Rom und Umgebung. — Zeit der Könige. Nr. 13. Rom und das Tiberthal. aOIB «sgp Ou/', ^ #: ä ££$#! Rom unter den Königen 753/510. Für die Beherrschung sämtlicher Mittelmeerländer ist geographisch kein Land so geeignet, wie Italien; für die Beherrschung Italiens ist kein Platz so berufen, wie Rom. In der Mitte der bevorzugten Westseite liegt diese Stadt in einer gröfseren Ebene, die von dem bedeutendsten Flusse des eigentlichen Italiens durchströmt wird; dieselbe verengt sich bei Rom auf einige tausend Fufs. Die von beiden Seiten sich nähernden ziemlich schroffen Höhen (Janiculus 77 m, Palatinus 43 m) gewähren nicht blofs einen gegen Überfälle und Fieberkrankheiten geschützten Wohn¬ sitz, sondern ermöglichen auch, zumal unter Benutzung der insula (vgl. das alte Köln) einen von den Überschwemmungen fast unabhängigen Übergang von der einen Flufsseite zur andern, bezw. von den Thälern des Aternus, Liris und Trerus nach dem südwestlichen Etrurien. Die Wichtigkeit dieser den Flufs kreuzenden Verkebrsstrafse ergiebt sich aus der frühen Anlage der via Valeria und ihrer Fortsetzung westwärts der via Aurelia. Noch wichtiger war die Strafse flufsabwärts in dem früher viel wasserreicheren Tiber, in welchem, nachdem zuletzt noch der Anio hinzugekommen, auch gröfsere Seeschiffe bis zu den navalia (Schiffswerften) am Campus Martius ungehindert gelangen konnten. Andrerseits führten aufwärts verschiedene Flufsthäler nicht blofs in und über die Apenninen, wie das des wasser¬ reichen Nar und namentlich die Quellflüsse des Tiber selber, sondern auch am Clanis (Chiana) und dem Trasimenischen See entlang nach dem Arnus und weiter über Fäsulae und Felsina nach Oberitalien. So hat denn Rom mit Recht nach dem Flusse (Rumon), dem es seine Gröfse verdankt, auch seinen Namen „Stromstadt“ bekommen. Das älteste Rom (Roma quadrata) entstand auf dem fast quadrat¬ förmigen Palatinus, der geräumig genug für eine gröfsere Ansiedelung war, nahe dem Wasser lag und doch einen ausreichenden Schutz gegen Raub und Überfall bot. Nach dem Flusse hin ist eine 300 m breite Ebene vorgelagert, die für den geschäftlichen Verkehr vorteilhaft ver¬ wertet wurde. (Klein-Verkehr für Wein und desgl. auf dem Velabrum, Viehmarkt auf dem Forum Boarium.) Die Holzbrücke über den Flufs (pons sublicius) vermittelte den Handel weiter westwärts zu den Etruskern. Andrerseits näherten sich den in dieser Roma quadrata an¬ sässigen Raumes, den Tiber hinabkommend, die Sabiner, die von Titus Tatius (Tities) geführt wurden und auf dem Quirinaiis sich ansiedelten. Zu diesen beiden Stämmen kam dann als dritter vom Latinerlande • her der der Luceres; derselbe siedelte sich südwärts auf dem Caelius an. — Dieses Zusammentreffen dreier Völkerschaften (tribus) in dem Mittelpunkte Rom wirkte ähnlich befruchtend auf Handel und Verkehr, wie es noch heutzutage immer geschieht. Man denke an Basel zwischen der Schweiz, Frankreich und Deutschland oder an Wien am Berührungspunkte der Deutschen, Slawen und Magyaren. — Jede der oben genannten 3 Tribus zerfiel in 10 Curien (curare, xoipavog), jede Curie in 10 Geschlechter (gentes, deren Mitglieder aber nicht notwendig verwandt waren); jede gens in 10 Familien. (Demnach wurde der Römer nicht wie wir mit 2, sondern mit 3 Namen bezeichnet, mit dem Vornamen, dem Namen der gens und dem Beinamen der Familie, z. B. Publius (Vorname) Cornelius (Name des Geschlechtes) Scipio (Beiname der Familie). Angeblich regierten über Rom der Reihe nach 7 Könige. Romulus begründet den Staat und darin den Senat. Numa Pompilius ordnet das Religionswesen. TuIIus Hostilius vereinigt Alba Longa mit Rom. — ius provocationis. Ancus Martius baut die Holzbrücke (pons sublicius), unterwirft das Land bis zur Küste. — Ostia. — Plebejer auf den Aventin. Tarquinius