22g Mittelalter. erischen Steuerausschreiben von 1302 ist gesagt: „Unsere lieben Getreuen haben uns durch ihren treuen Willen mit einer Viehsteuer geholfen, die sie uns erlaubt haben — wiüiglich und gütigtief) —, von ihren Leuten zu nehmen." 1438 erklärten die Herzöge Friedrich der Streitbare und Wilhelm von Sachsen: „Ihre Mannen, Städte und Unterthanen wollten freiwillig ihnen eine Steuer und Accise auf zwei Jahre zu ihren Schulden und Nöten geben." Wie aus diesen und' andern Urkunden erhellt, fanden solche Ver¬ einbarungen über eine zn bewilligende Steuer immer mit einer ganzen Körperschaft statt: der Ritterschaft, der Geistlichkeit, den Städten. Die eigentlich Zahlenden freilich waren meist die Hintersassen der beiden ersteren und die Bürger in den Städten: für ihre eigenen Personen wußten namentlich Ritter und Geistliche sich in der Reget steuerfrei zu halten. Jede derartige Leistung an den Landesherrn erschien nach damaligen Verhältnissen als eine Privatfache zwischen ihm und denen, welche sie leisteten, nicht (wie heutzutage) als eine dem Staate pflichtmäßig dar¬ gebrachte Beiftener zu allgemeinen Zwecken des Landeswohles. Es war daher nicht zu verwundern, wenn die Körperschaften, mit denen der Landesherr darüber verhandelte, für eine jede solche Leistung sich eine Gegenleistung ausbedangen. Die erste und natürlichste Bedingung, die sie stellten, war immer die, daß der Landesherr die für einen bestimmten Zweck (z. B. Deckung einer bestimmten Schuld) bewilligte Abgabe nicht für einen anderen Zweck verwenden dürfe, weil sonst zn befürchten stand, daß er für jenen ersten Zweck noch einmal mit einer Forderung kommen möchte. Nicht selten machten sich daher diese Körperschaften aus, daß die von ihnen zu bewilligende Steuer nicht an den Landesherrn, sondern an sie gezahlt, von ihnen aufbewahrt und zu dem angegebenen Zwecke verwendet werden solle. Oder sie behielten sich wenigstens eine Kontrolle über das Schuldenwesen des Landesherrn oder eine Mitbesetzung der landesherrlichen Finanzbehörde vor. ^ Allein allmählich gingen diese Körperschaften weiter. ^ Weil der Landesherr, so oft er ihre Hilfe anrief, allemal in Not war, so benutzten sie dies, um ihm auch solche Zugeständnisse abzubringen, welche mit der zu bewilligenden Abgabe unmittelbar nichts zu thun hatten, z. B. ein Recht der Mitwirkung bei dßr Entscheidung über Krieg und Frieden, bei Erbfolgestreitigkeiten, Erbverbrüderungen, Landesteilungen, Veräußerungen von Land u. f. w. Zur größeren Sicherheit wegen Erfüllung eines solchen Vertrages ward bisweilen festgesetzt, daß, wenn der Landesherr denselben breche, der andere Teil berechtigt sei, die Erfüllung des Ver¬ trages, nötigenfalls sogar mit Gewalt, zu erzwingen, und daß dies nicht als ein Bruch des dem Landesherrn schuldigen Gehorsams angesehen werden solle.