174 § 81. Das Norddeutsche Flachland. von Holland bis Schleswig in einer einzigen Nacht über 100000 Menschen mit zahllosen Dörfern verschlang. Ein Kranz von Inseln, die holländischen West-, die deutschen Ost- und Nordfriesischen Inseln bezeichnen die Linie der einstigen Küste. Die aus rotem Tonstein bestehende Insel Helgoland gehört einer älteren, hier aus dem Meer auftauchenden Formation an. Unter den Nordfriesischen Inseln sind die Halligen bemerkenswert, es sind kaum den Meeresspiegel überragende, grasbewachsene Eilande, die bei Sturmfluten ganz unter dem Wasser verschwinden, nur die auf künst- lichen Erhöhungen (Wurten) erbauten Häuser ragen hervor. Zwischen den Inseln und dem Festlande hat das Meer nur ge- ringe Tiefe, so daß bei Eintritt der Ebbe weite Strecken völlig trocken gelegt werden (Wattenmeer), und ein Verkehr zu Fuß und zu Wagen zwischen den Inseln und dem Festlande stattfindet. Der diese Küste und die Inseln bewohnende Stamm der Friesen hängt mit zäher Liebe an seinem stürm- und wogenumbrandeten Vater- lande. An die Stelle der fast überall vernichteten Dünen hat man mit ungeheuren Kosten Dämme und Deiche errichtet. Das hinter den Dämmen liegende Acker- und Weideland ist das fruchtbare Marsch- land. Jenseits der Dämme, besonders in der Nähe der Flußmündungen, spült das Meer in ruhigen Zeiten fetten Meeresschlamm (Schlick) an, dieser wird, wenn er sich genügend gefestigt hat, durch neue Deichbauten gesichert. Dieses fruchtbare Außendeichsland, „Butendieksland", auch Polder, Kooge genannt, ist so wertvoll, daß es die Kosten einer neuen Eindeichung einbringt. Die Ostseeküste ist von einem Dünengürtel begleitet. Die Dünen sind aus dem Meeressande aufgebaut, den der Seewind landein- wärts trägt. Wo die Dünen nicht durch Strandgewächse (Strandhafer) befestigt sind, treibt der Wind die Sandmassen immer weiter land- einwärts, es entstehen wandernde Dünen. Eigentümlich sind der Ostsee die Strandseen und die Haffs. An Inseln ist die Küste arm, nur das bewaldete Rügen mit seinen weißen Kreidefelsen, Fehmarn und Alsen sind vorgelagert. Die Föhrden Schleswig- Holsteins sind von schönen Buchenwaldungen eingefaßt. Sämtliche Flüsse der norddeutschen Tiefebene fließen nach N. Dies ist im Frühjahr häufig verhängnisvoll, da die s. gelegenen Gebiete des Oberlaufes eher auftauen als die Mündungen und somit Hochwasser- gefahr eintritt. Folgende Flüsse durchfließen das Flachland: