19, Die Bevölkerung Kameruns, 19. Die Bevölkerung Kameruns. Von Prof. Or. Kurt Hassert. („Deutschlands Kolonien." 2. Auflage. Leipzig 1910, Verlag von Dr. Seele & Co.) Die Bevölkerung des Schutzgebietes wird, freilich zum Teil nur auf Grund sehr zweifelhafter Schätzungen, auf insgesamt 3£- Millionen Köpfe veranschlagt^. Am dichtesten ist die Küste, am dünnsten der Urwald bewohnt, worauf sich mit der An- Näherung an das Grasland die Siedelungen wieder mehren und vergrößern. Da Kamerun ethnographisch ein Grenz- und Übergangsgebiet ist, so lassen seine Ein- geborenen in ihrer Zusammensetzung zwei Hauptgruppen, die Bantn- und Sudan- neger, erkennen, zu denen als fremde, im Laufe der Zeit aber mehr oder minder stark vernegerte Elemente, die Hauffa und Fulbe, hinzukommen^, während als ein spärlicher Rest der braunen, zwerghaften Urbevölkerung Afrikas im Urwalde der scheue, klein- wüchsige Stamm der gelbbraunen Bagielle (Bagelli, Bojelli, Bekwelle) lebt. Die durchschnittlich nur 1,54 in großen Bagielle sind auf niedriger Kulturstufe stehenge- blieben. Sie treiben keinen Feldbau, sondern streifen als Jäger familienweise unstet umher, ihre primitiven, nur aus einem Blätterschirm bestehenden Hütten öfters wechselnd, und tauschen von den Umwohnern Salz und Feldfrüchte gegen die Erträg- nisse der Jagd ein. Der Begegnung mit Fremden gehen die Bagielle meist sorgfältig aus dem Wege, so daß man ihr Gebiet durchstreifen kann, ohne einen Vertreter jenes merkwürdigen Jägervolkes zu Gesicht zu bekommeu, das auch feine eigene, von den in Kamerun gesprochenen Negerdialekten durchaus abweichende Sprache redet. Im übrigen ist der Ackerbau die Hauptbeschäftigung der seßhaften Bantu- und Sudanneger. Er wird in der Form des Hackbaues mit einer kurzstieligeu Hacke und einem kurzen Handspaten ausgeführt, die im Lande selbst angefertigt sind. Düngung ist unbekannt. Ist ein Feld erschöpft, so bleibt es mehrere Jahre brach liegen. Dann wird das in- zwischen gewachsene hohe Elefantengras niedergebrannt, das als Dünger dient. Angebaut werden hauptsächlich Planten oder Kochbananen (Nusa paradisiaca), Mms (Dioscorea sativa), Maniok (Manihot utilissima), Bataten oder Süßkartoffeln, Kassada, Mais, Negerhirse, Makabo (Koko, Minde, der Taro der Südsee, Arum escu- lentum) und Erdnüsse, und zwar ist das Hauptnahrungsmittel der Urwaldbewohner, der Bantu, die Plante, die auf dem Graslande mehr und mehr vor Negerhirse und Mais zurücktritt3. Ter Feldbau findet seine Ergänzung in der Viehzucht, die nament- lich im Graslande sehr bedeutend ist, während sie im Urwaldstiefland nur wenig ge- trieben wird. Daher ist im Küstengebiet frisches Fleisch so selten, daß große Mengen von Fleischkonserven für die Europäer eingeführt werden müssen. In Buea befindet sich eine von bayrischen Sennen geleitete Viehzuchtstation, die gute Erfolge mit 1 Einigermaßen genaue Zählungen und Schätzungen ergeben für die Bezirke Victoria 7500. Rio del Rey 32 000, Johann Atbrechts-Höhe 55 000, Ossidinge 20 000, Duala 60—66 000, Lolodorf 40 000, Lomie 93 000, Buea 10 000, Kribi 34 000, Edea 120 000, Jabafsi und Ebo- lowa je 180 000. 2 Außer den Fulbe und Haussa sind auch Araber und das Mischvolk der gewerbtätigen und handelseifrigen Kanuri ins Kameruner Hinterland eingewandert. Die letzteren setzten sich im 13, und 14. Jahrhundert im heutigen Deutsch-Bornu fest und bilden dessen vorHerr- schenden Bevölkerungsauteil, 3 Eine ganze Reihe wichtiger Nahrungs- und Genußmittel des Negers ist erst aus Amerika nach Afrika eingeführt worden, z. B. Mais, Maniok, Erdnuß, Süßkartoffeln und Tabak.