittelstand, zu keiner politischen Bedeutung gelangen, zumal da die Herrschaft immer ausschließlicher dem reichen Geldadel anheimfiel: die f. g. „Hundertmänner" (eigentlich 104), zunächst zur obersten Aussicht, besonders der Feldherren berufen, griffen nach und nach, wie die Ephoren in Sparta, in alle Zweite der Staatsverwaltung ein und verfolgten mit ihrem Mißtrauen Behörden und Unterthanen in gleicher Weise.
4. Auch in seinem Kriegswesen war Karthago den Römern durchaus nicht gewachsen. Zwar verfügte es über eine gewaltige Kriegsflotte, aber zu Laude hatte es den kriegsgeübten Kerntruppen des nationalen italischen Bauernstaates nur ein Heer entgegenzustellen, welches sich, einzig von den trefflichen numidifchen Reitern abgesehen, teils aus unkriegerischen uni) widerwilligen libyphönicischen Milizen, teils aus unzuverlässigen fremden Söldnern zusammensetzte.
1. Der 1. punische (sicilische) Krieg 264—241.
Veranlassung.
Als sich dieSyrakusaner unter dem trefflichen „König" Hieron II. gegen die räuberischen Mamertiner (—Söhne des Marsi, die aufrührerischen campanischen Söldner des früheren Tyrannen Agathokles in Meffana, wandten, beschloß das römische Volk, die wichtige Seestadt vor den Thoren des jüngst unterworfenen Rhegiums an der beherrschenden Meerenge nicht in karthagische Hände fallen zu lassen und dem Hilferufe der bedrängten Mamertiner Folge zu leisten. Doch schon hatten die von der punischen Partei unter denselben herbeigerufenen Karthager die Burg von Meffana besetzt und Hieron sich mit ihnen zur gemeinsamen Abwehr der Römer verbunden.
a) Landkrieg in ©teilten 264—260.
1. In raschem unb kühnem Übergange nach Sieilien entsetzte der Konsul Appins Claudius Caudex 264 das von den Karthagern unb Syraknsanern inzwischen zu Lande und zu Wasser eingeschlossene Mess an a und gewährte Hieron im folgenden Jahre einen Frieben, der ihm den Besitz seines Königreichs gegen Lieferung von Getreide an das römische Heer zusicherte. Darnach fiel (262) Agrigent, der Hauptwaffenplatz der Karthager an der Südküste, und infolgedessen der größte Teil der sieilischen Binnenstädte in die Hände der
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Römer, und der Senat beschloß nun den Krieg weiterzuführen, d. f). ©teilten zu erobern.
2. Um aber die karthagischen Seefestungen in Sicilien nehmen, seine Landheere dort sicher verproviantieren und Italien selbst vor feindlichen Landungen schützen zu können, bedurfte Rom einer Kriegsflotte: in 60 Tagen waren 100 Penteren nach dem Muster einer gestrandeten karthagischen und dazu 20 neue Trieren erbaut, alle mit den neuerfundenen Enterbrücken (corvi), durch welche der größeren Tüchtigkeit der römischen Krieger eine entscheidende Wirksamkeit ermöglicht werden sollte.
b) Die Zeit des schwankenden Kriegsglücks zu Lande und zur See 260—250.
1. Nach einem ersten Mißgeschick erfocht der Konsul C. Duilius mit der noch schwerfälligen und ungelenken Flotte 260 einen glänzenden Seesieg bei Mylä, nordwestlich von 260 Messana (1. Seetriumph; columna rostrata auf dem Forum). Ermutigt hierdurch, wagten es die Römer, die Karthager in Afrika selbst anzugreifen. Der Sieg ihrer Flotte (330 Schiffe
mit einem Landheer von 40,000 M. an Bord) über die ihr entgegensegelnde karthagische auf der Höhe des Vorgebirges Ec-nomus 256 eröffnete ihnen den Seeweg nach dem Hafen von 256 Clnpea, von wo aus dann ihre Truppen, zur Rache für die Verwüstung der italischen und sicilischeu Küsten durch die pu-nische Flotte, das reiche Land ringsum verheerend durchzogen.
Die Römer standen auf dem Höhepunkt ihrer Erfolge in diesem Kriege.
2. Da berief der Senat den einen Konsul mit dem größten Teil der Streitkräfte zurück. Trotzdem erfocht der andere, M. Atilius Regulus, einen entscheidenden Sieg, dessen Wirkung durch den Abfall der geknechteten libyschen Unterthanen noch verstärkt wurde. Schon war er bis in die Nähe von Karthago vorgerückt, aber kurzsichtig verscherzte er die Gunst ber Umstände dadurch, daß er die gedemütigten Karthager durch allzu harte Bedingungen zwang, den Kampf nicht nur um ihre Machtstellung, sondern um ihre Selbständigkeit um so energischer wieder aufzunehmen. Die Folge war
des Konsuls vernichtende Niederlage bei Tnnes 255 durch 255 das karthagische Landheer, welches der spartanische Feldherr Xanthippus nach dem Muster der vorgeschrittenen griechischen
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Kriegskunst reorganisiert hatte (numidische Reiter und Elefanten). ^ Regulus selbst geriet in Gefangenschaft.
3. Die Niederlage des Regulus war der Anfang einer langen Zeit schweren Unglücks für die Römer. Durch wiederholte Schiffbrüche entmutigt, beschränkten sie sich zur See auf die Verteidigung der italischen Küsten, wagten aber auch zu Lande trotz der Einnahme von Panormus (254) lange nicht dein karthagischen Elefantenheere entgegenzutreten, bis endlich 250 2 5 0 der Sieg des L. Cäeilius Metellus bei Panormus die Lage wieder zu ihren Gunsten veränderte (Elefanten im ^rinmphzug; Gesandtschaft und angeblich grausamer Tod des Regulus). Die Karthager waren auf Lilybäum und Drepanum, auf den äußersten Westen Sicilieus, beschränkt.
e) Belagerungs- u. Kleinkrieg auf Sicilien 250—241.
1. Während die Römer das feste Lilybäum, wie später auch Drepanum, erfolglos einschlössen, erlitt der verwegene Konsul P. Claudius Pülcher (Verachtung der Auspieien) 249 bei dem Versuche, von dem Lager vor Lilybäum aus den Kriegshafen Drepanum zu überrumpeln, eine schwere Niederlage. Der Schiffbruch einer zur Unterstützung des Landheeres abgeschickten Flotte bestimmte die Römer abermals zur Ein-sielluug des Seekrieges.
2. Mit dem Jahre 248 stand der Krieg still, da beide Teile erschöpft waren, Rom noch mehr als Karthago Zu Lande übernahm 247 der als Feldherr und Staatsmann gleich ausgezeichnete Hamilkar Barkas (der Blitz) den Oberbefehl des karthagischen Heeres. Von dem Berge Eirkte (Monte Pellegrino) nahe bei Panormus und dann von dem Berge Eryx bei Drepanum aus, wo er sich auf halber Höhe mitten zwischen den Römern im Aphroditetempel auf der Kuppe und dem römischen Lager am Fuße festgesetzt hatte, kämpfte er gegen die Legionen, durchstreifte die Insel und suchte in Freibenter-sahiten die italische Küste bis nach Enmä heim.
3. Endlich fand das römische Volk opserfrendig den Entschluß zum entscheidenden Schlage. Mit einer aus frei* willigen Beiträgen der Bürger erbauten Flotte von 200 Segeln
241 !chlug der Konsul E. Lutatius Eatulus im Frühjahr 241 die eilig zusammengeraffte Flotte der Karthager bei den äga-tischen Inseln. Dem klugen Hamilkar dankte Karthago die erträglichen, wenn auch vom römischen Volk hinterher noch verschärften Friedensbedingungen: Die Abtretung Sici-
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liens und der kleinen zwischen ©teilten und Italien gelegenen Inseln, Zahlung einer bedeutenden Kriegsentschädigung. Sici-1 ten wurde die erste römische Provinz, anfangs von Rom aus, seit 227 von einem Prätor verwaltet. Nur das kleine Fürstentum Hierons blieb dem Namen nach selbständig.
2. Hlom nach dem Kriege: Aöfchtuß der Aribus und die Weforrn der GenLnriatkoMiLien.
1. Italien hatte, abgesehen von den großen Verlusten an Mannschaft und Schiffsmaterial, durch die Jahre lang fortgesetzten Verheerungen seiner Küsten, noch mehr durch die fast vollständige Stockung seines überseeischen Handels und endlich auch dadurch schwer gelitten, daß ein großer Teil der Bauern und Gutsherren ihren Wirtschaften und überhaupt den bürgerlichen Geschäften ferngehalten wurden (Sinken des Geldes). Für die fortschreitende Verarmung des Bauernstandes konnten weder die wenigen Koloniegründungen dieser Zeit, noch die reiche Beute der geplünderten griechischen und punifchen Städte Siciliens Ersatz bieten. Diese Befriedigung der Beutesucht begann vielmehr zusammen mit den sonstigen entsittlichenden Einflüssen eines langen überseeischen Krieges den einfachen Bauernsinn, wie überhaupt den ehrenhaften Charakter der Nation schon jetzt zu untergraben.
2. Dagegen gewann der Handel und Gewerbe treibende Teil der Bevölkerung und das bewegliche Vermögen, für dessen Anhäufung in den Händen einer Minderheit die nunmehrige Stellung Roms als die herrschende Seemacht des westlichen Mittelmcers die glänzendsten Aussichten bot, immer mehr an Bedeutung. Die Erwerbung der Hafen- und getreidereichen Insel Sieilien hob den italischen Handelsverkehr, und der hieraus entspringende Gewinn war wohlgeeignet, die italischen Bundesgenossen für ihre treue Waffenbrüderschaft vor der Hand zu entschädigen und Rom um so enger zu verbinden.
3. Die römische Bürgerschaft freilich verstärkte gerade ,in dieser Zeit ihre Stellung als in sich geschlossene Aristokratie gegenüber der italischen Bundesgenossenschaft durch den Abschluß der auf 35 vermehrten Trib ns (241), so daß deren thatsächliches Unterthanenverhältnis fortan um so schroffer hervortrat. Alle italischen Gemeinden, welche seitdem Aufnahme in das römische Vollbürgertum fanden, wurden in die eine oder andere der bereits bestehenden Tribus eingeschrieben. Die Folge war, daß mit der Zeit fast jeder dieser Bezirke aus verschiedenen über das ganze weitausgedehnte römische Bürgergebiet zerstreuten Ortschaften sich zusammensetzte.
4. Hiermit hängt auch die wahrscheinlich in dieselbe Zeit fallende Reform der Centuriatkomitien zusammen, deren Zweck dahin ging, die durch Beibehaltung der ursprünglichen Centunenzahl trotz veränderter Vermögensverhältnisse immer aristokratischer gewordenen Centuriatkomitien möglichst der Form der demokratischen Tributkomitien zu nähern. Jede der 5 Servianischen Vermögensklassen erhielt 70 aus den seniores und iuniores innerhalb jeder der 35 tribus gebildete Centurien. Gleichzeitig wurde das Vorstimmrecht (praerogativaj von den 18 Rittereentnrien auf eine erlöste Centurie der 1. Klasse übertragen.
5. Während somit die ehemals einzige und souveräne Adelsversammlung der Kuriatkomitien ihre politische Bedeutung völlig verloren hatte,
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waren die vordem bedeutungslosen, jetzt aber die ganze Gesetzgebung beherrschenden Tributkomitien und die im demokratischen Sinne reformierten Centnriatkomitien zu einander gleichgestellten Versammlungen der souveränen Demokratie geworden. Der damit geschaffene Dualismus in der Volksvertretung mußte verhängnisvoll wirken, sobald es den zur Ochlokratie hinneigenden demokratischen Elementen des Staates gelang, die Autorität des Senates zu untergraben.
3. Ausdehnung der römischen «Herrschaft üöer das tyrrhenische uud das adriatische Meer und die Begründung derselben in der Woebene.
1. Die Bedrängnis, in welche Karthago durch den furchtbaren und erst nach länger als 3 Jahren (238) von Hamil-kar Barkas niedergeschlagenen Ausstand seiner Söldner und der Libyer geriet, benutzte der römische Senat in un-
238 redlicher Selbstsucht, um 238 die Abtretung der für die Beherrschung des tyrrhenischen Meeres wichtigen Insel Sardinien und später auch Corsicas (227 zur 2. römischen Provinz vereinigt), sowie eine neue Geldzahlung zu erpressen. Der Gegensatz zwischen Rom und Karthago mußte hierdurch unversöhnlich für alle Zeiten werden.
2. Seine Herrschaft im adriatischen Meere begründete Rom durch einen einzigen Sommerfeldzug gegen die fee-räuberischen Illyrier im istrischen Archipel (illyrischer
229-228 Krieg 229 — 228), welche die Küsten, namentlich Griechenlands, weit und breit plünderten, die italischen Kauffahrer be--helligten und schließlich den Sprecher einer römischen Gesandtschaft an die Königin Tenta auf der Rückfahrt überfallen und getötet hatten.
3. Den unmittelbaren Anlaß zum Ausbruch eines neuen Gallierkrieges bot der von dem Volkstribun C. Flami-nius, dem Führer der bäuerlichen Reaktion gegen die überseeische Senatspolitik, nach langen Kämpfen 232 durchgesetzte Äntrag, das reiche senonische Gebiet der Mark Picenum an römische Bauern zu verteilen?) Sofort gerieten die dadurch bedrohten benachbarten keltischen Stämme, voran die Bojer
J) Aus der Zeit dieses Kampfes der plebs rustica mit dem Senate stammt auch die lex Claudia, welche im Senat nur durch Flaminius unterstützt, 218 durchging. Sie verbot den senatorischen Familien Schiffe über einen Tonnengehalt von 300 Amphoren zu halten, wodurch dem Senate mit der Möglichkeit der Rhedergeschäfte die Erträge seiner eigenen Politik abgeschnitten werden sollten. Das Gesetz enthielt wahrscheinlich auch schon das Verbot der Beteiligung an den Lieferungsgeschäften der Publikanen.
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und Jnsubrer, in Aufregung. Verstärkt durch massenhafte Söldner aus dem oberen Rhonethal („Gäsaten"), drangen sie 225 unter furchtbaren Verheerungen bis nach Clusium vor, 225 erlitten aber bei Telamon an der etrurischen Küste eine vernichtende Niederlage. Die Bojer wurden bereits im folgenden Jahre, die Jnsubrer jenseits des Po aber erst nach einer Niederlage bei Clastidinm 222 unterworfen. Damit hatte 223 das römische Reich den Südfuß der Alpen erreicht (Kolonien Placentia und Cremona).
4. per 2. punische Krieg 218 —201.
Vorspiel unb .Veranlassung.
Um Karthago für ben Verlust ber Seeherrfchaft zu entfchäbigen, hatte es inzwischen Hamilkar Barkas, von ber Volksgunst mit fast unumschränkter Macht befsetbet, seit 237 unternommen, mit Hilfe eines namentlich aus ben streitbaren Iberern geBilbeten Heeres in Spanien eine große ßanbmacht zu grünbeit. Hasbrubal, sein Eibam unb feit 229 sein Nachfolger, grünbete als Stützpunkt ber karthagischen Herrschaft Carthago no v a (Cartagena an ber Sübküfte) unb verstaub es vor allem biefelbe burch kluge Behanblung ber Eingeborenen zu erweitern. Mit ihm schloß ber römische Senat einen Vertrag, burch welchen ber Ebro als bie Grenze bes beiberfeitigert Machtgebietes bezeichnet würbe. Nach Hasbrubals Er-morbung 222 gab Hamilkars erst 26jähriger genialer Sohn Hannibal, welchen ber Vater besonbers zu unversöhnlicher Feinbschaft gegen Rom verpflichtet hatte, burch bie Einnahme unb Zerstörung bes mit Rom ver-bünbeten Sagunt (nach 8monatlicher heldenmütiger Verteibigung) ben Anlaß zum Wieberausbruch bes Kampfes mit Rom.
a) Hannibals Angriff unb große Siege 218-216.
1. Nach wohlerwogenen Vorkehrungen in Spanien (Austausch iberischer und libyscher Truppen), wo er seinen Bruder Hasdrubal mit genügenden Streitkräften zurückließ, überschritt Hannibal Anfang Juni 218 ben Ebro mit einem Heere von über 100,000 M. Die Unterwerfung des Landes bis an die Pyrenäen kostete Monate und mehr als 20,000 M., und die Behauptung desselben erforderte 10,000 M., die er unter seinem Bruder Hasdrubal hier zurückließ. Nur noch mit 50,000 M. z. F. und 9000 Reitern stieg er über die Pyrenäen, während man in Rom noch immer an dem ursprünglichen Kriegsplan festhielt, Karthago in Spanien und über Sicilien in Afrika anzugreifen.
2. Als P. Cornelius Seipio, durch den Aufstand der Bojer und Jnsubrer aufgehalten, in Mafsilia anlangte, war Hannibal im Begriff über die Rhone zu gehen, ohne daß er ihn daran hindern konnte. Den im Angesicht drohen-
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der gallischer Völkerschaften glücklich bewerkstelligten Übergang konnte der Sieg nicht aufwiegen, welchen die römische Reiterei noch am Flusse in einem Gefecht über die punische davontrug. Während Scipio den größten Teil seines Heeres unter seinem Bruder Gnäus nach Spanien sandte und selbst nach Oberitalien eilte, um den Oberbefehl über die dortigen Truppen zu übernehmen, gelangte Hannibal anfangs November nach 15 tägigem gefahr- und verlustreichem Marsche (Angriffe feindseliger Bergvölker) über den kleinen St. Bernhard mit nur noch 20,000 M. 5. F., 6000 Reitern und 20 Elefanten in die Ebene Oberitaliens.
3. Hannibals Siege über den Konsul P. Scipio und seine Reiterei am Ti ein ns (Lebensrettuug des Scipio durch seinen Sohn) und über das andere aus ©teilten zurückberufene Konsularheer des allzu zuversichtlichen Sempronius nach seiner Vereinigung mit jenem an der Trebia Ende Dezember 218 sicherten ihm den Anschluß der oberitalischen Keltenstämme und damit eine vortreffliche Operationsbasis (Entlassung der italischen Gefangenen).
4. Zur Deckung der Hauptzugänge nach der eigentlichen italischen Halbinsel standen zwei neue konsularische Heere, das eine unter dem tüchtigen Servilius bei Ariminum an der adriatischen Küste (zugleich gegen die Gallier), das andere bei dem etrnrischen Aretium. Den Oberbefehl des letzteren übernahm mit Umgehung aller religiösen Formen und unbekümmert um die Gesandtschaft des hierüber empörten Senates C. Fla-minius. Hannibal jedoch umging diese Stellungen der Römer und brach, durch gallische Hilfsvölker verstärkt, über den westlichen Apennin nach einem entsetzlichen Marsche durch die überschwemmten Niederungen des Arnus (Verlust eines Auges) in Etrurien ein. Indem er das Land weit und breit verheeren ließ und selbst seinen Marsch südwärts gegen das ungedeckte Rom fortsetzte, verlockte er den unbesonnenen Flaminius zur überstürzten Verfolgung bis zum Trasimenischen See, wo dieser im April 217 überfallen und mit seinem ganzen Heere vernichtet wurde (Eindruck der Niederlage in Rom).
5. Rom wurde jetzt in Verteidigungszustand gesetzt und durch die Wahl der Komitien Qu. Fabius Maximus, ein Mann altrömischer Art und eifriger, aber besonnener Vertreter der Senatspolitik, aus Grund einer Verständigung der Nobilität mit der Volkspartei zum Diktator ernannt. Doch Hannibal wandte sich nicht gegen die Hauptstadt, sondern der adriatischen
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Küste zu, um die Möglichkeit einer Verbindung mit Karthago zu gewinnen und sein geschwächtes Heer wieder zu kräftigen (Einführung der römischen Bewaffnung und Kampfesweise bei den afrikanischen Fußtruppen). In der Hoffnung freilich, die römische Bundesgenossenschaft für sich zu gewinnen, täuschte er sich. Von dem immer in kluger Defensive sich haltenden Fa-bius Maximus „Cunetator" („der Schild Roms") gefolgt, zog er unter beständigen Verwüstungen an der Küste entlang nach Apulien (Einbruch durch Samnium nach Campanien.
List auf dem Rückmarsch: Durchbruch bei Casilinum).
6. Unzufrieden mit der unthätigen Kriegführung des Diktators, erhob sich jetzt aufs neue die Opposition der durch die punischen Raubzüge am schwersten getroffenen bäuerlichen Plebs. Die Komitien wählten den ruhmredigen plebejischen Reiteroberst Minucius Rufus zum 2. Diktator; doch trat derselbe, als er nur durch Fabius vor einer vollständigen Niederlage bewahrt worden war, wieder zurück. Allein für das Jahr 216 wurden, nicht ohne erneute heftige Parteikämpfe, von der Volkspartei der kriegseifrige Emporkömmling C. Te-rentius Varro, von der Nobilität der kriegstüchtige und besonnene L. Ämilins Paullus, ein Patricier aus altem Hause und Gesinnungsgenosse des Fabius, zu Konsuln gewählt. In seinem Ungestüm suchte jener an der Spitze eines Heeres von 80,000 Mann Fußvolk und 6000 Reitern die in Rom geforderte Entscheidungsschlacht bei dem apulischen Städtchen Cannä am Ausidus in einer Stellung, welche für
die numidische Reiterei geeigneter war, als für das römische 216 Fußvolk: sie endete mit einer vernichtenden Niederlage beider Konsuln. Ämilius fiel, während sich Varro mit den Resten des geschlagenen Heeres wieder vereinigte.
7. Im Unglück fand der römische Staat unter der sicheren Haltung des Senats (Fabius), welcher jetzt durch einen Diktator nicht nur aus den gewesenen Magistraten, sondern auch aus im Kriege ausgezeichneten Bürgern ergänzt wurde, mit dem Ende des inneren Haders (Empfang des Varro) feine innere Festigkeit wieder. In dem Augenblick, wo der siebente Teil der Gesamtzahl kampsfähiger italischer Männer verloren war, wurden die Anerbietungen Hannibals (Loskauf der römischen Gefangenen), der statt gegen das wohlbefestigte Rom nach Capua vorrückte, abgewiesen, die der eannensischen Niederlage entronnenen Soldaten zu zwei neuen Legionen formiert und zu schimpflichem und unbesoldetem Kriegsdienste in Sicilien verurteilt, die
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Heerführung an bewährte Männer der Nobilität mit möglichst verlängertem Kommando übertragen. Nach außergewöhnlichen Rüstungen (Aushebung von Knaben und Greisen, Verbrechern und Sklaven) konnte der plebejische Prätor M. Claudius Marcellus, der Held des letzten großen Gallierkrieges, mit 25,000 M. ins Feld rücken.
b) Die Zeit des schwankenden Glücks 216—207: Der italisch-sieilisch-macedonisch-spanische Krieg.
1. Erst jetzt (Sendung Magos: Ringe) bekannte sich Karthago rückhaltlos zu Hannibals Politik und Kriegführung, und schon hatte auch der Abfall der römischen Bundesgenossen begonnen. Dem Beispiele Capuas folgten die Bruttier, ein großer Teil der Lucaner und fast ganz Samninm, wie auch einige wichtige Städte Apuliens, während die griechischen und latinischen Städte auch jetzt Rom ihre Treue bewahrten. Der junge König Philipp V. von Maeedonien ließ sich 215 durch die Hoffnung auf die adriatischen Küstenplätze und gleichzeitig der 15 jährige Nachfolger Hierons in Syrakus, dessen Eukel Hiero nymus, durch die ihm in Aussicht gestellte Abtretung ganz Sieiliens zu einem Bündnis mit Hannibal gewinnen. So stand dieser 215 an der Spitze einer gewaltigen Koalition sämtlicher Gegner Roms.
2. Indessen abgeschwächt wurde die Gefahr für Rom dadurch, daß der karthagische Senat Hannibal am Ende doch wieder im Stich ließ, um vor allem das durch die Fortschritte der Seipionen (Cajus und seit 217 auch Publius) bedrohte Spanien zu retten und dadurch, daß die Erfolge Hannibals (auch ohne die angeblich erschlaffende Wirkung der Capuani-schen Winterquartiere 216/5 auf seine Truppen) ihren Höhepunkt erreicht hatten. Um zu verhindern, daß er von außen Verstärkungen heranziehe, mußte Rom den Krieg nicht allein in Spanien, sondern auch aus Sicilien und in Griechenland angrisssweise führen, während es sich in Italien, gestützt auf seine zahlreichen Festungskolonien und die treugebliebenen Bundesgenossen, in den nächsten Jahren aus eine hartnäckige und für Hannibal immer gefährlichere Verteidigung beschränken konnte. Durch die Behauptung No las den wiederholten Angriffen Hannibals gegenüber brachte M. Claudius Marcellus, bis zum Jahre 208 fünfmal Konsul und fortan die Seele der neuen Kriegführung („das Schwert Roms"), den Krieg in Italien zum Stehen.
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3. Dagegen hatte auf ©teilten in Syrakus nach der Ermordung des jungen Hieronymus die demokratisch-karthagische Partei im Bunde mit den von den Sendlingen Hannibals geführten Mietsvölkern die römisch gesinnte Aristokratie überwältigt, im Süden ein karthagisches Heer das wichtige Agrigent gewonnen nnd überall den Aufstand gegen die römische Herrschaft auf der Insel ermuntert. Allein MareelIns nahm Syrakus nach zweijähriger Belagerung (214 — 212) stück- 212 weise trotz der genialen Verteidigung des Mathematikers und Kriegsbaumeisters Archimedes und trotz wiederholter Hilfesendungen ans Karthago (Plünderung der Stadt und Ermordung des Archimedes). Nach und nach fielen auch die übrigen Städte in die Hände der Römer, am Ende durch Verrat auch Agrigent. Syrakus wurde die Hauptstadt der nunmehr die ganze Insel umfassenden römischen Provinz.
4. Am wenigsten hatte Hannibal von dem maeedo-nischen König Philipp V. zu erwarten, welcher den Sieg der Punier ebenso sehr fürchtete wie den der Römer. Nachdem er Jahre lang unthätig geblieben war, wurde er seit 211, selbst nur mit den Achäern verbündet, durch die Kämpfe mit den von den Römern gegen ihn aufgewiegelten Griechen, dem König Attalus von Pergamum und illyrisch-thracischen Völkern, sowie durch geringe römische Streitkräfte in Griechenland festgehalten. Die griechische Welt wurde abermals der Schauplatz eines unaufhörlichen Kleinkrieges, welcher dem Sieger in dem großen italischen Weltkampfe die Wege für die künftige Beherrschung des Ostens bahnte.
5. Da brachte der Fall Tarents 212, sowie die Nie- 212 derlage der im Vertrauen auf zahlreiche keltiberische Söldner getrennt operierenden Scipionen in Spanien gegen Has-drubal 211 Roms Sache wiederum in ernste Gefahr. Allein 211 die Belagerung von Capna, welche selbst durch den kühnen Marsch Hannibals bis 1 Meile vor Rom (Aniobrücke bei Tibur
— Hannibal ante portas!) nicht unterbrochen worden war, führte doch endlich 211 zur Übergabe der wichtigen Stadt (grau- 211 sames Strafgericht). Mit der Einnahme von Syrakus und Capua aber schien für Rom die größte Gefahr vorüber, zumal da es 209 auch noch dem alten Fabins gelang, Tarent 209 wiederzugewinnen. Die Siege Hannibals in Unteritalien (Überfall und Tod des Marcellus bei Venusia 208) wurden ausgewogen durch die glänzenden Erfolge des ritterlichen P. Cornelius Scipio, des Sohnes des gefallenen Publius, der
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von Volk und Senat trotz seiner Jugend mit dem Oberbefehl in Spanien und prokonsularischer Gewalt betraut, 209 den großen Waffenplatz der Punier Neukarthago eroberte und darauf Hasdrubal bei Bäkula (am oberen Bätis) besiegte. Freilich hatte er es unterlassen, dem Besiegten den längst geplanten Marsch nach Italien zu wehren.
6. In Rom wurden unter dem Drucke der äußersten Gefahr mit Ausbietung aller Kräfte nochmals 23 Legionen ms Feld geschickt und die Leitung des Krieges den neuen Kon-sulu, dem tapferen C. Claudius Nero und dem bisher mit diesem verfeindeten, aber nun versöhnten M. Livins (Sali-nator), übertragen. Während Nero sich südwärts gegen Han-nibal wandte, der aber doch bis nach Canusium vordrang, war Hasdrubal, durch iberische und keltische Werbungen und den Anschluß der Ligurer verstärkt, ungehindert durch das römische Nordheer des Livius, auf dem Wege sich über Ariminnm in Umbrien mit seinem Bruder zu gemeinsamem Vordringen gegen Rom zu vereinigen. Da eilte Nero, durch die aufgefangenen Boten Hasdrubals von dessen Absicht unterrichtet, heimlich von Canusium mit seinen Kerntruppen seinem Kollegen längs der adriatischen Küste nach Sena Galliea zu Hilfe. Beim Übergang über den Metanrus wurde Hasdrubal von beiden Konsuln zur Schlacht gezwungen und mit
207 seinem Heere vernichtet 207 (Haupt Hasdrubals). Italien war gerettet.
c) Die Entscheidnng: der afrikanische Krieg 207—201.
1. Hannibal zog sich verzweifelt nach Bruttium zurück. Scipios Absicht war es, nach der völligen Vertreibung der Karthager aus Spanien den Krieg nach Afrika zu tragen und damit Italien von Hannibal zu befreien. Einmütig wurde er vom Volke für das Jahr 205 zum Konsul gewählt, vom Senate aber erst nach heftigen Streitigkeiten (der alte Fa-bius) mit der Provinz Sicilien betraut und für eine etwaige Expedition nach Afrika auf eigene Rüstungen in Sicilien verwiesen.
204 2. Im Spätsommer 204 landete S c ipio mit mäßigen
Streitkräften am „schönen" Vorgebirge (j. Cap Farinas) auf der Westseite des Golfs von Karthago, nicht fern von Utica. Nach anfänglich geringen Erfolgen (Belagerung von Utica aufgegeben , Winterquartiere auf einer benachbarten Landzunge) schlug er im folgenden Jahre die Karthager und ihren Ver-
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kündeten, ben westnumidischen Häuptling Syphax (Sophonisbe).
Aber durch die Ankunft des aus Italien zurückberufenen Han-nibal aufs neue ermutigt, erhob sich in Karthago noch einmal die Kriegspartei zum Entscheidungskampfe auf afrikanischem Boden (Bruch des Waffenstillstandes). Von Hadrumetum aus rückte Hannibal dem von Masinisfas von Ostnnmidien Reitergeschwadern kräftig unterstützten Scipio entgegen. Nach einer erfolglosen Unterredung der beiden Feldherren kam es bei Zama,
5 Tagemärsche südwestlich von Karthago, 202 zur Schlacht: 202 Scipio siegte durch die zweckmäßige Aufstellung seines Fußvolks, die Tapferkeit der Cannensischen Straflegionen und durch das wirksame Eingreifen der Reiterei des Masiniffa und Lälius.
3. Jetzt riet Hannibal selbst in Karthago zur Annahme der nun viel härteren Friedensbedingnng en: Beschränkung Karthagos auf sein afrikanisches Gebiet, Auslieferung der Kriegsschiffe bis auf 10 und aller Elefanten, jährliche Zahlung von 200 Talenten auf 50 Jahre = 51 Mill. M., Verpflichtung, keinen Krieg in Afrika und außerhalb desselben nur mit Genehmigung der Römer zu führen, Befriedigung der Ansprüche Masinissas auf das dem Syphax abgenommene Land (Verbrennung der 500 ausgelieferten Schiffe; Scipios glänzender Triumph: „Africanus"). Die Handelsmacht des karthagischen Staates und auch seine politische Bedeutung waren für immer gebrochen, zugleich die Unabhängigkeit der mit ihm verbündeten iberischen, keltischen und italischen Völkerschaften dauernd vernichtet, Roms Herrschaft im westlichen Becken des Mittelmeeres begründet.
5. Die Aokgen des Krieges für Uom und Itatien.
1. In dem langwierigen und grausam geführten Kriege halle die italische Bevölkerung an Zahl und Wohlstand die schwerste Einbuße erlitten, Unteritalien insbesondere lag weithin verödet, und die Kraft der südlichen sabellischeu Völker ist damals, nicht zum wenigsten durch die erbarmungslos strafende Härte des römischen Senates gegen die abgefallenen Städte (z. B. Capua, die Bruttier), für immer gebrochen worden.
2. Während sich für den emporkommenden Kapitalistenstand Roms nach Überwindung Karthagos und nach der Vernichtung von Capua und Syrakus immer glänzendere Aussichten eröffneten, steigerte sich die Not des erschöpften bäuerlichen Mittelstandes, je mehr sich die Erwerbslust jenes nicht nur auf den Handel, sondern mit Vorliebe auf den Großbetrieb der Land- und Viehwirtschaft (Sklavenwirtschaft) zu werfen begann und je mehr die kurzsichtige Nobili tät ihren Einfluß dazu mißbrauchte, die einträgliche Provineialverwaltnng und die auswärtige Politik lediglich zu ihrem und ihres Anhanges Vorteil auszubeuten. Alle Maßregeln zur Herstellung und Erhaltung des Kernes der römischen Bürger-
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schaft (auch die Anlage von Bürger- nnd latinischen Kolonien in Campanien, Lncanicn und Brnttimn, Ackeranweisungen auf dem neuen ausgedehnten Staatsgut Samniums und Apuliens an die Veteranen) mußten sich auf die Dauer als unzulänglich erweisen.
3. Unter den Folgen des 17 jährigen Krieges trat die Scheidung des Gesamtvolkes in Reiche und Arme und damit auch der Gegensatz zwischen der regierenden Nobilität und dem regierten Volk e immer mehr her-
, vor. Die Bekleidung der Ämter war gerade während dieses Krieges mehr als je zum fast ausschließlichen Vorrecht der Nobilität geworden, und dieselbe suchte grundsätzlich nicht bloß den niedrig geborenen homines novi, sondern auch den Emporkömmlingen aus dem Stande der Höchstbesteuerten (Ritterstand) ihre Reihen zu verschließen. Der so sich vorbereitenden Entwickelung der Republik zu einer engherzigen Oligarchie kam es zu statten, daß der Senat unter der Macht der Verhältnisse wie kraft eigenen Verdienstes eine thatsächlich souveräne Stellung erlangte.
4. Verhängnisvoll mußte es auch werden, daß die Römer trotz der ausdauernden Treue und opferwilligen Hingebung der Latiner und der meisten italischen Bundesgenossen es auch jetzt versäumten, der für eine Weltpolitik zu engen Stadtverfassung durch Verleihung des Bürgerrechts wenigstens an die Latiner oder doch durch Aufnahme vornehmer Latiner in den Senat eine breitere nationale Grundlage zu schaffen; sie fuhren vielmehr fort, Latiner und italische Bundesgenoffen bei den Leistungen für die neuen Kriege, welche Roms nunmehrige Weltstellung demnächst nötig machte, unverhältnismäßig mehr als die römischen Bürger zu belasten, ohne ihnen dann gleichen Anteil am Gewinne zu gönnen.
2. Die Crwerbung der Vorherrschaft über die östlichen (hellenistischen) Mittelmeerländer und die Befestigung der ^Oligarchie 200 — 170.
Die hellenistischen Reiche des Ostens.
1. Die drei diadochischen Großstaaten des Ostens, Syrien, Ägypten und Macedonien, waren außer stände, sich von der Gemeinschaft ihres Ursprungs loszureißen und deshalb auch nach dem Einbruch der Kelten in unaufhörlichen Kämpfen untereinander begriffen. Nach dem Tode des mächtigen Königs Ptolemäns Euergetes von Ägypten 221 war das Schwergewicht der hellenistischen Macht durch den thatkräftigen ©eleuciben Ant iochus III. b. Gr. nach Syrien verlegt worben. Mit ihm Hatte sich ber von gleichem bynastischen Ehrgeiz erfüllte Antigonibe Philipp V. von Macedonien, welcher für die Mißerfolge des Römerkrieges nach einem Ersatz im Osten suchte, zu einem gemeinsamen und nicht erfolglosen Angriff auf die auswärtigen Besitzungen des minderjährigen Lagiden P t o-lemäus V. Epip hanes in Kleinasien und an ber syrischen Küste verbunben unb baburch wie burch seine grausame Kriegführung zunächst bie Gegner-fchaft ber hierburch ebenfalls bebrohten hanbelsmächtigen Rhobier (Fall von Abybus, ber Pforte zum Schwarzen Meer) und des Königs Attalus v. Pergamitm wachgerufen.
2. In ben Streit bcr hellenistischen Mächte untereinanber würben bie Römer nicht nur burch ihre Verbindung mit Ägypten (Getreibeliesernngen) unb mit bem ägyptischen Hofe (Vormnnbschaft über den König) verflochten
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sondern auch durch die scheinbar beseitigte, aber immer wieder hervorbrechende Feindseligkeit des Macedonierkönigs (dessen Absichten auf die römischen Stellungen am adriatischen Meere). Dazu kamen die mannigfachen, in jüngster Zeit noch inniger geknüpften Verbindungen Roms mit der griechischen Welt auch des Ostens, in welcher eben jetzt der alte Widerwille gegen die macedonische Gewaltherrschaft (Demetrias, Chalkis, Akrokoriuth: die 3 Feffeln Griechenlands) sich mächtiger zn regen begann.
1. Der zweite macedonische Krieg 200—197.
1. Anlaß zu unmittelbarem Einschreiten gegen Philipp bot den Römern das befreundete Athen, welches ihre Hilfe in einem Streite mit den von Philipp unterstützten Akarnanen anrief. Der herausfordernden Antwort des Königs auf die drohende römische Botschaft folgte trotz der Abneigung der ruhebedürftigen römischen Bürgerschaft gegen neue kriegerische Verwickelungen die Kriegserklärung des Senates.
2. Der Krieg wurde anfänglich, obwohl sich Antiochus d. Gr. durch Überlassung Syriens zur Unthätigfeit bestimmen ließ, infolge der Erschöpfung des römischen Staates mit unzureichenden Streitkräften und mit geringem Erfolge geführt, bis der Konsul T. Quiuctius Flamininus den Oberbefehl übernahm, ein Mann von zielbewußter Thatkraft, welcher kriegs-männische Wissenschaft und Übung mit diplomatischer Gewandtheit, römische Gesinnung mit griechischer Bildung verband. Unterstützt durch die Ätoler und endlich auch durch die Achäer, beendigte er den Krieg nach wiederholten vergeblichen Unterhandlungen mit dem König 197 durch den Sieg bei Kynos- 197 keph alä (einer Hügelreihe nördlich von Skotussa in Thessalien).
3. In dem nun folgenden Frieden mußte Philipp auf seine außerrnacedouischen Besitzungen verzichten, sein Heer auf 5000 Mann, bie Kriegsflotte auf 5 Schiffe herabmindern, 1000 Tal. zahlen und sich verpflichten, kein Bündnis zu schließen oder Krieg zu führen ohne Genehmigung Roms. Makedoniens Stellung als Großmacht war gebrochen.
4. Die griechischen Staaten erklärte Flamininus
auf den isthmischen Spielen 196 unter dem Jubel der ver- 196 sammelten Volksmenge für frei (Gegengewicht gegen Makedonien). Aber in Wahrheit hatte Griechenland die Abhängigkeit von Makedonien mit der von Rom vertauscht. Vorerst hatten es die Griechen den erneuten Kämpfen der Römer mit den cisalpinischen Galliern1) und in Spanien zu danken, daß
*) Erst jetzt wurde die Eroberung der Poebene unter heftigen Kämpfen vollendet. Die Boier mußten 191 nahezu die Hälfte ihrer Feldmark abtreten (via Aemilia als Fortsetzung der via Flaminia von Ari-
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diese trotz des drohenden Vorgehens des Antiochus im Osten uach dem Wunsche des Flamininus die griechischen Festungen Akrokorinth, Chalkis und Demetrias wieder räumten (3 tägiger Triumph des Flamininus: griechische Kunstwerke).
2. Der syrisch-älotische Krieg 192—190
1. Erst nach Unterwerfung der cisalpinischen Gallier sonnte Rom seine Aufmerksamkeit wieder nach Osten wenden. Hier hatte Antiochus d. Gr. die früher vou Philipp eingenommenen (ehemals ägyptischen) Laudschasten Kleinasiens, namentlich den griechischen Küstensaum, trotz des Einspruches der Rhodier besetzt, ja sogar, unbekümmert um die Römer, durch die Wegnahme von Lysimachia diesseits des Hellespoutes in Thracien Fuß gefaßt. Auch hatte er Hannibal ehrenvoll in Ephesus aufgenommen, welcher nach der Reorganisation der Verfafsnng feiner Vaterstadt den Anfeindungen seiner aristokratischen Widersacher und der von den argwöhnischen Römern geforderten Auslieferung sich durch die Flucht entzogen hatte.
2. Bereits hatten die mit der römischen Schntzherrschaft unzufriedenen Ätoler in Erwartung der syrischen Hilfe sich gegen die von Flamininus festgesetzte Ordnung erhoben. Indem er die großartigen Pläne Hannibals aufgab, welcher den Krieg mit Hilfe aller römerfeindlichen Elemente im Westen zu erneuern gedachte, setzte Antiochus, der Einladung der Ätoler folgend (Oberfeldherr des ätolischen Bundes), 192 mit geringen Streitkräften nach Griechenland über. Doch da Philipp von Mace-donien, Achaia (Philopörnen), Athen, Eumenes von Pergamum, Rhodus am römischen Bündnis festhielten, so fand er nur die Unterstützung der ©leer und nach der Eroberung von Chalkis der Böotier.
