Die Teilnahme der Türkei. Nr. 20. Odessa Astrachan eodosia Donau Sebastopol O Stawropol Noworossis W arna Schwarzes Meer Aarianßpel ( Koiistantinopel Sinope f r w 'ar '-o '—n.'-i f x f Samsun Poti Batum _j Derbent Buchara O yß P^xdahan Trapezunt *9 i * Kars —. y Brzerum _ 'Kagimian O Eriwan ^ 5} J\ CoManissa vSmyrna ^ o Siwas Micüailowsl. Karakilissay-'“' Wv) A r_m 1 e \ Cf S °°hoi ( /''l O Tabris ' habad Konia Merw r ] O Tabris \ V iA^beidsC^'b^f ‘ Diarbekr IT & \} ßhodus Adana Mesched O Asterabad O Antak Teheran O ( Herat Mittelländisches Meer } Afghanistan Beirut Damaskus Ispahan O Jaffa Port Said / O Je tar^, \OEl Arise «xandri Ismaeli Basra d^> Mohammera Arabische Wüste \ OPersepolis 5^_ > Schiras O Akaba) Koweit ’eg vAbuscher Bender-Abbas V'\>< Öahmn-I. ° Nedsched (Wahabiten) Assuan MedinaQ \ i Maskat adi-Halfa Dsehidda Suakim .«« /V Berber 500 km Die Teilnahme der Türkei. A. Während der Dreiverband trotz seiner lärmenden Presse im Laufe des Krieges keine weiteren Bundesgenossen mehr fand, erhielten die Zentrumsmächte einen unerwarteten und wertvollen Zuwachs in der Türkei. Es war ihr Übertritt kein ge*inges Wagnis; sprachen doch die Westmächte sofort es offen aus, daß die Hohe Pforte damit ihr eigenes Todesurteil unterschrieben habe. Und doch war die Bedeutung dieser Macht noch groß genug, um an den verschiedensten Stellen schwer in das Gewicht zu fallen. B. 1. Zunächst begegneten sich Russen und Türken im Schwarzen Meere und im Kaukasus. Die türkische Flotte, die um zwei deutsche Kriegsschiffe (Goeben und Breslau) vergrößert wagte nicht unrühmlich den Kampf vor Sebastopol und Noworossisk, während das Landheer im Tschoruktal den Kneg ins feindliche Land hinüberspielte und bis Ardahan vorging. So be¬ schäftigten die Türken immerhin ansehnliche Teile der russischen Marine und Feldarmee. Auch wurde, indem man die „Heilige Fahne“ entrollte, die Be¬ wegung in die anderen mohammedanischen Länder getragen Das persische Aserbeidschan wurde den Russen abgenommen und bis in die Nähe Indiens und tief in Afrika hinein die Erhebung des Islams verkündet. Die Tragweite dieses Schrittes ist nicht gering zu achten. Das berührte zunächst Rußland. 2. Für England besonders bedrohlich war die Gefährdung des Suezkanals. Das Vorrücken der Türken bis Kantara am Kanal stellte den Besitz Ägyptens und die Verbindung nach Indien sehr in Frage und lähmte deshalb nicht wenig Englands Kräfte, da es zur Sicherung des Kanals erhebliche Truppenmassen abgeben mußte. Das Wichtigste aber war die Sperrung der Dardanellen und des Bosporus, denn dadurch wurde Rußland auch im Süden vollständig abgeschlossen. Kein Getreide konnte jetzt noch aus- und keine Waffen und Munition konnten noch eingeführt werden. Und deshalb wurde, jetzt offener denn je, selbst vom russischen Ministerpräsidenten in der Duma verkündet, daß man Konstantinopel für Rußland erwerben müsse, und daß dieser Erfolg jetzt schon nicht bloß wahrscheinlich, sondern geradezu gesichert sei. Auch England, das früher keinenfalls seine Verbindung nach Indien durch Rußland gefährdet hätte, war anscheinend einverstanden. Mochte nun auch bei dieser Lösung der Bosporusfrage jeder der Unter¬ nehmer seine besonderen Gedanken haben, so kamen doch die Eng¬ länder auf Anregung des Finanzministers Lloyd George auf den bestimmten Gedanken, mit der Flotte die Dardanellensperre gewalt¬ sam zu durchbrechen und damit Rußland, das vom Kriege bislang so wenig Erfolg gehabt und dessen Geldsorgen von England so gar nicht gehoben waren, eine wirkliche Freude zu bereiten. Erforderlich waren freilich noch Landtruppen, aber dazu eig¬ neten sich die der Balkanstaaten. Schon war Griechenland beinahe gewonnen (Weniselos). Schon war die Begeisterung für den Krieg hier beinahe so groß, wie seinerzeit die in Lissabon, aber bei be¬ sonnener Erwägung erkannte man doch an entscheidender Stelle, daß Konstantinopel in die Hände der Russen zu bringen, Griechen¬ land gar kein Interesse habe. Dasselbe entdeckten auch die ändern Balkanstaaten. C. So’ging die englisch-französische Flotte zunächst selber und ohne Beistand an die Aufgabe der Durchbrechung der Sperre. Der Erfolg war sehr entmutigend. Ohne den Türken viel zu schaden, hatten sie die ärgsten Verluste. Die Strategie des englischen Finanz- ministers und die Politik Greys hatten also auch hier versagt. *9 \ ^ GallipoliVmara- Midia Adrianopel Neu- Bulgarien Lapsaki Schorlu O Tschataldscha O Gmmardscliina O Koiistantinopel o/ rp Skutari idar Pascha chen oaosto