437 Heilen und ihren glänzenden Bazars den Eindruck eines modernen Bade¬ orts im größten Styl. Und wiederum genügen wenige Schritte, um sich aus demselben hinaus in eine Stadt des buntesten, wenn auch nicht blü¬ henden gewerblichen Treibens, und aus dieser wieder in die Stille und Einfachheit ländlicher Zustände zu versetzen. Und über dieses bunte Ge¬ misch ragen die Trümmer der Ruinenwelt des alten Rom in ernster Ein¬ samkeit zum Himmel empor, wie riesige Schattenbilder einer Jahrtausende alten Vergangenheit. Diese Mannigfaltigkeit der Elemente ist es vorzüglich, welche hier jeden Fremden etwas für sich finden läßt und jeder Ermüdung durch gleiche Eindrücke vorbeugt. „Rom ist immer neu", sagen die Fremden, auch wenn sie Jahre lang hier heimisch sind. Dazu kommt, daß das Auf und Ab der zahlreichen Hügel, deren das heutige Rom über ein Dutzend zählt, von denen die Hälfte durch Ruinen entstanden, überall malerische Ansichten und Gruppirungen bildet. Rom ist auch darin unvergleichlich, daß es von jedem bedeutenden Höhenpunkt, vom Monte Mario oder dem Capitole, vom Aventin oder Monte Pincio, von San Onofrio oder von Villa Ludovisi aus gesehen ein immer neues Panorama bildet, welches an malerischer Schönheit, Pracht und Großartigkeit für den Beschauer immer die früheren zu übertreffen scheint. Wie die äußere architektonische Physiognomie Roms den Anblick bun¬ tester Mannigfaltigkeit gewährt, so ist auch die heutige Bevölkerung der Stadt aus den verschiedensten Bestandtheilen zusammengesetzt. Altrömi¬ sches Blut ist schwerlich mehr vorhanden, selbst nicht unter den vornehmen Familien, die zum Theil nicht einmal italienischen Ursprungs sind. Eher vielleicht noch in dem Kerne des niederen Volks, den Montigiani und Trasteverini. Von dem wenig zahlreichen Mittelstände der Regocianti di Campagna, Kaufleuten und Angestellten ist es Thatsache, daß eine Familie, die vier in Rom geborene Generationen aufzuweisen hat, eine Seltenheit ist. Die Mehrzahl der Einwohner sind Einwanderer aus allen Theilen Italiens, vornehmlich aus dem Neapolitanischen, Genua, der Lombardei, Piemont und den Provinzen des Kirchenstaates, aber auch Franzosen, Deutsche und Engländer finden sich genug. Wollte man genauer nach- sorschen, so würde man alle europäischen Nationen hier vertreten finden, ungerechnet die Fremden, welche als solche sich in Rom aufhalten. Und doch, so wunderbar ist die Naturmacht, welche Klima und Boden, Lebens¬ weise, Erziehung und Anschauungen der Umgebung ausüben, daß sich trotz aller Buntheit der Bevölkerung doch über dieselbe ein specifisch Gemein¬ sames, charakteristisch Eigenthümliches breitet, welches ihr einen unverkenn¬ baren Stenipel ausprägt, selbst dem längere Zeit hier lebenden Fremden sich mittheilt und den Bewohner Roms von dem aller andern Städte Italiens in äußerer Erscheinung, Physiognomie, Behaben und Lebens¬ führung wesentlich unterscheidet. Rom ist auch hierin wie in Allem einzig in der Welt. b