3. Erst nach längeren Verhandlungen mit Antiochus und den griechischen Staaten (Sendung des Flaminiuus) erklärten die Römer den Krieg. Mit überlegener, jetzt auch durch Philipp von Macedonien verstärkter Kriegsmacht stürmte der Konsul M'. Acilius Glabrio 191 die verschanzten Thermopylen (Überrumpelung der Ätoler auf dem Kallidromns durch den Konsulat und Militärtribun M. Porcius Cato) und vertrieb Antiochus aus Europa, der, nun auch namentlich mit Hilfe
tninum über die latinische Kolonie Bononia nach Placentia, Bürgerkolonien Mutina und Parma). Die Ins ubrer und Cenoman en nördlich vom Po wurden nach und nach durch Einwanderung latinisiert. Den nordöstlichen Eingang Italiens von Jllyrien her deckte die Kolonie Aquileja.
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der Rhodier zur See besiegt, durch die Räumung von Lysi-machia den Hellespont preisgab.
4. Ungehindert ging das römische Heer unter dem neuen Konsul L. Cornelius Scipio, thatsächlich jedoch unter der Leitung seines großen Bruders Publius, nach Vereinigung mit den Truppen Glabrios über den Hellespont und schlug in Abwesenheit seines erkrankten Bruders die mit orientalischen Rüstungen (Elefanten, Kamelreiter, Sichelwagen) vereinigte ma-cedonische Phalanx der Syrer 190 trotz ihrer mehr als doppel- 190 ten Übermacht entscheidend in der Ebene des Hermus bei Magnesia am Sipylus (L. Cornelius Scipio Asiaticus).
5. Den Frieden mußte Antiochus jetzt mit der Abtretung ganz Kleinasiens bis zum Taurus und Ha-lys, Zahlung von 15,000 Tal. (über 75 Mill. M.), Auslieferung der Kriegsschiffe bis auf 10 und dem Verzicht auf jede Einmischung in die Angelegenheiten des Westens erkaufen.
Die dem König entrissenen Landschaften erhielten die römischen Verbündeten Rhodus und Eumeues von Pergamum. Die griechischen Städte Kleinasiens wurden für frei erklärt, d. h. thatsächlich der römischen Schutzherrschaft unterstellt.
6. Den Krieg gegen die Ätoler, die allein von den Griechen den Kampf noch fortsetzten, führte der Konsul M. Fulvius Nobilior durch die Einnahme von Ambracia zu Ende.
Die Ätoler mußten Roms Oberhoheit anerkennen; die Rom treu gebliebenen Achäer dagegen dehnten ihre Macht über den ganzen Peloponnes ans, ohne freilich der auch ihnen fühlbaren römischen Bevormundung sich entziehen zu können. Die römische Schutzherrschaft umfpaunte das ganze Mittelmeer, und schon galt der römische Senat als das oberste Tribunal für die Angelegenheiten der Welt.
3. Die Befestigung der Hkigarchie der Mobilität im Wunde mit dem Mtterstande.
1. Der thatsächliche Leiter dieser maßvollen Politik einer nur mittelbaren Beherrschung von Klientelstaatcn, P. Cornelius Scipio, welcher in der einflußreichen Stellung eines princeps senatus im Senate eine geradezu königliche Gewalt ausübte, starb 183 (auch Hannibal am Hofe des Königs Prusias von Bithynien) fern von Rom auf seinem kampanischen Landgut Liternum, erbittert durch die Anfeindungen der altrömischen Volkspartei (Prozesse der Seipionen) und ihres Führers M. Porcins Cato „Censorins" (s. u.). Nach seinem Tode wurde das oligarchische Regiment der Nobilität aufs neue schon durch die lex Villia annalis vom Jahre 180 befestigt, zugleich dadurch der Mittelmäßigkeit, ja Unfähigkeit in der Nobilität die politische Laufbahn gesichert. Das war um so gefährlicher,
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als die Nobilität durch Aufnahme frischer Kräfte aus dem ohnehin in sittlicher Verderbnis mit ihr wetteifernden Volke sich nicht verjüngen konnte und wollte (Bacchanalien 186, Censur des Cato 184; Strafgesetze gegen Luxus und 1. lex de ambitu 181).
2. Insbesondere verhängnisvoll aber wurde die Herrschaft der Nobilität durch den engen Anschluß des im Zusammenhange mit dem eigentümlichen Systeme der indirekten römischen Staatsverwaltung neugebildeten Ritter st andes (ordo equester). Die Staatspächter (publicani) bildeten eine Geldaristokratie, welcher der Senat nur ungern entgegentrat, zumal da auch die herrschenden Häuser mit Umgehung der lex Claudia (S. 48) durch ihre Freigelassenen an den großen gewinnbringenden Handelsgesellschaften dieser „Ritter" mit ihren Kapitalien sich Beteiligten. Da nun bei der großen Frage der auswärtigen Politik, ob das bisherige unabhängige Staatensystem unter römischer Schutzherrschaft oder die Provineialverfafsung erweitert werden sollte, der Ritterstand in erster Linie mit seinem Interesse und natürlich im Sinne der letzteren beteiligt war und mit diesem immermehr dasjenige der herrschenden Senatspartei sich verband, so gewannen die Ritter durch den Senat auf die fortschreitende Eroberungspolitik einen verhängnisvollen Eiusluß. Dabei geriet die Volkssouveränität immer mehr in die Hände des seit dem Wegfall der Kriegssteuer (nach dem 3. mace-donischeu Kriege) auch hierfür leicht zu gewinnenden hauptstädtischen Pöbels, der sich durch deu Hinzutritt von gewinnsüchtigen Freigelassenen (libertini) und ebenso bedürftigen, als vergnügungssüchtigen Proletariern (panem et circenses) fortwährend vermehrte.
3. Die Vollendung der römischen Herrschaft über die Mittelmeerländer des Ostens und des Westens
171-133.
1. Der Sturz des macedonischen Königtums (3. macedon. Krieg) 171—168.
1. Seit der letzten Ordnung der östlichen Verhältnisse bestand ein scharfer Gegensatz zwischen P erg am um und Mace-donieu, dessen König durch die Römer und ihre Schützlinge vielfach gereizt und am Ende um fast alle Früchte seiner Anstrengungen irrt Dienste jener gebracht worden war. Als Philipp \T. 179 starb, setzte sein gleich gesinnter Sohn Perseus die Rüstungen seines Vaters fort und wurde bald der Mittelpunkt aller römerfeindlichen Bestrebungen im Osten. Derartigen Vorbereitungen kamen aus der anderen Seite die Ränke des Königs Eumenes von Pergamum, welcher den wachsenden Einfluß Maeedoniens im Osten fürchtete, und die Kriegslust der jetzigen eroberungslustigen Stimmführer im römischen Senate entgegen. Der Bericht, welchen Eumenes persönlich dem Senat über die Lage der Dinge im Osten erstattete, führte die Kriegserklärung der Römer herbei (171).
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2. Allein Perseus zeigte sich von Anfang an der übernommenen Aufgabe nicht gewachsen. Statt die Vorteile, welche ihm der Augenblick der römischen Übermacht gegenüber bot, rasch entschlossen zu energischem Vorgehen zu benützen, ließ er sich jetzt wie später thatenlos durch die römische Staatskunst überlisten und isolieren, obwohl die römische Kriegführung unter drei Feldherren ans der entarteten Nobilität lange nicht dem alten Ruhm ihrer Waffen entsprach und überdies durch allerlei Ausschreitungen der zügellosen Truppen sich selbst die Bundesgenossen entfremdete.
3. Endlich erhob man sich in Rom gegen die Mißwirtschaft der herrschenden Senatspartei und übertrug den Oberbefehl über das verstärkte und zunächst neu zu disciplinierende Heer dem Konsul L. Ämilius Paullus, dem griechisch gebildeten, aber dabei römisch einfachen Sohne des bei Canna gefallenen. Dieser beendete den Krieg durch eine vollkommene Niederlage, die er der noch immer furchtbaren Phalanx des Perseus bei Pydna
im südlichen Macedonien 168 bereitete. Perseus floh mit 168 feinen thörichterweise gesparten Schätzen, mußte sich aber bald den Römern ergeben und wurde dann in dem glänzenden Triumph des Ämilius Paullus aufgeführt (f in röm. Gefangenschaft zu Alba am Fucinersee).
4. Das nunmehr „freie", aber entwaffnete und fortan tributpflichtige Macedonien wurde in 4 untereinander völlig getrennte Republiken (sine conubio et commercio), ebenso . Jllyrien in drei ebensolche zerlegt, die 70 Orte der abgefallenen Epiroten wurden der Plünderung übergeben und diese selbst (150,000) als Sklaven verkauft, die Rhodier für ihre zweideutige Haltung im Kriege mit dem Verluste ihrer festländischen Besitzungen und durch Errichtung eines Freihafens
in Delos (zu Gunsten der römischen Kaufleute) gestraft, zahlreiche Griechen mit Hilfe eines wilden SDemmciantentums und insbesondere 1000 der angesehensten Achäer (darunter Poly-bius) als Geiseln nach Italien geschleppt. Mit dem Untergange des macedonischen Königtums war Roms Weltherrschaft unbestritten begründet.
2. Die Einverleibung Makedoniens und Griechenlands 146.
1. Schon i. I. 149 erhoben sich die zum Bauerntum herabgedrückten Macedonier der 4 Freistaaten unter einem kühnen Abenteurer, der sich als den Sohn des Perseus ausgab (Andriscus---„Pseudophilippus"), zu einem verzweifelten
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Ausstande, den die Römer 147 nicht ohne Mühe durch den Prätor Qu. Cäcilius Metellus (Macedonicus) unter» 146 drückten. Macedonien wurde 146 zur römischen Pro-vinz gemacht, deren Statthalter auch mit der Verwaltung Griechenlands betraut wurde; denn auch dessen Schicksal hatte sich inzwischen erfüllt.
2. Die griechischen Staaten waren unter den gehässigsten Parteistreitigkeiten, der Willkürherrschaft einzelner Machthaber oder einer römisch gesinnten Oligarchie, einer erschreckenden sozialen und sittlichen Zerrüttung verfallen. Den Anstoß zu ihrer Erhebung für den Rest ihrer Selbständigkeit gaben die Streitigkeiten der herabgekommenen Athener mit dem kleinen von ihnen räuberisch überfallenen Oropus (Gesandtschaft der Philosophen nach Rom 155), womit sich die Erneuerung des Kampfes über Spartas Stellung innerhalb des achäifchen Bundes vermocht. Von beiden Seiten um Vermittelung angegangen, entzündete der römische Senat durch den Ausschluß Spartas, Argos', Korinths n. a. Städte aus dem achäifchen Bunde einen wütenden Ausstand unter den elenden achäischen Strategen Kritolaus und Diäus, welche erst 151 mit dem Reste der achäischen Geiseln aus Italien heimgekehrt waren; doch wurde derselbe durch den aus Macedonien heranziehenden Metellus 146 und durch den Konsul L. Mummius 146 mühelos niedergeschlagen (Zerstörung Korinths: Kunstschätze).
3. Per Untergang Karthagos: der 3. punische Krieg
149—146.
1. Inzwischen war Karthago wieder zu einigem Wohlstand gelangt und unter der Herrschaft der seit Hannibals Flucht abermals ans Ruder gelangten römerfreundlichen Oligarchenpartei seinen Verpflichtungen gegen Rom nachgekommen. Trotzdem hatte der ehrgeizige und verschlagene Numidierkönig Masinissa, gedeckt durch seine Freundschaft mit den Römern, sein Reich fortwährend auf Kosten des karthagischen erweitern dürfen, bis die Karthager endlich die Waffen zu ihrer Verteidigung ergreifen mußten. Das galt in Rom als Friedensbruch, und der schon feit Jahren von dem greifen Cato („ceterum censeo“), im Einklänge mit den Wünschen der römischen Kapitalisten, gegen P. Cornelius Scipio Nafica hartnäckig verfochtene Entschluß, die aufs neue aufblühende Handelsstadt zu vernichten, drang im Senate endlich durch.
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2. Während der nur zum Schein fortgesetzten Unterhandlungen mit der demütig entgegenkommenden karthagischen Regierung waren die Konsuln 149 mit dem Heere bereits bei 149 Utica gelandet, das sich ihnen mit seinem wohlgelegenen Hafen Überlieferte. Als nun aber der Befehl erging, bie Stadt Karthago zu zerstören unb sich 2 Meilen vom Meere anzusiebeln, erhob sich bas karthagische Volk zu helbenmütigem Wiverstanbe.
Das römische Heer fanb sich sehr balb einer gewaltig gerüsteten Festung gegenüber, beren Belagerung ihnen burch bie Armee
des Hasbrubal, wie burch bie Haltung bes bereits arg verstimmten Numibierkönigs erheblich erschwert würbe. Zum Glück starb Masinissa 149.
3. Als bie römischen Waffen auch im nächsten Jahre keine Fortschritte machten, würbe ber kaum 37 jährige P. Cornelius S cipio Ämilianus, ber Sohn bes L. Ämilius Paullus unb Aboptivenkel bes großen Africanus, bei seiner Bewerbung um bie Äbilität bes Jahres 147 vom Volke zum Konsul gewählt und mit ber Kriegführung in Afrika betraut.
Nach Wiederherstellung ber Kriegszucht setzte er, begleitet von seinem Freunb Lälius als Legaten unb seinem kriegskunbigen Lehrer Polybius, bie Belagerung Karthagos energisch fort (Schreckensherrschaft Hasbrubals in ber Stabt, Einnahme ber Außenvorstabt unb Sperrung ber Lanbenge unb bes äußeren Hanbelshasens im Südosten burch einen Steindamm) unb nahm bie Stabt enblich im Sturm nach verzweifelter Verteibigung
im Frühling 146 (Hasbrubals unb feiner Familie Schicksal 146 im Asklepiostempel auf ber Byrfa).
4. Das ganze karthagische Gebiet würbe unter bem Namen Afrika römische Provinz mit bem Sitze bes Prätors in Utica, welches nach der erbarmungslosen Zerstörung Karthagos in 17 tägigem Branbe einen Teil des karthagischen Handels erbte und wo sich zahlreiche römische und italische Kaufleute niederließen. Nach der Vernichtung Capuas, der Unterwerfung von Syrakus, der Unterbindung des rho-difchen Hanbels unb der Zerstörung von Korinth und Karthago hatte der römische Kaufmann keinen Mitbewerber mehr (Massilia, bie einzige bebeutenbe Hanbelsstabt im Westen, in enger Verbinbung mit Rom).
4. Die Unterwerfung Spaniens und Lnsitaniens,
Wrovinz Afta 200—133.
1. Die Rückwirkung bes Unterganges von Karthago machte sich vor allem in Spanien bemerkbar. Der von beit Römern
unterworfene Teil des Landes war 197 zu 2 Provinzen His-pania citerior bis zum Jberus und Hispania ulterior am Bätis eingerichtet worden, doch erforderte die Unbotmäßigkeit der unterworfenen Bevölkerung, wie der ritterlich-räuberische Freiheitstrotz der übrigen iberischen und keltiberifchen Stämme eine dauernde Besetzung mit einem starken römischen Heer und fast unaufhörliche harte Kämpfe. Nur mit Mühe war es der mit Gerechtigkeitssinn gepaarten kriegerischen Thatkraft Catos und später des Ti. Semprouius Gracchus gelungen, die Eingeborenen im ganzen bis gegen das Jahr 154 zur Anerkennung der neuen Ordnung der Dinge zu zwingen.
2. Um diese Zeit erhielt der vereinzelte Widerstand einiger keltiberischer Stämme einen Rückhalt durch die Erhebung der noch freien Lufitanier im Südwesten, welche infolge der Treulosigkeit des Prätors Ser v. Sulpicius Galba (151) in einen die ganze Halbinsel umfaffenden erbitterten Freiheitskampf verwandelt wurde. Unter Führung des Vi-riathus, der, Räuber und Hirt von Herkunft, dem Blutbad des Galba entronnen war und vom Bandenführer zum Helden und König feines ganzen Volkes und eines großen Kriegsbundes emporstieg, behaupteten die tapferen Lufitanier in einem der Natur des Landes angepaßten mörderischen Kleinkrieg siegreich ihre Unabhängigkeit gegen die Unfähigkeit der römischen Feldherren und die Zuchtlosigkeit ihrer Heere, bis Viriathus selbst i.,J. 140 auf Anstiften der Römer durch Meuchelmord fiel (Viriathlfcher Krieg 149—139).
3. Unterdessen hatte der auch in der nördlichen Provinz fortdauernde Kampf in Numantia am oberen Durius (Duero) einen neuen Stützpunkt gewonnen. Zehn Jahre lang trotzte die aufs tapferste verteidigte Stadt der römischen Kriegskunst, und erst Scipio Ämilianus, der Eroberer Karthagos, brachte die feste Stadt nach Wiederherstellung der verfallenen Mannszucht (cohors praetoria) durch regelmäßige 15 monatliche Einschließung 133 zur bedingungslosen Ergebung und zerstörte sie vollständig (Nnmantinus). Ganz Spanien bis auf die nördlichen Gebirgslandschaften wurde römische Provinz. Die Landverbindung zwischen Spanien und Italien wurde nach mehrjährigen Kämpfen mit dey dortigen Kelten 120 durch Einrichtung der Provinz Gallia Narbonensis gesichert (Kastell Aquae Sextiae, Kolonie Narbo Martins, Sitz des römischen Statthalters und Ausgangspunkt der römischen Kaufleute für ihren Verkehr nach dem inneren Gallien).
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4. Als sich 133 auch im Osten die Umwandlung der schon lange in Roms Machtbereich befindlichen vorderasiatischen Landschaften durch das Testament des Königs Attalns III. von Perg amnm, welcher Rom zum Erben seines Reiches eingesetzt hatte, in römisches Provincialgebiet (Provinz Asia: das hellesp. Phrygien, Mysien, Lydien, Karien) vollzogen hatte, konnte man in Rom glauben, am Ziele der Kriege und Eroberungen angekommen zu sein.
5. Wrovinciakverwaltung.
1. Die Provinzen wurden, wie Italien, in Unterwürfigkeit erhalten durch die Trennung der einzelnen Gemeinden mittels verschiedener Rechtsstellung zu Rom. Im ganzen zerfielen die Provineialstädte in 3 Hauptklassen:
1. civitates st ip endi ariae, die eigentlichen steuerpflichtigen Pro-vincialstädte, welche ihre Verwaltung zwar durch ihre eigenen Behörden, aber unter der Aufsicht und Verantwortlichkeit der römischen Regierungsbeamten ausübten.
2. civitates liberae, Freistädte mit eigener Verfassung und zwar:
a) civitates foederatae, deren Freiheit auf einem besonderen Vertrag beruhte und derjenigen der italischen Bundesgenossen entsprach (z. B. Massilia, Athen, Rhodus. Tyrus>.
b) civitates sine foedere immunes et liberae, deren rechtliche Stellung einem Gnadenakte des römischen Volkes entsprang und darum widerruflich war. Sie waren ebenfalls steuerfrei und besaßen eigene Gerichtsbarkeit, sowie das Münz- und Exilrecht (z. B, Utica, Chios, Smyrna).
3. Städte römischer Verfassung (Kolonien, Munieipien, Städte latinischen Rechts), welche im Gegensatz zu den italischen Städten gleichen Namens zu allen Provineialsteuern verpflichtet, aber der Aufsicht des Statthalters entzogen waren.
2. An der Spitze der Verwaltung der Provinzen stand als der Vertreter der Regierungsgewalt der Statthalter, der bis 122 stets den Titel und Rang eines Prätors (mit 6 fasces) hatte. Seitdem wurde es üblich, daß sämtliche 6 Prätoren (praetor urbanus und peregrinus, sowie die Vorsitzenden der inzwischen eingerichteten quaestiones perpetuae) erst nach Ablauf ihres Amtsjahres prorogato imperio mit dem Titel pro praetore oder propraetor in ihre Provinzen gingen. Die noch nicht völlig unterworfenen Provinzen dagegen wurden entweder den Konsuln oder außerordentlicher Weise einem besonders dazu erwählten Befehlshaber mit dem Titel pro consule (mit 12 fasces) übertragen. Den Statthalter begleiteten ein Quästor zur Verwaltung der Kasse, ein oder mehrere legati pro praetore znr Stellvertretung oder besonderen Aufträgen, comites und die cohors praetoria, zahlreiche apparitores (außerdem publicani und nego-tiatores).
6. Litteratur und Kunst.
1. Der nüchterne und praktische, ausschließlich durch das politische Leben bestimmte Sinn der Römer ließ die Wertschätzung rein geistiger Bestrebungen erst dann aufkommen, als infolge der innigen Berührung mit
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griechischer Bildung der Wunsch erwachte, der politischen Herrschaft auch den Schmuck einer nationalen Kunst und Litteratur zuzugesellen. Aber auch auf diesen Gebieten blieb der einseitige Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit und mehr sinnlicher Befriedigung vorherrschend, die litterarische und noch mehr die künstlerische Thätigkeit bei dem Mangel eigener schöpferischer Kraft und der mäßigen Bildung des Volkes auf die Nachahmung griechischer Borbilder und aus die Teilnahme vornehmerer Dilettantenkreise beschränkt.
