— 19 — Zuerst erstiegen Gottfried und sein Bruder von einem Turme die Mauer. Ein Thor ward niedergerannt, die erste Ringmauer durch¬ brochen, der Wallgraben ausgefüllt, und hinein stürmten die rache¬ durstigen ^Schaaren mit dem Rufe: „Gott will es!" In grauenvoller Metzelei fielen 70,000 Türken; die Juden wurden in ihrer Synagoge verbrannt; bis an die Knöchel wateten die Sieger im Blute. Gott¬ fried aber ging barfuß im Büßergewande zum heil. Grabe und dankte Gott knieend für den Sieg. Da warf auch das Kriegsvolk die Waffen weg und zog barfuß unter Bußgesängen in die Grabeskirche. Man bot dem edlen Gottfried die Krone von Jerusalem an, er aber sprach: „Wie sollte ich an der Stelle eine goldene Krone tragen, wo mein Heiland unter der Dornenkrone geblutet hat!" und nannte sich nur Beschützer des heil. Grabes. Nachdem er noch ein 7mal stärkeres Heer des Sultans von Aegypten besiegt, erlag er schon im nächsten Jahre den übermenschlichen Anstrengungen. Sein Bruder Balduin folgte ihm als König von Jerusalem. 6. Ausgang und Folgen der Kreuzzüge. Durch die Uneinig¬ keit der Christen und die Tapferkeit der Türken ging später ein Ort nach dem andern wieder verloren. Und obgleich das Abendland in 7 Kreuzzügen gegen 6 Millionen Menschen opferte, fo fiel doch nach 200 Jahren die letzte christliche Besitzung in Palästina den Türken wieder in die Hände. Die Kreuzzüge sind indessen von wichtigen Folgen gewesen. Das Ansehen der Päpste und die Macht der Kirche wuchs ungemein. Viele Fürsten erweiterten ihre Hausmacht durch erledigte Lehen. Das Ritterthum entwickelte sich zur vollsten Blüte. Die Macht der Städte wuchs zusehends durch den lebhaften Handelsverkehr. Viele Leibeigene kauften sich los und der Bauernstand wurde freier. Die Völker traten sich näher; neue Länder, Pflanzen und Thiere wurden bekannt, fremde Sprachen studirt, die Werke der gelehrten Griechen und Araber durchforscht, den Malern und Dichtern neue Ge¬ genstände für ihre Kunst zugeführt. X. Friedrich I. Barbarossa. 1152—1190. 1. Tie Hohenstaufen. Den schönsten Glanz gewann die deutsche Krone unter den 6 hohenstausischen Kaisern, die von der Burg Staufen in Schwaben stammten. Unter ihnen brach für deutsche Sitte, Poesie, Baukunst, Bildung und fröhliches Volksleben die schönste Zeit an. Unter dem ersten Hohenstaufen „Konrad III." kam bei der Be¬ lagerung von Weinsberg zwischen päpstlich und kaiserlich Gesinnten das Feldgeschrei: „Hie Wels, hie Waibling, in Italien Ghibelline!" auf, und die treuen Weiber sollen als ihr „bestes Gut" ihre Männer vor dem Zorne des Kaisers gerettet und Konrad das Wort gesprochen 2*