218 Vorschläge bilden fortan einen Theil des Landbuches, und noch lange Zeit nachher ist die Landsgemeinde ein Gegenstand des Gesprächs der Männer. ' 3. Sitten und Sagen im Kanton Glarus. Allgemeine Freudentage sind Altjahrabend und Neujahr, Fastnacht und Kilbi. Am Altjahrabend findet man im ganzen Lande, in den Häusern der Reichsten wie in den Hütten der Armen, die Familien um einen Nidel (geschwungenen Rahm) und selbstge¬ backenes Birnbrot (außer getrockneten fein geschnittenen Birnen noch Kirschen und dergleichen, nebst allerlei Gewürz, enthaltend) versammelt; bei Vielen wiederholt sich diese Brösolete auch am Neujahrstage, den man auch wohl durch Auswechselung von kleinen Geschenken feiert. Zn mehreren Ortschaften ziehen in der Neujahrsnacht Sängergesellschaften von Haus zu Haus und singen Neujahrslieder. Die Fastnachtsmum¬ mereien sind jetzt durch strenge Verbote untersagt, da manches Unglück dabei vorgefallen. Es ist nur noch unter jungen Leuten die Sitte ge¬ blieben, ihren Bekannten wo möglich das Gesicht zu brämen (schwärzen), und am sogenannten schmutzigen Donnerstage dem unvorsichtigen Nach¬ bar, der seine Küchenthür nicht sorgfältig verschlossen, das Fleisch aus dem Hafen zu holen. Im Hinterland wird von den Reformirten die alte Fastnacht (Bauernfastnacht), von den Katholiken die neue (Herren¬ fastnacht) gefeiert. Fastnachtsküchli und Tanz findet man da überall. Die Gemeinde Matt hat aber das Eigenthümliche, daß die jungen Leute am Fastnachtabend an einem Bergabhange, meistens oberhalb eines großen Felsens, Feuer anzünden und dünne, buchene, eckig zugeschnittene, in der Mitte mit einem runden Loche versehene Stücke Holz (Schibe) an lange Haselstöcke stecken, sie am Feuer anzünden, drei Mal in die Luft schwingen und dabei ausrufen: „Schibe, Schibe überribe, die sol mi und N. N. (hierbei wird die Person genarknt, der man sie dediciren will) blibe!" und sie dann auf einem sckiefgestellten Brete abschlagen. Die feurige Scheibe fliegt dann weit durch die Lüfte, und in dunkeln Nächten ge¬ währt dies „Schiebefleuge" ein recht interessantes Schauspiel. Diese uralte Sitte ist vielleicht noch ein Ueberbleibsel aus alt-rhätischer Zeit, auch erinnert die Gemeinde von Matt in mancher Beziehung an die (rhätische) Bevölkerung von Graubündten.*) *i Die Rhäticr, ein Volk von eigener Sprache unb nicht zum deutschen Stamm gehörig, wohnten im Stromgebiet des Po, weit nach Italien hinein, wurden aber von den Galliern (Kelten), die von der Rhone her vordrangen, ans ihrem ruhigen Besitze verdrängt und flüchteten zum großen Theil in die unwirthlichen Theile des Gebirges. — Der Canton Glarus ist (außer Matt) fast rein deutsch, das Volk stammt von den Alemannen und hat das deutsche Gepräge entschieden gewahrt.