2. Die höhere Dichtung verpflanzte ein Grieche nach Rom, Livius Andronicus, der 272 als Kriegsgefangener von Tarent in das Haus eines Livius Saliuator gekommen war, um später dessen Kinder zu unterrichten, dann aber, von seinem Herrn frei gelassen, seine Thätigkeit als Lehrer der lateinischen und griechischen Sprache auf eigene Hand fortsetzte. Seinen: Unterrichte legte er die von ihm ins Lateinische und zwar in dem nationalen saturnischen Versmaß übersetzte Odyssee Homers zu Gründe. Außerdem trat er bet den neuen seit 240 mit den ludi Romani verbundenen Bühnenspielen als Schauspieldichter (Überarbeitungen griechischer Originale) und Schauspieler auf.
3. Die noch handwerksmäßigen Leistungen des Livius Audronieus übertraf bei weitem dessen Landsmann Cn. Nävins ans Carnpanien (f 202 in Utica:Metcller) sowohl als Begründer der fabula praetexta «„Romulus"; auch zahlreiche Komödien), wie besonders als Schöpfer des ersten nationalen Epos (Bellum Poenicum in Satnrniern). Auf seinen Schultern steht Qu. Ennius (geb. 239), aus betn eampanischen Städtchen Rudiä, welcher später als römischer Bürger im behaglichen Verkehr mit Zunftgenossen und vornehmen Freunden griechischer Bildung (den Seipionen) bis zu seinem Tode (168) eine vielseitige Thätigkeit entfaltete. Durch seine großartig angelegten Annales, eine römische Geschichte in epischer (hexametrischer) Form, wurde er der Schöpfer der römischen Kunstpoesie; zugleich gab er der ausdrucksvollen Römersprache nicht nur ihren vollen Klang wieder, sondern dazu noch einen dichterischen Wortschatz und die Fähigkeit zu weiterer Fortbildung.
4. Die sich fortwährend vermehrende Menge der römischen Festtage gab der dramatischen Dichtung reichliche Anregung (einfache Ausstattung des hölzernen Theaters). Als Komödiendichter brachte T. Mac-cius Plautus (f 184) aus dem umbrischen Landstädtchen Sarfina durch geniale Nachahmung der neueren attischen Komödie im Einklänge mit ben herberen Ansprüchen seines Publikums bie fabula palliata zu typischer Vollenbung (20 Stücke erhalten). Im engeren Anschluß an seine griechischen Originale suchte P. Terentius Afer (f 159), ein geborener Libyer aus bem phönieischen Afrika, ber burch bie Geschmeibigfeit seines Wesens und seine (im Hanse eines römischen Senators erlangte) feine Bildung zu den besten Kreisen der jüngeren Nobilität Zugang gewonnen hatte, auch der attischen Feinheit und Grazie näher zu kommen (6 Stücke erhalten).
5. Inzwischen hatte auch die Tragödie ihre ausschließlichen Vertreter gefunden. M. Pacuvius (219-130) aus der römischen Kolonie Brunbistum, ber Schwestersohn und Schüler des Ennius, betrat sowohl in ber Auswahl ber Stosse, wie in ihrer Behanblung neue Bahnen (vorwiegenb in ber Richtung bes Euripibes). Den Höhepunkt ber tragischen Dichtung aber bezeichnet ber jüngere L. Accius (170—103), zugleich ber fruchtbarste ber römischen Tragiker.
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6. Weit mehr Fähigkeit und Neigung zeigten die Römer naturgemäß für die Prosa, insbesondere für die Geschichtschreibung, Beredsamkeit und Rechtswissenschaft. Aus den chronistischen Aufzeichnungen des Pontifex Maximus (annales maximi) erwuchs unter dem Einfluß der pn-nischen Kriege die Annalistik des erlauchten Qu. Fabius Pictor und feiner ebenfalls griechisch schreibenden Nachfolger. Lateinisch führte zuerst M. Porcius Cato, der letzte Verfechter des unvermischten altitalischrömischen Wesens, in seinen Origines die Geschichte des italischen Nationalstaates bis zu feiner eigenen Zeit herab. Derselbe schrieb auch, nachdem schon früher Appius Claudius Cäcus ein Werk der Beredsamkeit herausgegeben hatte (s. Senatsrede gegen die Anträge des Cineas 280), gerichtliche und politische Reden. Neben ihm waren als Redner geschätzt Serv. Sulpieius Galba, der jüngere Seipio und C. Lälius. Neben den griechischen Studien fand die echt nationale Rechtswissenschaft auf Grund der edicta praetorum und responsa prudentium in den Reihen der Nobiles eifrige Pflege.
7. Die Kunst (Architektur und Plastik) wurde in Rom durch etruskische und später durch griechische Künstler geübt. Auch noch in den ersten Jahrhunderten der Republik zeigte sich der praktische Sinn der Römer in der Anlage von Nutzbauten (Brücken, Wasserleitungen seit Appius Claudius, Straßenanlagen). Die Tempel waren, wie der kapitolinische, in etruskischer Weise gebildet, und vor denen des Metellus Macedonieus (T. des Jupiter Stator und der Juno 149) wenige durch Material, Größe oder Kunst ausgezeichnet. Griechischen Einfluß zeigen bereits die Steinsärge der Scipionen, namentlich der Sarkophag des L. Cornelius Seipio Barbatus von I. 298 (das Erzbild der Wölfin 296, der aus eiugefchmvlzenen samni-tischen Waffen gegossene Jupiterkoloß auf dem Kapitol). Um dieselbe Zeit malte Fabius Pictor den Tempel der Salus aus. Die Siege über Griechenland führten Künstler und Kunstwerke in großer Zahl nach Rom; doch begann erst allmählich reiner Kunstgeschmack das Prunken mit dem Besitze zu überwiegen.
§. Nie Weltherrschaft der römischen Mepublik und die innere Muslösung derselben im Zeitalter der Bürgerkriege.
133—31 v. Chr.
I. Kampf der Optimaten und der Volkspartei bis zu Sullas Diktatur 133 -79.
1. Die Gracchischen Hleformversuche 133 -121.
Die Behauptung und Erweiterung der erworbenen Weltherrschaft war bedingt durch den Bestand und die Fortbildung der römischen Bürgerschaft, deren Kern indessen, der freigeborene grundansässige Bauernstand, immer mehr zusammenschmolz und wie die gedrückte bnndesgenössische Bevölkerung Italiens fortschreitender Verarmung verfiel. Die Ursache davon lag in wirtschaftlichen Zuständen, welche sich im natürlichen Zusammenhange mit Roms wachsender Größe und mit der engherzigen Politik der Nobilität entwickelt hatten, d. H. vor allem in der fortwährend wachsenden
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Ausdehnung der GroßgutsWirtschaft (latifundia) und Sklavenarbeit (Sklaveneinfuhr aus dem Orient, meist über Delos, seit den syrischen Kriegen ein Hauptzweig des römischen Handels). Hiermit in Verbindung stand die drohende Zunahme des großstädtischen Proletariats. Diesen Gefahren brachte der Senat in seiner Mehrheit entweder kein Verständnis oder keinen guten Willen entgegen, obgleich der große Sklavenaufstand in Sieilien (135 -132) dieselben in erschreckender Weise offenbarte.
1. Ti. Sempronius Gracchus 133.
1. Da unternahm es Ti. Sempronius Gracchus, der Sohn des Besiegers der Keltiberer und der edlen hochgebildeten Cornelia, der Tochter des älteren Scipio Asricanns, und der Schwager des jüngeren Scipio Ämilianns, welcher die Verödung Italiens auf seiner Reise zum nnmantinischen Heere besonders in Etrurien gesehen hatte, der wirtschaftlichen Not der Bauernschaft abzuhelfen. Als Volkstribun brachte er
133 i. I. 133 unter Zustimmung der hervorragendsten Männer seiner Zeit unmittelbar beim Volke einen Gesetzesvorschlag ein, welcher das Licinische Ackergesetz mit folgenden Änderungen erneuerte:
1. Außer 500 jugera für sich darf jeder Vater von 2 Söhnen für diese noch je 250 jugera vom Gemeindeland im Besitz haben.
2. Für das herauszugebende Land wird eine Entschädigung aus dem Staatsschatz gezahlt.
3. Der frei werdende Acker wird in Losen zu 30 jugera (durchschnitt!. Maß eines Bauerngutes) zu unveräußerlicher Erbpacht verteilt.
4. Eine alljährlich vom Volke neu zu wählende und nachträglich noch mit richterlicher Gewalt (über die bei der Trennung von Gemeinde- und Privatbesitz sich ergebenden Streitfälle) ausgestattete Kommission von 3 Mitgliedern leitet die Aufteilung (tresviri agris iudicandis adsig-nandis oder agris dandis iudicandis).
2. Obwohl diese lex Sempronia auch die Interessen der großen Grundbesitzer vorsichtig berücksichtigte, so stieß TL Gracchus doch auf den unerwarteten Widerstand der selbstsüchtigen Optimaten. Die Bürger strömten aus den Kolonien und Municipien nach Rom zur Abstimmung, aber jene gewannen den Tribunen M. Octavius zu wiederholter Jnter-cession, und während die Erbitterung der Parteien durch die Verhandlungen in den Volksversammlungen sich steigerte, ließ sich der Antragsteller zu gesetzwidrigen Maßregeln (Suspendierung aller Magistrate bis zur Annahme des Gesetzes) und am Ende sogar zur Absetzung seines Gegners hinreißen. Das Gesetz ging im 3. Abstimmungstermine durch und zwar mit Streichung der ursprünglich in Aussicht gestellten Entschädigung, und Ti. Gracchus selbst wurde nebst seinem zwanzigjährigen,
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noch vor Numantia im Felde stehenden Bruder Cajus und seinem Schwiegervater Appius Claudius in die Ackerverteilungskommission gewählt. Um die ungeduldigen Bürger zu befriedigen, beantragte er überdies, daß der Pergamenische Schatz an die Empfänger von Bauerngütern zur Einrichtung der neuen Ackerwirtschaft verteilt werde.
3. Von der erbitterten Nobilität, welche eine Umwälzung der Verfassung fürchtete, mit einem Perduellionsprozeß bedroht, bewarb sich Ti. Gracchus auch für das folgende Jahr um das Tribunat und stellte gleichzeitig für dasselbe gewisse ueue volksfreundliche Gesetze in Aussicht (Beschränkung der Dienstzeit, Erweiterung des Provokationsrechtes). Die Opti-maten versäumten es aber auch jetzt, die Abhilfe für die von Gracchus unwiderleglich dargelegten Schäden ans gesetzmäßigem Wege selbst in die Hand zu nehmen und schlugen diesen mit 300 seiner Anhänger am zweiten Wahltage (zur Zeit der Ernte) auf dem Kapitol vor dem Tempel des Jupiter unter Führung des Pontifex P. Cornelius Scipio Nafica mit roher Gewalt nieder: die erste blutige Revolution, welche Rom sah.
4. Doch siel das Gesetz des Ti. Gracchus nicht mit seinem Urheber; es wurde vielmehr durch die regelmäßig neugewählten Assignationskommissäre trotz aller Schwierigkeiten in den nächsten Jahren mit heilsamstem Erfolge durchgeführt. Als freilich der inzwischen von Numantia zurückgekehrte Scipio Ämilianus, der zwar nicht den Grundgedanken seines Verwandten , wohl aber die von demselben angewendeten Mittel mißbilligte, 129 durch Volksbeschluß die den Triumvirn übertragene richterliche Gewalt den ordentlichen Beamten, d. h. den Konsuln, übertrug, geriet die Thätigkeit derselben ins Stocken. Sein plötzlicher Tod wurde mit der Erbitterung der Volkspartei in Verbindung gebracht (129).
2. C. Sempronius Gracchus 123 — 121.
1. Wenn Scipio Nastca den Anlaß zu seinem Vorgehen gegen die Gracchaner ans den Beschwerden der Latiner genommen hatte, welche entweder durch die richterlichen Entscheidungen der Agrarkommission beeinträchtigt wurden oder um ihrer Not willen den armen Bürgern gleichgestellt zu werden wünschten, so nahmen diese nunmehr selbst die so lange verzögerte Latiner- und Bundesgenossenfrage in ihre Agitation auf. Die wachsende Bewegung unter den Bundesgenossen, fand ihren Leiter in E. Sempronius Gracchus, des Tiberius
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um 9 Jahre jüngerem Bruder, dernach zweijähriger Verwaltung-der Quästur in Sardinien 124 eigenmächtig, nach Rom zurückkehrte, um sich hier für das folgende Jahr zum Tribun wählen zu lassen und als solcher durch Weiterführung des begonnenen Werkes den Tod des Bruders zu rächen.
2. Als Staatsmann und Redner weit bedeutender als fein Bruder, hatte er vor diesem auch die in den zehnjährigen Kämpfen um die Durchführung der lex agraria erworbene Erfahrung voraus und fand zugleich schon eine organisierte und wohlbefestigte Partei vor. Da er hiernach feine Hoffnung mehr auf die Mitwirkung der Nobilität setzen konnte, so hatte er von vornherein nicht allein die Hebung des Bauern-standes, sondern zugleich eine Beschränkung der Herrschaft der Nobilität und des Senates im Ange aus Grund des Prinzipes der Volkssouveränität. Doch erscheint seine reiche gesetzgeberische Thätigkeit nur als die Einleitung zu einer Staatsumwälzung, deren letzte Ziele ihrem Urheber kaum feststanden, deren Ende aber die Alleinherrschaft sein mußte.
3. Dem Zwecke, das Volk, namentlich die plebs rüstica, zu gewinnen, dienten folgende Gesetze des C. Gracchus:
a) lex agraria, eine erweiterte Erneuerung des Gesetzes seines Bruders;
b) lex frumentaria, monatliche Verteilung von Getreide an das Volk zu billigem Preise (horrea Sempronia);
c) lex militaris, Verbot der Aushebung vor dem 17. Lebensjahre und Einkleidung des Legionärs auf Staatskosten.
Gegen die Übermacht des Senates richteten sich:
a) die lex de provinciis consularibus, welche festsetzte, daß der Senat alljährlich schon vor den Wahlkomitien die Provinzen für die künftigen Konsuln bestimmen solle;
b) die lex iudiciaria, welche die Gerichtsbarkeit für das Civilverfahren und das Repetuudengericht dem Senate entzog und den Rittern übertrug;
c) die lex de provincia Asia a censoribus locanda, welche die Erhebung des asiatischen Zehnten und der dortigen Zölle der eensori-schen Verpachtung an die Ritter unterstellte.
4. Nachdem C. Gracchus aus diese Weise die herrschende Aristokratie in sich gespalten hatte, beantragte er, ohne sich auch hierbei ins Einvernehmen mit dem Senate zu setzen, die Gründung von Kolonien in Italien und zwar in Capua und Tarent, welche man zum schweren Schaden für ganz Unteritalien ihrer früheren städtischen Bedeutung beraubt hatte, sowie zum ersten Male auf Provincialboden in Karthago. Mit den Assignationen und Kolonien in Italien hing das Gesetz über die Anlage von Straßen und Kommunikationswegen
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zusammen (lex viaria), mit welchem Gracchus abermals einen bisher von Senat und Magistratur geleiteten Zweig der Verwaltung vor die Komitien zog und durch dessen eifrige Ausführung (limites Gracchani) er sich neue Verdienste nicht nur um Landleute und Arbeiter, sondern auch um Kaufleute und Ipe-kulanten erwerben konnte. Aber gerade durch die völlige Hingabe an eine umfassende Verwaltungsthätigkeit fern von der Hauptstadt überließ er die Stätte, wo die Machtfragen entschieden wurden, den Ränken seiner optimatischen Gegner, die bisher weder seine Wiederwahl für 122, noch die Erfolge 122 seiner gesetzgeberischen Thätigkeit hatten hindern können.
5. Da gelang es den Optimalen, in dem Angehörigen eines hochangesehenen aristokratischen Geschlechtes, M. Livius Drusus, einen Tribunen zu finden, der ihre Absichten unterstützte. Des Gracchus Antrag, mit dem er erst jetzt hervortrat, den Latinern das Bürgerrecht und den anderen italischen Bundesgenossen das Latinerrecht zu geben (lex de sociis et nomine Latino), erweckte nicht nur den Widerspruch der Senatspartei und selbst angesehener bisheriger Anhänger, sondern hatte auch den Abfall der Ritter und des Volkes zur Folge. Als er aus Afrika zurückkam, konnte der Tribun M. Livius das Gesetz ohne Gefahr für sich beseitigen.
6. Nunmehr überbot Livius seinen Gegner, indem er im Aufträge des Senats beantragte:
a) die Anlage von 12 Kolonien, jede für 3000 Bürger in Italien unb Sicilien unb zwar mit Ausschluß bes Antragstellers von ber Mitwirkung bei ber Ausführung;
t>) Erlaß bes Pachtzinses für bie nach bem Sempronischen Gesetz Ange-siebelten;
c) Aushebung ber Prügelstrafe im Felbe auch für bie Latiner.
7. Gracchus selbst aber drang bei seiner Bewerbung um das dritte Tribunal nicht durch, wogegen sein heftigster Gegner L. Opimius zum Konsul gewählt wurde. Bei dem Kampfe, welchen sodann der im Einverständnis mit der Regierung von dem Tribunen En. Minncins gestellte und von der gefälligen Priesterschaft (böse Vorzeichen bei der Umgrenzung des Gebietes) unterstützte Antrag auf Aufhebung der Karthagischen Kolonie im Anfang des Jahres 121 hervorrief (Besetzung des 121 Kapitols mit einem Aufgebot von Streitkräften unter Führung
des Konsuls Opimius, des Aventin durch die Gracchauer), wurde E. Gracchus als Empörer mit 300 seiner Anhänger er-
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schlagen?) Die zum zweiten Male siegreiche Nobilität beeilte sich, durch Bluturteile und Prozesse ihren Sieg auszubeuten und die Fortsetzung der agrarischen Reformen zu hemmen.
2. Der Ingurthinische in—106 und der GimSern- und UeuLonenkrieg 113-101.
1. Die Verderbnis und zugleich die Unfähigkeit der herrschenden Partei trat aufs grellste in dem Jugurthinischen
111-106 Kriege (111-106) an den Tag?) - Masinissa (f 118) hatte das numidische Reich seinem Sohne Micipsa, dieser seinen Söhnen Adherbal und Hiempsal, sowie seinem von ihm adoptierten Neffen Jugurtha, einem unebenbürtigen Sohn seines Bruders Mastanabal, hinterlassen. Dieser jedoch, alter als seine Vettern, dabei fähiger und thatkräftiger, aber gewissenlos und herrschsüchtig, seit seiner Mitwirkung bei der Belagerung Numantias mit vielen Mitgliedern der jüngeren Nobilität Roms, mit römischer Kriegskunst und römischer Verderbnis vertraut, beseitigte Hiempsal durch Meuchelmord und zwang Adherbal, in Rom Zuflucht und Hilfe zu suchen. Der von ihm bestochene Senat verfügte die Wiedereinsetzung Avherbals und eine Neuteilung des Reiches zu Gunsten Jugurthas. Aber bald darauf nahm dieser, unbekümmert um den Einspruch der Römer (Gesandtschaft unter dem Princeps Senatus M. Ämilius Seaurus), Adherbals Hauptstadt Cirta und ließ diesen selbst, sowie alle männlichen Einwohner, darunter die dort ansässigen italischen Kaufleute, töten.
2. Der Entrüstung der Römer gab jetzt der sühne Führer der geschlagenen Volkspartei, der Tribun C. Memmius eut-
lll jchiedenen Ausdruck. Er setzte es durch, daß endlich i. I. 111 der Konsul L. Calpurnins Piso Bestia mit einem Heere nach Afrika gesendet wurde. Doch dieser ließ sich unter Beteiligung seines gleichfalls bestochenen Legaten, des M. Ämilius Scaurus, des ersten Mannes der damaligen Aristokratie, zn e.neni Scheinvertrag mit Jugurtha herbei. Auf Memmius' Betreiben wurde Jugurtha nach Rom zur Verantwortung vor dem erzürnten Volke geladen, dessen Absicht indessen der bestochene Tribun E. Bäbius vereitelte. Dagegen ging Jugurtha in seinem Frevelmute soweit, in Rom einen dort lebenden
l) Opimius erhielt den Auftrag, die Ruhe herzustellen, durch den
Beschluß des Senates: videat consul, ne quid detrimenti capiat res-publica (das erste Beispiel einer Übertragung der diktatorischen Gewalt an öie Konsuln). 2) Sallust. de bello Jugurthino.
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Verwandten, Massiva, ermorden zu lassen (sein Urteil über das käufliche Rom).
3. Daheim nahm er den Krieg wieder aus, und die Römer führten ihn in ber' bisherigen schmählichen Weise (Kapitulation des A. Postumius bei der Bergfeste Suthul in Abwesenheit seines zu den Wahlkomitien nach Rom gereisten Bruders, des Konsuls Sp. Postumius Albiuus), bis endlich 109 der Konsul Qu. Cäcilins Metellns (Neffe des Macedoniens), ein starrer, aber unbestechlicher Aristokrat, den Oberbefehl übernahm, ohne freilich trotz geschickter und glücklicher Kriegführung (Sieg
am Flusse Muthul, westlich von Hippo 109) bei der Natur 109 des Landes und der Verschlagenheit seines Gegners sonderlich vorwärts zu kommen.
4. Die entscheidende Wendung brachte erst C. Marius, ein Bauernsohn aus Cereatä bei Arpinum im Volskerlande (geb. 156), ein tüchtiger Soldat, aber ohne Bildung und rauh von Sitten, bisher Legat des Metellus, der es durch Verdächtigung desselben mit Hilfe der Publikaueu durchgesetzt hatte, daß er selbst für 107 zum Konsul gewählt und ihm vom Volke gegen den Willen des Senates der Krieg in Afrika übertragen wurde.
Er besiegte Jugurtha und dessen jetzt mit ihm verbündeten Schwiegervater, den König Bocchus von Mauretanien,
bei Cirta und beendete den Krieg 106 durch die klugen Unter- 106 Handlungen seines Quästors L. Cornelius Sulla mit Bocchus, der Jugurtha auslieferte (f im Tullianum). — Ein Teil Nnmidiens wurde zur römischen Provinz Afrika geschlagen, der westliche Teil Bocchus zum Lohne gegeben, der Rest als eigenes Königreich (unter Jug.'s Halbbruder Gauda als Vasall) belassen.
5. Marius' Emporkommen war zum Teil mitbedingt durch die Niederlagen, welche die Feldherren der Nobilität auch auf dem nördlichen Kriegsschauplätze damals erlitten. — Von den Küsten der Nordsee waren die germanischen Cimbern und Teutonen, angeblich durch eine große Sturmflut, aus der „cim6rischen Halbinsel" (Schleswig-Holstein und Jütland) vertrieben worden und, um Land zu neuer Ansiedelung zu suchen, mit Weib und Kind, Herden und fahrender Habe füdwärts gewandert. Im I. 113 erschienen sie im Gebiete der 113 keltischen, mit den Römern befreundeten Taurisker in den norischen (steirischen) Alpen und schlugen den römischen Konsul Cn. Papirius Carbo bei Noreja (im jetzigen Kärnten), wandten sich aber dann westwärts am Nordrande der Alpen
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hin nach Gallien, das sie in Kreuz- und Querzügen verheerten. Da ihnen die begehrte Aufnahme in die römische Provinz verweigert wurde, vernichteten sie 109—105 an der Rhone vier starke römische Heere.
6. In Rom hatte die Volkspartei unter dem Eindruck des „cimbrischen Schreckens" die Wahl des noch abwesenden Marius zum Konsul des Jahres 104 durchgesetzt; sie wählte ihn gegen Gesetz und Herkommen auch die 4 folgenden Jahre (104 — 100). Bis zur Rückkehr der Germanen aus Spanien, wo sie sich 2 Jahre lang mit den Eingeborenen herumgeschlagen hatten, reorganisierte Marius das Heer und erfüllte es mit Vertrauen zu sich selbst und dem Feldherrn?)
In vortrefflich gewählter und stark befestigter Stellung an der Mündung der Jsara in den Rhodanus erwartete er die durch gallische Scharen verstärkten Teutonen, die jetzt über die Seealpen in Italien einzufallen gedachten, und fchlug ihre Angriffe zurück. Dann folgte er ihnen die Rhone entlang 102 und vernichtete sie 102 bei Aquä Sextiä (Aix in der Provence; König Tentoboch). Die Cimbern hatten inzwischen
die Alpen über den Brenner überstiegen und den Konsul Qu. Lutatius Catulus aus feiner Stellung an der Etsch (bei Trident) in die Poebene gedrängt. Mit diesem vereint, ver-101 nichtete Marius auch sie 101 in der furchtbaren Schlacht
auf den randifchen Feldern unweit Vereellä (Bojorix).
3. Die Zeit des Marius und Suü'a 100—78.
1. Wiederaufnahme der Graechischnr Reformen und der Bundes-genosfenkrieg 100—88.
1. Es war natürlich, daß sich nach diesen Erfolgen des volkstümlichen Helden die Parteikämpfe aufs neue entzündeten,
*) Damals fanden wahrscheinlich die Marius zugeschriebenen Veränderungen in der Aufstellung und Bewaffnung der Legion statt. Die in den 4 verschiedenen Truppengattungen (hastati, principes, triarii, velites) erhaltenen Census- und Altersunterschiede hörten gänzlich auf, so daß die Legion nunmehr eine gleichartige und auch gleichmäßig (mit dem veränderten pilum) bewaffnete Truppe bildete, in welcher die alten Rangunterschiede sich nur noch in den Titeln der Centurionen erhielten. An die Stelle der Aufstellung nach Manipeln in dreifacher acies trat diejenige nach IO Kohorten zu je 600 M. Infolge der schon früher erfolgten Aufnahme der capite censi irt die Legion hörte der Census auf, die Grundlage der Aushebung zu bilden, und das Bürgerheer verwandelte sich dem Wesen nach in ein Söldnerheer, das nicht dem Staate, sondern dem zahlenden Feldherrn zu Gebote stand. Die jetzt ganz aus Hilfstruppen bestehende Reiterei zerfiel in alae und turmae und wurde von praefecti equitum befehligt.
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doch wurde die Gefahr eines Sturzes des verhaßten und jetzt tief gedemütigten Senatsregimentes für jetzt noch beseitigt durch die politische Unfähigkeit des Marius und die Verworfenheit der Parteiführer, die ihn als Werkzeug zu benützen gedachten.
2. Noch während die äußere Gefahr drohte, war das unaufhaltsame Fortschreiten des sozialen Notstandes aufs neue in dem 2. Sklavenkrieg auf ©teilten (103—100) sichtbar geworden. Jetzt versuchten die beiden gewalttätigen Demagogen, der VolkLtribun Apnlejus Saturniu us und der Prätor Servilius Glaucia, im Bunde mit dem von den Optimalen gekränkten und vor allem um seine Soldaten besorgten Konsul Marius, ihre weitgehenden revolutionären Absichten ins Werk zu setzen. Die beiden Gesetzesvorschläge (ein Getreide-- und ein Ackergesetz), mit denen Saturuinus i. I. 100 100 hervortrat, gingen unter gewalttätigen Scenen durch, und auch die Tribunenwahlen für 99 wurden int Sinne der Demagogen durchgebracht.
3. Allein die Ermordung des C. Memmius, des Mitbewerbers von Glaueia ums Konsulat, brachte sogar das Volk gegen sie auf, so daß die Optimalen im Einklang mit demselben den Konsul Marius selbst mit der Vernichtung seiner früheren Verbündeten beauftragen konnten. So verschaffte Marius selbst wider seinen Willen den Optimaten aufs neue das Übergewicht, ohne sie darum doch zu versöhnen. Seines Ansehens als Staatsmann beraubt, ging er nach Asien. Eine abermalige politische Reaktion offenbarte sich in der Abschaffnug der Satnrninifchen Gesetze und in der Beschränkung des tribn-nicischen Vorschlagsrechtes und damit auch der tribnnieischen Agitation
4. Dagegen unternahm es aus der Mitte der Nobilität selbst der Tribun M. Livius Drusus, der Sohn des Gegners von C. Gracchus, ein junger Mann von edler und ernster Gesinnung, die der Senatsregterung bei Fortsetzung ihrer Politik drohende Gefahr durch Eingehen auf die unumgänglichen Forderungen der Volkspartei zu beschworen und zugleich durch Abschaffung des willkürlich gehandhabten Richterprivilegs der Ritter das Gefühl allgemeiner Unsicherheit zu bannen. Im Jahre
91 beantragte er deshalb die Rückgabe der Gerichtsbarkeit an den 91 Senat; doch sollten ihm bei der Ausstellung Der Geschwornenliste 300 Ritter durch Wahl beigegeben werden. Die Zustimmung des Volkes suchte Livius durch ein Getreidegesetz, durch die Wiederaufnahme des Kolonialgesetzes seines Vaters
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und ein Ackergesetz zu gewinnen. Dazu kamen endlich Versprechungen, die er den Bundesgenossen wegen des Bürgerrechts machte. Indessen der ganze Vermittelungsversuch scheiterte an dem Widerstreite der Standesinteressen und insbesondere an der Furcht vor den Bundesgenossen. Die Gegner des Livius ermordeten ihn, ehe sein Bundesgenossengesetz zur Abstimmung kam, und damit fielen auch die vom Volke schon früher angenommenen anderen Gesetze.
5 Der Tod des Livius führte deu Bundesgenossen-91—88 krieg 91 — 88 herbei (bellum sociale oder Marsicum). Die Italiker ordneten sich mit Ausnahme fast sämtlicher Latiner, der Städte Umbriens und Etruriens, sowie der Griechenstädte Unteritaliens zu einem Bundesstaat nach dem Muster des römischen Gemeinwesens (Corfininm im Lande der Päligner Hauptstadt unter dem Namen Jtaliea, 2 Konsuln, 2 Prätoren, Seuat von 500 Mitgliedern). Die Ermordung des römischen Prätors Servilius in Asculum Pieenum Ende 91 gab das Zeichen zur Erhebung. Da die Römer sowohl auf dem nördlichen Kriegsschauplätze (Pieenum, Päligner, Marser, Samniter: Kons. Cn. Pompejus Strabo, Legat Marius — Hanptführer der Gegner der Marser Qu. Pompädius Silo), als ans dem südlichen Kriegsschauplatz (Campanien und Apulien: Kons. L. Julius Cäsar, Legat Sulla) nicht sonderlich glücklich waren, so versicherten sie sich zuerst der Treue der noch nicht übergegangenen Städte durch die lex Julia des 8U Konsuls L. Julius Cäsar und brachen bald darauf (89) die Kräfte des Feindes durch bie lex Plautia Papiria ber Tribunen Plautius und Papirius, welche allen Bunbesgenoffen, die sich innerhalb 60 Tagen beim Prätor gemeldet, bas Bürgerrecht gewährte.
2. Der 1. Bürgerkrieg 88—82 und der 1. Mithridatische Krieg
88 -84.
1. Die Gefahr war vorüber, wenn auch Samniter und Lncaner noch unter Waffen standen. Schon begannen aber auch in Rom die inneren Gegensätze nach vorübergehender Versöhnung der Parteien wieder sich geltend zu machen und sich nun überdies mit einem gefährlichen auswärtigen Krieg Au verflechten. In den Mittelpunkt der Ereignisse trat mehr unb mehr bie (im Jugurthinischen Kriege entstandene) persönliche Feinbschaft ber beiben hervorragenbsten Parteihäupter, des demokratischen und durch seine politischen Mißerfolge
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wie den Verlust auch seines militärischen Ruhmes verbitterten Marius und des hocharistokratischen und feingebildeten, wenn auch genußsüchtigen L. Cornelius Sulla (geb. 138), der erst jüngst im Bundesgenossenkriege sich durch seine militärische Tüchtigkeit wieder ausgezeichnet hatte und nunmehr als Konsul des Jahres 88 auch mit dem Oberbefehl im Kriege gegen Mithridates betraut wurde.
2. Dieser Bevorzugung des gehaßten Rivalen gegenüber verband sich der ehrgeizige Marius mit dem von der Senats-Partei abgefallenen und zur Plebs übergetretenen Tribunen P. Sulpidus Rufus, welcher, gestützt auf ein zahlreiches Gefolge bewaffneter Anhänger, trotz der religiösen Hindernisse, welche die Konsuln der Abstimmung entgegenzusetzen versuchten, zunächst unter blutigen Gewaltthätigkeiten seinen Antrag auf gleichmäßige Verteilung der bisher nur 8 bestimmten Tribus zugewiesenen Neubürger auf sämtliche 35 Tribus und darnach auch die Übertragung des Imperiums gegen Mithridates an Marius als Prokonsul durch Volksbeschluß durchsetzte.
3. Da rückte Sulla on der Spitze seiner Legionen aus Campanien nach Rom und zersprengte in kurzem Straßenkampfe seine demokratischen Gegner. Die Führer derselben, darunter Marius und Sulpieius, wurden alsbald durch Senatsbeschluß geächtet1) und nach Aufhebung der Sulpicischen Gesetze unter dem Eindruck des Schreckens durch eine Reihe vorläufiger Anordnungen die Reform der Verfassung in aristokratischem Sinne vorbereitet: Wiederherstellung der Germanischen Stimm* ordnung, Unterwerfung der tribnmdfchen Gesetzesanträge (in den Centuriatkomitien) unter den Vorbeschlnß des Senates, Verstärkung des zusammengeschmolzenen Senates durch 300 neue Mitglieder aus der optimatischen Partei; außerdem wurde die Lage der Schuldner durch Herabsetzung des Zinsfußes erleichtert und die Ausführung von Kolonien in Aussicht gestellt. Getrieben von dem Wunsche, zuvörderst die römische Herrschaft im Osten herzustellen, ließ es Sulla geschehen, daß neben dem Optimalen Cn. Octavius der demokratisch gesinnte L. Cornelius Cinna zum Konsul für das Jahr 87 gewählt wurde; nur ließ er ihn einen Schwur leisten auf die neuen Gesetze. Dann ging er (im Frühjahr 87) nach Asien.
') Sulpicius wurde in Lanrentum ereilt und enthauptet, Marius in den Sümpfen bei Minturnä ergriffen; der letztere entkam aber nach Afrika (Landung bet den Trümmern Karthagos) und fristete dann, von hier ausgewiesen, in der Nähe ein unstätes Leben.
4. Über den inneren Wirren der letzten Decennien hatte der römische Senat die Verhältnisse des Ostens aus dem Auge verloren (fortschreitende Auflösung des syrischen Reiches: Aufstand der Juden unter den Makkabäern). Unterdessen hatte Mithridates VI. Eupator (120 — 63), König von Pontus und vom bosporanischen Reiche (Krim), ein herrschsüchtiger, halbgriechischer Despot von gewaltiger Willenskraft und ungewöhnlichen Geistesgaben (Sprachenkenntnis), sein Reich auf Kosten Armeniens und der römischen Klientelstaaten Kappa-doeien und Bithynien mächtig erweitert und drohte die Römer ganz aus Asien zu verdrängen (gransame Tötnng des Kon-sulctrs M'. Aquilius, Blutbefehl von Ephesus). Schon waren seine Truppen, überall als Befreier begrüßt, im europäischen Griechenland eingedrungen, als Sulla mit seinen 5 Legionen an der Küste von Epirus landete.
5. Er nahm Athen, den Hauptwaffenplatz der Gegner, und ließ es feinen Abfall schwer büßen (Zerstörung des Piräus); darauf gewann er durch die Siege bei Chäronea 86 und bei Orchomenus 85 ganz Griechenland wieder. Mithridates selbst, von einem anderen römischen Heere, welches die Volkspartei gesendet hatte, an der Westküste Kleinasiens ans Per-gamum südwärts gedrängt, trat nunmehr mit Sulla in Unterhandlung und nahm auf der Zusammenkunft zu Dardanus in Troas 84 dessen Bedingungen an: Herausgabe aller Eroberungen, Auslieferung der Flotte, Zahlung der Kriegskosten. Das Heer der Demokraten unter Fimbria ging zu Sulla über, und jener tötete sich selbst. Sulla kehrte nach Ordnung der asiatischen Verhältnisse mit seinem siegreichen Heere nach Italien zurück.
6. In Rom hatte Cinna sofort nach Sullas Abgang die Rückkehr der durch Senatsbeschluß Geächteten und die Erneuerung des Sulpicischeu Gesetzes über die Neubürger beantragt, war aber von seinem Amtsgenossen Octavins nach heftigem Kampfe aus der Stadt vertrieben worden. Er gewann jedoch die noch nicht unterworfenen Italiker für sich und zwang, verstärkt durch ein in Campanien noch gegen die Bundesgenossen stehendes Heer uud im Verein mit dem unterdessen in einem etrurischen Hafen gelandeten Marius und dessen meist aus Sklaven bestehenden Heerhaufen, Rom znr Übergabe. Nachdem Mar ins seine wilde Rachgier in einem entsetzlichen fünftägigen Blntbad gesättigt, übernahm er mit Einna ohne Berufung der Wahlkomitien (zum 7. Male)
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das Konsulat für 86; doch starb Marius schon ant 17. Tage desselben im Januar 86, beladen mit dem Fluche sehtet Mit- 86 bürger.
7. Zum ersten Male hatte die Demokratie die Regierung längere Zeit in den Händen (ßinna Konsul 87—84); aber sie beschränkte sich auf die Abschaffung der Sullanischen und die Wiederherstellung der Sulpicischen Gesetze, vor allem andern bemüht, sich in der Herrschaft zu behaupten, bis Cinna
84 selbst ein Opfer des von ihm großgezogenen revolutionären 84 Geistes int Heere wnrde; er wurde zu Ancona auf dem Marsche gegen Sulla ermordet.
8. Im Frühjahr 83 landete Sulla mit seinen Truppen in Brnudisiurn. Für den nun beginnenden zweijährigen Kantpf wurde es entscheidend, daß die Italiker im Verlaufe desselben sich ihm zuwandten; schon bald nach seiner Ankunft führte ihm der junge Cn. Pornpejus, Sohn des Strabo, 3 von ihm selbst in Picenurn gebildete Legionen zu; andere Italiker gewann er selbst durch Zusicherung des Bürgerrechtes. Nach mehreren Siegen über die demokratischen Konsuln besetzte Sulla 82 Rom ohne Schwertstreich, wo vorher die Gegner der Mariciuer in der Kurie ermordet worden waren, und vernichtete das Heer der den Marianern treu gebliebenen Smmniter und Lueaner unter den Mauern Roms am Collinischen Thore (Niedermetzelung der Gefangenen). Mit dem Falle Pränestes (Selbstmord des Marius) war Italien in Sullas Händen. Seinen Sieg vollendete dann Pompejus durch Unterwerfung der Reste der Marianifchen Partei in Sicilien und Afrika.
3 Sullas Diktatur und Wiederherstellung der Senatsherrschaft
82—79.
1. Als Diktator auf unbestimmte Zeit mit unbeschränkter Vollmacht (dictntor perpetuus) übernahm Sulla nicht nur thatsächlich die Alleinherrschaft, gestützt auf seine mit Landlosen durch ganz Italien ausgestatteten 120,000 Soldaten und 10,000 mit dem Bürgerrecht beschenkte Sklaven (Leibwache der Cornelii), sondern auch die Aufgabe einer Neugestaltung der Verfassung im aristokratischen Sinne, nachdem er zuvor die Reste der Gegenpartei in Rom und den italischen Landstädten zuerst in formloser Anwendung des Kriegsrechts, dann durch Proskriptionen bis zur rechtlichen Vernichtung ihrer Familien (Ausschließung der Nachkommen von
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öffentlichen Ämtern) ausgerottet und das Vermögen der Ermordeten für den Staat eingezogen hatte (schamlose Bereicherung seiner Günstlinge).
2. Die Sullanische Verfassung berichte auf folgenden Gesetzen:
1. Dem auf 600 Mitglieder ergänzten Senat wird die Besetzung der Geschwornengerichte zurückgegeben und durch deren Vermehrung die Volksgerichtsbarkeit auf Ausuahmefälle beschränkt.
2. Die fernere Ergänzung des Senates wird den Censoren entzogen und der Eintritt in denselben unmittelbar an die Bekleidung der Quästur geknüpft.
3. Die Magistratur wird neu geordnet durch Vermehrung der Quästoren auf 20, der Prätoren auf 8, Überweisung einer Provinz mit prokonsularischer oder proprätorischer Gewalt an Konsuln und Prätoren nach Ablauf des in Rom zu verbringenden Amtsjahres = Trennung der militärischen von der politischen Gewalt, durch thatsächliche Beseitigung der Censur und Wiederherstellung der gesetzlichen Ämterlaufbahn.
4. Dem Tribunal wird diemagistratischeLaufbahnverschlossen und hierdurch seine Bedeutung ebenso gemindert wie durch die Bestimmung, daß die Tribunen Gesetzesanträge nur auf Grund eines Senatsbeschlusses vor das Volk bringen dürfen (Wegfall der aufregenden Kontionen).
5. Die italischen Bürger gemeinden erhalten eine der römischen nachgebildete freie Stadtverfassung.
3. Fürs Jahr 80 ließ sich Sulla zum Konsul wählen 79 und lenkte damit wieder in die gesetzliche Bahn ein, 79 legte
er die Diktatur nieder, um fortan auf seinem Landsitz zu Pu-teoli dem Vergnügen zu leben (Denkwürdigkeiten), starb aber 78 schon 78 (großartige Leichenfeier, Beiname Felix).