Prinzen-I Marmara-Meer <7 (Abydos) Knos Thasos Kilid-Bahr Nainazigia Tschanak-Kale (Sultanieh) allipoli Kephes Burnu Dardanos anderma Samothrake s*Imbros (0 Sidil- Tschanak-Kale (Sultanieh) Sidil Bahr T)f" (Ofeum Kaie O Erenköi Kaie 10 km O Ruinen v. Troja Lemnos udros Tenedos Der Seeangriff auf die Dardanellen 18. März 1915. A. Um die Kriegsstimmung der Russen zu heben und überhaupt den höchst unbequemen Widerstand der Türken zu unterdrücken, beschließen die Engländer in Verbindung mit den Franzosen, die Dardanellensperre zu durchbrechen. B. Nachdem vorher die sämtlichen (?) Minen weggefischt, fährt am 18. März um 117* Uhr eine aus zehn großen Panzerschiffen be¬ stehende englisch-französische Flotte, begleitet von kleinen Fahr¬ zeugen, in Kiellinie auf Erenköi zu, stellt sich dann, vorn die Fran¬ zosen, hinten die Engländer, fächerartig vor den Hauptbefestigungen von Tschanak-Kale und Kilid-Bahr bzw. Namazigia auf und beginnt aus den stärksten Geschützen ein furchtbares Bombardement, das von den Türken (und Deutschen) lebhaft erwidert wird. Gleichzeitig beschießen andere Fahrzeuge die Batterien von Dardanos. C. Das Ergebnis dieser Minen und Geschützkämpfe war, daß schon um 3,15 Uhr westlich von Erenköi der französische Panzer Bouvet sank, angeblich infolge treibender Minen. — Um 5 Uhr ging der große englische Panzer Irresistible unter; um 6,5 Uhr der Ozean. Ähnliches widerfuhr auch kleineren Schiffen. Auch der französische Panzer Gaulois wurde kampfunfähig und sank später. — Schließlich entschied man sich, die Schlacht zu vertagen, bis neue Schiffe, ins¬ besondere aber auch das unentbehrliche Landheer, herangekommen. Warum waren auch die Griechen ausgeblieben ?! Gerade sie hätte man so gern mit dem Landkampf betraut, um so zunächst die Halbinsel Gallipoli zu gewinnen! Zum Angriff auf Konstantinopel. A. Lügen und verleumden, blüffen und heucheln sind Hand¬ lungen, die nicht weit auseinander liegen; sie gehören zu den beliebtesten Mitteln Englands. Wie schon vor dem Kriege die Einkreisung Deutschlands durch die Verleumdung einer erkauften Presse in der ganzen Welt besorgt wurde (Preßzusammenhang), so sicherte sich die englische Regie¬ rung unmittelbar nach Ausbruch der Feindseligkeiten durch die Zerstörung sämtlicher deutschen Kabel, daß die Nach¬ richten nur in ihrer Färbung verbreitet werden könnten. Und nun folgten die unglaublichsten Mitteilungen. Die heuchlerische Entrüstung über die Verletzung der belgischen „Neutralität“; die Verwertung der sogenannten „deutschen Greuel“; die Verheißung, daß unmittelbar nach dem Trans¬ port der englischen Truppen die deutsche Flotte vernichtet werde; die Ankündigung des Nahens von 200 000 Russen, von 400000 Japanern, von der Bildung eines Drei-Millionen¬ heeres Kitcheners usw. usw. — Am stärksten suchten die Minister selber durch den Bluff zu wirken. Daß England den Krieg nicht mehr spüren werde, als wenn es neutral bliebe (Grey), daß es ihn 20 Jahre und länger führen wolle, bis Deutschland auf die Kniee niedergerungen (Asquith), daß man die deutsche Flotte aus den Häfen holen werde, wie man die Ratten aus den Löchern grabe (Churchill) usw. B. Der gröbste Bluff scheint der Angriff auf Konstanti¬ nopel zu sein. England will es schwerlich erobern, um es an die Russen zu schenken. Nachdem diese Absicht aber aus politischen Gründen laut ausposaunt und dann der Flotten¬ angriff am 18. März so kläglich mißglückt, forderte man ein Landheer, zu welchem Frankreich und England je 75 000 M. stellen sollten. Stützpunkt: die neutrale Insel Lemnos. Die sittlichen Bedenken wegen der Verletzung der Neutralität überwand man spielend leicht, weil man darin Übung besaß. (Vgl. die spanische Neutralität in Rio de Oro, die chilenische bei St. Juan Fernandez, die chinesische in Schantung.) Als man dann aber die auf Lemnos versammelten Truppen nach¬ zählte, waren es nicht 150 000 M., sondern nur 82 000 M., wahr¬ scheinlich aber noch viel weniger. Admirale und Generale zankten sich jetzt und gingen ergebnislos auseinander. Dann entdeckte man, daß Lemnos für den Zweck sich nicht eigne, daß die Luft jetzt viel zu windig, der Nebel auch zu arg sei, und vertagte einstweilen jeden ernsteren Angriff. C. Blüffen und heucheln mögen nach englischer Staats¬ moral gute Mittel sein, wenn sie glücken. Glücken sie aber nicht, so ist die Wirkung der Fluch der Lächerlichkeit, und kein Gebilde kann ihn weniger vertragen als der so locker verbundene Staat England, der von seinem Ansehen (prestige) geradezu lebt.