*473 und größten Tempel des Alterthums. *) Wohl erfüllen uns diese hochauf¬ strebenden Säulen und die Gesimse des Daches und der Decke durch ihre schönen Formen und Verhältnisse mit Bewunderung und Entzücken; aber auf den ersten Anblick vermag die Phantasie nicht, aus der gräßlichen Ver¬ stümmelung, der auch dieser Bau unterlegen ist, sich lebendig das Ganze in seiner vollen Herrlichkeit wieder herzustellen. Die Säulen, jetzt des Daches, der Deckenbalken und zum Theil der Kapitäle beraubt, ragen klagend in die blaue Luft hinein und ringsherum liegen auf dem Boden des inneren Tempelraumes die schönsten Baustücke wüst durch einander. Mit bewegten! Gemüth geht man hinüber zu dem wunderbar zierlichen Erechtheion, dem Doppeltempel der Athene Polias und des Poseidon (Erechtheus). Die ionischen Säulen dieses einst so prachtvollen Tempels sind höchst anmuthig und leicht, das Ganze ist so schlank und zierlich, in allen Einzelnheiten so durchgebildet und feingegliedert! Aber fragt man, wie die einzelnen Theile dieser zwei Zellen mit ihren doppelten Seiten¬ flügeln unter sich zusammenhingen, so wird die Antwort schwer. Man muß öfter diese Trümmer betrachten und das Nachforschen und Studium der Alten in lebendige Verbindung setzen: dann werden allmählig auch diese Ruinen vor dem inneren Seelenauge zum schönen Ganzen, zu lebendigen Bildern der untergegangenen Herrlichkeit! Sie sind das Einzige, was wirklichen Genuß bietet; mittelalterliche Kunst und Bildung ist in Griechen¬ land nicht zu finden und die Gegenwart ist auch nicht viel mehr, als der Anblick einer Ruine. *) Dieser Tempel der Athene war 150 Ellen lang und 100 Ellen breit, darin stand die berühmte Bildsäule der Göttin. Die Türken machten eine Moschee daraus, welche 1677 durch die Bomben der Venetianer zerstört wurde.