2. Von Sullas Diktatur bis zur Begründung der Alleinherrschaft durch Cäsar 79-44.
1. Won Sullas Fod öis zur Aufhebung der Sullanischeu Verfassung durch Wompezus 78-70.
1 Der Aufstand des Lepidus 78—77 und des Sertorius 80—72.
1. Die Nobilität konnte sich in ihrer neuen Machtstellung gegenüber den Anfeindnngen zahlloser Unzusriedeuer, sowie der furchtbaren Verwilderung, welche im Gefolge des Bürgerkrieges eingeriffen war (Luxusgesetz des Sulla, fortschreitender Unglaube), nur dann behaupten, wenn sie eine einmütige und 78 entschlossene Haltung bewahrte. Aber schon 78 konnte es der Konsul M. Ämilius Lepidus (der Vater des Trium-virn) versuchen, die Sullanische Verfafsnng wieder umzustoßen Er verband sich in Etrurien mit den dortigen Empörern, welche
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sich mit Gewalt wieder der ihnen entrissenen Feldmark (Sullanische Militärkolonien) bemächtigten, wurde aber von Cn. Pom-pejus besiegt und flüchtete nach Sardinien, wo er kurz darauf starb.
2. Den Rest seiner Truppen führte sein Legat Per-perna nach Spanien dem Marianer Qu. Sertorius zu. Dieser, ein kriegskundiger Sabiner von edler Gesinnung und staatsmännischer Begabung, der sich im Cimbern- und Bundesgenossenkriege bewährt hatte, war von Sulla geächtet und aus seiner spanischen Statthalterschaft vertrieben worden, i. I. 80 jedoch aus Afrika, wo er längere Zeit ein abenteuerndes Leben geführt, auf den Ruf der Lusitauier nach Spanien zurückgekehrt. Hier und dann von hier aus in Rom auf den Trümmern der Sullanifchen Ordnungen gedachte er der Demokratie eine neue Stätte zu bereiten (Romanisierung der Eingeborenen: Schule zu Osca. Gegensenat von 300 Römern).
Wie vorher gegen Qu. Metellus Pius, so behauptete er sich, verstärkt durch Perperna und gestützt auf die Verbindung mit den Seeräubern und Mithridates, auch gegen Pomp ejus (feit 77), bis er 72 durch feinen eigenen ehrgeizigen Legaten 72 ermordet wurde. Erst dann konnte der Aufstand überwältigt werden (Perperna hingerichtet).
2. Der Gladiatoren- und SKlavenKrieg 73—71.
Unterdeffen hatte sich in Italien felbst 73 infolge des Ausbruches eines Gladiatorenhaufens aus einer der vielen Gladiatorenschulen zu Capua ein furchtbarer, 3 Jahre hindurch ganz Italien verwüstender Krieg entwickelt. Die Flüchtigen verbargen sich zuerst in den Schluchten des Vefuv, wählten den kraftvollen, geschickten und nicht unedlen Thracier Sparta e u s zum Anführer und wuchfen fchließlich durch das fortwährende Zuströmen entlaufener Sklaven zu einem gewaltigen Heere von vielen Taufenden an. Spartacus fchlug mehrere konsularische und prätorische Heere in den apenninifchen Bergen und in der Poebene, von wo er feine Scharen über die Alpen nach ihrer Heimat führen wollte. Aber die Zuchtlosigkeit derselben zwang ihn zur Umkehr, die Treulosigkeit der gemieteten Seeräuber hinderte ihn nach Sicilien überzusetzen, und am Ende gelang es 71 dem Prätor M. Licrnius 71 Crass us, feine zerstreuten Hausen und ihn selbst mit der Hauptmacht nach verzweifeltem Kampfe in Lucanien zu vernichten (grausame Bestrafung der Gefangenen). Ein Rest von
6
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5000, welcher über die Alpen entfliehen wollte, fiel dem aus Spanien zurückkehrenden Po mp ejus in die Hände.
3. Das Konsulat des Pomp ejus und Crassus und die Wiederherstellung der demokratischen Verfassung 70.
1. Die gefahrvollen inneren und auswärtigen Verhältnisse hatten wiederholt zur Erteilung außerordentlicher Gewalten geführt, welche der aristokratischen Sache mit der Zeit noch gefährlicher werden mußten, als die Demokratie. Bei der Unfähigkeit und Mißregierung der Senatspartei (Prozeß des Verres wegen feiner Mischen Statthalterschaft), fowie dem ©rolle der von Sulla Beraubten und der Nachkommen der Proskribierten schien es von dem Entschlüsse einzelner Ehrgeiziger abzuhängen, ob sie die verhaßte republikanische Herrschaft durch eine monarchische Gewalt ersetzen wollten. Als Bewerber um eine solche kamen zunächst die siegreichen Feldherren Pompejus und Crassus in Betracht.
2. Cn. Pomp ejns, der Sohn des Cn. Pompejus Strabo, geb. 106, war zuerst im Bundesgenossenkriege hervorgetreten und hatte sich dann durch die siegreiche Bekämpfung der Ma-rianer in Sieilien und Afrika um Sulla verdient gemacht (Begrüßung als „Magnus"). Seiner Mitwirkung bei Unterdrückung des Aufstandes des Lepidus dankte er es, daß er 77 vom Senat auf seinen Wunsch mit prokonsularischer Gewalt („pro consulibiis“) nach Spanien gegen Sertorius gesendet wurde, worauf er sich rühmen konnte, auch den Krieg gegen Spartaeus „mit der Wurzel ausgerissen zu haben". Ein besserer Soldat als Staatsmann, ehrgeizig, aber ohne Entschlossenheit, machte er seine politische Thätigkeit den jeweiligen Verhältnissen dienstbar, nur um damit seine Eitelkeit zu befriedigen.
3. Der ältere und reifere M. Lieinius Crassus, nicht minder geschätzt von Sulla als Soldat, hatte seinem Verdienst in der Marianerschlacht vor der Porta Eollina noch dasjenige der thatsächlichen Niederwerfung des Sklavenaufstandes hinzugefügt, im übrigen aber die günstigen Verhältnisse der Snlla-nischen Zeit (allgemeine Entwertung des Grundeigentums) dazu benutzt, um sich ein großes Vermögen zu erwerben und sich außerdem dem Volke durch eine umfassende, aber nicht wählerische Thätigkeit als Anwalt zu empfehlen. So sollte ihm denn auch die politische Macht nur als Mittel zu möglichster Befriedigung seiner Habsucht dienen.
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4. Pompejus und Crassus, welche, sich gegenseitig nicht trauend, beide durch ihre selbstsüchtigen Absichten auch das Mißtrauen des Senates erweckt hatten, verlangten das Konsulat für das Jahr 70, Pompejus, obgleich er bisher 70 noch kein bürgerliches Amt bekleidet hatte. Sie erlangten es mit Hilfe der Volkspartei, ohne zunächst auch nach ihrem Amtsantritt ihre Heere zu entlassen. Doch zogen sie es bald vor, sich über die gemeinsame Förderung ihrer Sonderzwecke zu verständigen.
5. Seiner Zusage getreu, stellte Pompejus vor allem durch ein von ihm selbst eingebrachtes Gesetz die tribu-nicische Gewalt in ihrem vollen Umfange wieder her (lex Pompeia tribunicia). Nächstdem erhob das Volk den von ihm unterstützten Antrag des Prätors L. Aurelius Cotta zum Gesetz, wonach die Geschworenengerichte zu gleichen Teilen aus bett Senatoren, Rittern und Ärartribunen als Vertretern des dritten Standes besetzt werden sollten (lex Aurelia iudiciaria). Auch die Censur wurde erneuert und von den neuen Censoren alsbald 64 unwürdige Senatoren aus dem Senate gestoßen.
6. Nach ihrem Amtsjahre traten beibe Konsuln in bas Privatleben zurück, einer günstigen Gelegenheit zu erneutem Hervortreten gewärtig, Pompejus, indem er in erheuchelter Selbstlosigkeit ans bie Verwaltung einer Provinz verzichtete, Crassus, ohne es wie jener mit bettt Senate oerborbett zu haben uttb nachdem er bie Gunst bes Volkes burch wirksamere Mittel (Speisung bes Volkes unb Getreibeverteilnng) sich erworben hatte.
2. Auswärtige Kriege und der Kampf der Senatsregierung
mit den Heerführern nnd Demokraten 69 -49.
1. Der Seeräuberkrikg 67.
1. Für Pompejus bot sich bte ersehnte Gelegenheit infolge ber Schlaffheit ber Senatsregierung, welche burch Vernachlässigung ber römischen Flotte seit ber Zerstörung Karthagos uttb vereinzelte, unznreichenbe Gegenmaßregeln bas burch bie Folgen ber bürgerlichen Wirren unb ber letzten Kämpfe in Asien genährte Seeräuberunwesen zu einer erfchreckenben Höhe hatte gebeihen lassen (Hauptsitze Cilicien uttb Kreta, Be-brohung bet italischen Küsten, Unterbrechung ber Getreibezu-fuhr unb bes Einganges ber überseeischen Einkünfte, Gefangennahme vornehmer Römer).
6*
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2. Angesichts dieser Lage beantragte der Tribun Ga-binius, ein Günstling des Pompejus, zur Unterdrückung der Seeräuber einen Konsular mit außerordentlichen Machtbefugnissen und unter Bewilligung reichster Mittel an Geld, Mannschaft und Schiffen auf 3 Jahre zu wählen, und setzte seinen auf Pompejus berechneten und von C. Julius Cäsar empfohlenen Antrag trotz des heftigen Widerstandes des Senates durch. Nach Annahme der lex Gabinia wurde
67 Pompejus in den Tributkomitien zum Feldherrn gewählt (67).
3. Pompejus übertraf noch die hohen Erwartungen (Fallen der Getreidepreise nach seiner Wahl), die man in ihn gesetzt hatte. Nachdem er die verschiedenen Gegenden des mittelländischen Meeres unter seine 24 Legaten verteilt hatte, säuberte er in 40 Tagen das westliche und in weiteren 49 Tagen das östliche Meer von den Seeräubern und vernichtete zuletzt die Hauptmacht derselben in einem Seegefechte am Vorgebirge Coracesinm in Cilicien. Die Gefangenen siedelte er in verödeten Städten des Binnenlandes, namentlich in Soli (Pom-pejopolis) an.
2. Der 2. Mithridatische Krieg 74—64.
1. Dem Wunsche des Pompejus kam der Tribun Manilius mit dem Antrage entgegen, daß demselben unter Ausdehnung seines außerordentlichen Imperiums auf ganz Kleinasien und die angrenzenden Lander die Führung des Mi-thridatischen Krieges übertragen werde. Wiederum erhob sich der Widerspruch der Optimalen (Catulus und Hortensins), aber unterstützt von dem Demokraten Cäsar und vor allem durch die glänzende Beredsamkeit des Prätors M. Tnllins Cicero (oratio de imperio Cn. Pompei), ging auch die lex Manilia durch.
2. Schon seit dem sogenannten zweiten, durch Sullas Dazwischentreten beendeten Mithridatischen Kampfe 83—81 (Niederlage des kriegslustigen Proprätors Licinius Murena) rüstete Mithridates zu neuem Kampfe (Verbindung mit Sertorius). Als nun i. I. 75 König Nikomedes III. von Bithynien gestorben und sein Land durch Testament den
74 Römern zugefallen war, begann er denselben 74, um sich dieses Landes selbst zu bemächtigen. Er schlug den einen Konsul bei Chalcedon und belagerte das den Römern treu gebliebene Cyzicus, welches sich heldenmütig verteidigte, bis es der andere Konsul L. Licinius Lucullus 73 ent-
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setzte. Dieser aber ging zum Angriff über und vollendete in
siegreichen Kämpfen (72 bei Cabira am Lycus) bis 70 die 70
Eroberung des ganzen pontischen Reiches. Dann wandte er sich 69 gegen Tigranes von Armenien, welcher sein Reich auf Kosten des zerfallenen Syriens zu einer zweiten asiatischen Großmacht erhoben hatte und jetzt die Auslieferung feines zu ihm geflohenen Schwiegervaters Mithridates verweigerte, schlug ihn 69 bei Tigranocerta und im Jahre daraus nochmals 69
ans dem Marsche nach der zweiten Hauptstadt Artaxata.
Doch an weiterem Vordringen hinderten ihn seine meuterischen Soldaten, welche ihn zur Umkehr zwangen, und die beiden Könige konnten alles Verlorene wieder erobern.
3. Nunmehr im I. 66 rückte Po mp ejus von Cilkien aus 66 gegen Mithridates und zertrümmerte das pontische Heer vollständig in einem nächtlichen Überfall in der Nähe des Flusses Lycus
in der oberen Euphratgegend an der Stelle des später von ihm hier erbauten Nikopolis. Tigranes, gegen den sich sein gleichnamiger Sohn mit Hilfe der Parther erhoben hatte, unterwarf sich ihm freiwillig und empfing unter Verzicht auf seine Eroberungen sein armenisches Reich als Geschenk aus den Händen des Siegers zurück. Den flüchtigen Mithridates weiter nach feinem bosporanifchen Reiche zn verfolgen, gab Pompejus, nachdem er bis zum Kaukafus vorgedrungen war (Kämpfe mit Iberern und Albanern), auf und wendete sich nach Süden.
4. Hier ordnete er ohne Ermächtigung von seiten des Senates die Verhältnisse in der Weise, daß dem römischen Reiche außer dem durch Pamphylien und Jsaurien erweiterten Eilicien 2 ganz neue Provinzen hinzugefügt wurden: Pontns mit Bithyuieu und Syrien. Jndäa wurde nach Entscheidung der dortigen Thronstreitigkeiten zwischen den beiden Brüdern aus der Familie der Makkabäer Aristobulus (hellenistische Partei der Sadducäer) und Hyrkanus (alt-gläubige Partei der Pharisäer) zu Gunsten des als Hohenpriester eingesetzten Hauptes der letzteren tributpflichtig (Pompejus im Tempel zu Jerusalem). Außerdem umschloß das neue römische Provincialgebiet eine Reihe abhängiger Staaten, welche in ihrem Bestände zum Teil vergrößert, unter römischer Oberhoheit ihre heimischen Einrichtungen behielten (Königreiche Armenien, Kappadocien, Galatien mit Kleinarmenien unter Dejotarus, Paphlagonien, Kommagene; freie griechische Stadtgebiete an der pontischen und syrischen Küste; Priesterstaaten).
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5. Auf dem Marsche nach Jerusalem empfing Pompejus die Nachricht vom Tode des Mithridales. Er hatte in seinem bosporanischen Reiche nochmals ein Heer gerüstet, mit welchem er durch die Donauländer nach Italien einzudringen gedachte; aber seine hartbedrückten Unterthanen hatten sich unter Führung seines eigenen, vom Mißtrauen des Vaters verfolgten Sohnes Pharnaces gegen ihn erhoben. In seinem Palaste zu Pauticapäum eingeschlossen, gab sich der alternde Tyrann verzweifelnd selbst den Tod (63).
3 Dte Verschwörung des QTatiliim 65 — 62.
1. Pompejus wurde als der unbestreitbar mächtigste Mann im römischen Reich von der Senats- und Volkspartei in gleicher Weise gefürchtet; indem sie sich beide aber während seiner Abwesenheit heftiger denn je bekämpften, halfen sie der ihnen beiden unwillkommenen Monarchie die Wege ebenen. Im Mittelpunkte des Parteikampfes standen die Wahlen, deren Umtriebe zum großen Teil die Gesetzgebung und fortwährend neben den Repetundenprozeffen die Gerichte beschäftigten. Mit Mühe behauptete der Senat den Angriffen der Opposition gegenüber seine Stellung, zumal da nun auch die extremen Elemente, d. H. der Auswurf aller Gefellschaftsklassen, dem nicht an der Änderung, sondern an dem Umsturz aller staatlichen Ordnung gelegen war, das Übergewicht zu erlangen drohten.
2. An der Spitze dieser anarchischen Partei stand L. Sergius Catilina, aus einer herabgekommenen patricischen Familie, begabt und energisch, aber von früher Jugend an zu jedem Verbrechen fähig, nach seiner Henkerthätigkeit bei den Sullanischen Proskriptionen 77 Quästor, 68 Prätor in Afrika, wo er sich schwere Erpressungen zu schulden kommen ließ. Erbittert durch seine wiederholte Zurückweisung bei der Konsulwahl und getrieben durch seine zerrütteten Verhältnisse, stützte er seine Umstnrzpläne (1. Verschwörung 65) insbesondere auf die verdorbene und verschuldete vornehme Jugend. Trotz der Unterstützung eines Cäsar und Crassus unterlag er auch bei seiner
63 dritten Bewerbung um das Konsulat für 63 und zwar diesmal dem großen Redner Cicero, welcher mit C. Antonius gewählt wurde.
3. M. Tullius Cicero, geb. 106 bei Arpinum im Volskerlande als Sohn eines Gutsbesitzers ritterlichen Standes, war nach sorgfältiger wissenschaftlicher Ausbildung durch griechische Lehrer in Rom zuerst i. I. 80 als Sachwalter vor
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Gericht einem Günstling des Snlla entgegengetreten (oratio pro Roscio Amerino) und hatte dann in Griechenland seine Studien fortgesetzt. Nach seiner Rückkehr wurde er 75 Quästor in Si-cilien (Anklage gegen Vcrres 70), 69 Ädil, 66 Prätor (oratio de imperio Cn. Pompei). Als er 63 mit dem Konsulate das Ziel seines Ehrgeizes erreicht hatte, bemühte er sich vor allem bie Grundlagen der republikanischen Verfassung zu hüten; aber ohne eine scharf ausgeprägte politische Meinung zwischen den Parteien bett Strömungen bes Tages folgenb und betn Erfolge huldigend, war er nicht im stände, vermöge feiner Redegabe allein neben den entschlossenen Leitern der Ereignisse auf diefe einen bestimmten Einfluß zu gewinnen.
4. Von den Absichten der Verschworenen wohl unterrichtet (Fulvia, Curius) und vom Senate mit außerordentlicher Vollmacht bekleidet (21. Okt.), vereitelte Cicero einen abermaligen Versuch Catilinas, seine Wahl zum Konsul (für 62) mit Gewalt durchzusetzen, wie auch einen Mordversuch gegen feine eigene Person. Aber erst als er alle feine Pläne durch die Vorsichtsmaßregeln des Konsuls durchkreuzt sah und dieser ihn im Senat entlarvt hatte (1. Eatilinar. Rede 7. oder 8. Nov.), verließ Catilina die Stadt, um sich in Etrurien mit den Scharen bes Centurionen Manlius zu vereinigen (2. Catilinar. Rebe am folgenbeit Tage vor dem Volke). Während nun fein (burch Überlassung ber Provinz Macebonien gewonnener) Kollege Antonius mit einem Heere gegen bie Anfstättbifchett ausrückte, verhaftete Cicero bie burch bie Gesanbten ber gallischen Allo-broger uttb ihre Briefe verratenen Hanptverfchworenen, barunter bett Prätor Lentulus uttb bett Senator Cetheg us, in ber Stadt und überführte sie im Senate des Hochverrats (3. Catilinar. Rede, 3. Dez. vor dem Volke). Der Senat beschloß gegen Cäsars Rat auf das Drängen des M. Porcius Cato, des Urenkels und Nacheiferers des Cenforius, die Hinrichtung derselben (4. Catilinar. Rede 5. Dez.). Catilina selbst erlag Anfang 62 bei Pistoria in Etrurien nach verzweifelter 62 Gegenwehr?)
4. Das 1. Triumvirat 60 und Cäsars Konsulat 59-
1. Als Pontpejus Anfang 61 in Brnndisiurn mit seinem siegreichen Heere landete, entließ er dasselbe in kurzsichtiger Überschätzung seines Einflusses. Aber als einfacher Bürger vermochte er weder im Senat die Bestätigung seiner in Asien
*) Sallust. de conmratione Catilinae.
getroffenen Anordnungen, noch beim Volke die Landanweifungen für feine Veteranen durchzusetzen. In feinem Ehrgeiz gekränkt, ging er auf die Anträge Cäsars ein, ber sich jetzt nach feiner Rückkehr aus Spanien um bas Konsulat bes nächsten Jahres zu bewerben gebuchte. Dieser versöhnte ihn mit Craffus unb schloß mit beiben einen geheimen Bunb zu wechselseitiger Unterstützung ihrer Bestrebungen gegen bie Senatspartei (1. Triumvirat 60).
