15. Zum Gipfel des Kibo. 129 abgegrenzt sind. Der Übergang von ihrem Gras zum hohen Baumwuchs ist ebeuso schroff wie jener der Steppe gegen den Wasserwald eines Flusses, und doch scheinen sie mehr durch künstliche Rodung als durch natürliche Bedingungen entstanden zn sein und weiter zu bestehen. Essig- und Erikaceenbänme bilden vorwiegend die äußere Waldmauer, und auf den Kampinen selbst unterbrechen zwei grüne und eine rote Erdorchideenart, in höheren Berglagen eine rote Iris, rote und gelbe Strohblumen die graugrüne Grasfläche. Überall im Wald sind die Spuren und Losung von Elefanten außerordentlich zahlreich. In dem lehmigen Morastboden hinterläßt jeder der Riesenstapfen einen fußtiefen Pfuhl, den wir vorsichtig umgehen müssen, und die geknickten Stämme und aufgerissenen Wurzeln versperren uns häufig den Weg. Auch Büffelfährten sind nicht selten. Dann und wann erklingt einmal das Schnalzen eines Affen oder das klägliche Geschrei eines Hornvogels, aber im ganzen ist vom Tierleben auffallend wenig in diesen Regenwäldern zu bemerken. Nie bietet sich ein weiterer Ausblick hinab in die Ebene oder hinauf zur Bergeshöhe. So wanderten wir langsam bergan, stumm im stillen Urwald, bis wir am Nach- mittag auf eine Graszunge hinaustraten, die aus der oberhalb des Urwaldes sich aus- dehnenden Grasflur sich hier bis ties in den Wald hinab erstreckt und durch allmäh- liches Vordringen von Grasbränden aus der oberen Grasflur entstauben sein mag. Auf ihr führte uns der Pfad steiler bergauf, rechts und links begleitete uns der Wald, in dem mit zunehmender Bergeshöhe die Erikaceen alle anderen Formen über- wiegen. Bei 2600 m Höhe wird eine Terrainstufe erreicht, wo die Bodenneigung viel geringer wird, und dort erweiterte sich unsere Graszunge zu einer offenen Gras- flnr, in der noch einzelne größere Waldparzellen höher zum Berg hinanziehen; aber der geschlossene Urwald liegt nun hinter uns. Wir stehen an der Südostseite des Mawensi, von dem aus ferner Höhe zeitweilig ein dunkler Felszacken durch die wogenden Wolken herabschaut. Eine größere Anzahl ansehnlicher Parasitenkegel zieht sich von seinen Südostflanken zu uns herunter, und zwischen ihnen hindurch schlängelt sich der Pfad, dem wir bisher gefolgt, zur Nord- ostseite des Berges hinüber, am oberen Urwaldrand entlang, nach den Dschaggaland- schasten Rombo und Useri. Wir aber verließen nun den Pfad und schlugen westliche Richtung ein, uns in der Grasflur immer in derselben Bergeshöhe oberhalb des Ur- Waldes am Südabhang des Mawensi hinbewegend, bis wir mit fallendem Nebel am Fuß des westlichsten der vulkanischen Mawensiparasiten auf den kleinen, kalten Kifinikabach trafen und dort wieder am oberen Waldesrand in 2655 m Höhe uns für die Nacht einrichten konnten. Gespenstig wehte der Abendwind die langen grauen Flechten an den Ästen im Nebel hin und her. Die Leute kauerten aneinandergedrängt um die vor Nässe schlecht brennenden Feuer und froren, und als auch mir bei 5° C die Finger den Dienst ver¬ sagten, kroch ich in meinen Pelzsack und segnete die Seelen der braven Wiederkäuer, welche mir ihr warmes Fell geliefert hatten. Bei Reif und nur + 2° C war es den Leuten nicht zu verdenken, wenn sie nicht, wie bisher, bald nach Tagesanbruch unter ihren Grasschutzdächern hervor wollten. Als sich aber nach 8 Uhr die Luft klärte, stampften sie wohlgemut den Führern nach in den Urwald hinein, der sich hier wieder höher am Berg hinauf erstreckt. Einen Pfad müssen wir uns erst in dem dichten Unterkraut treten, ein schwieriges Beginnen, obschon die Bäume in diesen hochgelegenen Waldesteilen nicht mehr dicht stehen und uns keine Lianen mehr am Vordringen hindern. Kolossale Rhododendren, Lerche, Erdlundl. Lesebuch. 0