§ 86. Das Königreich Italien. 229 das Land der Fabeln, sondern legten an seiner schönen Küste zahlreiche Kolonien an. Auch die Karthager wollten die Insel besitzen und be¬ mächtigten sich der Westhälfte. Ihre Bestrebungen aus Sizilien brachten sie aber mit den Römern in feindliche Berührung. In den Punischen Kriegen wurde Sizilien Roms erste Provinz, schon seit alters seine versorgende Kornkammer. Gegen die Zeiten des Altertums ist, obgleich an sich keineswegs unbedeutend, Anbau, Verkehr und Bevölkerung (3,5 Mill.) gering. Die ganze Insel bildet eine wellenförmige, etwa 500 m hohe Hoch¬ ebene mit schmalen Küs^nsäumen. Einzelne Bergzüge, dem Kalkapennin ähnlich, erheben sich über die Hochfläche; am höchsten, bis 2000 m, sind die Berge in der Osthälfte des Nordrandes. Der Ätna ist eine noch höhere, ganz vereinzelt liegende vulkanische Gebirgsmasse. Sizilien hat (im SW.) die reichsten Schwefelgruben der Erde. a) An der Nordwestspitze liegen die A g ä t i s ch e n Inseln (Lutatius Catulus endigte hier durch seinen Seesieg den ersten Punischen Krieg) — auf der Nordküste erinnert T r a p a n i an die alten Festungen D r e p a - num (Sichel, bort des Vorgebirges Gestalt) und den Mo ns Eryx — weiter nach O. hin die Stelle des alten S e g e st a, dann in prachtboller Lage, in der Fruchtebene des Conca d'oro (d. i. Goldmuschel), Palermo, 310 000 E., die jetzige Hauptstadt, schon bort Phöniziern angelegt. Sie bildet ein regelmäßiges Viereck,' bon zwei sich kreuzenden, schmalen Haupt¬ straßen in bier Viertel geteilt. In der Kathedrale die Gräber der (im ein¬ balsamierten Zustand noch erhaltenen) hohenstaufischen Kaiser Heinrichs VI. und Friedrichs II. Palmen und der saracenische Baustil der Gebäude geben der Stadt ein fast orientalisches Aussehen. Unweit der Stadt erhebt sich der eigentümlich gestaltete Monte P e l l e g r i n o (d.i. Pilgerberg), welcher der Stadt den Namen Panormos (d. i. großer Fels, phonizisch) gegeben hat. Hier herrliche Aussicht auf den Hafen und eine bielbesuchte Kapelle und Grotte der heiligen Rosalie, der Schutzpatronin bon Palermo. 3U ihrem auch durch pomphafte Umgänge gefeierten Feste strömen die meisten Fremden nach Palermo. — östlich bon Palermo schweift sich die Nordküste etwas nach S. aus; am östlichen Ende dieser Ausbeugung Melazzo [me* labbfo], das alte Mylä, wo die Römer ihren ersten Seesieg unter Duilius errangen. Von Melazzo nach N. liegt die bulkauische, aber fruchtbare Gruppe bet Liparischen Inseln. Die größte L i p a r i; die nördlichste Stromboli, mit einem tätigen Vulkan. b) An der Ostküste treffen wir zuerst auf das befestigte Messina, das alte Messäna, seit dem Erdbeben bon 1783 schöner wieder ausgebaut, mit schönem Hafen und nicht unbedeutendem Handel (Südfrüchte), 150 000 E. Leiter nach SW. erhebt sich, bon allen Bergziigen der Insel gesondert, der 3300 m hohe Ätna; in der alten Fabel die Werkstätte der Kyklopen, welche dem Jupiter die Donnerkeile schmiedeten. Der Fuß des gewaltigen, feit undenklichen Zeiten tätigen Vulkans, der sich aus einer Gruppe kleinerer erloschener Vulkankegel erhebt, hat über 100 km im Umfang; trotz der