2. C. Julius Cäsar, geb. wahrscheinlich 100, aus alter patricischer Familie, hatte sich als Verwanbter bes Marius unb Cinna von Anfang an zur bemofratifchen Partei bekannt. Als Cinnas Schwiegersohn bem Sulla verdächtig („Caesari multos Marios inesse“) unb nur ungern von bemfelben ver-schout, hatte er zu beffen Lebzeiten mit Auszeichnung in Asien gebient. Nach dessen Tode bekundete er feine Gesinnung als Ankläger angesehener Optimalen und trat nach Vollendung feiner Studien auf Rhodus (Rhetor Molo — die Seeräuber) in bas Kollegium ber Pontifices ein. Als Quästor aus Spanien zurückgekehrt empfahl er bie lex Gabinia (wie später auch bie lex Manilia), um Pompejus, von bem er eine Verwanbte in zweiter Ehe geheiratet hatte, ben Optimalen zu entfremben. Nach bem er 65 curulifcher Äbil (Wieberanfrichtung ber von Sulla zerstörten Siegeszeichen unb ber Bilbsäule bes Marius auf bem Kapitol — glanzenbe Spiele) unb 62 Prätor gewesen war, ging er im folgenben Jahre als Proprätor (Bürgschaft bes Craffus) nach bem jenseitigen Spanien.
3. Als Cäsar neben bem unbebeutenben Kandidaten der Optimaten Bibulus zum Konsul für 59 gewählt war („Julio et Caesare consulibus“), hatte die Volkspartei endlich ihr anerkanntes Haupt gewonnen und zwar in dem genialsten Staatsmann und Feldherrn Roms. Alsbald fetzte er beim Volke hauptsächlich zur Versorgung der Veteranen des Pompejus (in Campanien) ein Ackergesetz und außerdem die Bestätigung der Einrichtungen des Pompejus, feines nunmehrigen Schwiegersohnes, burch. Die Ritter gewann er burch ben jetzt vom Volke ausgesprochenen Nachlaß an ben Pachtfnmmen ber asiatischen Steuerpächter, zur Genugthuung bes Craffus, ber sie bisher vergeblich im Senate vertreten hatte. Für sich selbst enblich erreichte er bie Übertragung ber Statth alter-fchaft bes cisalpinifchen Galliens unb Jllyricnms mit 3 Legionen auf 5 Jahre burch Volksbeschluß; ber Senat fügte noch bie Gallia Narbonensis unb eine 4. Legion hinzu.
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Hierdurch gewann Cäsar zur Sicherung seiner weiteren Absichten die Möglichkeit, sich kriegerische Lorbeeren und die Ergebenheit eines kriegsgeübten Heeres zu erwerben.
4. Zu Konsuln für das folgende Jahr wurden zuverlässige Anhänger der Machthaber gewählt (Cäsars Schwiegervater Piso und Gabinius). Zur Wahrung seines Einflusses in der Stadt während seiner Abwesenheit und zur weiteren Bekämpfung der Aristokratie bestimmte Cäsar insbesondere den mit der Senatspartei und besonders mit Cicero zerfallenen Volkstribunen P. Clodius Pülcher, einen frechen Demagogen patriüfchen Standes, welchem er selbst als Oberpontifex den Übertritt zur Plebs erleichtert hatte. Derselbe brachte nach einer Reihe agitatorischer Gesetze noch vor Cäsars Abreise den auf den lästigen Redner Cicero gemünzten Antrag ein: ut, qui civem Romanum indemnatum interemisset, ei aqua et igni interdiceretur, vor dessen Annahme Cicero die Stadt verließ (58). Darauf wurde feine Verbannung durch Volks-befchluß zu einer gesetzlichen gemacht, sein Vermögen eingezogen, sein Haus niedergerissen. Den anderen Vorkämpfer der Senatspartei, Cato, wnßte er durch einen außerordentlichen Auftrag des Volkes (Einrichtung Cyperns als Provinz) aus Rom zu entfernen.
5. Die Eroberung Galliens durch Cäsar 58—51.
Das noch unabhängige Gallien war das Hauptland der längst im Sinken begriffenen keltischen Macht und Kultur. Die Gallier waren in viele kleine Stämme zerspalten, die bei aller Lebendigkeit des Nationalgefühls nicht nur jedes festeren politischen Zusammenhanges (Gauverfassung), sondern auch der Eintracht innerhalb der einzelnen Gaue,. Gemeinden und Familien entbehrten (Vorherrschen der kriegerischen Ritterschaft über das in Hörigkeit versunkene Volk). Das einzige, doch lockere Band zwischen den kleinen gallischen Staaten bildete die Priesterherrschaft der Druiden (Aberglaube, Menschenopfer). Tapfer, aber unbesonnen und wankelmütigen Sinnes, suchten die Gallier in einem abenteuerlichen Kriegerleben am liebsten Befriedigung ihrer Ruhmsucht und Eitelkeit.
1. Bei feiner Ankunft in Gallien fand Cäsar zwei Nachbarvölker in einer auch seiner Provinz gefährlichen Bewegung begriffen. Die keltischen Helvetier hatten ihre bisherigen Wohnsitze zwischen Genfer- und Bodensee verlassen, um im westlichen Gallien neue zu suchen, und die von den Sequa-nern gegen die Hädner herbeigerufenen Heerhaufen des germanischen Suebenfürsten Ariovist hatten diese zwar besiegt, aber einen großen Teil des Landes selbst eingenommen. Cäsar schlug 58 die Helvetier bei Bibracte (Autuu), den Ario- 58
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öift am Oberrhein (im Elsaß) und zwang beide zur Rückkehr in ihre Heimat.
2. Im I. 57 überwand er in harten Kämpfen die vereinten belgischen Stämme (Nervierschlacht am Sabis = Sambre) und 56 die Küstenvölker der Normandie und Bretagne, besonders die seetüchtigen Veneter, sowie die Aqni-tanier. Nachdem er sodann in den nächsten 3 Jahren zur Sicherung seiner Eroberungen je 2 Züge nach Britan-niert und über den Rhein gegen die Germanen unternommen 52 hatte, warf er 52 einen Aufstand fast aller gallischen Stämme unter dem Arverner Vercingetorix nieder (Belagerung von Gergovia und Einnahme von Alesia). Damit war Gallien endgültig für die römische Herrschaft und Kultur gewonnen und zugleich das Werk des Marius, die Sicherung der römischen Nordgrenze vollendet?)
6 Die Anarchie und die Auflösung des Triumvirates 58—52.
1. Unterdessen hatten sich die in Rom zurückgebliebenen Triumvirn, der unbeholfene Po mp ejus, wie der unthätige Crafsus, der übernommenen Ausgabe durchaus nicht gewachsen gezeigt, so daß der übermütige Clodius es sogar wagen konnte, dem Pompejus entgegenzutreten und für Aufhebung der Gesetze Cäsars zu agitieren, indem er zugleich die Hauptstadt durch bewaffnete Banden in fortwährender Aufregung hielt. Die Folge war, daß gerade der bessere Teil der Bürgerschaft, die Bevölkerung der Landstädte, vollends dem hauptstädtischen Treiben und der Teilnahme an den Komitien sich entfremdete und diese ganz dem Pöbel und seinen frechen Demagogen überließ. Hierdurch ließ sich Pompejus bestimmen, in die von der Senatspartei eifrig betriebene Zurückberufung Ciceros zu willigen, welche indessen nur mit Hilfe der Fechterbanden des Tribunen T. Armins Milo gegen Clodius in den Komitien durchgesetzt werden konnte (Ciceros Rückkehr 4. Sept. 57). Allein die Straßenkämpfe bauerten fort, und der Senat schiert sich, gestützt auf bie unzufriedene Stimmung ber Bürgerschaft, zum Widerstande gegen die unthätigen Machthaber aufraffen zu wollen.
2. Deshalb beeilte sich Cäsar, dem die Unentschlossenheit des Pompejus die thatsächliche Leitung überließ, die zwischen diesem und Craffus eingetretene Verstimmung zu heben und auf einer Zusammenkunft zu Luca (in seiner diesseitigen
*) Vgl. Caes. commentarii de bello Gallico.
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Provinz) 56 das Triumvirat aufs neue zu bekräftigen (in 56 Anwesenheit von 200 Senatoren und 120 Liktoren). Die hier gefaßten Beschlüsse wurden rücksichtslos durchgeführt: Pom-pejus und Crassus wurden nicht ohne Gewalt zu Konsuln für 55 gewählt und ihnen für die 5 folgenden Jahre die 55 Provinzen Spanien und Syrien übertragen, Cäsar auf Antrag der beiden Konsuln seine Statthalterschaft auf weitere 5 Jahre verlängert.
3. Aber trotzdem begann der Bund, bereits gelockert durch den Tod der Julia 54 und des Crassus 53, der im Par 53 therfrieg bei Karrhä Schlacht und Leben verlor, sich allmählich zu lösen. Pom pejus, nur darauf bedacht, mit fremder Hilfe die ihm nach seiner Überzeugung gebührende erste Stellung im Staate zu behaupten, ließ seine Provinz durch seine Legaten verwalten und blieb in der Nähe von Rom. Eifersüchtig und mißtrauisch auf Cäsars steigenden Ruhm, suchte er Anlehnung an die Senatspartei und fand sie, als die maßlose Anarchie (gewaltsame Wahlstörungen) mit der Ermordung des Clodius durch Milo (bei einer Begegnung ihrer Banden auf der via Appia) ihren Höhepunkt erreichte. Als ihn der Senat infolge davon 52 zum alleinigen Konsul (consul sine 52 collega) mit diktatorischer Gewalt zur Herstellung der Ordnung (lex de vi et ambitu, Milos Verurteilung trotz Ciceros glänzender Verteidigung) ernannte, war der Bruch zwischen Pompejus und Cäsar entschieden.
3. Der Kampf um die Alleinherrschaft: 2. Bürgerkrieg
49—45
1. Cäsar und Pompesus 49—48.
1. Um angesichts der bedrohlichen Verbindung seines nunmehrigen Gegners mit der Senatspartei sich seine Zukunft zu sichern, forderte Cäsar die Erlaubnis, sich abwesend um das Konsulat für 48 bewerben zu dürfen, zumal da Pompejus sich selbst durch einen neuen Volksbeschlnß die spanische Statthalterschaft auf fernere 5 Jahre verlängern ließ. Während Cäsars Gegner den Kampf gegen dessen Ausnahmestellung eröffneten, verstand es dieser durch gewandte Anhänger in Magistratur und Tribunat ihre Beschlüsse zu vereiteln und durch Gegenanträge sie geschickt ins Unrecht zu setzen. Auf Veranlassung des Pompejus beschloß der Senat endlich nach langen Unterhandlungen am 1. Januar 49, daß Cäsar sein Im- 49 pertunt niederlegen und sein Heer entlassen sollte, worauf der von Casar bestochene Tribun Curio es durchsetzte, daß die
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gleiche Forderung auch an Pompejus gestellt wurde. Da wandte sich Cäsar mit einem letzten Vorschlag drohend an den Senat; derselbe erklärte jedoch gegen den Einspruch der Tribunen Antonius und Cassius den Kriegszustand. Diese flohen mit Curio zu Cäsar nach Ravenna, und Cäsar, die Verletzung derselben als willkommenen Rechtsgrund vorschützend, 49 überschritt noch im Januar 49 mit der ihm zunächst zu Gebote stehenden Legion den Rubicon, den Grenzfluß feiner Provinz, um durch rasches Handeln den Rüstungen der Feinde zuvorzukommen („iacta alea esto“).
2. Rasch und ohne erheblichen Widerstand rückte er in Italien vor und zwang den überraschten Pompejus, der sofort nach Ausbruch des Krieges mit den Konsuln und einem großen Teil der Senatoren und Magistrate Rom aufgegeben hatte, sein Heer von Brnndisium nach Griechenland überzusetzen. In 2 Monaten Herr der ganzen Halbinsel, begab er sich nach Rom und bemächtigte sich hier des Staatsschatzes. Hierauf ging er zunächst auf dem Landwege (Massilia) nach Spanien 49 und brachte hier 49 die Legaten Afranins und Petre-jus mit den Pompejanischen Veteranenlegionen nach harten Kämpfen bei Jlerda zur Ergebung. Während seine Legaten Sicilien, Sardinien und Corsica den Pompejanern entrissen, endete freilich ein Angriff seines Legaten Curio auf Afrika, namentlich durch den König Juba von Numidien, mit der Vernichtung des Heeres und dem Tode seines Führers. Die ihm übertragene Diktatur nahm Cäsar erst an, als er Ende Nov. nach Rom zurückkehrte, um sie jedoch nach den notwendigsten Anordnungen mit dem gesetzmäßigen Konsulate zu vertauschen.
3. Pompejus hatte die ihm gegönnte Frist dazu benützt, um in seinem Hauptquartier Thessalonich in Mace-bonien eine Gegenregierung (Senat von 200 Mitgliedern, darunter auch Cicero) unb mit ben reichen Mitteln ber ihm ergebenen östlichen Provinzen eine überwältigenbe Streitmacht zu Wasser unb zu Laube zu bilben (11 Legionen, 7000 Reiter, 500 Kriegsschiffe). Dahin zog ihm jetzt Cäsar nach; er lanbete mit seinen 9 Legionen im Januar 48 an ber epi-rottfchen Küste, erlitt aber bei Dyrrachium eine Nieberlage. Da wanbte er sich in kühnem Zuge noch Thessalien, wohin ihm Pompejus nach längerem Zögern folgte. Hier kam 48 es bet Pharsalus (Aug. 48) zur Entschetbungsschlacht, in welcher Pompejus trotz seiner Übermacht erlag. Er floh mit
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wenigen Getreuen nach Ägypten, wurde aber von den dortigen Machthabern verräterischerweise ermordet.
2. Der Alexandrinische und der Pontische Krieg 48—47.
1. Bald darauf kam Cäsar mit geringen Streitkräften nach Ägypten und entschied in Alexandria einen nach dem Tode des Ptolemäus Auletes zwischen dessen Kindern Ptole-mäus und Kleopatra ausgebrochenen Thronstreit zu Gunsten der letzteren, geriet aber dadurch in einen höchst gefährlichen Kampf mit dem für ihren Bruder sich erhebenden Volke.
5 Monate lang verteidigte er sich in der Königsburg und im Theater, und wenn es ihm auch gelang die feindliche Flotte in Brand zu stecken (Untergang der Alexandrinischen Bibliothek), so rettete ihn doch nur die Ankunft von Verstärkungen, welche ihm noch zu rechter Zeit Mithridates von Pergamum aus Syrien und Cilicieu fandte. Mit ihrer Hilfe schlug er das königliche Heer am Nil, in welchem Ptolemäus auf der Flucht ertrank. Die Regierung ging unter Roms Oberhoheit an dessen jüngeren Bruder und Kleopatra über.
2. Mit den syrischen Hilfstruppen eilte Cäsar gegen den König Pharnaces, den Sohn des Mithridates, der während des Bürgerkrieges sich in den Besitz seines väterlichen Reiches in dessen früherem Umfang gesetzt hatte. In schnellstem Marsche erreichte und fchlug er ihn 47 bei Zela in Pontus („veni, vidi, vici“). Das bosporanifche Reich kam an dessen Halb-brnder Mithridates von Pergamum.
ß. Die Niederlage der Pompejaner in Afrika und Spanien 46—45.
1. Noch vor Ende des Jahres 47 fetzte Cäsar nach
Afrika über, wo die republikanische Partei in Verbindung mit
dem Numidierkönige Juba inzwischen, was sie an Streitmitteln und hervorragenden Namen noch besaß, zu einem nochmaligen verzweifelten Kampfe vereinigt hatte. Durch die blutige Schlacht bei Thapfus (Febr. 46) wurden die letzten 46 Hoffnungen der Republikaner vernichtet, deren Häupter Metellns Scipio, des Pompejus Schwiegervater, Cato (zu Utica: „Mi ceusis") n. ct., auch Juba, sich selbst den Tod gaben. Nu-
midien wurde zum größeren Teil der Provinz Afrika, zum
anderen dem König von Mauretanien zuerteilt.
2. Des Pompejns Söhne, Gnäus und Sextus, und Cäsars früherer Legat La bien ns entkamen nach Spanien, wo sie ein Heer von 13 Legionen sammelten. Nach der Feier eines vierfachen glänzenden Triumphes über Gallien und Ägyp-
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ten, Pontus und Afrika unterbrach Cäsar seine schon in der Ausfuhrung begriffenen Reformen und kam seinen Legalen» welche dem Feinde nicht zu widerstehen vermochten, zu ^>ilfe. Bei Munda im südlichen Spanien in einer furchtbar heißen' 45 lange schwankenden Schlacht (März 45) vernichtete er auch die letzten Reste der Pompejaner; Labienus wurde in der Schlacht, Cn. Pompejns auf der Flucht getötet, S. Pom-pejus rettete sich in das nördliche Gebirgsland, um fortan ein uustätes Seeräuberleben zu führen.
4. Cäsars Alleinherrschaft unb Sturz 44.
1. Ohne seine Siege durch Handlungen der Rache zu entweihen, fuhr Cäsar nach seiner Rückkehr in Rom fort, vermöge der ihm schon vorher verliehenen außerordentlichen und überdies mit äußeren Ehren aller Art geschmückten Gewalt (seit 46 Diktator aus 10 Jahre und dann aus Lebenszeit, praefectus morum, 45 Konsul aus 10 Jahre — Purpurgewand und Lorbeerkranz, Goldsessel, Münzen mit seinem Bild u. a.) durch die Wiedervereinigung der getrennten Befugnisse der höchsten republikanischen Magistraturin seiner Hand die Grundlage einer neueu monarchischen Staatsordnung zu legen. Kern und Quelle der sich bildenden monarchischen Gewalt waren das höchste militärische Imperium (Imperator unmittelbar hinter dem Namen) mit der Verfügung über die Provinzen und bk tribunicia potesta^s, welche ihm nicht nur die persönliche Unverletzlichkeit auf Lebenszeit, sondern auch mit dem Rechte der Jn-terceffion gegen die Gesetzgebung und alle Amtshandlungen der übrigen Magistrate eine Reihe positiver Befugnisse verlieh (vgl. S. 99).
Die Verfassung erlitt hiernach innerlich wesentliche Veränderungen: Der Senat wurde aus den Anhängern Cäsars auf 900 Mit-glieber ergänzt und zu einem Staatsrat des Monarchen für die Vorbereitung der Gesetze im Sinne desselben umgestaltet. Die Komitien blieben bestehen, standen aber unter dem unbedingten Einfluß des Diktators in bezug auf die Wahlen, wie aus die Gesetzgebung. Die streng beaufsichtigten Magistrate, fortan im wesentlichen nur noch Municipal-, nicht Reichs-amter, wurden vermehrt (16 Prätoren, 40 Quästoren) und dadurch der Ehrgeiz vreler befriedigt, aber auch die Verwaltung gefordert, die Provinzen insbesondere gegen die Raubgier der Statthalter und römischen Kapitalisten geschützt (Aufhebung der Steuerverpachtung, Festsetzung der Dauer der Statthalterschaften), vielen außeritalischen Städten, auch den Trans-padanern das römische Bürgerrecht erteilt (Anbahnung der Gleichstellung der Provinzen mit Italien: Mittelmeermonarchie).
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Die Wirkungen dieser durchgreifenden Reformthätigkeit erfuhren auch: die Rechtspflege durch Beseitigung der Ärartribunen und gleichmäßige Verteilung der Richterstelleu unter Senatoren und Ritter, durch Begründung einer Appellationsinstanz in der Perfon des Monarchen; die Finanzen, indem sie seiner Verfügung und Aufsicht unterstellt und durch Beschränkung der Getreideempsänger (von 320,000 auf 150,000) 'entlastet wurden; die sozialen und sittlichen Verhältnisse durch Verminderung des hauptstädtischen Proletariats (Ausführung zahlreicher Kolonien, großartiger Bauten, Milderung des Schuldwesens), durch leges de vi et maiestate, Gesetze gegen Verschwendung, Ehebruch und Ehescheidung; die Verkehrsordnung durch die Ordnung des arg verwirrten Kalenders (Sosigenes: Julianischer Kalender).
2. Allein die Aristokraten konnten den Verlust der Herrschaft nicht vergessen; zum offenen Kampfe zu schwach, bildeten sie (etwa 60 Senatoren), das scheinbare Streben Cäsars nach der verhaßten Königswürde zum Vorwand nehmend (Anbieten des Diadems durch M. Antonius an den Lupercalia), eine Verschwörung. An der Spitze derselben standen der ehrgeizige C. Cassius und dessen von Cäsar besonders geschätzter Schwager M. Junius Brutus, ein stoischer Idealist, beide frühere Pompejaner (außerdem Decimus Brutus, C. Trebonius u. a.). Obwohl durch üble Vorzeichen und die Bitten seiner Gemahlin Calpurnia dringend gewarnt, begab sich Cäsar doch am 15. März 44 in die Senatssitzung in der Kurie des Pom- 44 pejus. Hier sauk er von 23 Dolchstichen der Verschworenen durchbohrt an der Bildsäule des Pompejus zusammen.
3. Der Ausgang der Republik: 3. Bürgerkrieg 44—31.
1. Das 2. Uriummrat und die Niederlage der Wepuökikaner
43- 42.