Priscus beginnt den Bau der Kloaken und darüber den Circus Maximus und das Forum, macht Eroberungen im Norden und Osten. — Starke Zuwanderung der Plebejer. — Aus ihnen die Ramnes secundi, Tities secundi, Luceres secundi. • SerYius Tulllus. Einteilung des Volkes für die Zwecke der Aushebung und Besteuerung (tributum) nach Mafsgabe des Wohnsitzes in 30 Tribus (Tidbutkomitien) und nach Mafsgabe des Vermögens in 5 Klassen (Centuriatkomitien). — Die Plebejer werden in diese Einteilung, die wesentlich kriegerische Zwecke verfolgt, ebenfalls hineingezogen. Dianentempel, auch für die Latiner, auf dem Aventin. — Eine Ringmauer trennt die 4 städtischen Tribus von den 26 ländlichen. Tarquinius Superbus. Fortsetzung der Bauten (Juppitertempel), der Eroberungen (Gabii), der Kolonisationen (Signia und Circeii), der Bedrückungen (Besteuerung und Frohnden) und Sturz des thatkräftigen „Tyrannen“. Rom hat die führende Stellung in Latium und Beziehung zu den Karthagern und Griechen be¬ kommen. (Sibyllinische Bücher.) Bemerkungen zur ältesten Geschichte. Der König war der Leiter (rex) des Staates in priesterlichen, richterlichen und kriegerischen Sachen. Seine 12 Amtsdiener, die Lic- toren, (licere?) kennzeichnen seine Gewalt sichtbar, ebenso der Purpur¬ mantel, das Scepter und die anderen Abzeichen, die unter Tarquinius von Etrurien herübergenommen. — Den Senat bilden die 300 vom König lebenslänglich eingesetzten, ältesten Vertreter der 300 gentes. Einstweilen haben sie den König, falls er sie fragt, nur zu beraten. Aus diesen An¬ fängen heraus erwächst aber mit der Zeit jene echt aristokratische Ver¬ sammlung, welche die Entwicklung des Staatswesens mit jener grofsartigen Besonnenheit, Weisheit und Nachhaltigkeit zu so gewaltiger Höhe leitete. Das Religionswesen hat manches mit dem der Griechen gemein. Rom hat dieselben Götter, aufserdem aber noch eigentümliche, wie den Janus. Besonders zahlreich sind ferner die auf den Ackerbau bezüglichen Gottheiten, z. B. der Saatengott Saturnus und seine Gemahlin Ops, die Heerden mehrende Pales (Palilia oder Parilia von parere), der Gott der Ernte Vertumnus (vertere) u. a. Das religiöse Bedürfnis führte aber auch sogar zum Kultus persönlich gedachter Eigenschaften (Concordia, Pax, Fides) und selbst zur Einführung völlig fremder Gottesdienste (Kybele, Mithras, Isis). Priesterkollegien, wie die Pontifices, Fetiales, Augures, und Einzelpriester, wie die Flamines, besorgten den umfangreichen Dienst der Götter. — Die Römer waren religiosisimi, ja superstitiosi. Die Zuwanderung der Einwohner von dem alt angesehenen Alba Longa (Luceres) dürfte sich nicht gewaltsam vollzogen haben. — Das an¬ geblich infolge dieser Vorgänge geltend gemachte ius provocationis wurde erst später gesichert; immerhin entwickelte sich früh das so praktische Rechtsbewnrstsein des Volkes. Die Anziehungskraft Roms macht sich auch flufsabwärts geltend; zahlreich kommt von hier die Landbevölkerung (Plebejer v. plere) nach Rom und füllt die Stadt. Um so mehr suchen die Alt- oder Vollbürger (patres), die Mitglieder des Senats sind oder doch es werden können (patricii), ihre Vorrechte festzuhalten (ius suffragii, honorum, conubii, possessionis agri publici, sacrorum). Doch der wachsende Einflufs der immer zahl¬ reicher auftretenden Zuwanderer vom nahen Lande (plebeii) findet Unter¬ stützung bei den Königen, die ihrerseits mehr und mehr den Halt bei den Vollbürgern verlieren. Eine 3. Gruppe der freien Bevölkerung sind die Clienten. Sie sind, wie in Athen die Metöken, aus geschäftlichen Gründen zugewandert, können aber nicht wie die Plebejer selber ihr Recht verfolgen, sondern müssen sich vor Gericht durch einen Patron (von pater, wie matrona von mater) vertreten lassen und haben, ohne selbst zu sprechen, dem Rechtshandel