xirr Meere umwogten Insel außer sich selbst keinen einzigen Nachbar. Der Franzose hat nur zweierlei Nachbarn, romanische und deutsche. Wir Deutschen aber haben fast alle Europäer zu Nachbarn, germanische, roma- nische, slavische aller Art. Mit den Slaven im Osten, mit den Russen, Polen, Böhmen, Serben, Kroaten — ja wer nennt diese Raeen alle! — sind und waren wir in Freundschaft und Feindschaft vermischt. Die Jta- liener haben, wenn auch wider Willen, in unsere Gemeinschaft treten müssen; mit den Franzosen im Westen haben wir, leider! nur zu sehr fraternisirt, bis das Maß ihrer Eitelkeit und Ueberhebuug voll wurde und deutsche Kraft und Einigkeit sie in ihre Grenzen zurückwies. Im Norden haben wir stammverwandte germanische Stämme, die nun, nach- dem Deutschland wieder ein mächtiges Reich geworden ist, auch sich um seine Freundschaft bewerben müssen. Wir haben daher Gelegenheit, alle europäischen Nationen ganz aus der Nähe zu beobachten und das Gute von ihnen anzunehmen. Wir rühmen uns aber zugleich auch allen Na- tionen gegenüber irgend einer guten Eigenschaft, die sie nicht haben. Dem englischen Stolz setzen wir Duldsamkeit entgegen, dem französischen Leicht- sinn gegenüber rühmen wir uns der langsamen Bedächtigkeit und ruhiger Besonnenheit, wie der französischen Flunkerei gegenüber der Ehr- lichkeit und Solidität; — der italienischen glühenden Räch- und Eifer- sucht gegenüber zeigen wir Versöhnlichkeit und Ruhe, und dem slavi- schen gewaltthätigen Despotismus Rechtssinn und Treue. Alle religiösen und politischen Systeme Europa's ragen mit ihren äußersten Zipfeln und Ausläufern in Deutschland herein, so das constitn- tionelle System Englands, das bei uns mehr und mehr Boden faßt; so die unumschränkte Fürstengewalt des Ostens, die sich aber doch endlich dem Rechtssinne des Volkes beugen muß, eben so wie die oft zügellose, zwischen republicanischer Ausgelassenheit und straffem Soldatenregiment schwankende Freiheit des Westens bei uns gemäßigt und gezügelt wird. Der poetische Katholicismus hat seine Basis in Italien und ragt bis hoch in den Norden Deutschlands hinauf, sowie der kühle Protestantis- mus, der im Norden seine Quelle hat, bis tief nach Süddeutschland hinabgeht. Reist man von Rußland nach Deutschland, so glaubt man im Lande der Freiheit zu landen; geht man von Frankreich her über die Grenze, so ist es Einem zu Much, als sei man von dem Gipfel eines im Innern stets drohenden, unheilbringenden Kraters auf den Boden der Ordnung, Ruhe und Sicherheit gekommen. Naht man sich von Belgien, so freut man sich der bigotten, sinstern Menschengesichter los zu sein, und lobt im Stillen deutsche Aufklärung und Schulbildung, Offenheit und Freimütigkeit. Ver¬