1. Cäsars Ermordung stürzte Rom aufs neue in die Wirren des Bürgerkrieges. Die Ratlosigkeit der Verschworenen, die sich in der Wirkung ihrer unbesonnenen That bitter getäuscht sahen (Flucht des Senates, kühle Aufnahme ihres Aufrufes zur Freiheit beim Volke) und zunächst auf dem Kapitol Sicherheit suchten, benützte der thatkrästige und verschlagene, aber leichtfertige M. Antonius, Cäsars Freund und Konsul des Jahres, entschlossen und geschickt zu ihrem Verderben. Er bemächtigte sich sosort des Staatsschatzes und des Nachlasses, auch der Papiere Cäsars und trat mit M. Ämilius Lepidus, dem Magister equitum des ermordeten Imperators, in Verbindung, welcher, im Begriffe nach seinen Provinzen (Gallia Narbon. und das nördliche Spanien) abzugehen, mit seinen Truppen vor der Stadt lag.
2. Darauf überredete er in scheinbar versöhnlicher Stimmung gegen die Mörder (Amnestie) den Senat zu dem Beschlusse (17. März), daß Cäsars Anordnungen in Gültigkeit bleiben sollten. Durch die Erössnung von Cäsars Testament und durch seine Leichenrede auf Cäsar entflammte er die Wut des Volkes dermaßen, daß die Verschworenen Rom verließen. Vom Volke ließ er sich dann an Stelle Macedoniens das bereits von D. Brutus übernommene cisalpinische Gallien übertragen, um es zum Stützpunkt seiner weiteren Pläne zu machen; denn während er diesen in Mutiua (Mutinensischer Krieg
43 44 43) mit seinen makedonischen Legionen belagerte, gewann
in Rom infolge eines Zwiespalts unter den Cäsarianern die republikanische Partei die Oberhand.
3. Als Mitbewerber um die Erbschaft Cäsars war unterdessen der 19jährige C. Julius Cäsar Octa-vianus (geb. 63), Sohn des C. Octavius und der von Cäsar adoptierte Enkel seiner Schwester, von Apollonia, von wo er seinen Großoheim in den beabsichtigten Partherkrieg begleiten sollte, nach Rom gekommen. Die Veteranen Cäsars hatten den kühnen Jüngling schon unterwegs als dessen Rächer und den natürlichen Vertreter ihrer Ansprüche freudig begrüßt; die Gunst des Volkes hatte er bald durch Veranstaltung der von Cäsar gelobten Spiele und Zahlung der von ihm ausgesetzten Legate aus seinem eigenen Vermögen gewonnen und durch sein vorsichtiges uud zurückhaltendes Auftreten dem Senate gegenüber in den Optimaten die Hoffnung erweckt, daß sie in ihm, wenn nicht ein Werkzeug, so doch einen Bundesgenossen gegen den verhaßten Antonius finden würden.
4. Cicero, der als Wortführer des Senates die Repnb-lif zum zweiten Male retten zu können meinte, bewirkte als heftigster Gegner des Antonius (seine 14 orationes Philip-picae), daß der Senat dem Octavian als Proprätor neben den Konsuln A. Hirtius und C. Vibius Pansa den Krieg gegen Antonius übertrug. Durch die siegreiche Schlacht unter den Mauern von Mutina (April'43) wurde D. Brutus entsetzt; er folgte dem Antonius, welcher nach dem jenseitigen Gallien flüchtete, um sich mit Lepidns zu vereinigen.
5. Jetzt nachdem Octavian mit Hilfe der Optimaten so hoch gestiegen war, daß ihn auch Antonius als ebenbürtigen Mitbewerber anerkennen mußte, wechselte er die Rolle, zumal da der mißtrauische Senat Miene machte, ihn bei Seite zu schieben.
An der Spitze von 8 Legionen (Hirtius und Pansa gefallen)
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zog er gegen Rom und erzwang hier nicht nur das Konsulat, sondern auch die gerichtliche Verfolgung der Cäsarmörder. Notgedrungen fügte man sich auch den 3 Machthabern, Octa-vian, Antonius, Lepidns, als sie, zusammen über 43 Legionen gebietend, nach vorherigen geheimen Verhandlungen sich 43 auf einer Insel (des Lavinins oder Remis) bei Bo- 43 nonia zum 2. Triumvirate rei publicae consti-tuendae für 5 Jahre vereinigten, welches nach ihrem Einzüge in Rom durch tribunicisches Gesetz vom Volke bestätigt wurde. Zur Sicherung ihrer Herrschaft und Beschaffung der für ihre Soldaten nötigen Geldmittel veranstalteten sie grausame Proskriptionen ihrer angesehensten Gegner, denen unter einer großen Anzahl von Senatoren und Rittern auch Cicero zum Opfer fiel (auf dem Wege von seinem formianifchen Landgut nach Cajeta).
6. Während Lepidus in Rom blieb, zogen Antonius und Octavian 42 gegen die Republikaner unter M. Brutus und Ca ff in s. Diese hatten sich ihrer Provinzen Macedonien und Syrien bemächtigt und mit den reichen Mitteln des Ostens ein großes Heer zusammengebracht; sie standen vereint in festen Stellungen in der Nähe der makedonischen Stadt Philippi, als die Cäsarianer ihnen entgegentraten. Der erste Kampf war den Republikanern günstig, aber Caffius, der ihn verloren glaubte, tötete sich selbst; eine zweite Schlacht, welche Brutus 20 Tage später wagte, endete mit der gänzlichen Niederlage seines Heeres; er selbst gab sich ebenfalls den Tod (42). 42
2. I>er Gntscheidungskampf um die Monarchie 42 — 31.
1. Nach der Schlacht trennten sich die Sieger: Antonius ging nach dem Osten, um mit der Unterwerfung und Bestrafung der abgefallenen Provinzen zugleich die Mittel zur Befriedigung seiner Soldaten zu gewinnen; er geriet aber bald in die Netze der ägyptischen Königin Kleopatra, an deren Hofe zu Alexandria er in üppiger Unthätigfeit sich selbst vergaß. Octavian dagegen kehrte nach Italien zurück, um hier vor allem seine zahlreichen Veteranen mit Ländereien zu versorgen.
2. Die Not und Erbitterung der hierdurch hart betroffenen Bevölkerung versuchten seine erbittertsten Feinde, des Antonius herrschsüchtige Gattin Fulvia und dessen Bruder, der Konsul L. Antonius, zu seinem Sturze zu benützen; doch wurde dieser bald mit seinen Truppen in der etruskischen Berg-
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stadt Perusia eingeschlossen und gezwungen, sich zu ergeben
42-41 (Perusinischer Krieg 42-41). Schon jetzt drohte ein Bruch zwischen Antonius und Octavian, der indessen 40 durch den Vertrag von Bruudisium 40 nochmals vermieden wurde: Antonius behielt alles Land östlich von Skodra in Jllyrien, Octavian den Westen und Lepidus, auf den man keine sonderliche Rücksicht zu nehmen brauchte, Afrika (Vermählung des Antonius mit Oetavia, der Schwester Octavians).
39 3. Ergänzt wurde dieses Abkommen 39 durch den Ver-
trag mit S. Pompejus, der mittels seiner Flotte und im Besitze Siciliens die Verproviantierung Roms in der Hand hielt, zu Misenum: notgedrungen wurde demselben die Herrschaft über ©teilten, Sardinien, Corsica und auch Achaja gewährleistet gegen die Verpflichtung, Rom mit Getreide zu versorgen. Aber bei der Verschiedenheit der Ansprüche der Machthaber mußte es bald zu neuen Feindseligkeiten kommen. Zunächst machte Octavian im Einverständnis mit Antonius der Machtstellung des S. Pompejus ein Ende (Statischer Krieg 38—36 38 — 36): derselbe erlag 36 Octavians ausgezeichnetem Feldherrn M. Vipsanins Agrippa in der Seeschlacht bei Nau-lochus (unweit Messana). Pompejus entfloh nach Asien, wo er im folgenden Jahre durch einen Legaten des Antonius seinen Tod fand. Lepidus, der jetzt mit einem Male Anspruch auf Sicilien erhob, wurde nach dem Abfall seiner Legionen zu Octavian seiner Macht und Würde entkleidet (f i. I. 13 als Oberpontifex).
4. Der Entscheidungskampf um die Monarchie zwischen Octavian und Antonius war jetzt nur noch eine Frage der Zeit. Antonius selbst kam dem Herrn des Westens entgegen, nunmehr auch die Herrschaft des Ostens zu erwerben. In Trägheit und sinnlose Schwelgerei versunken, ließ er sich nach einem schmachvoll geführten Krieg gegen die Parther verleiten, nicht nur die Kinder der Kleopatra mit römischen Provinzen auszustatten, sondern auch ihr zu Liebe durch Verstoßung seiner edlen Gattin Octavian selbst zu beschimpfen. Da erklärte der Senat der Kleopatra den Krieg und sprach dem Antonius die Machtbefugnis des Triumvirates ab.
5. In der Seeschlacht bei Aktium am südlichen Etn-31 gange zum ambracischen Meerbusen wurde am 2. Sept. 31 das
Schicksal der Republik durch den Sieg des Agrippa für
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immer entschieden (vorzeitige Flucht der Kleopatra). Antonius, im nächsten Jahre zum zweiten Male bei Alexandria geschlagen, ging bei der Kunde von dem angeblichen Tode der Kleopatra dieser im Tode freiwillig voran. Octavian aber kehrte, nachdem er Ägypten als römische Provinz eingerichtet hatte, 29 nach Rom als Alleinherrscher zurück 29 (Triumph und Schließung des Jauustempels).
3. Pas Principal.
1. Begünstigt durch das allgemeine Friedensbedürfnis und unterstützt durch den Rat und die Thätigkeit namentlich des M. Vipsauius Agrip.pa (f 12) auf militärischem und des C. Cilnins Mäeenas (f 8) auf politischem Gebiete, vollendete Octavianus mit ebenso großer Zurückhaltung als Beharrlichkeit die Umwandlung des römischen Staates in eine Monarchie auf den von Cäsar geschaffenen Grundlagen. Dieselbe begann, als Octavian am 13. Januar
27 feine außerordentliche triumvirale Gewalt an Senat und 27 Volk zurückgab und dafür am 16. desselben Monats vom Senat den bedeutungsvollen Beinamen Angustus empfing.
2. Die neue Herrschaft beruhte thatsächlich auf dem lebenslänglichen militärischen Imperium, welches als pro-konf ul arische Gewalt gefaßt wurde und feinern Inhaber sowohl den ausschließlichen Oberbefehl über die Militärmacht des gesamten Reiches wie die Oberstatthalterschaft über alle Provinzen mit dem Rechte über Krieg und Frieden verlieh (Jmperatortitel unter Ablegung des Geschlechtsnamens als Vorname: Imperator Caesar divi Juli filius); rechtlich auf dem von 32—23 ununterbrochen bekleideten Konsulat (und zwar mit Einschluß der censorischen Befugnisse: 28 Census mit seinem Kollegen Agrippa), seit 23 insbesondere auf der 23 (nach Senatsbeschluß durch die Centuriatkomitien schon 36) auf Lebenszeit ihm übertragenen tribunicischen Gewalt (von da an Zählung der Regierungsjahre).
3. Die tribunicia potestas unterschied sich von derjenigen der gewöhnlichen Volkstribunen durch den Wegfall der zeitlichen und örtlichen Schranke, sowie des kollegialischen Einspruches, und unschwer ergab sich aus dieser wahrhaft demokratischen Gewalt eine Reihe tiefgreifender Befugnisse für die Civil-regierung. Als Pontifex Maximus vereinigte Augustus seit 12 auch die höchste priefterliche Gewalt mit der magistratischen. Als Principat bezeichnet, stellt sich die Macht-
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stellung des neuen Herrschers im Grunde dar als eine zwischen dem Senat (consilium priucipis) und dem Prineeps (dem ».ersten Bürger") als Vertrauensmann des souveränen Volkes geteilte Herrschaft, wenn auch in Wirklichkeit die persönliche Thätigkeit des Princeps im Mittelpnnkt der ganzen Reichsverwaltung steht.
Von den Provinzen übernahm Augustus nur diejenigen in unmittelbare Verwaltung durch legati Augusti pro praetore, welche einer dauernden militärischen Besatzung bedurften, die übrigen verwaltete der Senat durch Prokonsuln (kaiserliche und senatorische Provinzen; procuratores; fiscus und aerarium). Alle Provincialbeamten waren fest besoldet. Das System der Verpachtung hörte für die Grund- und Kopfsteuer (vectigal, tributum) auf, für deren gerechte Verteilung ein Census der Provinzen die Grundlage 'bot (Straßenbauten: milliarium aureum, Reichspost).
Das Werk Cäsars fortsetzend, vollendete Augustus die Entwickelung des besoldeten stehenden Heeres: 25 Legionen mit bestimmten Zahlenbezeichnungen, Beinamen und Standquartieren, mit den Auxiliar-truppen zus. 250,000 M.; dazu 9 cohortes praetoriae ä 1000 M. in Rom und Italien unter 2 praefecti praetorio, außerdem in Rom 3 cohortes urbanae und 7 coh. vigilum; der praefectus urbi mit Polizei-und Krimina lgerichisbarkeit. Die Nichtbürger waren der Dienstpflicht (20 Jahre) unterworfen, aber von den Offiziersstellungen ausgeschlossen. Die Flotte lag in den Kriegshäfen von Ravenna und Misenum.
Kultur: Litteratur und Kunst.
1. Während römische Kolonisten, Beamte, Geschäftsleute und Soldaten römische Kultur und Sprache über das Reich verbreiteten, strömten in Rom, der beherrschenden Weltstadt, alle Völker, aber auch alle Götter und alle Kultureinflüsse der alten Welt zusammen, um sich zu fortschreitender Auflösung römischen Wesens zu vereinigen. Die Versuche des Augustus zur Herstellung der verfallenden Staatsreligion und der Sitten (Tempelbauten, Luxus- und Ehegesetze) konnten den Verfall auf die Dauer nicht aufhalten (Eindringen orientalischer Götterdienste und griechischer Aufklärung).
2. Dagegen hatte sich die Litteratur immermehr Rang und Ansehen in der höheren Gesellschaft erworben. Vor allem gelangte die R ech t s -Wissenschaft (Scaevolae) und in Verbindung mit namentlich zu Athen und Rhodus betriebenen rhetorischen und philosophischen Studien (Ausweisung der Philosophen und Rhetoren aus Rom 161: Einwurzeln der stoischen Lehre durch Pauätius; Cicero Eklektiker) die Beredsamkeit zu hervorragender Bedeutung (die beiden Gracchen, L. Lieiuius Crafsus, Antonius, Brutus, besonders Hortensius). Ihre höchste Vollendung erreichte die letztere durch Cicero, den Schöpfer der klassischen römischen Schriftsprache.
3. Hiermit hing auch die Ausbildung der Geschichtschreibung zusammen, welche C. Sallustius Crispus (86—34) aus Amiternum im Sabinerlande auf Grund unparteiischer Auffassung der Zeitgeschichte zu kunstmäßiger Darstellung erhob. Cäsar verzichtete in seinen klar und elegant geschriebenen militärischen Berichten auf besonderen Redeschmuck. Cornelius Nepos, ein Freund Ciceros, schrieb verloren gegangene
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libri illustrium virorum; bie noch erhaltenen vitae excellentium im-peratorum sinb vielleicht ein Auszug aus einem grösseren SBerfe. Ausgezeichnet burch vielseitige Gelehrsamkeit war M. Terentius Varro (116—27), ber größte Polyhistor bes römischen Altertums.
4. Die Teilnahme an ber tragischen Dichtung versiegte zwar nicht, wohl aber bie schöpferische Kraft. Erst als sich bie feinere attische Komöbie ausgelebt hatte, brachte bie fabula togata auch bas nationale Leben in heiterer Darstellung auf bie Bühne (Theater bes Pompejus 55); sie wnrbe inbessen sehr balb burch bie gemeine unteritalische Posse, erst burch bie ausgelassenen &t eil anen, bann burch ben frechen Mimus, verbrängt.
5. Die zwanglose, echt römische Satire empsing ihr klassisches Gepräge durch ben welterfahrenen unb hochgebilbeten C. Lu ei lins (180—103), ber bie Fehler feiner Zeit aus allen Lebensgebieten mit schonungslosem Spotte geißelte. T. Lucr etius Carus (98-51) suchte feine Zeitgenossen in seinem großartigen Lehrgebichte de rerum natura burch bie stieb-selige Sehre ber epikureischen Philosophie von der brückenben Götterfurcht zu befreien. Der heißblütige Veroneser C. Valerius Catullus (geb. 86) dagegen, die liebenswürdigste und genialste Dichternatur der Cäfarifchen Zeit, huldigte nur der Schönheit und dem Lebensgenüsse.
6. Durch die Alleinherrschaft des Augustus aus ihrer natürlichen Bahn gedrängt, warfen sich die burch bas Glück bes Friebens unb das Bewußtsein ihres weltgeschichtlichen Berufes gehobenen Römer um so eifriger auf die litterarische Beschäftigung, welcher Augustus und fein Hof, allen voran Mäeenas (recitationes; öffentliche Bibliotheken des Asinius Polio im atrium Libertatis, des Augustus in der Porticus Octaviae und im Apollotempel auf bem Palatin), fchon um bie Gebilbeten mit bem Verluste ber politischen Freiheit zu versöhnen, burch Gunst unb Beispiel die wirksamste Förderung zu teil werden ließen (Augusteisches oder goldenes Zeitalter).
7. Vor allem entfaltete die Poesie aus einem inzwischen unendlich verfeinerten und vertieften Verständnis der griechischen Kunst trotz allen Mangels an Ursprünglichkeit eine vollendete Anmut unb Kraft ber Darstellung. P. Vergilius Maro (70—19) aus Anbes bei Mantua, schuf feinem Volke nach bem Vorbilbe Homers in der Aneis ein neues Nationalepos, in dem er den Ahnherrn des Julischen Herrscherhauses feierte (außerdem Eclogae und G-eorgica). Als formvollendeter Meister der Lyrik (nach dem Muster der äolischen) pries Qu. Horatius Flaecus (65—8) aus Venufia in feinen Oden die Grundsätze einer heiteren Lebensweisheit, sowie die Segnungen der neuen Epoche, während er in seinen Satiren und Episteln die sittlichen Schäden und litterarischen Zustände derselben scharf beleuchtet. Dem Verlangen nach lofer litterarischer Unterhaltung biente ber geistreiche, aber leichtfertige P. Ovibius Naso aus Sulmo (43 v. — 17 n. Chr.), ber außer zahlreichen Dichtungen im elegischen Versmaß, meist erotischen Inhalts, in einem gefälligen Erzählungstone feine Metamorphosen unb außerbem eine römische Sagengeschichte in Form eines Festtalenbers (fasti) schrieb, bis ihn bie kaiserliche Ungnabe nach bem fernen Tomi am Pontus verwies (tristia). Auf bem Gebiete ber Elegie fanben auch feine Zeitgenossen, ber weiche Alb ins Tibullus unb ber feurige S. Propertins, verbiente Anerkennung.
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8. In Prosa forderte die bewegte Vergangenheit besonders zur Geschichtschreibung auf, die denn auch in T. Livius aus Patavium (59 v. — 17 n. Chr.) einen warmherzigen Vertreter fand von lebendiger Darstellungsgabe (historiae ßomanae in 142 Büchern, von welchen 1—10 und 21—45 erhalten). Die allgemeine Weltgeschichte des Trogus Po mp ejus, eines latinisierten Galliers, ist uns nur in dem Auszuge des Justinus erhalten. Vitruvius verfaßte ein Werk über Baukunst.
9. Auch die Kunst fand in Rom mehr und mehr ihren Mittelpunkt, reichere Pflege jedoch als Plastik und Malerei (diese fast nur durch Griechen) auch in den letzten Jahrhunderten der Republik die Architektur, in welcher sowohl die Willenskraft des römischen Volksgeistes, als dessen Richtung auf das Großartige besser sich ausprägen konnte. Nicht neue Formen, aber der technische Fortschritt in der mannigfaltigen Verwendung der vorhandenen zu gewaltigen Massenbauten kennzeichnet die römische Baukunst (Verbindung des etruskischen Gewölbe- mit griechischem und zwar vorzugsweise korinthischem Säulenbau: „römisches" oder Kompositkapitäl).
10. Aber erst seit dem Tode Sullas begann die Stadt Rom (vergl. ©. 34) mit zahlreichen prachtvollen öffentlichen (Tempeln, Kurien, Basiliken, Amphitheatern, Foren mit Säulenhallen) und Privatbauteu (Grabmal der Cäeilia Metella an der Via Appia) sich zu schmücken. Augustus bevölkerte das Marsfeld mit Palästen (Thermen des Agrippa mit dem Rundbau des Pantheon als Vorbau) und konnte sich rühmen, „die Ziegelstadt in eine Marmorstadt verwandelt zu haben" (Theater des Marcellus, Pyramide des Cestius).
Dresden, Druck von C. Heinrich.
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