629 Halstuch vollenden ihren Anzug. Ihr Sattel {recato) ist ein einfaches, mit Leder überzogenes Stück Holz, worüber noch eine Matratze und ein gefärbtes Schaffell kommt. Um den Sattel fest zu machen, bedienen sie sich keiner Schnallen, sondern eines Gurtes von dünnen Streifen, mit einem eisernen oder hölzernen Ringe, den man mittelst eines Riemens an einem andern kleinen Ringe an den Sattel anknüpft. Der Steigbügel ist von Holz oder Silber; im erstem Falle groß und bequem, im zweiten nur so groß, daß die große Zehe darin Platz hat Die Schabracke ihrer Sättel läßt sie nie wegen eines Bettes in Verlegenheit gerathen. Jederzeit führt der Gaucho den Lasso, eine etwa 35 Fuß lange Schlinge von geflochtenem Leder, mit sich, welche sehr leicht und biegsam ist. An einem Ende der¬ selben befindet sich eine Schleife, die mit fester Sicherheit jedem Thiere, worauf es abgesehen ist, über den Kopf geworfen wird. Ehe der Gaucho seinen Lasso entsendet, legt er ihn wie ein Schiffsseil in einen Kreis zu¬ sammen und verfehlt dann nie sein Ziel. Ebenso führt er die Bolas, d. h. drei hölzerne oder eiserne Kugeln, mit sich, deren jede an einem be- sondern, 6 Fuß langen Riemen sich befindet, welche Riemen an einander gebunden sind, und von ihm auf weit eine größere Entfernung als der Lasso geschleudert werden. Nachdem er sie drei- bis viermal um den Kopf ge¬ schwungen, fliegen diese drei Kugeln, in der Luft ein Dreieck bildend, mit bewunderungswürdiger Genauigkeit auf ihren Gegenstand. Manchmal zer¬ schmettert er damit einem Thiere den Kopf, oder schlägt ihm die Beine entzwei. Hierzu kommt noch ein 14 Zoll langes Vorschneidemesser, das in einer ledernen Scheide am Gürtel steckt — und die Rüstung des Gaucho ist fertig. Der amerikanische Löwe und Tiger, der wilde Ochse und das Pferd, der Hirjch und der Strauß fürchten ihn. Er kennt keinen Gebieter, baut keinen Boden, weiß kaum, was Regierung heißt, in seinem Leben hat er vielleicht nie eine Stadt besucht, einen See gesehen oder einen Berg bestiegen. Man kann sich kein schöneres Bild der Unabhängigkeit denken, als einen Gaucho zu Pferd, wenn im Sommer der Wind durch das hohe Gras bläst, es in braunen und gelben Wellen wogt, und man nirgends die Spur einer Wohnung oder eines menschlichen Wesens gewahrt: wenn nun plötzlich am Horizonte die wilde und malerische Gestalt des Gaucho auftaucht, sein scharlachner Poncho ihn umflattert, seine Kugeln ihm um das Haupt fliegen, und er sich gegen seine Beute vorbeugt, sein Pferd aber mit Anstrengung jeder Muskel blitzschnell davon rennt. Vor ihm flieht der verfolgte Strauß, bald erscheinen sie einander näher, bald ferner; oft ver¬ schwindet das Pferd unter dem Horizont und man erblickt blos noch den Kopf des Reiters, während der Strauß mit vorgestrecktem Halse in pracht¬ vollem Laufe über die Ebene eilt. Diese Jagd ist mit vieler Gefahr ver¬ knüpft, weil es in dem von den Viscachas*) unterwühlten Boden nicht selten Löcher giebt, in die man stürzen kann. Bricht der Gaucho bei einem Sturze > Eine Art Erdhase, so groß alö ein Kaninchen.