nur zuzuhören (cluere hören). Aus guten Gründen wählen sie sich die Patrizier und nicht die Plebejer zu Patronen; sie stehen zu ihnen in einem Pietätsverhältnis. Tarquinius Priscus kommt nicht blofs selber aus Etrurien., sondern bringt auch etruskische Baukunst (Kloaken) und etruskisches Forrnel- wesen. Der Kloakenbau entsumpft die damals viel tiefer gelegenen Thal¬ mulden am Flusse und vollendet damit Roms Befähigung zür grofsen, ja zur Weltstadt. Natürlich wirkten die Bauten auch auf die rasche Zu¬ nahme der Bevölkerung förderlich ein. Die Einteilung des Volkes nach den Wohnsitzen in 30 Tribus hat die Einrichtung der Tributkomitien zur Folge, in denen, wenigstens später, die Patrizier nicht mehr erschienen. Die 4 städtischen Tribus waren von den 26 ländlichen durch die Servianische Ringmauer geschieden und um- fafsten die 7 Hügel: Capitolinus, Palatinus und Aventinus am Flusse. Diese waren vollkommene Hügel, die bei einer etwaigen Überschwemmung als Inseln erschienen; die 4 anderen Hügel, der Quirinalis, Viminalis, Esquilinus und Caelius waren nur von Westen aus gesehen Hügel und sprangen halbinselartig von Osten her in die Ebene vor. (Das alte Septi¬ montium ist etwas anders gemeint.) Eine zweite Einteilung des Volkes durch Servius ist die in 5 Klassen nach Mafsgabe des Vermögens. Der Zweck war weniger Rechte zu erteilen, als Pflichten, namentlich kriegerischer Art, auf timokratischer Grundlage aufzuerlegen. Zum Zwecke dieser Belastung wurden auch die Plebejer in den Staatsverband hineingezogen. Die älteste Einrichtung des Kriegswesens war die, dafs die Aus¬ hebung (delectus) eine Auslese traf (legio) und zwar aus jedem Tribus von je 1000 zu Fufs (milites = Tausendgänger) und je 100 zu Rofs. Die alte legio zählte demnach 3300. St-it Servius Tullius wurden bereits 17 000 zu Fufs und 1800 Reiter ausgehoben. Zu diesem Zwecke war das Volk folgendermafsen eingeteilt: 1. Klasse 80 Centurien. — Vermögen 100 000 As. (Urspr. 18 Reitercenturien. 2. n 20 » 75 000 „ 3. n 20 JJ 50 000 „ 4. n 20 n 25 000 „ 5. n 30 r 11000 „ 2 w fabri ferrarii und tignarii. 2 n tubicines und cornicines. 1 capite censi oder proletarii. 193~ Die Reicheren stellten demnach eine gröfsere Zahl und hatten auch eine vollständigere Bewaffnung. Nach unten hin nahmen zunächst die Verteidigungswaffen (arma), dann die Angriffswaffen ab. Die Dienstpflicht der iuniores dauerte vom 17, bis 45. Jahre. n n » seniores „ „ 45. „ 60. „ Die Kosten hatten im wesentlichen die Krieger selber zu tragen. Die Vergröfserung der Stadt ergiebt sich aus der ungemeinen Heeresvergröfserung und aus dem Hineinziehen zweier Hügel in dieselbe, des Viminalis und des Esquilinus. (Exquilinus, Gegensatz von inquilinus) Die zunehmende Ungleichheit des Besitzes folgt aus der Einteilung nach demselben und der Besteuerung ex censu, nicht mehr viritim. Diese Ein¬ schätzung und die Wiederholung derselben alle 5 Jahre machte den aus plebejischer Herkunft stammenden König (Servius) bei den besitzenden Altbürgern nicht beliebter, während das Verhältnis desselben zu den Latinern, die sich den Plebejern näher verwandt fühlten, ein freundliches blieb. (Dianentempel auf dem Aventin.) Die Stellung des Tarquinius Superbus daheim und gegenüber ganz Latium war eine gewaltige. Aber die Macht und Prachtentfaltung (Juppitertempel auf dem Capitolinus) widerstrebte den die Kosten tragen¬ den Vollbürgern (Patriziern), denen der Besitz das Selbstgefühl gesteigert hatte. Zuletzt wurde der König ( ähnlich und zu gleicher Zeit wie die Pisistratiden) gewaltsam entthront. — Jedenfalls war aber Rom jetzt, wenn auch die kriegerische Stärke durch die Vertreibung der Könige nicht gewann, so reich und grofs geworden, dafs keine Stadt in Latium sich ihm auch nur entfernt vergleichen konnte.